FloriBER Geschrieben 20. Oktober 2003 Melden Geschrieben 20. Oktober 2003 Tages-Anzeiger vom 20.10.2003 «Der Basler Chemie gefällt das» Bessere Verbindungen, grössere Flugzeuge: Wie der Lufthansa-Marketingchef Schweizer nach München locken und der Swiss das Leben schwer machen will. Mit Thierry Antinori sprach Marcel Speiser Ab dem kommenden Wochenende baut die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa ihr Angebot in der Schweiz aus. Im Winterflugplan sind 55 tägliche Verbindungen zwischen der Schweiz und Deutschland vorgesehen, pro Woche insgesamt 346. Insbesondere die Frequenzen nach München mit dem neuen Terminal 2, an dem die Airline mit 40 Prozent beteiligt ist, werden erhöht. Damit nicht genug: Lufthansa wird für die geflogenen Strecken teilweise auch grössere und komfortablere Flugzeuge einsetzen. Je nach Wochentag bauen die Deutschen ihr Sitzplatzangebot um bis zu 30 Prozent aus. «Der Markt Schweiz ist für uns von grosser Bedeutung», sagt Marketingvorstand Thierry Antinori. Er glaubt, dass die Swiss weiter schrumpfen werde. Sein Ziel ist es deshalb ganz unbescheiden, Lufthansa zur wichtigsten Qualitätsairline für die Schweiz zu entwickeln. Herr Antinori, kaum hat die Swiss der Lufthansa einen Korb gegeben, bauen Sie ihr Angebot aus. Handeln Sie nach dem Motto «Rache ist süss»? Keineswegs. Sie unterstellen, dass wir unser Geschäft emotional betreiben. Das tun wir aber nicht. Unsere Entscheidungen sind einzig und allein marktgetrieben. Wir verbessern das Angebot, weil wir daran glauben, damit mehr Geld verdienen zu können. Es ist keine emotionale Reaktion auf die Entscheidung der Swiss, sich mit Oneworld zu verbinden. Und das sollen wir Ihnen glauben? Natürlich. Wir reagieren nur auf die Chancen, die wir im Markt sehen. Rambo-Manieren sind uns fremd, Kriegsgeheul ebenso. Die Schweizer Kundschaft würde das nicht goutieren. Hand aufs Herz: Trauern Sie der Swiss kein bisschen nach? Immerhin haben Sie grosse Chancen in deren Integration gesehen? Ich möchte sehr deutlich sein: Das Thema Swiss ist für uns vom Tisch. Die Aktionäre der Swiss haben sich gegen unsere Lösung ausgesprochen und den konventionellen Weg mit der Allianz Oneworld vorgezogen. Die Tür wurde in der Schweiz zugemacht. Für uns ist sie aber nicht abgeschlossen. Tönt geheimnisvoll. Was heisst das konkret? Die Welt verändert sich, die Branche verändert sich. Man kann nicht ausschliessen, dass man sich eines Tages wieder an einen Tisch setzt, um sich zu besprechen. Vorläufig aber wird das nicht der Fall sein. Vorläufig verschärfen Sie die Konkurrenz. Das Leben geht weiter. Wir bearbeiten den Schweizer Markt mit der gleichen Strategie wie vor der Swiss-Absage. Wir bleiben uns treu: Wir bieten unseren Kunden Qualität, und wir sind berechenbar für die Vertriebspartner. Eine Airline muss den Partnern Planungssicherheit bieten: Also werden wir nicht in einer Nacht-und- Nebel-Aktion die Reisebüros vor den Kopf stossen. Wir werden nicht auf die Schnelle die Bordverpflegung kippen. Wir werden unseren Flugplan nicht jede Saison grundlegend verändern. Der Marktanteil der Lufthansa im Verkehr zwischen Deutschland und der Schweiz liegt bereits bei 40 Prozent. Wo liegt Ihre Zielgrösse? Wir wollen weiter zulegen, aber nicht um jeden Preis. Wir können es uns nicht leisten, Geld zu verlieren. Wir jagen nicht irgendwelchen Marktanteilen nach, zumindest nicht auf Kosten der Wirtschaftlichkeit. Bekanntlich war Lufthansa 2002 die profitabelste Airline der Welt. Ich weiss nicht, um wie viele Prozentpunkte wir unseren Marktanteil in der Schweiz ausbauen. Aber ich weiss, dass das neue Terminal in München, wo die Passagiere innert 30 Minuten umsteigen können, auch bei den Schweizer Kunden sehr gut ankommt: Es ist die beste Alternative zu Zürich. Das ist der springende Punkt: Wir wollen mit dem neuen Flugplan nicht nur im Verkehr mit Deutschland zulegen, sondern die Schweizer auch besser an unser Langstreckennetz anbinden. Das heisst konkret? 