akayama Geschrieben 21. Mai 2003 Melden Geschrieben 21. Mai 2003 Aus der FTD vom 21.5.2003 http://www.ftd.de/airbus Airbus - Bitte anschnallen! Von Gerhard Hegmann, München, und Matthias Lambrecht, Hamburg Es ist ein Projekt der Superlative: Das größte Passagierflugzeug der Welt, groß wie ein Jumbo-Jet, auf den noch die Kabine eines Airbus A340 aufgebaut wurde. 555 Passagiere sollen in dem Riesenflieger Platz finden, fast anderthalbmal so viel wie in einer Boeing 747-400. Am Mittwoch wird in Anwesenheit des Bundeskanzlers die Übergabe der 228 Meter langen und 120 Meter breiten Hauptmontagehalle in Hamburg-Finkenwerder gefeiert. Dort kann an zwei Rumpfteilen des neuen Flugzeugs gleichzeitig gearbeitet werden. Ab 2006 sollen die ersten Exemplare des A380 ausgeliefert werden. Und dann will Airbus dem im Wettflug der zwei Branchenriesen lange voraneilenden Jumbo-Jet-Hersteller Boeing das Heckleitwerk von hinten zeigen. Boeing im Sinkflug Immerhin dürften bereits die erwarteten Auslieferungszahlen für 2003 eine historische Zäsur markieren: Airbus, Tochterunternehmen des europäischen Luftfahrtkonzerns EADS , plant, bis Jahresende 300 Flugzeuge an seine Kunden zu übergeben. Beim US-Konkurrenten Boeing werden es mit 280 erstmals weniger sein. 1999 lieferte Boeing noch 620 Maschinen aus, im vergangenen Jahr lagen die Amerikaner mit 381 Flugzeugen noch vorn. Mit dem A380 greift Airbus das letzte Marktsegment an, das die Amerikaner mit dem Großflugzeug Boeing 747 bislang allein beherrschen. Nachfrage bricht ein Doch während beim derzeit ehrgeizigsten Entwicklungsprojekt der zivilen Luftfahrt Halbzeit gefeiert wird, stecken die potenziellen Kunden für den A380, die internationalen Fluggesellschaften, in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Die Nachfrage nach neuen Flugzeugen bricht ein. "EADS und Airbus stehen 2003 und 2004 vor großen Herausforderungen und Unsicherheiten", warnt Joe Campbell, Analyst bei Lehman Brothers. Das europäische Unternehmen zehrt von der Substanz der Aufträge aus den vergangenen Jahren und muss zugleich die Entwicklungskosten für das Mammutprojekt A380 aufbringen - allein im laufenden Jahr 1,1 Mrd. Euro. Zuvor kalkulierte Einnahmen durch Anzahlungen für den neuen A380 fehlen. Im vergangenen Jahr kamen zu den bis dahin bereits georderten A380 ganze zehn neue Bestellungen hinzu. Und 2003 ist lediglich eine Absichtserklärung für den Kauf von sechs Maschinen mit 260 Mio. $ Listenpreis eingegangen. Entwicklung läuft unter Hochdruck Trotzdem hält Airbus-Chef Noël Forgeard eisern an dem Projekt fest und lässt Zweifel an der Rentabilität, dem Vermarktungserfolg und dem Zeitplan des Riesen-Airbus nicht gelten. Einen zweiten Fall Concorde, die als technische Meisterleistung Europas im Flugzeugbau gefeiert wurde, dann aber nur Verluste einflog, soll es nicht geben. "Mit dem A380 sind wir voll auf Kurs", erklärte Forgeard kürzlich vor Analysten in München. "Die bei einem Projekt dieser Dimension üblichen technischen Herausforderungen haben wir unter Kontrolle." Die Entwicklung des A380 an den Airbus-Standorten in Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien läuft unter Hochdruck. Mit Hilfe des 3-D-Computerprogramms CATIA wird die Konstruktion der Systeme des Flugzeugs parallel vorangetrieben. Dabei kann es gelegentlich zu Pannen kommen - etwa wenn für Teile der Klimaanlage kein Platz mehr im Flugzeugrumpf ist, weil die Konstrukteure dieser Aggregate ihren Bedarf nicht rechtzeitig in das Programm eingespeist haben. Der interne Produktionsbeginn musste deswegen um drei Monate verschoben werden. Megajet made in Europe Es ist eine bunte Truppe, die den Traum vom Megajet made in Europe Wirklichkeit werden lässt. Ingenieure alle Fachbereiche sind beteiligt, das Angebot an Spezialisten war für den Airbus-Bedarf viel zu klein. Viele der A380-Entwickler haben zuvor