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Dürfen Piloten die Mitnahme von Abschiebe-Flüchtlingen verweigern?


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Ein heikles und hoch politisches Thema.

 

Wie weit darf die Entscheidungsbefugnis der Piloten gehen - im Bezug auf die Mitnahme von Abschiebe-Flüchtlingen?

 

Viele Abschiebungen scheitern letztendlich daran weil Piloten sich weigern, abzuschiebende Flüchtlinge mitzunehmen. Die Meinungen zur Rechtslage gehen hierbei offenbar auseinander. Die Piloten berufen sich auf ihr Recht zur Ausübung der Bordgewalt. Der Chef der Bundespolizei sieht das jedoch ganz anders. Im Konfliktfall habe die Bundespolizei an deutschen Flughäfen das letzte Wort und nicht der Pilot. Die Personenbegleiter stellten während des Fluges schließlich sicher, dass von den Abgeschobenen keine Gefahr für Passagiere und Besatzung ausgehe. Der Pilot habe lt. Paragraph 12 des Luftsicherheitsgesetzes nur als "Beliehener" für die Sicherheit an Bord zu sorgen (was auch immer das genau heißen mag?!)... Demzufolge müsse der Pilot jeden Abschiebe-Flüchtling mitnehmen, wenn die Bundespolizei dies festlegt.

 

Bahnt sich hier ein rechtlicher Konflikt für die deutsche Luftfahrt an?

Ich hoffe, der Thread artet nicht aus. Dennoch gehört das Thema auch hierher ins Forum - es tangiert schließlich die Grundsätze im Luftfahrtrecht.



 

https://www.n-tv.de/21004139

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Lies Dir am besten mal den §12 durch. Meiner Meinung nach ist das eindeutig.

 

Zitat

Absatz 4: "(4) Alle an Bord befindlichen Personen haben den Anordnungen des Luftfahrzeugführers oder seiner Beauftragten nach Absatz 2 Folge zu leisten."

Somit auch die Bundespolizei.

 

Sollte er seine Macht missbrauchen greift Absatz 5:

 

Zitat

(5) Der verantwortliche Luftfahrzeugführer hat den Schaden zu ersetzen, welcher der Bundesrepublik Deutschland durch rechtswidrige und vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung seiner Pflichten bei Ausübung der Aufgaben und Befugnisse nach den Absätzen 1 bis 3 entsteht. Wird der Flug von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt, hat dieses den Schaden zu ersetzen, welcher der Bundesrepublik Deutschland durch eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der Pflichten des verantwortlichen Luftfahrzeugführers oder seiner Beauftragten bei Ausübung der Aufgaben und Befugnisse nach den Absätzen 1 bis 3 entsteht.

Das entscheiden dann aber im Fall der Fälle ordentliche Gerichte.

 

In der Praxis viel wichtiger dürfte aber sein, dass der Arbeitgeber des Piloten auch reagieren wird, wenn da etwas nicht nach den Vorstellungen des Arbeitgebers läuft.

 

Außerdem habe ich meine Zweifel, dass 500 Abschiebungen nur daran gescheitert sind, dass Piloten die Mitnahme verweigert haben. Der Artikel ist m.M. schwammig formuliert.

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In jeder Firma in der ich bisher gearbeitet habe liegt die letzte Entscheidung ob ein Gast, völlig egal ob Deportee oder nicht, beim Kapitän. Im Falle von Deportees verlangen alle Firmen eine persönliche Identifikation und eine bewusste Entscheidung ihn entweder mit zu nehmen oder nicht. Begleitete Deportees (die meisten fliegen ohne Begleitung) unterliegen an Bord den Regelungen der Airline, in allen Firmen in denen ich bisher gearbeitet habe durften Fesseln/Handschellen nicht an Bord benutzt werden nachdem die Türen geschlossen sind. Das macht die Mitnahme sich aktiv gegen ihre Abschiebung wehrende Deportees so gut wie unmöglich, da zum einen die Sicherheit der Crew, als natürlich auch die Sicherheit der anderen Gäste in Gefahr ist. 

