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airliners.de

LH will laut "Le Matin" doch bei Swiss einsteigen


Mamluk

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Geschrieben

Die NZZ hat heute einen interessanten Bericht zum Thema veröffentlicht:

 

http://www.nzz.ch/2003/07/27/wi/page-article8ZV60.html

 

Entscheidende Kreuzung

 

Die Schweizer Airline steht vor einer schweren Entscheidung. Innerhalb der Swiss werden zwei Wege diskutiert: der Alleingang und der Anschluss an die Lufthansa. Noch sind die Würfel nicht gefallen. Doch die Zeit für eine Lösung wird knapp

 

Die Swiss muss Farbe bekennen: Sie kann ihr Überleben mit einem Teilverkauf an die Lufthansa sichern. Doch werden der Verwaltungsrat und die Politik den Mut haben, diesen Schritt zu gehen?

 

Peter Keller, Birgit Voigt

 

Aus der Sicht der Lufthansa ist es klar: Sie verhandelt nicht mit der Swiss und hat ihr auch kein Kaufangebot unterbreitet (NZZaS vom 20.7.). Die Deutschen wollen keinesfalls in irgendeiner Form offiziell in den Kampf der Swiss involviert werden, solange die sich immer noch nicht zu einer echten Entscheidung durchgerungen hat, in welche Richtung es nun gehen soll.

 

Für die Swiss wird hingegen die Zeit knapp, die Liquidität sinkt kontinuierlich - allen Erfolgen bei der harten Restrukturierung zum Trotz. An den Überlebenschancen seiner Airline als unabhängiges Unternehmen zweifelt inzwischen auch Konzernchef André Dosé selber, hat er doch kürzlich in der «Finanz und Wirtschaft» erklärt, die Selbständigkeit der Airline stehe zur Diskussion.

 

Allerdings teilen nicht alle Manager in der Swiss Dosés Meinung, man müsse in erster Linie abspecken, um endlich unter die Haube zu kommen. Kadermann William Meaney ist in Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma Bain zum Schluss gekommen, ein Alleingang sei machbar. Dosés Sicht, die Swiss habe im Alleingang als abgespeckter, mittelgrosser Netzwerk-Carrier keine Überlebenschance, wird hingegen auch von Experten geteilt. So sieht etwa Thomas Bieger von der Universität St. Gallen in einer Kooperation zwischen Lufthansa und der Swiss die beste Lösung. Bei der Swiss tönt es in Sachen Allianz offiziell seit Wochen gleich: «Wir reden mit allen grossen Airlines», sagt Pressesprecherin Christine Bühler. Betrachtet man diese Aussage realistisch, bleibt aber die Hoffnung, British Airways oder die Air France hätten wirklich Interesse an der Swiss ein Greifen nach Strohhalmen. Oneworld mit British Airways will die Swiss wegen deren interkontinentalen Netzwerks nicht. Der Verbund um die Air France kann sich ausrechnen, die niederländische KLM sowie die US- Airlines Northwest und Continental in das SkyTeam zu integrieren.

 

Nach Abwägung aller Allianz-Möglichkeiten bleibt realistischerweise nur die Lufthansa übrig: Die Swiss müsste mit ihr einen Weg des Zusammenlebens finden.

 

Klar ist heute: Die Lufthansa hat nach anfänglichem Zögern ihre Vorstellungen skizziert und der Swiss diese Vorstellungen auch kundgetan. Konkrete und dann auch offizielle Verhandlungen können erst beginnen, wenn die Swiss sich dazu entscheidet, diesen Weg zu gehen. Die bereits in der Presse genannten Eckdaten von 18 bis 19 garantierten Langstreckenflugzeugen, die heute beschlossene Grösse der Mittel- und Regionalflotte sind Teil des Konstrukts. Von zwei unabhängigen Quellen ist auch der finanzielle Teil bestätigt: So würde sich die Lufthansa in einem ersten Schritt nur als Minderheitsaktionärin beteiligen, nach einer Periode von 2 bis 3 Jahren aber die Mehrheit erwerben. Frankfurt strebe auch in der ersten Phase die klare Führungsverantwortung für die Swiss an. Zwei verschiedene, über die Gespräche informierte Quellen erklären, die Lufthansa begründe dies damit, dass man, wenn man den Hub Zürich ins Lufthansa-Netz integriere, auch den vollen Ertrag aus diesen Verkehrsströmen erhalten wolle. Die Deutschen könnten in der angespannten Situation des Luftverkehrs kein Volumen an eine nicht wirtschaftlich beherrschte andere Airline abgeben.