noch nie an der Konstruktion eines Flugzeugs mitgewirkt. Airbus-Angestellte müssen sich mit Ingenieuren aus freien Büros zusammenraufen - allein am Standort Hamburg dürfte der Anteil der Fremdkräfte an der Entwicklungsarbeit bei rund zwei Dritteln liegen. Zudem gehört es zu den alltäglichen Herausforderungen des Vier-Nationen-Konzerns, die Mentalität der französischen Kollegen zu verstehen oder das Kommunikationsproblem mit dem ausschließlich Spanisch sprechenden Team-Mitgliedern zu lösen. Noch aber halten sich die Abweichungen vom Programm in Grenzen: Der Erstflug ist vom Herbst 2004 auf das erste Quartal 2005 verschoben. Trotzdem sollen, wie geplant, die ersten Flieger im ersten Quartal 2006 ausgeliefert werden. Zweifel an Entwicklungskosten Die Entwicklungskosten beziffert Airbus seit mehr als zwei Jahren unverändert auf 10,7 Mrd. Euro. Zwar stammt nur knapp die Hälfte davon aus der Kasse der beiden börsennotierten Anteilseigner, des deutsch-französisch-spanischen EADS-Konzerns (80 Prozent Airbus-Anteil) sowie des britischen Konzerns BAE Systems. 2,5 Mrd. $ kommen aus zinsgünstigen Staatsdarlehen. Weitere 3,1 Mrd. $ steuern zehn so genannte Risikopartner aus der Luftfahrtbranche bei, die auf eigene Kosten A380-Bauteile entwickeln. Doch Branchenkenner Campbell warnt, dass die Entwicklungskosten am Ende höher ausfallen könnten. Außerdem sei damit zu rechnen, dass Airbus zögernden Kunden mit Preisnachlässen entgegenkommen muss. Und schließlich drohe der immer teurere Euro die Kalkulation für einen Markt zu verderben, auf dem traditionell in Dollar gezahlt werde. Sinkende Renditen erwartet Schon für dieses Jahr rechnen die Analysten übereinstimmend mit sinkenden Renditen. Die Branchenkenner von Merrill Lynch mögen nicht mehr daran glauben, dass Airbus in diesem Jahr die angekündigten 300 Flugzeuge verkaufen kann. Der Umsatz lag im ersten Quartal um 19 Prozent niedriger, das operative Ergebnis fiel um 58 Prozent. Bereits im vergangenen Jahr sank die Umsatzrendite von 8,1 auf 7,0 Prozent. Dieses Niveau will Forgeard auch 2003 halten, bevor die Renditen mit den ersten A380-Auslieferungen ab 2006 wieder auf zehn Prozent klettern. Dazu tritt der Airbus-Chef mit Macht auf die Kostenbremse: Bis 2006 soll die jährliche Kostenbasis um rund 1,5 Mrd. Euro oder zehn Prozent gesenkt werden. Allein in diesem Jahr hofft Forgeard auf 1 Mrd. Euro mehr Cash, den er etwa bei der Entwicklung außerhalb des A380-Programms sparen will. 5000 Ingenieure mit Konstruktion beschäftigt Beim A380 kann es dagegen kein Zurück ohne großen wirtschaftlichen Schaden mehr geben. In allen vier Airbus-Ländern wird seit rund einem Jahr an A380-Bauteilen gebaut. Weltweit sind mehr als 5000 Ingenieure mit der Konstruktion beschäftigt. Forgeard will auch weiterhin 2008 mit etwa 250 verkauften A380 die Gewinnschwelle erreichen. Das interne Renditeziel des Projekts bleibt bei 20 Prozent vor Steuern. "Jedes Jahr will ich mindestens einen neuen A380-Kunden", fordert der ehrgeizige Airbus-Chef. Die halbe Strecke auf dem Weg zu schwarzen Zahlen will er schon am Ende dieses Jahres hinter sich gebracht haben: 125 Bestellungen für den A380 sollen dann in den Büchern stehen. Airbus-Finanzchef Andreas Sperl gibt sich auch nach der Berechnung von 80 denkbaren Marktszenarien optimistisch: "Selbst bei ungünstigen Bedingungen bleibt der Kostendeckungspunkt auf einem annehmbaren Niveau." Prognosen auf den Prüfstand Noch aber liegen erst 95 unterschriebene Aufträge und acht weitere feste Zusagen vor. Über weitere Abschlüsse wird bislang nur spekuliert - so gelten etwa chinesische Airlines als potenzielle Käufer, die dann zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking mit modernstem Fluggerät glänzen könnten. Mut machen sich die Strategen in der Airbus-Zentrale im französischen Toulouse mit selbst aufgestellten Prognosen zu