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Swiss-Chef Dosé will operativ schwarze Zahlen im Jahr 2004


RhBDirk

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Geschrieben

Quelle: http://www.suedostschweiz.ch, 28.12.2003

 

Swiss-Chef Dosé will operativ schwarze Zahlen im Jahr 2004

 

BASEL - Die Fluggesellschaft Swiss will im kommenden Jahr operativ schwarze Zahlen schreiben. Airline-Chef André Dosé hat dieses Ziel in einem Interview mit dem "SonntagsBlick" bekräftigt.

 

sda.- Dosé sagte, dass "kein akutes Liquiditätsproblem" bestehe. Die flüssigen Mittel seien ausreichend vorhanden, auch dank intensiver eigener Anstrengungen. Zum Betriebskredit von 500 Mio. Franken, der nach wie vor nicht unter Dach ist, wollte er sich nicht äussern.

 

In den Monaten September, Oktober und November habe die Airline besser abgeschnitten als im Businessplan vorgesehen, erklärte Dosé weiter. Sowohl bei den Kosten als auch bei den Erträgen stehe sie besser da.

 

Vom Beitritt zur Oneworld-Allianz dürfen sich die Swiss-Kunden laut Dosé ab dem nächsten Sommerflugplan erste Vorteile erhoffen. Mit Blick auf die Billig-Konkurrenz sagte der Swiss-Chef, dass die Flugpreise nicht mehr weiter gesenkt werden könnten.

 

Bis in fünf Jahren dürften in Europa im billigsten Segment die Preise zwischen 100 und 200 Fr. liegen. Dass die Kapazitäten bald so knapp werden, dass die Preise wieder steigen, ist laut Dosé in den kommenden beiden Jahren vorerst nicht zu erwarten.

Geschrieben

Hier das ganze Interview:

 

Artikel vom 28. Dezember 2003 / Quelle: SonntagsBlick

 

André Dosé, Swiss-Boss

«Ich bleibe, ganz sicher bis 2005»

 

VON PATRICK SENN UND WERNER VONTOBEL

 

BASEL. Kein Schweizer Wirtschaftsführer war 2003 so im Gespräch und im Kreuzfeuer wie Swiss-Boss André Dosé: Massenentlassungen, die Finanzsorgen, aber auch die Aufnahme der Swiss in die Oneworld-Allianz haben sein Jahr geprägt.

 

Herr Dosé, was war für Sie das positivste Ereignis im Jahr 2003?

André Dosé: Es gibt eigentlich zwei: Das erste war der Beitritt zur Oneworld, das zweite die Umsetzung der Restrukturierung.

Stichwort Oneworld: Wie weit sind die Integrationsarbeiten?

Wir hoffen, den Kunden ab Sommerflugplan erste Oneworld-Vorteile bieten zu können. Es gibt vieles anzupassen. Das geht von den neuen Ansagen der Flugzeug-Besatzungen, neuen Standards in der Kundenbetreuung beim Check-in bis zu den Oneworld-Klebern an den Flugzeugen. Dann müssen auch die Vielfliegerprogramme abgeglichen werden.

 

Die Personalverbände Aeropers und Kapers sagen, beim Management werde weniger rigoros abgebaut als beim Flugpersonal.

Bei jeder Umstrukturierung muss man von unten nach oben vorgehen. Wenn Sie ein Flugzeug stilllegen, brauchen Sie die Piloten und Flugbegleiter ab sofort nicht mehr. Das Management ist aber noch nötig, zum Beispiel, um neue Leasingverträge für die Flugzeuge auszuarbeiten und um die Entlassungen umzusetzen. Wir haben jetzt beim Management zudem mit 30 Prozent im genau gleichen Masse abgebaut.

 

Was braucht es noch, bis die Swiss «schwarze Weihnachten» feiern kann?

Das Ziel ist ganz klar: Im Verlauf von 2004 wollen wir operativ schwarze Zahlen schreiben. Allerdings darf ich sagen, dass wir in den Monaten September, Oktober und November bei den Kosten besser dastehen als im Businessplan vorgesehen. Und auch bei den Erträgen stehen wir besser da.

 

Auf der anderen Seite sind aber die Durchschnittserträge pro Passagier gesunken.

Das war uns klar: Wenn Sie die Preise so massiv senken, dann sinken auch die durchschnittlichen Erträge pro Passagier. Am massgeblichsten ist für uns jedoch der Ertrag pro angebotenem Sitzkilometer. Und diesen haben wir im Oktober um 4,5 Prozent gesteigert – und auch der November sieht gut aus.

 

Wären Sie jetzt in den schwarzen Zahlen, wenn die Umstrukturierungskosten die Rechnung nicht mehr belasten würden?

... ja, dann hätten wir im Oktober 2003 schon schwarze Zahlen geschrieben.

 

Trotzdem haben Sie auch für das Jahr 2004 noch einmal eine Sparrunde angesagt?

Auch unsere Organisation muss lernen, von Jahr zu Jahr besser zu werden und die Produktivität jedes Jahr noch einmal um fünf Prozent zu steigern. Alle andern erreichen das auch. Wenn ich nur daran denke, dass wir jetzt im Oneworld-Verbund beim Einkauf noch bessere Preise erzielen können, zum Beispiel bei den Flugzeugersatzteilen oder auch beim Treibstoff.

