MiG MFI Geschrieben 30. August 2003 Melden Geschrieben 30. August 2003 KOMMENTAR: PROJEKTE REGIONALER VERKEHRSFLUGZEUGE IN RUSSLAND UND DER UKRAINE Viktor LITOWKIN, Beobachter bei der RIA „Nowosti" Eine der auffälligsten Besonderheiten, die die Aufmerksamkeit der Fachleute auf der 6. Moskauer Luft- und Raumfahrtausstellung MAKS-2003 auf sich lenkte, war die Hinwendung des russischen, und nicht nur des russischen Flugzeugbaus zur Entwicklung von verhältnismäßig kleinen Passagierflugzeugen, die auch als regionale Verkehrsflugzeuge bezeichnet werden. Diese können auf den einfachsten Flugplätzen starten und landen sowie ohne Nachtanken Entfernungen von 3200 bis 4800 km bewältigen. Projekte solcher Verkehrsflugzeuge stellten gleich zwei führende russische Verteidigungsunternehmen - RSK „MiG" und AWPK „Suchoi" - wie auch der ukrainische Hersteller ANTK „Antonow" vor. Übrigens ist das Wort „Projekte" nicht ganz exakt. Das in der Korporation „MiG" gemeinsam mit der Tupolew-Gesellschaft entwickelte Flugzeug Tu 334, das zwischen 82 und 102 Fluggäste an Bord nehmen kann /die Flieger nennen es zärtlich Melonenkürbis, weil sein Rumpf äußerlich diesem Gemüse sehr ähnlich ist/, ist bereits kein Projekt schlechthin, sondern ein real existierender Prototyp, der fliegt und den man sowohl auf dem Abstellplatz in Shukowski als auch während der Schauflüge sehen konnte. Es sind bereits drei Tu 334 mit ukrainischen D-436-Triebwerken der Firma Motor-Sich aus Saporoshje gebaut worden, und auch die vierte Maschine, hergestellt in Luchowizy bei Moskau, wird bald fertig sein. Die Korporation „MiG" investierte in dieses Projekt 47 Mio. Dollar, die sie u.a. für die Exportlieferungen von Jagdflugzeugen erhalten hatte. Laut Nikolai Nikitin, Generaldirektor der RSK „MiG", sollen die Zertifizierungstests bereits Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres abgeschlossen werden. Alles ist vorbereitet, damit gleich nach der Erlangung des Zertifikats über die Flugtauglichkeit der Maschine ihre Serienproduktion aufgenommen werden könnte. Die Umsetzung der Tu-334-Programms kann jedoch auf Schwierigkeiten stoßen. Wie der Leiter des Projekts, Wladimir Krawtschuk, meint, darf der Höchstpreis der Tu 334 für die Flugverkehrsgesellschaften, unter Berücksichtigung der heutigen Tarife für den Luftverkehrstransport und der Geschäftsausgaben der Anwender nicht mehr als 12,3 - 13 Mio. Dollar betragen. Einstweilen beträgt aber der Verrechnungswert der Tu 334 etwa 17-18 Mio. Dollar. Die ersten Maschinen kosteten die Korporation „MiG" etwas mehr als 21 Mio. Dollar. Und das, ohne Berücksichtigung der Mittel, die für die Zertifizierung verausgabt worden waren. Laut Boris Rybak, stellvertretender Generaldirektor der Firma „Nationales Projekt 334" /sie beschäftigt sich mit dem Marketing des Fluzeugs/, wird eine Luftverkehrsgesellschaft, die unter den heutigen Bedingungen vier „Melonenkürbisse" zu einem Preis von je 16,6 Mio. Dollar kauft, innerhalb von zehn Jahren durch deren Betrieb 50 Mio. Dollar an Verlusten haben. Wenn aber die Korporation „MiG" es fertig brächte, eine große Partie - mindestens 100 Maschinen auf einmal - zu einem Preis von je 15-15,3 Mio. Dollar auf den Markt zu bringen und dazu noch anstelle der ukrainischen Triebwerke die englischen RB-715 der Firma Rolls-Royce einzusetzen, so würden sich die Verkaufschancen stark erhöhen. Das ukrainische und das britische Triebwerk sind ihren technischen Daten nach