Marktentwicklung: Danach wächst das weltweite Passagieraufkommen jährlich um 4,7 Prozent. Die Zahl der Flugzeuge (mit mehr als 100 Sitzen) nimmt von 10.900 im Jahr 2000 um 81 Prozent auf 19.700 in 2020 zu. Den Markt für "Very large"-Flugzeuge - die Klasse der Jumbo-Jets und des A380 schätzt Airbus bis 2020 auf 1138 Flugzeuge, davon 315 Frachter-Flieger mit einem Marktwert von insgesamt 270 Mrd. $. Ob diese Prognosen in jedem Punkt der Wirklichkeit standhalten, ist fraglich. So sind etwa bei der weltgrößten Cargo-Airline, der Deutschen Lufthansa, noch keine A380-Bestellungen für die Luftfrachtflotte in Sicht: Mit einer Ladekapazität von rund 140 Tonnen sei der A380 als reines Frachtflugzeug für die meisten Carrier nur auf besonders gut ausgelasteten Interkontinentalstrecken eine Alternative, stellte Lufthansa-Cargo-Vorstandschef Jean-Peter Jansen kürzlich klar. Ob sich der Riesenflieger rentabel einsetzen lasse, müsse sich im Alltagsbetrieb erst noch erweisen. Strategische Lücke der Konkurrenz Die Freude über den Erfolg im Wettlauf mit Boeing könnte sich denn auch als verfrüht erweisen. Die Amerikaner haben zwar bis auf weiteres mit rückläufigen Bestellzahlen zu kämpfen. Und auch bei der Entwicklung einer Alternative zum A380 sind sie vorerst gescheitert: Eine größere Version der Boeing 747 fand keine Käufer. Die Kundensuche für den Sonic Cruiser, ein fast Schallgeschwindigkeit fliegendes Passagierflugzeug, blieb ebenfalls erfolglos. Doch seit Januar wollen die Flugzeugbauer aus Seattle Airbus mit dem Projekt 7E7 Marktanteile abjagen - einem besonders wirtschaftlichen Flugzeug mit 200 bis 250 Sitzplätzen. Boeing-Chef Phil Condit hat die strategische Lücke der Konkurrenz erkannt: Der A380 und der am Mittwoch vom Haushaltsausschuss des Bundestages abgesegneten Militärtransporter A400M werden die Airbus-Entwickler über Jahre auslasten. Boeing könnte derweil neue Maßstäbe in der Mittelklasse setzen, die vor allem die kostenbewussten Billigfluggesellschaften begeistern. Airbus-Vize und Produktionschef Gustav Humbert fürchtet denn auch schon die Rückkehr der Amerikaner in das zuletzt von Airbus dominierte Segment: "Wir müssen wieder mit Boeing rechnen", sagt Humbert. "Der US-Konzern hat seine Lektionen gelernt." © 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD http://www.ftd.de/ub/in/1053090418299.html?nv=skyx
JLennon Geschrieben 21. Mai 2003 Melden Geschrieben 21. Mai 2003 Kein Wunder, bei den Milliarden-Subventionen. Das zahlen die alles von unseren Steuern.... FLY BOEING Euer JL
TomCat Geschrieben 21. Mai 2003 Melden Geschrieben 21. Mai 2003 Nicht um wieder eine Amerika-Europa/Boeing-Airbus Debatte zu starten, sondern nur als kleine Randbewertung: Was glaubst du wer die Entwicklung bei Boeing zahlt? Da sinds eben die Amerikanischen Steuerzahler, also das selbe in Grün...
MatzeYYZ Geschrieben 21. Mai 2003 Melden Geschrieben 21. Mai 2003 Um es genau zu sagen, wird die Zivileluftfahrtsparte durch die Militärische Subventioniert, da das Geld nämlich vom Pentagon kommt, für die Navy und Air Force (Kampfjets und Satellietentechnik).
JLennon Geschrieben 23. Mai 2003 Melden Geschrieben 23. Mai 2003 Hi! @Tomcat: Ganz richtig, bloß keine USA-Europa-Diskussion starten, die sowieso zu nichts als Streit führt. Aber Boeing wird bei weitem nicht in dem Umfange unterstützt wie Airbus. Das ist fakt. Erzähl mir nicht, Boeing hätte durch Mißwirtschaft gegenüber Airbus in den letzten etwa 30 Jahren derartig an Boden verloren. Und die Kampfflugzeuge, wovon sollen die denn bitte bezahlt werden, wenn die Subventionen alle in die Zivilluftfahrt fließen? Wie gesagt, dass soll keinen Streit anzetteln. Ich will in keiner Form die erstklassige Entwicklungsarbeit Airbus' schlechtreden. Nur bleibt mir die Subventionsfrage zu oft unwissend unbeachtet. FLY BOEING JL
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