Es gab einen Fall an Bord einer deutschen Airline vor recht langer Zeit, bei dem die beiden Begleiter den Deportee in den Schwitzkasten nahmen und ihm die Jacke über den Kopf zogen um ihn im Flug zu beruhigen. Der Deportee erstickte und der Kapitän wurde dafür verantwortlich gemacht, da an Bord die Begleiter letztendlich nur in seinem Auftrag handeln. Da das in der Regel das Berufsverbot als Pilot zur Folge hat, Schlagwort ZÜP, wird man sich schwertun auch nur ansatzweise in eine ähnliche Situation zu kommen.

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Hier könnte es tatsächlich zu einem "Patt" kommen.

 

Einerseits hat der Pilot das Recht bzw. die Pflicht, geeignete Maßnahmen für die Sicherheit zu treffen - dazu gehört auch das Verweigern der Mitnahme von bestimmten Passagieren - bspw. eine betrunkene oder anderweitig problematisch/gefährlich/psychisch auffällige/kranke/etc wirkende Person...

 

Andererseits schickt die Bundespolizei extra Personal mit auf den Flug, welche die Abschiebung begleiten und falls notwendig eingreifen können, wodurch das Risiko nicht wegfällt aber zumindest deutlich verringert wird.

 

Das macht die Durchsetzung der Piloten-Weigerung evtl. schwierig, sofern im Einzelfall nicht ganz besonders krasse Umstände dazu kommen...

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vor 8 Minuten schrieb Tschentelmän:

Andererseits schickt die Bundespolizei extra Personal mit auf den Flug, welche die Abschiebung begleiten und falls notwendig eingreifen können, wodurch das Risiko nicht wegfällt aber zumindest deutlich verringert wird.

 

Die Bundespolizei schickt sehr selten Personal mit, die meisten Deportees reisen unbegleitet. Und begleitetes Personal wird meist von den Airlines im Vorhinein anders behandelt und braucht eine spezielle Genehmigung der Airline, die zum einen nicht billig, zum anderen schwierig zu erlangen ist. Einfach weil das kommerzielle Risiko das Zwischenfälle die anderen Gäste stören/ängstigen/zu medizinischen Problem führen relativ groß ist. 

 

Und dann ist da das rechtliche Problem. Bundespolizisten haben lediglich irgendeine hoheitliche Wirkung solange die Flugzeugtüren offen sind. Wenn sie geschlossen sind, sind sie lediglich Beauftragte des Kapitäns und müssen dessen Anweisungen folgen. Ganz abgesehen vom Problem das Bundespolizisten keinerlei besonderen Rechte außerhalb des Staatsgebietes der BRD haben und an Bord in jedem Fall unbewaffnet reisen müssen.

 

Daher werden auch vermehrt ganze Flugzeuge gechartert, da kann man anders mit dem Thema umgehen als zwischen normal zahlenden Gästen. Machen aber halt die meisten Airlines nicht. 

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Wenn man liest, dass die Abzuschiebenden sich teilweise einkoten/-nässen vor Abflug oder anderweitig aggressiv sind, dann ist eine Entscheidung gegen die Mitnahme auch immer eine Entscheidung für den Passagierkomfort und damit auch rein wirtschaftlich.

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vor 55 Minuten schrieb Dummi:

Die Bundespolizei schickt sehr selten Personal mit, die meisten Deportees reisen unbegleitet.

 

Im Bericht wird Herr Romann zitiert, als sei das üblich. Allerdings wird mir bei genauer Überlegung klar, dass dies bei Linienflügen rein personell tatsächlich kaum für die Bundespolizei zu leisten sein dürfte. Insofern liegt die Entscheidung der Mitnahme dann offenbar doch beim Piloten.

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Zunächst ist der Begriff "Deportee" völlig daneben. Hier geht es nicht im Deportationen, sondern um Abschiebungen nach rechtsstaatlichen Asylverfahren.

 

Sodann soll der "Chef der Bundespolzei" von Flughäfen und nicht Flugzeugen gesprochen haben. Ein Konflikt mit der Bordgewalt des Kaptäns ergibt sich daher schon nicht. Insoweit sei § 4a BPolG in Ergänzung zu § 12 LuftSiG zu erwähnen. Das letzte Wort wird also der Kapitän haben, etwa wenn sich die BuPo nicht einig mit ihm wird, aber schon rein faktisch, denn wer soll denn sonst fliegen?

