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Theoretische Frage zur Triebwerkseffizienz


Windyfan

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Hallo Forum,

 

wie bekannt ist, hat Boeing bei der 787 auf das neue Konzept "more electric Airplane" umgestellt. Unter anderem auch werden die Flügel elektrisch beheizt, soweit ich weiß mit einer Leistung von 60 kW, was ja mal eine Hausnummer ist.

 

Da frage ich mich jetzt, ob das vom Wirkungsgrad her sinnvoll ist. Denn bei der thermischen Umwandlung von Wärmeenergie in elektrische Energie kommt man bestenfalls auf 30 % Wirkungsgrad. Strom kann man zwar fast verlustfrei wieder in Strom verwandeln, doch auch 100 % Wärmemenge werden bestenfalls über den Umweg Strom 30 % Wärmemenge.

 

Ob das nicht sinnvoller wäre zur Beheizung der Flügel den konventionellen Ansatz (jetzt nur für die Flügelbeheizung) zu wählen?

 

Andererseits könnte ich mir vorstellen, wenn man aus dem Hochdruckteil kurz vor der Brennstoffeinspritzung Zapfluft entnimmt, verschlechtert man die optimale Balance des TW, denn diese Luft fehlt ja dann für die Verbrennung und der Druck sollte auch niederer sein. Hebt das die Wirkungsgradnachteile beim Umweg über Strom wieder auf?

 

 

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Morgen,

 

es sollte GE bzw. RR arg zu denken geben, wenn dir hier jemand eine exakte Antwort darauf geben könnte, ob ein GEnx oder ein Trent 1000 effizienter wäre, wenn sie konventionell, also mit klassischer Zapfluft-Architektur, konstruiert worden wären.

Prinzipiell gilt: Die Turbine muss die Leistung liefern, die Verdichter und Getriebe brauchen. Umso mehr Leistung das Getriebe bei konstant bleibendem Verdichterwirkungsgrad (dieser liegt aktuell bei ca. 90%) benötigt, desto mehr Leistung muss die Turbine generieren. Dafür hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man spendiert der Turbine zusätzliche Stufen, was alleine relativ sinnfrei ist, da dann nur noch wenig Energie für die Niederdruckturbine und damit für den Fan übrig bleibt. Oder man erhöht die Turbineneintrittsemperatur. Dafür bracht man die richtigen Materialen, funktionierende Coatings und die entsprechende Kühlluft. Mag also sein, dass ich beim More Electric Aircraft kaum Zapfluft entnehme, die ans Flugzeug geht. Allerdings muss sehr wahrscheinlich die Menge der Kühlluft für die Turbine erhöht werden. (Hier kommt jetzt der Punkt, wo sich die Hersteller sorgen müssten, wenn es hier einer genau beantworten könnte, den bei jeder neuen Triebwerksgeneration verbessern sich natürlich auch die Materialen, sodass nicht die komplette Temperatursteigerung weggekühlt werden muss).

 

Beim konventionellen Konzept wiederum ist der eigentliche Wirkungsgradverlust dadurch gegeben, dass ich Zapfluft mit durch den Core schleppe und dieser im Verdichter massenhaft Energie zuführe, ohne das sie was für mich macht, da sie ja durch das abzapfen am Kreisprozess vorbeigeschleust wird. Diese VERLUSTleistung nimmt Werte an, von denen ein komplettes Windrad als ABGABEleistung nur träumen kann, sprich sie liegen im Megawatt-Bereich.

 

Letztendlich muss man sich genau angucken, wie die Effizienz-Verbrauch-, Effizienz-Gewichts- und Effizienz-Kosten-Trades sind, um zu bewerten, was jetzt im konkreten Fall rentabler ist. Dabei könnte dann durchaus auch rauskommen, dass sich die eine Variante für Langstreckeneinsätze lohnt und bei Kurzstrecken eher die andere besser wäre. Tendenziell wird der Trend aber wahrscheinlich eher zu More Electric gehen, denn die Kabine wird künftig sicherlich eher mehr als weniger Strom verbrauchen

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Also ich weiß jetzt nicht wie genau die Leading Edge Beheizung bei der 787 funktioniert, aber dennoch bin ich der Meinung, dass das Umwandeln von Strom in Wärme bei irgentwo 98-99% Wirkungsgrad am Heizelement liegt. Lediglich das Strom produzieren, ist entsprechend geringer behaftet.