 

Sie stellen die Situation heute sehr positiv dar. Warum harzt es denn immer noch mit dem 500-Millionen-Sicherheitskredit?

Sie werden sicherlich verstehen, dass ich Ihnen nicht Einblick geben kann in laufende Verhandlungen. Die Materie ist eben sehr komplex, aber wir sind sehr zuversichtlich, dass der Kredit zu Stande kommt. Wir haben zudem kein akutes Liquiditäts-problem, die flüssigen Mittel sind ausreichend vorhanden, auch dank intensiver eigener Anstrengungen.

 

Trotzdem sagen viele, dass es nächstes Jahr noch einmal sehr knapp werde, gerade im saisonal schwachen ersten Quartal.

Das ist im Businessplan berücksichtigt. Und der wurde übrigens unterdessen von vielen Stellen, nicht nur Banken, geprüft. In den Due-Diligence-Verfahren ist der Businessplan noch von keinem dieser Experten als problematisch oder unrealistisch beurteilt worden.

 

Vom Bundesrat offensichtlich schon, oder warum hat er den Letter of Comfort nicht schon längst unterschrieben?

Das ist ein rein politisches Problem.

 

Das sich aber schon seit langem abgezeichnet hat, weil niemand das Risiko eingehen will, dass der Bund für die Swiss noch einmal zahlen muss.

Das ist eben komplett falsch. Ein Letter of Comfort ist keine Garantie, sondern ein Element in Kreditverhandlungen, um eine Situation zu bestätigen.

 

Die Flugindustrie wird immer mehr zu einer Billiglohnindustrie, mit Flight Attendants, die noch 3300 Franken verdienen und Piloten, die zu Chauffeurslöhnen arbeiten.

Die 3300 Franken sind ein Einstiegslohn, und die Piloten werden nach wie vor angemessen entlöhnt. Die Fliegerei hat aber tatsächlich eher tiefe Löhne. Das hat mit der Liberalisierung zu tun und dem enormen Konkurrenzkampf auf Grund der grossen Überkapazitäten. Die traditionellen Fluggesellschaften haben wohl alle zu lange gebraucht, um auf die völlig liberalisierte Situation umzustellen. Als der 11. September kam, wurde allen klar, dass die alten Modelle nicht mehr länger funktionieren würden.

 

Bleiben wir bei der Zukunft: Werden die tiefen Flugpreise bleiben?

Ich gehe davon aus, dass die Preise nicht mehr weiter sinken – das können sie praktisch gar nicht mehr. Bis in fünf Jahren rechne ich in Europa im billigsten Segment mit Preisen von 100 bis 200 Franken. Dass die Kapazitäten bald wieder so knapp werden, dass dadurch die Preise hochgehen, das sehe ich nächstes oder auch übernächstes Jahr noch nicht.

 

Ryanair will Geld über Werbung und gesponserte Flugzeugsitze hereinholen und dem Passagier sogar noch etwas bezahlen.

Ich glaube nicht, dass das funktionieren wird.

 

Wie siehts aus mit den Visionen für Einzelkabinen in der First Class, wie man sie kürzlich lesen und sehen konnte?

(Lacht) Ich habe diese Modelle für den Airbus A380 auch gesehen in Toulouse: wunderbare Lounges und Bars, Bibliotheken und Kindergärten in den Flugzeugen – aber das ist eine absolute Illusion. Wenn das Flugzeug im kommerziellen Dienst ist, dann müssen Sie den Platz ausnützen. Ich kann mir keine solchen Luxus-Konzepte am Himmel vorstellen, mit denen man echt Geld verdienen kann. Was mir aber Sorgen macht, sind die neuen Grossraumflugzeuge. Wer einen Airbus A380 mit 600 Passagieren füllen kann, hat noch einmal einen Kostenvorteil. Das werden wir aus der Schweiz heraus aber kaum schaffen.

 

Werden irgendwann die Umweltkosten, welche die Fliegerei verursacht, in diese Preise mit hineingerechnet?

Das ist doch heute schon so. Die Fliegerei ist wohl die einzige Branche, die ihre Umweltkosten selbst trägt. Oder nennen sie mir eine andere Industrie, die NOx-Abgaben und Lärmabgaben bezahlt, und bei jedem Überschreiten der Lärmvorschriften noch Strafe zahlen muss. Ich habe vor kurzem eine Studie gelesen über die Ökobilanz in der Luftfahrt. Wenn Sie sich eine europäische Ökobilanz anschauen, dann sehen Sie erstens, dass die Belastung in der Luftfahrt kleiner ist als bei der Bahn und dass zweitens die ökologischen Kosten der Bahn vom Staat bezahlt werden.

 

Wie lange kann man einen so intensiven Job machen?

Sicherlich nicht ewig. Aber ich habe schon noch Energie, um jetzt das Ganze zu Ende zu führen.

 

Wann ist «das Ganze zu Ende»? – wenn der Business-plan umgesetzt ist?

Wenn die Firma stabil auf beiden Beinen steht und auch auf mehrere Jahre hinaus Gewinn erwirtschaften kann.

 

Das heisst, Sie bleiben noch bis 2005.

Ganz sicher, ja.

 

Und nachher?

Warten wir mal ab ...

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