 

Weigert er sich ohne sachlichen Grund den Flug durchzuführen oder bestimmte gefahrlose Personen mitzunehmen wird er aber ggf. arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten müssen. Wie soll man ihm das aber im Einzelfall beweisen? Das wird kaum möglich sein, so dass man eine nicht gebotene Ausnutzung der Machtposition im Einzelfall ebenso befürchten kann.

 

 

 

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vor 2 Stunden schrieb markusmint:

Zunächst ist der Begriff "Deportee" völlig daneben. Hier geht es nicht im Deportationen, sondern um Abschiebungen nach rechtsstaatlichen Asylverfahren.

 

Deportee ist schlicht der Ausdruck der in jedem EU OM-A definiert sein muss, ist also die offizielle EU Bezeichnung für einen Abzuschiebenden, und die EU benutzt wiederum schlicht die ICAO Begriffe, und letztendlich ist es sowieso eine direkte Übersetzung, Abzuschiebender ist nun mal im Englischen Deportee. 

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vor 19 Stunden schrieb markusmint:

Zunächst ist der Begriff "Deportee" völlig daneben. Hier geht es nicht im Deportationen, sondern um Abschiebungen nach rechtsstaatlichen Asylverfahren.

 

Das mag deinem Weltbild nicht gefallen, aber es ist ein in der Branche vollkommen gängiger und akzeptierter Begriff. Vermerkt sind die Leute auf der PIL (Passenger Information List) übrigens als DEPU (Deportee Unaccompanied) und DEPA (Deportee Accompanied).

 

Jetzt zu meiner persönlichen Meinung:

Das Prinzip des Captain's Ship ist einer der wichtigsten Grundpfeiler der kommerziellen Luftfahrt. Jeder an der Luftfahrt Beteiligte kriegt während der Ausbildung eingebläut, der Kapitän hat IMMER das letzte Wort. Er steht in voller Verantwortung für die sichere Umsetzung des Fluges, also hat er auch die maximale Entscheidungsgewalt über alles an Bord.

Ich halte es für falsch, dieses Recht anzugreifen, denn ist hier einmal die Büchse der Pandora geöffnet, wird es bald weitergehen, dass sich auch andere Parteien ihr Recht auf Beförderung versuchen werden, einzuklagen. ("Ich war zwar bis zum Verlust der Muttersprache besoffen, aber doch nicht agressiv!") Wo fängt man dann an und wo hört man auf? Man hat halt während einem 20-minütigem Boarding-Vorgang nicht die Zeit, ein umfassendes psychologisches Gutachten über das Aggressions-Potential eines Passagiers durchzuführen, sondern es sind immer Entscheidungen basierend auf dem ersten Eindruck und Bauchgefühl. Abgesehen von der reinen Gefahr für die sichere Durchführung des Fluges durch aggressives Verhalten eines Passagiers muss auch die abstrakte Gefahr erörtert werden, inwiefern ein Passagier gewollt und in der Lage ist, bei einer möglichen Evakuierung des Luftfahrzeuges mitzuarbeiten. Das ist auch oft die Crux für friedlich Besoffene, die zwar nicht aggressiv sind und auch gesundheitlich eher stabil wirken, aber im Falle eines Zwischenfalls zu einer Gefahr und Behinderung für die Mitreisenden werden würden.

 

Abgesehen davon muss ich sagen, dass ich es persönlich noch nie erlebt habe, dass ein Kapitän die Mitnahme eines DEPUs/DEPAs verweigert hat, weil die BuPo hier schon eine relativ gute Vorsortierung leistet, wer ihrer Ansicht nach psychologisch geeignet für eine Überstellung in einem öffentlich-kommerziellen Flug ist. Unschöne Szenen habe ich auch schon genügend gesehen, aber die finden sich eher auf den reinen Abschiebe-Vollchartern, angefangen von Abzuschiebenden in Zwangsjacken, Flugzeugtreppen mit einem Spalier von Bundespolizisten und Abzuschiebenden, die in ihrer Zwangsjacke mangels Bereitschaft zur eigenen Mitwirkung von Bundespolizisten in den Flieger getragen wurden. Hier weiß aber auch die Crew, worauf sie sich einlässt, und ihr ist bewusst, dass ihre Airline das Geld dafür bekommt, in dem sie eben die unschönen Szenen tolerieren und die Leute von A nach B bringen.