 

Nungut. Du darfst bei deiner Überlegung nicht vergessen, wofür Engine Bleed Air alles genutzt wurde und wird. Bei der 787 beschränkt sich das nur noch auf Cowl Inlet Heat und Hydraulic Pressurization. Das heißt eine ganze Menge weniger Material und Leitungen, auch die Abgezapfte Bleed Air ist nur noch ein Bruchteil. Laut Boeing beläuft sich durch das verringte abzapfen der Bleed-Air  die Einsparung im Cruise bei 2% Kraftstoffverbrauch. Das ne Menge.

 

Zudem das eingesparte Gewicht, schließlich ich Leading Edge Heat nicht konstant an. Die Leitungen schleppst du aber dennoch rum. Da ist das verringerte Gewicht für elektrische Kabel und Heizung ein Vorteil. Zumal du elektrische Heizungen besser steuern und dosieren kannst (falls angewendet bei der 787). Überwachung ist einfacher, das Risiko eines Defektes würde ich auch als geringer betrachten.

 

Ich kann nur aus alten Erinnerungen kramen, daher keine Garantie auf Richtigkeit. Aber ich meine im Kopf zu haben, das der Leistungsverlust eines Triebwerkes (je nach Modell und Muster etc.) bei voller Zapfluftentnahme 5% Leistung kostet. Schließlich nimmst du recht viel, durch den Kompressor erwärmte Luft ab, die dir dann zum Verbrennen fehlt. Viel besser noch, du musst auch diese Zapfluft nicht entsprechend aufbereiten, z.B. für die Kabinenheizung. Denn hier ist die Zapfluft meist zu heiß, wodurch du die zuvor erhitzte Luftmasse umständlich abkühlen musst, bevor sie in die Kabine dringt. Da macht es auch hier mehr Sinn, über eine Elektroheizung die Luft nur so stark zu erwärmen, wie es auch Not tut.

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@ wartungsfee

 

Strom als "edle" Energieform läßt sich nahezu verlustfrei in Wärme (fast 100%) umwandeln. Auch große Elektromotore können 98% Wirkungsgrad erreichen, das Problem ist der Verlust bei der Erzeugung aus thermischer Energie, da erreicht man bestenfalls 30 % bei der Umsetzung von thermischer in mechanische Energie. Die mechanische Energie läßt sich wieder mit hervorragendem Wirkungsgrad in elektrische verwandeln.

 

Also über dem Umweg der Stromerzeugung bleibt von Deinen 100% Wärmemenge durch das Feuerchen gerade mal bestenfalls 30% der Wärmemenge an der elektrisch beheizten Stelle. Zum Beheizen ist das deswegen denkbar schlecht gegenüber der direkten Nutzung der Wärmemenge. Entweder sind die Nachteile durch das Entnehmen der Zapfluft derartig hoch, so dass die Umwege über die Stromerzeugung aufgewogen werden, oder die Ingenieure der TW Hersteller übersehen etwas, was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann.

 

Wie ist es eigentlich mit der Kabinenluft, die muß ja ebenfalls temperiert werden?

 

Auf Höhe sind die beiden elektrischen Verdichter im Einsatz, durch die Komprimierung der dünnen Luft auf 30.000 Fuß landet die Energiemenge, die zur Verdichtung benötigt wird zu fast 100% als Wärmemenge in der Kabinenluft, da muß vielleicht sogar nachgekühlt werden.

 

Jetzt wäre interessant, was auf Meereshöhe im Hochsommer und im tiefsten Winter passiert:

 

1. Winter, wenn der Vogel über Nacht im Sturm in Anchorage übernachtet hat, sollte die Kabine eigentlich recht schell wieder auf Wohlfühltemperatur gebracht werden können, nur dazu ist eine Heizleistung von vielleicht 200 kW notwendig (das ist noch niedrig geschätzt, denn Autos haben in der Regel Wärmetauscher mit einer Leistung von über 10 kW - aber da steht auch viel mehr Abfallwärme zur Verfügung als man braucht.... Also in der 787 schmeißt man die Verdichter an (über den Generator der APU), die Verdichtungsleistung landet bei ausgeschalteter Zwischenkühlung als Wärmemenge fast zu 100 % in der Kabinenluft - aber reicht das?

 

2. Sommer - das ist energetisch einfacher, Verdichter marsch und Zwischenkühlung der verdichteten Luft. Nach Entspannung auf Meeresniveau kommt die kühle Briese....