 

Juristisch machbar

 

Das von Airline-Beobachtern immer wieder ins Feld geführte Problem des Verlusts der Flugrechte liesse sich nach Ansicht von involvierten Juristen in nützlicher Frist lösen. Knackpunkte wären das EU-Kartellrecht und das schweizerische Gesellschaftsrecht. Denkbar gering fällt offenbar die Summe aus, die die Lufthansa zu zahlen bereit wäre. Die Verhandlung darüber hinge aber mit Sicherheit von den in der Swiss noch vorhandenen Werten und Schulden ab. Die Hauptaktionäre - Bund, Kantone und Schweizer Firmen - müssten den Verkauf absegnen und ihre Beteiligungen wahrscheinlich abschreiben.

 

Dafür sollte die Swiss als Schweizer AG fortbestehen. So würden auch der Name «Swiss» und das Schweizerkreuz auf der Heckflosse erhalten bleiben. Die Marke soll weiterhin weltweit für das Qualitätsimage der Schweiz stehen. An den von 9000 auf 6000 abgebauten Arbeitsplätzen müsste im Wesentlichen nicht weiter gerüttelt werden, glauben die Branchenkenner.

 

Dasselbe gilt für den Flughafen Zürich, der als Drehscheibe im bisherigen Rahmen betrieben würde. Dagegen würden Genf und vor allem Basel zur regionalen Bedeutungslosigkeit absinken. Mit den drei mitteleuropäischen Hubs Frankfurt, München sowie Zürich könnten die Airlines Lufthansa und Swiss ein valables Gegengewicht zu den Mega-Drehkreuzen der grossen Konkurrenten British Airways in London respektive Air France in Paris schaffen. Die deutschen Metropolen und die Limmatstadt kämen auf ein Einzugsgebiet von fast 20 Mio. Einwohnern, was etwa der Grösse der Londoner Agglomeration entspricht. Die Lufthansa sieht hier offenbar das Potenzial und die Möglichkeit, ihre Flexibilität mit einem Schweizer Standort zu erhöhen.

 

Um die Flugbewegungen auf den drei Hubs abzustimmen, soll das Netzwerk-Management wohl zentral von Frankfurt aus erfolgen. Durch die Einbindung in die Lufthansa kann die Swiss ihr interkontinentales Streckennetz weiter betreiben, weil eine gemeinsame Planung die Verkehrsströme auch über Zürich auf die Schweizer Airline leitet. Dafür fordern die Deutschen aber wie gesagt, dass sie am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt sind.

 

Die Abstimmung mit Frankfurt und München ist wohl die letzte Chance für Unique als Hub, dessen volkswirtschaftliche Bedeutung für den Kanton Zürich und die Schweiz von den Verantwortlichen schon öfter betont wurde. Ohne Swiss ist Unique zwar überlebensfähig, aber nur mit eingeschränkter Bedeutung. Um wirtschaftlich in Mitteleuropa konkurrenzfähig zu bleiben, müsste Unique die Gebühren reduzieren. Entschädigungen wegen Südanflügen hätten dagegen massiv höhere Gebühren zur Folge.

 

Da die Swiss-Übernahme in der sich abzeichnenden Konsolidierung der Luftfahrtindustrie Neuland ist und die Lufthansa keine allzu hohen Risiken eingehen kann, muss die Swiss zuerst ihre Hausaufgaben erledigen. Der Stellen- und Flottenabbau, die Einigung mit den Piloten und dem Kabinenpersonal sind erste Schritte.

 

Ein anderes Problem ist der Kredit von 0,5 Mrd. Fr., den die Swiss auch unter dem Dach der Lufthansa benötigt. Doch mit der neuen Ausgangslage wäre die Swiss wieder kreditwürdig. Joe Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, sitzt im Aufsichtsrat der Lufthansa. Durchaus möglich, dass die Deutsche Bank einerseits den Deal zwischen den beiden Airlines durchziehen und im Gegenzug auch der Swiss beim benötigten Betriebskredit unter die Flügel greifen würde.

Oder doch Alleingang?

 

Die im Artikel skizzierte Möglichkeit ist nur eine Variante für die Swiss. Auch die Variante «Alleingang» steht im Management und im Verwaltungsrat weiterhin zur Debatte. Im Management geht zu Recht die Angst um, bei einer Übernahme gingen massiv Führungsjobs nach Deutschland verloren.

 

Die Gründe einiger Verwaltungsräte für das Festhalten an der vermeintlich machbaren Selbständigkeit sind eher in der Angst zu suchen, die Swiss nun in die Arme der übergrossen und nicht geliebten deutschen Airline getrieben zu haben: Wie wird die Schweizer Öffentlichkeit da über sie urteilen? Die Furcht besteht, die Garantie der Langstrecken sei nur ein Tricks und nach kurzer Zeit würde die Schaltzentrale in Frankfurt diesen Teil des Vertrages aufheben. Kurz, man traut den Deutschen nicht, und man misstraut deren Glauben, von Zürich aus einen profitablen Langstreckendienst aufziehen zu können.

 

Die Würfel sind also noch nicht gefallen. Der Verwaltungsrat der Fluggesellschaft soll Anfang August entscheiden.

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