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Gemeinsame Typeratings


Caravelle10R

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Ich hätte mal eine Frage an die Experten, Piloten.

 

Als Verkehrspilot muss man ja ein Typerating in seiner Lizenz eingetragen haben. Soweit ich weiß, hat man in Deutschland im Regelfall nur einen Typen bzw. eine Typengruppe eingetragen.

 

Welche Flugzeuge kann man denn mit einer Typenklassenberechtigung, evtl. auch mit kleiner Zusatzschulung fliegen:

 

B737-100 bis 737-900

A320 (A319/A32) geht auch mit A330 (war glaub ich bei LTU so). geht auch A340?

B757/767

 

was ist z.B. mit der Dash8-100/200 oder -300, geht das auch in Kombination mit der -Q400?

 

Würde mich freuen, wenn hier mal mögliche Kombinationen gepostet werden.

 

Geht/Ging auch DC-9 mit MD-80? usw.

 

Vielen Dank für Eure Antworten.

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Hier muss man mehrere Sachen unterscheiden. So umfasst ein Typerating für einen Typ in der Regel auch die anderen Varianten dieses Typs. Zum Beispiel umfasst das Typerating A320 alles vom A318 bis zum A321. Bei der Boeing sind das heute in der Regel die 300 bis 900, für die 100 und 200 braucht man ein extra Typerating weil die Unterschiede zu gross sind.

 

Dann gibt es echte gemeinsame Typeratings (common typerating) die mehr als einen Typ umfassen. Das ist ein Prinzip das primär von Boeing verfolgt wird. Derzeit gibt es das dort für 757/767 und 777/787. Airbus setzt hingegen stärker auf das sogenannte MFF oder Mixed Fleet Flying, das das gemischte Fliegen von Typen mit verschiedenen Typeratings mit Trainingsvorteilen erlaubt, also zwei Typeratings die immer abwechselnd im Simulator geprüft werden, aber pro Typ nur noch einmal im Jahr statt zweimal. Bei Air Berlin zum Beispiel sind das A320 und A330, bei Lufthansa A330 und A340. Theoretisch ginge auch eine beliebige Kombination aus A330/A340/A380 aber meines Wissens wird das derzeit von keiner Airline genutzt. Möglich sind dabei immer nur zwei Typeratings die gemischt geflogen werden.

 

Es gibt auch die Möglichkeiten Boeing Typen im MFF gemischt zu fliegen, das wird weltweit aber extrem selten gemacht, mir ist derzeit keine Airline bekannt die diese Möglichkeit nutzt. So ist ein MFF zwischen 737/757 oder 737/767 möglich genauso wie 737/787.

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Also, so einfach lässt sich die Frage nicht beantworten.

Ich versuche es einmal allgemeinverständlich und ohne Fachchinesich.

Grundsätzlich darf ein Pilot mehrere Type Ratings haben. Relevant ist, ob er für die jeweiligen Typen auch die entsprechenden Stunden und Schulungen nachweisen kann, so dass das Rating verlängert werden kann (also mit anderen worden, welches davon aktiv ist). Das ist ein entscheidender Haken.

Welche Muster zu welchem TypeRating zählen, legen die nationalen Aufsichtsbehörden gem. den Standards der JAA FCL fest. Und da gibt es Unterschiede. So lässt die amerikanische FAA ein Rating für alle 737Muster zu (100-900) wenn die Piloten Differenzierungschulungen für die Cockpitsystem nachweisen können. In der Eu gilt dies nur für B737-100/200 und B737-300/400/500/600/700/800/900.

A330 und A340 sind aber bspw. zwei verschiedene Musterberechtigungen.

 

Wie sieht so etwas in der Praxis aus?

Ich z.B. bin 2004 von MD-80 auf Airbus umgestiegen. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich MD-80/81/82/83/87/88 sowie A319/320/321 rechtlich fliegen dürfen.

Der Arbeitgeber hat dem über die internen Richtlinien aber einen Riegel vorgeschoben, und ich durfte nur noch A320 fliegen und sonst nichts.

Nach Auslaufen der MD-Zulassung hat mir der Arbeitgeber die Erweiterung auf die beiden zusätzlichen Muster A330 und A340 erlaubt. Aufgrund einer zeitlichen Überschneidung hatte ich ingesamt vier Musterbrechtigungen auf einmal.

 

Es ist also vieles möglich. Manches aber nicht opportun.

Was Dummi beschreibt ist die Philosophie der Hersteller. Die Cockpits sind so ausgestaltet, dass die Piloten ohne große Schwierigkeiten auf den einen oder anderen Typen geschult werden können.