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... das Problem ist der Verlust bei der Erzeugung aus thermischer Energie, da erreicht man bestenfalls 30 % bei der Umsetzung von thermischer in mechanische Energie. 

 

Na ja, uns wurde in der Vorlesung über Turbomaschinen beigebracht, dass Gasturbinen so auf gute 40% kommen. Je größer desto besser (ist aber auch z.B. bei Dieselmotoren so).

 

Anderseits denke ich, dass es von der Effizienz kaum einen Unterschied macht, ob elektrisch oder per Zapfluft klimatisiert und enteist wird. Denn: Die Energiemenge muss schlussendlich der Turbine entnommen werden, egal ob sie das Getriebe oder den Verdichter antreibt. Der Verdichter benötigt, genauso wie der Generator, mechanische Energie, der dreht sich ja nicht aus Spaß an der Freude!

Und den miesen Wirkungsgrad kriegst du einfach aus der Thermodynamik, nicht davon dass die Turbine sagt "och ne, n Generator? Da will ich aber extra Futter für haben".

 

Stell dir z.B. für die Klimatisierung einfach vor, statt der direkten Zapfluftentnahme treibe die Turbine über das Getriebe einen weiteren Verdichter an. Macht (abgesehen von Skaleneffekten) keinen Unterschied, denn die Verhältnisse in beiden Verdichtern wären ja identisch.

Und nun ersetze den direkt vom Getriebe angetriebenen Verdichter mit einem Generator und hinterher einem Motor, der den Verdichter antreibt... Man sieht, es ist eigentlich ziemlich egal.

 

Unterschiede gibt es hauptsächlich darin, ob man die Zapfluft auf genau dem  Energieniveau entnehmen kann, auf dem man sie hinterher auch braucht, d.h. ob man wertvolle Energie noch wegkühlen muss oder nicht. Sozusagen das Äquivalent von "trage ich das Bier erst in den 5. Stock hoch und später zum Trinken in den 3. Stock runter oder lasse ich es gleich im 3. Stock".

 

Und natürlich was die Flexibilität angeht. Wo plaziert man Equipment, wie einfach lässt es sich regeln, was passiert wenn gerade geringer Bedarf für Zapfluft vorhanden ist usw.

Ich sehe das oft bei Schiffen, da werden z.B. LNG-Tanker heute ganz gerne als TRFDE* gebaut, obwohl man mit nem Dampfsystem auch gute Wirkungsgrade hinbekommt und sogar etwas flexibler ist was die Kraftstoffnutzung angeht. Aber die Turbine muss halt direkt neben dem Getriebe stehen, das wiederum in Verlängerung von der Propellerwelle stehen muss, die ne ziemlich spezifische Position im Schiff hat. Man saugt im Idle weniger Schmutz in den Kondensator und man braucht nicht doch noch n Generator für den restlichen Strombedarf...

* TFDE = Tri-Fuel Diesel Electric

 

Übrigens, der größte Teil der vom Verdichter bearbeiteten Luft wird für die Filmkühlung verwendet. Da sind wir insgesamt im Megawattbereich. Die Enteisung usw. sind da Peanuts.

Und nun stell dir mal noch die 60KW in dem Kontext vor, dass die Lichtmaschine in nem Auto heute schon knapp 2KW leistet (bei 150A)... Da sehe ich echt kein Problem, die Generatoren etwas stärker auszulegen und etwas mehr Strom abzuzapfen.

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Die Energiemenge muss schlussendlich der Turbine entnommen werden, egal ob sie das Getriebe oder den Verdichter antreibt. Der Verdichter benötigt, genauso wie der Generator, mechanische Energie, der dreht sich ja nicht aus Spaß an der Freude!

Und den miesen Wirkungsgrad kriegst du einfach aus der Thermodynamik, nicht davon dass die Turbine sagt "och ne, n Generator?

 

 

 

 

da bin ich voll bei Dir, es macht da keinen Unterschied, weil beide Male hast Du ja die Verluste schon gehabt im Bereich der Umwndlung thermische Energie in mechanische, das danach funzt ja mit hervorragenden Wirkungsgraden; aber bei den Bereichen, wo es nur auf die Wärmemenge ankommt, kommt nun mal nur noch etwa 30% der Wärmemenge an dem Flügel als Beheizung heraus, weil man den Umweg über die Elektrik gegangen ist.

