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[Städtetrip] Lissabon


shamu

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Dieser Städtebericht entstand während meines Sommerurlaubs an der Algarveküste im Süden von Portugal. Mit dem Mietwagen gurkten wir von Albufeira aus für einen Tag in die Landeshauptstadt, so dass es in diesem Report leider keine Flugzeuge zu sehen gibt. Wer (verständlicherweise!) Flugzeugbilder sehen möchte, und vielleicht auch noch den Rest unserer zehntägigen Urlaubsreise von Lagos, Portimao, dem Cabo und seinen einsamen Stränden, der kann den kompletten Reisebericht auf meinem Blog anschauen. Hier mal ein kleiner Vorgeschmack, welche Bilder ihr euch dort noch anschauen könnt:

 

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Kommen wir aber jetzt zu Lissabon, einer Stadt, die mich im positiven Sinn einfach komplett fertig gemacht hat. Wieso? Keine Ahnung!

Vielleicht lag es an den sieben Hügeln, auf denen Stadt sich am Ufer der Tejo-Mündung erstreckt und somit immer einen Berg bietet, den man entweder auf oder ab klettern muss. Es könnte aber auch an dem rutschigen Kopfsteinpflaster liegen, das mit Sicherheit 90% der Stadt bedeckt. Ein ständiger Blick auf den Boden ist ein Muss, ansonsten flutscht man leichter auf die Schnauze als man schauen kann. Ein weiterer Grund könnte die sengende Hitze sein, die uns den ganzen Tag hart an die Konditionsgrenze brachte; ein Thermometer zeigte 31,5°C, wohlgemerkt um 21:00 Uhr abends, davor war die Temperatur nur an unserem exorbitanten Wasserverbrauch zu messen.

 

Bevor ihr jetzt aber noch mehr Leser mit den Ausdünstungen meines Körpers vergraule, fangen wir mal um 07:10 Uhr an, als der Wecker abrupt die Nacht beendete. Man könnte sicher über den Sinn diskutieren, insgesamt gute 520 Kilometer für einen Städtetrip im Urlaub in Kauf zu nehmen... Aber für mich als Berufspendler sind solche Streckenlängen eigentlich kein großes Hindernis. Wenn man schon einmal in seinen Ferien in Portugal ist, sollte man die Hauptstadt nicht links liegen lassen. Nach gut 2,5 Stunden Fahrt mit einer schwindelerregenden Höchstgeschwindigkeit von maximal 120km/h (noch einmal die Frage: Wie schafft es dieses Land überhaupt Verkehrstote zu haben?) sahen wir am Horizont die fast exakte Kopie der Golden Gate Bridge: Die Ponte 25 de Abril, die man nach einer Mautgebühr von 1,40€ auf die nördliche Seite überqueren darf.

 

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Wie in fast allen Städten dieser Welt ist das Auto sicherlich der bequemste und flexibelste Weg der Anreise. Schlimm wird es aber immer, wenn man sein blechernes Gefährt irgendwo parken möchte: An dieser Stelle wird es entweder abenteuerlich und nervenaufreibend oder einfach nur verdammt teuer. Da wir unsere Besichtigungstour sowieso beim Torre de Belém beginnen wollten, empfehle ich jedem Besucher sein Vehikel einfach in Belém zu parken: Kostenlose Parkplätze gibt’s hier in rauen Massen und zum Torre sind es nur wenige Minuten Fußmarsch.

 

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Nach der Überquerung der Eisenbahnschienen steht man dann auch schon vor dem UNESCO Weltkulturerbe und Zeitzeugen der stolzen Vergangenheit Portugals, als von hier Entdecker in See stachen um neue Seerouten zu entdecken oder um sich mit dem Handel eine goldene Nase zu verdienen (hat hier jemand was von Sklavenhandel gesagt? Was? Ich sicher nicht...)