Das lässt sich am Beispiel Airbus gut erklären: Wer jahrelang nur A320 fliegt wird sich intuitiv auch ab der ersten Sekunde in einem A330 und A340 zurechtfinden, da das Cockpitlayout (also das Wo-ist-was-und wofür) ziemlich gleich ist. Eine Lizenz für alle drei Muster gibt es nicht, da sich die Typen sowohl in der Größe zueinander (A320 vs A330/340) und der Ausgestaltung (2 vs. 4motorisch -330 vs 340) unterscheiden.

Ähnliches gilt auch für Boeing, wobei die Unterschiede zwischen den Mustern größer ist, so das andere Schulungsvoraussetzungen gelten.

Die Aufsichtsbehörden werden immer dann kritisch, wenn in einer Airline Piloten völlig verschiedene Muster fliegen. So gab es immer mal wieder Diskussionen mit Airlines bei welchen in Zeiten der Flottenumstellungen Piloten zwei Muster mit unterschiedlichsten Philosophien geflogen sind. Z.B. B737 und A320 oder B737 und MD-80.

rechtlich zwar möglich und zulässig, in Praxis aber bedenklich, das sich die Flieger viel zu stark in Bedienung und fliegerischem Verhalten unterscheiden.

 

Was die Airbus-Familie betrifft, haben verschieden Airlines unterschiedliche Ansätze. Während bei einigen die Piloten sowohl Kurz- als auch Langstrcke fliegen (also 2-3 Ratings aktiv nutzen -320/330/340) trenne andere systematisch zwischen Kurz- und Langstrecke.

 

Ich hoffe, ich habe das komplexe Thema ein wenig verständlciher machen können.

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Nur als kurze Ergänzung, in Europa dürfen nach JAR und nun EASA-OPS von einem Piloten maximal zwei verschiedene Typeratings aktiv genutzt werden. Das betrifft natürlich nur den kommerziellen Verkehr, privat gibt es keine Grenze.

 

Damit sind drei Ratings auf einmal nicht mehr legal, machen aber operationell auch kaum Sinn.

 

Es gibt je nach Art des Gemischtfliegens starke Erleichterungen was den Erhalt der Ratings und die notwendigen Trainingsmassnahmen angeht, und das macht für die Airline recht hohe Kosten aus und ist daher natürlich interessant. Bei common Typeratings ist es klar, das fliegen und Training auf einem der beiden Muster erhält das Typerating, und damit auch automatisch immer den zweiten Typ. Nur beim ersten Einsatz auf dem zweiten Muster ist eine Unterschiedsschulung notwendig, die z.B. bei der Umschulung von 777 auf 787 mindestens 5 Arbeitstage dauert, besser aber den vollen 11 Arbeitstage Kurs durchgeht da im kurzen doch sehr viel unter den Tisch fällt. Umgekehrt gibt es übrigens noch keine zugelassenen Kurse, die werden gerade entwickelt.

 

Beim MFF ist das interessante für die Airlines dass man zwar zwei unterschiedliche Typeratings erhalten muss, also normalerweise den doppelten Trainingsaufwand hätte. Durch das MFF Prinzip wird aber jeweils ein Trainingsevent erlassen so dass man mit derselben Anzahl an Trainingevents wie für ein Typeratings zwei auf einmal erhalten kann.

 

Aber es gehen durchaus auch zwei komplett gemischte Muster, so gab es bei Air Berlin eine kleine Anzahl an Piloten die sowohl Boeing als auch Airbus fliegen durfte und bei Niki fliegen Crews gemischt auf A320 und E-JET. Dabei gibt es dann aber keine MFF Gutschrift und es sind von jeder Crew vier statt zwei Simulatorevents pro Jahr zu durchlaufen.

 

Und man muss natürlich immer schauen wie es nach den jeweils lokalen Regeln laufen muss, in den USA wird vieles anders gehandhabt als in Europa und in beiden wieder vieles anders als in Asien.

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Vielen Dank für die guten und auch ausführlichen Antworten. Das Thema ist ja in der Tat komplexer, aber jetzt sehr viel deutlicher und schön erklärt.

 

Zitat: ..... und bei Niki fliegen Crews gemischt auf A320 und E-JET. Dabei gibt es dann aber keine MFF Gutschrift und es sind von jeder Crew vier statt zwei Simulatorevents pro Jahr zu durchlaufen.

 

Ob es gut ist zwei verschiedene Typen regelmäßig zu fliegen? Denke ich nicht, oder?

 

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Dan war auch eher aus der Not geboren. Damals sollten die E-Jets komplett ausgeflottet werden und die Crews wurden auf Airbus umgeschult. Während der Schulung entdeckte man völlig überraschend das man an lang laufende Leasingverträge gebunden ist und man daher die Flugzeuge doch besse einsetzt als bei weiterlaufenden Leasingraten stehen zu lassen. Also mussten die Crews nach Ende ihrer Airbus Ausbildung gleich eine Auffrischung für die E-Jets durchlaufen, auch gerade die Ausbilder weil diese dann die Kollegen von LGW durchs Training bringen mussten.

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