 

Ich denke hier kommt es nur auf die Wärmemenge je Zeiteinheit an, um der Vereisung entgegenzuwirken. Das waren glaube ich bei der 787 60 kW je Flügel.

 

Um in die Supereffizienz von 40 % bei Gasturbinen zu kommen, wird man große, stationäre und mit Erdgas betriebene Geräte meinen, da kann man auch noch ein paar zusätzliche Einheiten hinzufügen und das Gas weiter entspannen und mehr Energie umsetzen. Das geht aus Gewichts- und Platzgründen an der Fläche nicht, ich denke die 30 % ist wohl schon eine optimistische Annahme.

 

Um noch Zahlen zu nennen, die 787 hat je TW einen Generator mit 500 kW und die APU hat auch nochmals einen 500 kW Generator. Also insgesamt könnte 1,5 MW elektrische Energie erzeugt werden. Das ist ne Menge Strom!

 

 

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Ich denke Triebwerk sind auf Kraftausstoss/Schuboptimierung gebaut, nicht auf optimale Energieerzeugung und maximale Energieausbeute der Thermodynamik wie eine stationäre Gasturbine. Ein Triebwerk mit 300kN Schub bei einer Geschwindigkeit von 250m/s hat eine rechnerische Leistung von 75MW... das ganze mal 2 sind 150MW... da sind 60kW die temporär gebraucht werden relativ uninteressant, wenn man dafür das zapfluftsystem nur noch auf die interne Kühlung der ersten Schaufelreihen im Verdichter beschränken kann.

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Das ist mal eine Aussage, die erklärt warum das trotz der vermeintlich hohen Verluste über den elektrischen Beheizungsweg sinnvoll sein kann. Ich hätte nicht erwartet, dass die Verluste enorm sind.

 

 

Bei der 787 wird auch die Hydraulik übrigens auch durch elektrisch angetriebene Pumpen realisiert.da kann ich mir vorstellen, dass durch wesentlich genauere und feinere Regelung im Vergleich mit konventionell angetriebener Hydraulik einiges an Energie eingespart werden kann.

 

Andererseits kann ich mir neue Problemfelder gut vorstellen: Gewicht der drei Haupt-Kabelstränge quer durchs Flugzeug die jeweils 500 kW abkönnen müssen dürfte auch erheblich sein. Dann die schaltbaren Verbindungen untereinander, die ebenfalls auf diese Last dimensioniert werden müssen. Dann wie sichert man solch eine Leistung ab, damit im Falle eines Masseschlußes nicht sofort ein unkontrollierbarer Brandherd entsteht...

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da bin ich voll bei Dir, es macht da keinen Unterschied, weil beide Male hast Du ja die Verluste schon gehabt im Bereich der Umwndlung thermische Energie in mechanische, das danach funzt ja mit hervorragenden Wirkungsgraden; aber bei den Bereichen, wo es nur auf die Wärmemenge ankommt, kommt nun mal nur noch etwa 30% der Wärmemenge an dem Flügel als Beheizung heraus, weil man den Umweg über die Elektrik gegangen ist.

 

Sorry, aber entweder hast du irgendeinen Punkt noch nicht ganz verinnerlicht, oder ich verstehe einfach nicht was du ausdrücken willst.

 

Die Zapfluft kann nur deshalb den Flügel enteisen, weil sie warm ist. Warm wird sie dadurch, dass sie komprimiert ist, und dazu muss der Zapfluft Energie zugeführt werden. Das wird im Kompressor erledigt, der sowieso schon ne Menge Luft komprimiert. Der Kompressor muss aber die Energie auch irgendwo herkriegen, und gemäß dem Energieerhaltungssatz muss da gleich viel oder mehr sein, als er der Luft beim Komprimieren zuführt.

Und diese Energie wird letztendlich von der Turbine bereitgestellt, da diese den Kompressor antreibt. Die Turbine muss somit "etwas härter arbeiten", benötigt also selbst etwas mehr Energie, die in Form von Wärme und Druck bereitgestellt wird. Beides kommt schlussendlich aus dem Kraftstoff und wird mit bescheidenem Wirkungsgrad in mechanische Energie umgewandelt.