 

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An dieser Stelle kommt nun der eigentliche Transfer in die Innenstadt von Lissabon, den man von Belém aus am besten mit der Tram 15 bewerkstelligt. Geht man von der Küste weiter nach Norden in Stadt hinein, findet man zwangsläufig irgendwo Schienen und eine Oberleitung. Folgt diesen Gleisen bis zur nächsten Station und kauft euch an einem Zeitungskiosk eine Tageskarte „7 Colinas“ für 3,75€ pro Tag plus 0,50€ einmalige Kartengebühr.

 

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Diese Karte rechnet sich schon nach der dritten Trambahnfahrt (meistens 1,40€ Onboard-Preis) und ihr könnt alle Trams, Metros, Busse und Elevadores benutzen. Für den Fall, dass ihr länger als einen Tag in der Stadt bleibt, könnt ihr sie für 3,75€ jeden Tag neu aufladen. Mit der Tram 15 fahrt ihr dann entweder bis zum Praça do Comércio oder zum Praça da Figueira.

 

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Im Folgenden beschreibe ich jetzt einfach mal die Tour durch die Innenstadt, wie sie wir gelaufen sind. Es gibt sicherlich noch tausend andere Möglichkeiten, seht diesen Bericht einfach mal als Inspiration:

Am Praça do Comércio verschlangen wir erstmal die erste Flasche Wasser und schwörten uns, die Fahrt in der historischen Tram 28 einfach sausen zu lassen. Die etwa 30-minütige Rüttel-Schüttelfahrt hatte unseren Mägen schwer zugesetzt, sodass wir erstmal die Schnauze voll vom öffentlichen Nahverkehr hatten. Eine willkommene Abwechslung war da das Schlendern auf der Rua da Augusta, eine riesige Fußgängerzone direkt durch die „Unterstadt“ Baixa, während der Conny schon einmal alle Shops virtuell markierte, in denen später die Kreditkarte glühen sollte.

 

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Am Ende dieser Straße kommt man auf den großen Platz Rossio, von der wir weiter nord-östlich Richtung Martim Moniz liefen.

 

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Neben der Schönheit dieser offenen Plätze, die mich immer wieder in südländischen, eng bebauten Städten überwältigen, hat dieser Platz noch eine weitere Besonderheit: Von hier startet die Tram 28 ihre Tour in einer Rechtsschraubenbewegung. Da aus meiner Beobachtung die meisten Touristen diese Tramfahrt eher links herum von Meer aus durch die Alfama starten, bekamen wir dank Endstation in einem fast leeren Waggon zwei herrliche Fensterplätze und bereuten es nicht, doch wieder in eine Straßenbahn gestiegen zu sein.

 

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Der Ausstieg am Largo da Graça bietet gleich zwei große Vorteile: Erstens, man hat sich erfolgreich um die Besteigung eines Berges gedrückt und zum zweiten hat man Zugang zu mehreren wunderbaren Aussichtspunkten mit Blick über die komplette Unterstadt, das Bairro Alto und den Burgberg mit dem Castelo.

 

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Die oberen Bilder sind übrigens vom Miradouro de São Pedro de Alcântara mit verdammt kleinen Brennweiten (:D) entstanden. Bergauf und bergab kraxelten wir dann auf der Rua da Castelo rund um die Burg, um dann nach einer guten halben Stunde vor dem Ticketshop des Castelos zu stehen. Etwas fertig vom langen Fußmarsch traf mich fast der Schlag, als wir pro Person 7€ Eintritt für die Überreste der Verteidigungsanlage abdrücken sollten. Ok, nennt uns Geizhälse aber ich zahle keinen Eintritt für einen weiteren Aussichtspunkt. Das Castelo sieht man sowieso am besten von außen.

 

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Per pedes erreichten wir dann noch einen weiteren Aussichtspunkt, den Miradouro de Santa Luzia, von dem aus der Hafen mit seinen Containerschiffen und unser nächstes Ziel, die Alfama, wunderbar überblickt werden können. Rein wassertechnisch waren wir noch besser ausgerüstet als so manch anderer Tourist, der sich im Schweiße seine Dehydration einfach den Schlauch eines Rasensprengers an den Mund hielt. :D

 

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Ein gut gemeinter Rat zur Alfama: Schmeißt eure Karten weg und probiert erst gar nicht euch zurecht zu finden. Nicht einmal ein Einheimischer kennt sich in diesem Labyrinth aus und logische Orientierungshilfen wie Straßennahmen oder Plätze gibt es nicht.