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Oh wehh das wird ein langer, schwer zu lesender Beitrag, sorry schonmal dafür!

 

Aber...

 

Was mich in dem Zusammenhang nochmal interessieren würde:

 

Kann, zumindest theoretisch, ein Pilot einer Charterfluggesellschaft, bei einem Vollcharter durch die BuPo(?) den Transport einer Person verweigern, wenn er Gefahr für ( sein ) Leib und leben sieht? 

Hier bestünde ja immerhin in vorhinein die Möglichkeit sich einen solchen Flug zu verweigern.

Mögliche Konsequenzen durch den AG mal außer acht gelassen. ( imho würde ein guter AG das z.b. durch eine Art " Gefahrenzulage" für ausreichend freiwillige sorgen)

 

Davon ausgehend dass Piloten der Luftwaffe in jedem Fall , wie bei jedem Militär üblich, Befehle ausführen muss, was spräche dagegen, zumindest die Vollcharter und/ oder wirklich stark widersetzende Passagier von der Luftwaffe ausfliegen zu lassen?

 

Wenn diese Annahme nicht stimmt, ist das folgende (noch mehr) Blödsinn (als es vielleicht so schon ist)

 

OK,

in demokratisch organisierten Gesellschaften wird die Rolle des Militärs von der der innerstaatlichen Sicherheitskräfte (Polizei) abgegrenzt.

 

Aber könnte die BuPo nicht trotzdem rein Formel, die Luftwaffe ein Vollcharterauftrag erteilen?

 

Oder

 

Oder noch abenteuerlicher.

Ein Luftwaffe Pilot  erhält, die nötige Qualifikation vorausgesetzt, den Befehl für eine Charterfluggesellschaft, zu fliegen. 

 

Und wäre das alles dann nicht sogar günstiger?

 

 

Und ja, natürlich ist dieser Beitrag aus politischen Hintergrund entstanden.

 

Folgende Aussage ist eher links geprägt.

Ich persönlich glaube das viele der Abschiebungen in den Turibomber primär der Statistik dienen und deswegen zwar oft rechtlich einwandfrei sind, aber dennoch oft gut integrierte Menschen trifft, die ihren teil zur Gesellschaft Beitragen und daher auch unsere Rente sichern. Also kurzum dem Staat nutzen, nicht susnutzen. Aber aus genau dem Grund eben auch besonders leicht zu "bekommen"  sind. ...

 

So weit, so links...

 

Auch wenn ich, als politisch  eher links geprägter Mensch,  folgendes Problem lieber kleiner halten würde, als es vermutlich ist:

 

Ja es gibt sie, Leute die absolut nicht gewillt sind, in irgendeiner Weise ein Nutzen für die Gesellschaft darzustellen.

Ja ich weiß, das müssen nicht unbedingt Ausländer sein. Aber: 

(Und bitte nicht pauschalisieren, ich Rede hier von absoluten Einzelfällen)

Es kann doch nicht sein, dass je beschießener ich mich benehme, sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, später abgeschoben zu werden. 

Wärend , bei gleichem Verhalten , ein Staatsangehöriger, daraus sicher kein Vorteil ziehen könnte.

 

Ich bin gewiss nicht rechts , aber der letzte Absatz könnte trotzdem unter den Einfluss von Leuten stehen, die ich gut kenne und die eher rechts geprägt sind. Wenn einer daherkommt und die im letzten Absatz  getätigten Aussagen sachlich zerlegt hätte ich da nix gegen!

( gilt natürlich auch für die eher linken Aussagen, würde ich aber nie zugebenXD )

 

TL:DR

 

Rechtlich mag alles OK sein, aber es wäre imho ne gute Idee , die Prioritäten anders zu setzen. Weniger ist manchmal mehr.

 

 

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vor einer Stunde schrieb ZuGast:

Kann, zumindest theoretisch, ein Pilot einer Charterfluggesellschaft, bei einem Vollcharter durch die BuPo(?) den Transport einer Person verweigern, wenn er Gefahr für ( sein ) Leib und leben sieht? 

 

Nicht nur theoretisch sondern auch praktisch.