 

Und der Punkt ist: Es ist egal, ob die Turbine härter arbeiten muss, um die zusätzliche Energie dem Verdichter zuzuführen oder ob sie dem Generator n kleinen Extraschuss Energie beschert. Beide Male stellt die Turbine an der Welle mechanische Energie bereit, die aus Wärmeenergie gewonnen wird, und da ist die Thermodynamik beide Male schon fleißig gewesen und hat den Wirkungsgrad versaut.

Die Aufteilung in "Energie geht ins Getriebe" oder "Energie wird direkt an der Welle vom Verdichter entnommen" kommt erst später.

 

Die Verluste entstehen ja nicht in der Elektrik. Ein Generator ansich hat einen super Wirkungsgrad. Die hohen Verluste entstehen ja nur aus dem Antrieb des Generators, hat also gar nichts mit der Elektrik ansich zu tun. Wenn man die Wärmemenge betrachtet, kommt auch beim zapfluftbasierten System nicht mehr Wärme am Flügel an.

Man müsste also sagen, bei der Enteisung ansich kommen nur 30% der Wärme am Flügel an, weil  man den Umweg über die Turbine geht. Besser wäre streng genommen, du entnimmst die Wärme direkt aus dem heißen Gas in der Brennkammer ohne mechanischen Umweg (Turbine), oder du betreibst einen nennen wir es "Enteisungsbrenner" im Flügel und verbrennst dort den Kraftstoff direkt.

 

 

 

Ich denke Triebwerk sind auf Kraftausstoss/Schuboptimierung gebaut, nicht auf optimale Energieerzeugung und maximale Energieausbeute der Thermodynamik wie eine stationäre Gasturbine. Ein Triebwerk mit 300kN Schub bei einer Geschwindigkeit von 250m/s hat eine rechnerische Leistung von 75MW... das ganze mal 2 sind 150MW... da sind 60kW die temporär gebraucht werden relativ uninteressant, wenn man dafür das zapfluftsystem nur noch auf die interne Kühlung der ersten Schaufelreihen im Verdichter beschränken kann.

 

Fast. Die Triebwerke sind eigentlich darauf optimiert, den gewünschten Schub unter Aufwendung der minimalen Kraftstoffmenge zu erzeugen. Und Schub ist direkt verrichtete Arbeit, die wieder in den Wirkungsgrad einfließt.

Aber schlussendlich stellt die Turbine auch im Flugzeug eine Wellenleistung zur Verfügung, die dann halt statt für einen großen Generator zum Antrieb des Fans verwendet wird. Betrachtet man die vom Schub verrichtete Arbeit und nimmt das für den Wirkungsgrad, überlagert natürlich der Wirkungsgrad vom Fan auch den Wirkungsgrad von der Turbine (und Verdichter usw.). Das hat aber nichts damit zu tun, wie effizient die thermodynamische Seite vom Triebwerk ist, aber genau die ist relevant, wenn es um die zusätzliche elektrische Energie für die Enteisung geht.

Unterschiede zu stationären Systemen ergeben sich zum Einen Anderem aus Gewichts- und Größenbeschränkungen, zum Anderen aus den Betriebsbedingungen. Der Fan kann halt nur bestimmte Drehzahlen annehmen, was dann z.B. die Niederdruckturbine einschränkt. Trotzdem wird in diesem Rahmen optimiert was geht und die maximal mögliche Energiemenge entnommen (unter Einhaltung der Randbedingungen).

 

Übrigens, ich halte 300KN für etwas hoch gegriffen. Im Reiseflug wird der erzielte Schub erheblich niedriger liegen. Das merkst du schon an der damit ausgerechneten Leistung.

Mal wieder ein Beispiel aus der Schiffahrt, weil ich mich da gerade am besten auskenne (beruflich bedingt): Großdieselmotoren in Seeschiffen kommen auf spezifische Verbräuche von so 180g/kWh (teilweise sogar noch besser). Also Wirkungsgrad von so ca. 50% (Heizwert HFO: 11kWh/kg). D.h. wenn die beiden Triebwerke mit 300kN 150MW erzeugen würden, wären das natürlich 150MWh/h. Dafür würde selbst der Dieselmotor pro Stunde 27t Kraftstoff verbrennen! Das dürfte nicht mal ne A380 hinkriegen, und ne B787 ist noch erheblich weiter davon entfernt. Und der gesamte Wirkungsgrad von Flugzeugtriebwerken liegt immerhin auch noch n paar % darunter...