25 Prozent des Fluggeschäfts in der Schweiz läuft bereits heute über die Star Alliance, davon die Hälfte über Lufthansa direkt. Ab dem Winter werden wir vor allem München noch besser an die Schweiz anbinden. Zum Beispiel: Von Basel fliegen wir nicht mehr mit Propellermaschinen nach München, sondern mit Jets. Die Verbindungen sind auf unsere Business-Jet-Flüge nach Newark bei New York abgestimmt. Den Geschäftskunden der Basler Chemie gefällt das. Die Strecke Zürich-München werden wir mit 100-plätzigen Boeing 737 bedienen. Ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber der Swiss. Der Lufthansa-Konzern macht gerade mal 3 Prozent des Umsatzes mit der Schweiz. Sie betreiben viel Aufwand für wenig. Ich sehe das anders. Die deutsche und die Schweizer Wirtschaft sind sehr eng verflochten, also gibt es viel Potenzial auf dem Geschäftsreisemarkt. Sie müssen sehen: Die Verkehrsvolumen zwischen unseren beiden Ländern sind dreimal höher als zwischen der Schweiz und Grossbritannien. Wir sprechen also von einem bedeutenden Markt. Schon. Aber wie bringen Sie die Schweizer dazu, in München umzusteigen, wenn sie auch direkt fliegen können? Wir haben einige Trümpfe in der Hand, die wir nun ausspielen. Nur ein Beispiel: Frankfurt und München sind die pünktlichsten Drehscheiben in Europa. Nochmals: Wir legen in der Schweiz grössere Kapazitäten auf, weil wir vom Potenzial überzeugt sind. Mit Swiss hat das höchstens insofern zu tun, als wir überzeugt sind, dass sie weiter schrumpfen wird. Ich frage Sie nochmals: Würden Sie die Schweiz auch stärker bearbeiten, wenn Swiss anders entschieden hätte? Mit dem Oneworld-Beitritt der Swiss hat sich das Wettbewerbsumfeld für uns kaum verändert. Die Swiss hatte schon vorher mit allen Oneworld-Airlines ausser British Airways Code-Share-Abkommen. Jetzt wird bloss der Verkehr zwischen der Schweiz und Grossbritannien optimiert. Das sind rund 19 Prozent des Europanetzes der Swiss. Auf den anderen 80 Prozent verändert sich nichts. Dort ist alles wie zuvor, dort wollen wir die Nase vorn haben. Also ist eigentlich gar nichts passiert? Hätte sich die Swiss für eine progressivere Lösung entschieden, hätten wir die Uhren natürlich anders gestellt. Doch die Swiss entschied sich für den konventionellen Weg. That’s it. Letzten Freitag haben Air France und KLM die Verträge für ihre Quasifusion unterzeichnet. Ihre Einschätzung? Das ist ein weiterer Schritt Richtung Konsolidierung. Als Franzose bin ich gespannt, wie die beiden Unternehmenskulturen zusammenwachsen werden. Sehen Sie jetzt Handlungsbedarf für die Lufthansa? In erster Linie müssen wir uns selbst laufend verbessern, unsere Kosten senken, unsere Qualität steigern. Dann ist es wichtig, für die Star Alliance die Poleposition zu erhalten und die interne Zusammenarbeit zu optimieren. In dieser Hinsicht beobachten wir den Markt ständig. Integrationen einzelner Airlines sind für uns aber nicht zwingend. Mit Swiss wäre es gut gewesen, aber das ist vorbei. Ansonsten sehe ich derzeit in Europa keine vergleichbare Chance. Die Lufthansa hat eben ihr Regional- geschäft neu geordnet. Unter anderem sollen 100 Millionen Euro eingespart werden. Schwenken Sie auf Billigkurs? Auf keinen Fall, die Lufthansa will eine Qualitätsfluggesellschaft sein. Aber im regionalen Geschäft arbeiteten wir bisher nur bilateral mit unseren Partnergesellschaften. Das ist nicht besonders effizient, und deshalb ändern wir es. Wir betrachten nun die Regionalpartner und die Lufthansa als einen einzigen Verbund. Dadurch können wir den Flugplan verbessern und die Flugzeuge effizienter einsetzen. So wollen wir die 100 Millionen sparen - nicht durch Abstriche am Produkt oder am Service. [ Diese Nachricht wurde geändert von: FloriBER am 2003-10-20 13:27 ]
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