 

Also ja! Denn so wie ich das verstanden habe, hat der Kapitän eines zivilen Flugzeugs immer das letzte Wort. Ein Abschiebe-Vollcharter ist schließlich auch nichts anderes als ein "normaler" Vollcharter - nur eben dass der Auftraggeber eine Bundesbehörde ist. Und wenn ein Abschiebe-Flüchtling trotz BuPo-Begleitung derart auffällig ist, dass die Sicherheit an Bord aus Sicht des Kapitäns gefährdet sein könnte (auch im Hinblick auf evtl Notfall-Situation mit Evakuierung, wie bereits angemerkt wurde) dann kann der Kapitän bestimmt auch nein sagen.

vor einer Stunde schrieb ZuGast:

OK,

in demokratisch organisierten Gesellschaften wird die Rolle des Militärs von der der innerstaatlichen Sicherheitskräfte (Polizei) abgegrenzt.

 

Aber könnte die BuPo nicht trotzdem rein Formel, die Luftwaffe ein Vollcharterauftrag erteilen?

 

Nein, die Bundeswehr bzw. Luftwaffe oder Flugbereitschaft darf nicht eingesetzt werden, um Vollcharter-Abschiebeflüge anstelle einer privaten Airline durchzuführen.

 

Die Luftwaffe kann nur in besonderen Fällen für zivile Zwecke eingesetzt werden - so wie kürzlich mit der Rückholung der Busunglück-Opfer per Medical-Airbus aus Funchal. Aber das ist ein gänzlich anderes Thema.

 

Und selbst wenn - auch ein Pilot der Flugbereitschaft müsste im selben Verhältnis auf die Sicherheit an Bord achten und wäre schlimmstenfalls mit der entsprechenden Situation konfrontiert. Mal theoretisch angenommen, ein Teilnehmer in der Delegation eines Ministers wäre beim einsteigen negativ verhaltensauffällig - dessen Mitnahme könnte der Kapitän bestimmt auch unter den gleichen Voraussetzungen verweigern....

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vor einer Stunde schrieb ZuGast:

Kann, zumindest theoretisch, ein Pilot einer Charterfluggesellschaft, bei einem Vollcharter durch die BuPo(?) den Transport einer Person verweigern, wenn er Gefahr für ( sein ) Leib und leben sieht? 

Hier bestünde ja immerhin in vorhinein die Möglichkeit sich einen solchen Flug zu verweigern.

 

Also der Charterer ist i.d.R. Frontex.

Ja, auch in einem dedizierten Vollcharter könnte der Kapitän die Mitnahme einzelner oder aller Deportees verweigern, dann wäre er aber - gelinde gesagt - ein Vollkoffer. In dem Moment kann er sich sicher sein, dass sein Arbeitgeber nie wieder einen derartigen Vollcharterauftrag erhalten wird. Ich kann es vollkommen verstehen, wenn Crewmitglieder aus ideologischen Gründen nicht bei der Abschiebung helfen möchten, diese können aber auch den einfachen Weg zu Dr. Holiday benutzen.

Sicherheitstechnisch hat die Crew sowieso nicht viel zu befürchten, i.d.R. ist auf den Vollchartern ein Verhältnis von 2/3 Sicherheitspersonal zu 1/3 Abzuschiebenden. Habe selber schon erlebt, dass auf einer 767 ganze 19 Deportees, dafür aber 70 Beamte sagen. Auch Seehofers unglücklichen "Geburtstagsflug" hatte ich damals abgefertigt.

Es gibt auf den Flügen besondere Sicherheitsvorkehrungen, so wird z. Bsp. den DEPAs nur Catering serviert, das ohne Besteck verzehrt werden kann, die Begleiter sollten möglichst abwechselnd essen, so dass sie nicht neben einem DEPA beim Verzehr mit Besteck sitzen, außerdem werden heiße Getränke den Begleitern nur in der Galley serviert, in der Kabine gibts ausschließlich Kaltgetränke. Gibt mit Sicherheit noch einiges mehr, aber das war so dass, was ich mitbekommen habe.