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@ abdul

 

Oh ja danke, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, das war ein Denkfehler von mir, die Zapfluft ist ja rein durch die (näherungsweise) adiabatische Kompression aufgeheizt!

 

Das ist der Knackpunkt. Ich bin in meinen Überlegungen davon ausgegangen, dass die Zapfluft durch direkte Verbrennungswärme aufgeheizt wäre.

 

Dann spielt es keine Rolle, ob elektrisch oder durch Zapfluft erwärmt und kehrt sich ins Gegenteil, weil das Abzapfen das Gleichgewicht in der Turbine durcheinander bringt.

 

Und eine Art Brenner zur Aufheizung der Luft direkt verbietet sich wohl aus Sicherheitsgründen und auch der müsste ziemlichen Bauaufwand haben, da ja die dünne Luft erstmal komprimiert werden müsste.

 

Noch ein paar Zahlen zum Spritverbrauch: Eine 747-400 braucht im Reiseflug etwa 16000 l/h - aber Reiseflug bedeutet natürlich, dass die TW nur einen Bruchteil der Maximalleistung bringen. Könnte bei einer Last von 25 - 30 Prozent liegen.

 

Das bedeutet dann dass man mit Startleistung, die ja nur kurz anliegt, auch locker mal 30-40t/h Momentanverbrauch annehmen kann, denn bei Startleistung laufen die TW nicht im optimierten Bereich. Glücklicherweise wird ja schon kurz nach dem Abheben die Leistung wieder reduziert.

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Und eine Art Brenner zur Aufheizung der Luft direkt verbietet sich wohl aus Sicherheitsgründen und auch der müsste ziemlichen Bauaufwand haben, da ja die dünne Luft erstmal komprimiert werden müsste.

 

Noch ein paar Zahlen zum Spritverbrauch: Eine 747-400 braucht im Reiseflug etwa 16000 l/h - aber Reiseflug bedeutet natürlich, dass die TW nur einen Bruchteil der Maximalleistung bringen. Könnte bei einer Last von 25 - 30 Prozent liegen.

 

Das bedeutet dann dass man mit Startleistung, die ja nur kurz anliegt, auch locker mal 30-40t/h Momentanverbrauch annehmen kann, denn bei Startleistung laufen die TW nicht im optimierten Bereich. Glücklicherweise wird ja schon kurz nach dem Abheben die Leistung wieder reduziert.

 

Keine Angst, den Brenner im Flügel hab ich nur als Beispiel zur Veranschaulichung ins Spiel gebracht.  :P

Heutzutage würde man da ja sowieso eher ne moderne Variante nehmen und n paar Galaxy Note 7 auf die Leading Edge kleben...  :lol:

 

Klar, beim Start "leisten" die Triebwerke am meisten. Aber da ist beim gegebenen Schub auch die Geschwindigkeit am niedrigsten, d.h. die Rechnung P = F * v = 300KN * 250m/s ist da minimal unzulässig. Zumindest die mechanische verrichtete Leistung liegt da erheblich unter den 150MW. Bei ner B787, die mit 250t Abfluggewicht in 30s auf 300km/h beschleunigt, hat man im Schnitt 29MW für die Beschleunigung, plus die Leistung für die Überwindung des Luftwiderstandes. Letztere wird aber bei den niedrigen Geschwindigkeiten trotz der hohen Dichte keine 120MW ausmachen, sonst würde das Ding nicht schnell genug werden um die Klappen einzufahren.

 

Wieviel die Triebwerke da thermisch leisten ist ne ganz andere Sache und weiß ich nicht, könnte man aber einfach aus dem garantiert ziemlich hohen Fuel Flow ausrechnen. Wenn da einer vernünftige Zahlen hat (gerne auch für n anderes Modell), nur her damit. Interessiert mich brennend! Auf jeden Fall stimme ich dir zu, dass es verdammt viel ist.

 

Aber mit der Rechnerei ist es allgemein ne schwierige Sache, da die Effizienz der Triebwerke recht unbekannt ist. Die streut nämlich erheblich je nach Betriebszustand. Bringen wir das Triebwerk auf Startleistung, verbrennt es Unmengen an Sprit. Trotzdem ist die mechanisch nutzbare Leistung unmittelbar nach dem Lösen der Bremsen verschwindend (da v ~0).