praktisch gleich. Die Sollbetriebszeit des „Briten" beträgt jedoch 20 000 Stunden störungsfreier Arbeit gegenüber 4000 Stunden des „Saporoshers". Wenn also die Tu 334 mit Rolls-Royce-Motoren gebaut würde und von der russischen Regierung Steuervergünstigungen erhielte, so könnten die Käufer der Maschine bei deren Einsatz über zehn Jahre 50 Mio. Dollar Gewinn erwirtschaften. Die Korporation „MiG" hat aber heute kein Geld für den Bau von 100 Tu 334. Ihr vorläufiges Auftragspaket für Flugzeuge zu einem Preis von 12,5 Mio. Dollar umfasst alles in allem 30 Maschinen. Die russischen Luftverkehrsgesellschaften „Atlant - Sojus", „Uralskije Avialinii" und „Aeroflot" sind bereit, je vier bis fünf solche Verkehrsflugzeuge zu erwerben. Der gesamte Bedarf der Gesellschaften „Aeroflot", „Pulkowo" und anderer ähnlicher Luftverkehrsgesellschaften wird auf 50 Maschinen geschätzt. Damit sich aber die vorläufigen Aufträge in feste verwandeln, bedarf es eines Beschlusses der Regierung und der entsprechenden Unterstützung seitens des Ministerkabinetts. Diese fehlt aber einstweilen. Die Sache ist die, dass den geschlossenen Tender für das russische regionale Verkehrsflugzeug, der von der Russischen Luft- und Raumfahrtagentur ausgeschrieben worden war, in diesem März eine andere Flugzeugbaugesellschaft, nämlich „Suchoi", gewann, die für den Markt das Projekt einer ganzen Familie von russischen regionalen strahlgetriebenen Maschinen - Russian Regional Jet (RRJ) - angeboten hatte. Dazu gehören sechs Varianten kleiner Verkehrsflugzeuge, die 60, 75 bzw. 95 Fluggästen Platz bieten. Sie haben eine Basisreichweite von 3545 km und eine erweiterte Reichweite von 5205 km. Die Triebwerke aller Maschinen sind russisch-französischer Herkunft und tragen die Markierung SM146. Sie sind von der bekannten französischen Firma Snecma Moteurs und der russischen Vereinigung „Saturn" speziell für dieses Projekt gebaut worden. Ihre Sollbetriebszeit beträgt 16 000 Stunden. In Rybinsk, wo sich das Serienproduktionswerk der Forschungs- und Produktionsvereinigung „Saturn" befindet, ist bereits, wie Jean-Paul Erteman, Generaldirektor der Snecma Moteurs gegenüber der RIA „Nowosti" erklärt hat, die Ausrüstung für die Herstellung dieses Triebwerks eingetroffen und es wird eine Sonderabteilung errichtet, wo es gebaut werden soll. 2005 soll sie die projektierte Kapazität erreichen. Übrigens ist die Snecma Moteurs nicht der einzige westliche Partner des russischen RRJ-Projekts. Aktiven Anteil an diesem Projekt nimmt die auf dem Gebiet des zivilen Flugzeugbaus führende Firma Boeing. Sie hat mit der Gesellschaft „Suchoi" ein Abkommen unterzeichnet, laut dem sie das Marketing, den Absatz und die Zertifizierung der Familie der Suchoi-Zivilmaschinen sowie den Kundenservice nach dem Verkauf übernimmt. „Der Markt für die regionalen Flugzeuge entwickelt sich sehr dynamisch", erläuterte Sergej Krawtschenko, Vizevorsitzender der Boeing-Gesellschaft, die Position seiner Korporation. „Wir bauen Flugzeuge mit großer Platzzahl, aber keine solche Verkehrsmaschinen wie der RRJ. Darin liegt eine der Ursachen für unsere Teilnahme am Projekt. Außerdem verfügt die Boeing-Gesellschaft über ein weitgespanntes weltweites Marketingnetz und ein System für den Kundenservice nach dem Verkauf. Wir können der Suchoi-Gesellschaft Hilfe bei der Zertifizierung ihrer Maschinen in den USA und Europa erweisen sowie Bedingungen für deren Absatz auf diesem Markt schaffen. Das