 

Zur juristischen Situation bzgl. Abschiebung durch Luftwaffe kann ich nichts sagen, da fehlt mir schlichtweg das juristische Hintergrundwissen dafür. Dass einzige, was mir bzgl. "Luftwaffekapitän zu ACMI-Airline" einfällt, ist, dass viele Airlines nur eher ungern ehemalig militärisch beschäftigte Piloten nehmen, weil im Militär eben eine komplett andere Einstellung bzgl. CRM und Safety Awareness gelehrt wird. (Stichwort: Go-Mindedness vs "Better safe then sorry", Befehlshörigkeit vs. kritisches Hinterfragen) Das ist aber sowieso eine abstrakte Diskussion, weil es m.W.n. noch nie zu der Situation gekommen ist, dass ein Kapitän bei einem Vollcharter die Abzuschiebende hat stehen lassen.

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Nach Berichten aus dem Kollegenkreis scheint es in der Tat derzeit einen Machtkampf um Abschiebungen zwischen dem Innenministerium und dem deutschen Luftfahrt-Champion zu geben. Es häufen sich im Augenblick die Berichte das BuPos eine (begründete) Ablehnung eines Deportees nicht akzeptieren wollen und versuchen, auf Weisung aus dem Ministerium, Abschiebungen durchzudrücken, auch dann wenn der Abschiebende sich massiv wehrt. Was zum einen die anderen Gäste verunsichert, zum anderen eine Gefährdung anderer oder des Deportees selber darstellen kann.

 

Auch dabei wird immer wieder die Meinung geäußert das die Befugnis der BuPo die des Pilot in Command übersteigt und damit maßgebend ist. Leider hat wohl noch niemand im Innenministerium die von der BRD ratifizierten Regelungen der ICAO gelesen, ganz zu schweigen von dem daraus abgeleiteten Europa- und nationalen Recht. Polizisten sollten eigentlich zumindest die Grundzüge des Rechtsgebiets kennen in dem sie agieren, und dazu gehört für Bundespolizisten halt auch Internationales Recht, Luftfahrtrecht, Europarecht und eben die dazu passenden nationalen Regelungen. Das sie Experten sein müssen verlangt niemand, dazu gibt es Rechts- und Staatsanwälte sowie Richter, aber ohne ein gesundes Grundwissen als Polizist zu agieren ist schon fragwürdig.

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vor 11 Stunden schrieb Dummi:

Nach Berichten aus dem Kollegenkreis scheint es in der Tat derzeit einen Machtkampf um Abschiebungen zwischen dem Innenministerium und dem deutschen Luftfahrt-Champion zu geben. Es häufen sich im Augenblick die Berichte das BuPos eine (begründete) Ablehnung eines Deportees nicht akzeptieren wollen und versuchen, auf Weisung aus dem Ministerium, Abschiebungen durchzudrücken, auch dann wenn der Abschiebende sich massiv wehrt. Was zum einen die anderen Gäste verunsichert, zum anderen eine Gefährdung anderer oder des Deportees selber darstellen kann.

Meine ehemalige Airline hat schon öfter für die Schweiz Abschiebungen ("Vollcharter") ex ZRH durchgeführt.

Die waren ganz locker, der Einsatzleiter hat bei einem Plausch etwas aus dem Nähkasten erzählt

  • Grundsätzlich wird ca. 1/3 der Kapazität des Flugzeugs nicht belegt, also ungefähr 100/150 Polizisten und Abzuschiebende bei einer B737-700, 120/180 bei einer A320 usw.
  • Es wird ein Verhältnis von ca. 1:2,5 von Abzuschiebenden und Polizisten anvisiert
  • Jeder Abzuschiebende wird am Morgen vor der Fahrt zum Flughafen auf Reisetauglichkeit ärztlich untersucht und bekommt ein großes Frühstück
  • Sollten Abzuschiebende bei der Fahrt zum Flughafen, am Airport im Polizeigewahrsam oder beim Boarding auffällig werden ist die Reise erstmal zu Ende
  • Abschiebungen mit Linienflügen (Begleitet oder Unbegleitet) sind in der Schweiz eine Ausnahme!

Er ist ein klares Konzept zu erkennen, was eine Gefährdung von Flugzeugen und Insassen auf eine minimale Wahrscheinlichkeit reduziert.

Wenn ich deinen Beitrag lese @Dummi glaube ich, die deutschen können noch viel von den Nachbarn lernen :(

So wie du dass schilderst haben die PIC's eigentlich nur die Option einen "Fake AOG" zu kreieren um die Situation zu entschärfen oder zu umgehen!