Macht zwar Spaß mit Zahlen um sich zu werfen, aber man muß sich dann auch bewußt sein, dass  man durchaus auch mal ein oder zwei Promille nebendran liegen kann (ich brauch aber noch n paar Bier bis ich heute die 2 Promille erreicht hab  :D )

 

Aber ganz verkneifen kann ich es mir trotzdem nicht: Die 16000l/h der B744 machen ne thermische Leistung von ca. 158MW aus (mechanisch unbekannt), aber da liegt ne B787 im Reiseflug erheblich darunter, so viel verbrennt die zumindest in der Flugphase nicht mehr...

 

Aber ist ne schöne Diskussion (vor Allem sind alle so freundlich, das ist man ja gar nicht gewohnt! Kann bitte einer anfangen, andere User zu beschimpfen?  :blink: ) und ich glaube im Grundprinzip stimmen wir auch ziemlich überein...

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Ja, ich fand das auch ein super interessantes Thema und eine sehr angenehme Diskussion.

 

Wahrscheinlich ist es am greifbarsten, auf die thermische Leistung aus dem Fuelflow zurückzugreifen, die Schubformel verzerrt das Ganze, besonders beim Start.

 

Leider habe ich keine Zahlen für aktuelle Muster parat, da eine 747-400 mehrere Entwicklungs-Generationen von der Effizienz von einer 787 entfernt ist, kann durchaus auf den Sitzplatz herunter gebrochen der halbe Verbrauch rauskommen.

 

Super interessant finde und schwer beeindruckend ist die ungeheure Leistungsdichte auf so kleinem Raum, die so ein TW erzeugt, das dürfte mit keiner anderen Wärmekraftmaschine zu überbieten sein. (Raketentriebwerke mal außen vor, da Unsummen für den Treibstoff ausgegeben werden müssen und auch meist ein Einmalartikel, da hinkt der Vergleich)

 

Aber energetisch ist die Kombination Flüssigwasserstoff / Flüssigsauerstoff unschlagbar.

 

Ich habe leider keine Zahlen für eine Rakete parat, nur eines weiß ich, bei der Mondrakete mit ihren vier Haupttriebwerken der ersten Stufe hatte alleine der Antrieb der Kreiselpumpe, die die beiden Brennstoffe förderte, eine Leistung von 80.000 PS! Je Triebwerk natürlich.

 

Da hier im TW Tonnen je Sekunde verbrannt werden, muß die thermische Leistung astronomisch hoch sein.

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Ganz nachvollziehen kann ich eure Diskussion ehrlich gesagt nicht. Sprecht ihr noch von Effizienz und Wirkungsgraden oder seid ihr schon bei Leistungen und Schub? Beides sind zwei paar Schuhe.

Ursprünglich ging es mal um den EFFIZIENZvergleich von Generator gegen Zapfluft. Da wart ihr zu dem Schluss gekommen, dass das Banane ist, weil die Turbine so oder so dieselbe LEISTUNG zur Verfügung stellen muss. Klar muss sie das. Die Frage ist aber, mit welchem Wirkungsgrad ich diese Leistung erzeuge und wenn ich eben mehr "teure" Luft (sprich aus den hinteren Kompressorstufen) an der Brennkammer vorbeischleuse, kommt in der Turbine weniger Massenstrom an. Also muss ich die benötigte Leistung über mehr Temperatur generieren. Mehr Temperatur heißt mehr Entropie und mehr Entropie heißt mehr Verluste. Nicht umsonst will jeder TW-Hersteller die Sekundärluftentnahme auf ein Minimum reduzieren.

 

Dann habt ihr angefangen verschiedene Leistungen auszurechnen. Für eure Überschlagsrechnungen nutzt ihr ausschließlich Werte für den Take-Off. Und genau hier ist es jetzt wichtig, zwischen den Ratings zu unterscheiden: Schub wird auf Take-Off ausgelegt, aber Effizienz auf Cruise.

 

Für all diese Überlegungen und Rechnerei kann ich "Jet Propulsion" von Herrn Cumpsty empfehlen. Er legt dort ein komplettes Triebwerk aus und rechnet es Performance-mäßig komplett durch - ein Sache die übrigens mit einigen sinnvollen Annahmen, einem Taschenrechner und einem T-S-Diagramm zu Veranschaulichung in sehr viel kürzerer Zeit erledigt ist, als man vielleicht denkt. Den Cumpsty findet man über Google übrigens auch sehr leicht als PDF zum runterladen.

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