ist sowohl für Suchoi als auch für uns vorteilhaft. Außerdem schätzen die Ingenieure der Boeing die Neuentwicklungen der Konstrukteure der Firma Suchoi, korrigieren sie und lenken ihre Aufmerksamkeit auf solche wichtige Faktoren wie die Flugtauglichkeit der Maschine, Flugsicherheit, Gewichtskontrolle, Integration der Flugzeugführerkabine in internationale Standards, Konfiguration deren Interieurs, Ausgabenverwaltung sowie die konkrete Philosophie der Entwicklung und Herstellung der Maschine. Die Marke der weltbekannten Firma verpflichtet gerade zu einer solchen Herangehensweise", sagt Sergej Krawtschenko. Das Programm der russischen regionalen Flugzeuge wird auf mehr als 600 Mio. Dollar geschätzt. Der voraussichtliche Verkaufsumfang der sechs Varianten des RRJs - auf 12 Mrd. Dollar. Die gesamte Nachfrage nach diesen Maschinen wird auf 800 Stück für die nächsten 20 Jahre geschätzt. Wie Andrej Iljin, Generaldirektor der Gesellschaft „Suchoi-Zivilflugzeuge", meint, kann allein der Markt Russlands und der anderen GUS-Länder rund 350 solche Maschinen aufnehmen. „Die technologische Besonderheit der Entwicklung des RRJs besteht darin, dass es ein maximal unifiziertes Flugzeug ist. Es hat nicht nur ein einheitliches Triebwerk, sondern auch die Tragflächen, die Avionik, das System der Betreuung und der Versorgung mit Ersatzteilen. Das ermöglicht den Luftfahrtgesellschaften, die Betriebskosten zu minimieren und schon in allernächster Zeit aus dem Einsatz dieser Jets einen stabilen Gewinn zu erwirtschaften", erklärte Andrej Iljin im Gespräch mit der RIA „Nowosti". „Eine andere Besonderheit des Projekts ist die internationale Kooperation bei dessen Umsetzung. Zum erstenmal werden in Russland Passagierjets nach internationalen Standards und in enger internationaler Kooperation mit führenden Flugzeugbaugesellschaften der Welt entwickelt, was es Russland ermöglicht, sich in das internationale System der Lieferanten von Flugtechnik einzufügen. Am Projekt nehmen außer den obenerwähnten Firmen auch noch solche wie Rockwell Collins, Thales, Honeywell, Parker und andere teil", sagt der Generaldirektor der Gesellschaft. „Was aber am wichtigsten ist: Wir begannen die Zusammenarbeit mit den Flugverkehrsgesellschaften, die unsere Maschine einsetzen werden, im Moment der Vorbereitung der Konstruktionszeichnungen des Flugzeugs und entwickeln es in Übereinstimmung mit deren individuellen Anforderungen. Mit anderen Worten, wir haben ‚das Flugzeug verkauft' und erst danach beginnen wir es zu schaffen", betonte Generaldirektor Iljin. In dieser Handlungsweise besteht der grundsätzliche Unterschied zwischen dem RRJ-Projekt und dem seiner Konkurrenten - der Tu 334. „Wir werden keinen einzigen regionalen Jet bauen, wenn es dafür keinen Käufer gibt. Nur eine solche Handlungsweise wird uns ermöglichen, das Programm rentabel und gewinnbringend zu gestalten", sagte Michail Pogossjan, Generaldirektor des AWPK „Suchoi". Auf der Luftfahrtausstellung in Le Bourget bei Paris führten der AWPK „Suchoi" und die Boeing gemeinsam die Präsentation des RRJ-Programms für die größten Flugverkehrsgesellschaften der Welt durch. Daran nahmen teil: Air France, Delta, Lufthansa, Alitalia, Air Mexico, Regional, Aeroflot, Siebirien. Sie alle äußerten den Wunsch „Suchoi"-Zivilflugzeuge für die Beförderung ihrer Passagiere über verhältnismäßig geringe Entfernungen zu erwerben. Das Interesse für diese Maschinen bekunden auch noch die