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vor 1 Minute schrieb VS007:

Ist es nicht so, dass in Deutschland überwiegend die Balkan-Abschiebungen über Linienflüge laufen, die tendenziell eher unkompliziert sind und die "schwierigen" Länder überwiegend per Vollcharter laufen?

 

Wobei es in einige "schwierige" Länder ohnehin keine direkten Linienflüge aus Deutschland gibt.... Per Umsteigeverbindung sollte eine Abschiebung wohl besser nicht erfolgen - schon garnicht unbegleitet...

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vor einer Stunde schrieb VS007:

Ist es nicht so, dass in Deutschland überwiegend die Balkan-Abschiebungen über Linienflüge laufen, die tendenziell eher unkompliziert sind und die "schwierigen" Länder überwiegend per Vollcharter laufen?

 

Hmm, also ich habe hier natürlich nur eine selektive Wahrnehmung, weil ich natürlich nur die Destinations mitbekommen habe, wo unsere Kundenairlines Flüge hin durchgeführt haben, aber die meisten Deportees auf Linienflügen hatte ich (mit Abstand) nach Frankreich, ansonsten noch ab und zu welche ins Baltikum. Das hat aber, denke ich, eher etwas mit dem Dubliner Übereinkommen zutun. Dann wiederum sind mir auch einige "schwierige" Airlines, wo ich mir viel Kundschaft in die Richtung vorstellen könnte, erspart geblieben.

 

In den Balkan hats auch recht oft Vollcharter, gerne durchgeführt im Dreiecksflug DE-TIA-SKP-DE, oder auch mal noch mit BEG oder PRN dazwischen.

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Es gibt aber auch Flüge die von der Frontex organisiert werden, die mitunter aus Skandinavien kommen, schon Deportees an Bord haben, welche aus Deutschland zuladen und auch noch welche, die aus Frankreich kommen bei dem Stop in Deutschalnd samt Begleitung aus Frankreich zuladen.

Man sieht das ganz ist manchmal schon sehr komplex.

Ach ja, das Flugzeug samt Besatzung ist dann auch noch aus der Slowakei.

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vor 19 Stunden schrieb Dummi:

Dass sie Experten sein müssen verlangt niemand, dazu gibt es Rechts- und Staatsanwälte sowie Richter, aber ohne ein gesundes Grundwissen als Polizist zu agieren ist schon fragwürdig.

 

Vielleicht liegt hier ein Grund für das von Dir beobachtete unvollständige Grundwissen:

 

Zitat

Der Bundespolizei fällt es offenbar immer schwerer, genügend Beamte für Abschiebeflüge zu finden.

 

https://m.spiegel.de/panorama/justiz/abschiebungen-bundespolizei-stoesst-an-belastungsgrenzen-a-1255783.html

 

Off-topic:

Hinterher läuft die Bewerbersuche wie auf dem Jahrmarkt unter dem Slogan "Junger Mann zum Mitreisen gesucht"....

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Am 5.5.2019 um 14:02 schrieb Lucky Luke:

 

Das mag deinem Weltbild nicht gefallen, aber es ist ein in der Branche vollkommen gängiger und akzeptierter Begriff. Vermerkt sind die Leute auf der PIL (Passenger Information List) übrigens als DEPU (Deportee Unaccompanied) und DEPA (Deportee Accompanied).

 

Ehrlichen Dank für die Erläuterung! Und in der Tat wäre meinem Weltbild gedient, wenn der sinnvollen sprachlichen Feinheit mehr Raum gegeben würde. :-)

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Man möchte sich lieber nicht vorstellen, was sich vor und während eines solchen Fluges am Flughafen und an Bord abspielt. Extreme Situationen erfordern offenbar auch extreme Methoden der Polizei.

 

Für die Kabinencrew sind solche Szenen sicherlich auch nicht ganz so leicht zu ertragen.

 

https://www.n-tv.de/21013132

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Bisher haben bei mir die meisten deportees ihre Reise nicht angetreten. Klar definiert - und weiter oben beschrieben - durch Entscheidung des Kapitäns und/oder, wenn ein anderes Besatzungsmitglied die Mitnahme nicht wünscht. Dabei geht es nicht mal um deportees, es geht dann um Person X 

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