Wir starteten „oben“, unser Ziel war „unten“. Dementsprechend nahmen wir einfach immer einen Weg, der uns gefiel und irgendwie abwärts führte. Durch die enge Bebauung ist dieses Chaos-Viertel auch deutlich kühler, soll laut dem LP aber nachts nichts für ängstliche Zeitgenossen sein.

 

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Unsere Planung ging auf, so dass wir am Ende unserer ersten Rundtour wieder am Praça do Comércio standen. An dieser Stelle unterbrachen wir die Sightseeingtour für eine Weile, denn Conny übernahm das Ruder und führte uns durch mehrere Läden an der Rua Augusta.

Nach kurzer Aufstockung unserer Flüssigkeitsvorräte brachen wir zu einem Meisterwerk des Städtebaus auf: Der Elevador de Santa Justa, erbaut 1902 von einem Schüler Gustav Eiffels. So langsam wundere ich mich wirklich nicht mehr über den Einsatz einer Rolltreppe am Strand von Albufeira. Entferntes Vorbild dürfte hier sicher Lissabon sein, das ganze Stadtviertel mit einem Senkrecht-Aufzug verbindet.

 

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Der normale Fahrpreis beläuft sich auf halsbrecherische 2,30€ oneway, bei der „7 Colinas“-Karte ist die Benutzung aber schon inbegriffen. Eine kleine Wartezeit sollte man trotzdem einkalkulieren, gerade wenn die Leute abends ins Bairro Alto strömen. Auf dem Dach des Aufzugs befindet sich ein weiterer Aussichtspunkt, von dem der ambitionierte Fotograf gerade am frühen Nachmittag die perfekten Lichtverhältnisse genießen kann. Besonders gut kann man auch die Kathedrale zwischen dem Burgberg und der Alfama erkennen. Nach dem Sieg der Christen über die Mauren legte man die Moschee in Schutt und Asche und baute eine riesige Kirche auf diesen Platz. Tja, so sah Toleranz damals aus ^^

 

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Direkt neben dem Aufzug sind die noch die Ruinen des Convento do Carmo zu sehen, einem bewusst erhaltenen Bauwerk, dass dem verheerenden Erdbeben von 1755 in großen Teilen zum Opfer fiel. Die tief katholische Bevölkerung war damals besonders geschockt, als diese „Gottesstrafe“ damals während einer Messe ein Großteil der Einwohner tötete und fast alle Kirchen komplett zerstörte, das Rotlichtviertel aber fast komplett verschonte.

 

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Natürlich war es noch viel zu früh um das ausgelassene Nachtleben des Bairro Alto zu erleben. Das ist eben eines der Opfer, die man bringen muss, wenn man nur einen Tag in dieser herrlichen Metropole bleiben darf. Aber prinzipiell glaube ich den hunderttausenden Quellen, die berichten, dass hier nachts der Bär tobt.

 

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Mit einem letzten Blick auf die Ponte 25 de Abril verabschiede ich mich mal für diesen Beitrag, der mal wieder viiiiel zu lang geworden ist. Aber ich wollte euch weder mit einer Textwüste noch einer Bilderflut dieser herrlichen Stadt überlassen.

Ich glaube Lissabon ist eine dieser Städte, in die ich noch oft fahren will und werde. Nur um wahrscheinlich die gleiche Tour genau noch einmal so zu unternehmen …

 

… um mir am Ende zu wünschen, ich hätte doch vier Wasserflaschen mehr mitnehmen müssen :)

 

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Danke fürs Lesen. Wie schon erwähnt: Wer sich die komplette Reise in die Algarve anschauen möchte, geht einfach auf diese Seite hier:

http://killerwal.com/2010/08/01/sommerurla...-nach-lissabon/

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