Luftfahrtgesellschaften Indiens, Malaysias, Indonesiens, anderer Länder Südostasiens und Ozeaniens sowie der Arabischen Emirate. Die RRJs sollen in Nowosibirsk, die Tragflächen für sie in Komsomolsk am Amur, die Avionik in Ramenskoje bei Moskau, andere Komponenten im Ausland und in anderen russischen Flugzeugbaubetrieben hergestellt werden. Das Vorprojekt des ersten russischen Jets mit 75 Plätzen soll, wie Andrej Iljin versprochen hat, Ende dieses Jahres fertig sein. 2006 soll dieses Flugzeug in die Luft steigen, für 2007 ist die Aufnahme seiner Serienproduktion geplant. Der Durchschnittspreis einer Maschine wird in Abhändigkeit von der Komplettierung, den Abmessungen und dem Komfort niedriger als der ähnlicher Maschinen sein, die von Embraer und Bombardier gebaut werden, sagt er. Ihre Maschinen werden bekanntlich für je 18-19 Mio. Dollar verkauft. Gewissheit über den Erfolg des RRJ-Projekts verleiht seinen Urhebern die Tatsache, dass sie neben der Partnerschaft mit solchen Firmen wie Boeing und Snecma Moteurs von der russischen Regierung unterstützt werden, die das Programm „Suchoi-Zivilflugzeuge" in das Föderale Programm zur Entwicklung der Zivilflugtechnik für 2002-2010 aufgenommen und dafür 120 Mio. Dollar aus dem Haushalt bereitgestellt hat. „Das ist nicht sehr viel, aber für die Aufnahme der Serienproduktion einstweilen ausreichend", sagte der Generaldirektor des AWPK „Suchoi", Michail Pogossjan. Das dritte Projekt eines regionalen Flugzeugs, das auf der MAKS-2003 erläutert wurde, ist die ukrainische An 148. Nach ihren technischen Daten ist sie etwas kleiner als die Tu 334 und die RRJ. Sie ist für die Beförderung von 75 Fluggästen, aber über eine Entfernung von 2500 bis 5100 km berechnet. Die Reisegeschwindigkeit der Maschine beträgt 820-870 km/h. Die Zweistrom-TL-Triebwerke D-4360148 dafür stellt das Werk Motor-Sich her, es können aber auch andere Triebwerke sein. Der erklärte Preis beträgt 15-18 Mio. Dollar. Am Bau der Maschine beteiligen sich viele Unternehmen, darunter auch russische. 40 Prozent der Ausrüstungen und Komplettierungsteile tragen den Vermerk „Hergestellt in Russland". Die An 148 ist aber, ebenso wie der RRJ, noch nicht in die Luft gestiegen. Im Charkower Flugzeugbauwerk sind einstweilen nur zwei Rümpfe montiert worden. Pjotr Balabujew, Generalkonstrukteur des ANTK „Antonow", versichert zwar, dass die Maschinen vor 2005 die Zertifizierungflugtests absolvieren und dass ihre Serienproduktion in demselben Jahre aufgenommen werde, seine Überzeugung wird aber nur von einigen wenigen geteilt. Das Flugzeug hat vorläufig noch keine Auftragsgarantien der führenden Flugverkehrsgesellschaften der Welt. Folglich kann es das Los vieler ähnlicher Projekte ereilen, die in Metall umgesetzt worden waren, aber keine Nachfrage auf dem freien Flugzeugmarkt fanden. Quelle: http://de.rian.ru/rian/index.cfm?msg_id=3415287
Gast Geschrieben 31. August 2003 Melden Geschrieben 31. August 2003 Ich habe jetzt den text nicht vollständig gelesen, von daher Entschuldigung wenn es darin steht was ich hier schreibe. Die T334 will man, was ich gehört habe, erst bei 100 Bestellungen produzieren. Weiteres Problem ist, das man noch keine Käufer hat. Es stehen nur 4 Airlines derzeit da, die sie kaufen würden, aber noch keine Bestellung gemacht haben. Würde dann eher schlecht für deren Zukunft aussehen oder wie soll die T334 an 100 Bestellungen kommen?
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