via_SIN Geschrieben 7. Februar 2004 Melden Geschrieben 7. Februar 2004 Stuttgarter Zeitung, 07.02.04 "Wir müssen schneller sein als unsere Wettbewerber" Wolfgang Mayrhuber sieht die Lufthansa gut positioniert Die Lufthansa sieht sich nach dem Krisenjahr 2003 wieder auf einem guten Weg. Dennoch warnt Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber im Gespräch mit Klaus Dieter Oehler vor Selbstzufriedenheit. Gratulation, Herr Mayrhuber. Wie es aussieht, hat die Lufthansa das erste Jahr unter Ihrer Führung trotz Irakkrieg, Sars-Krise und weltweiter Konjunkturflaute ganz gut überstanden. Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Die Lufthansa hat es nach 415 Millionen Euro Verlust im ersten Quartal durch radikale Umsteuerungsmaßnahmen geschafft, Angebot und Nachfrage wieder so in Einklang zu bringen, dass wir davon ausgehen können, zum Jahresende 2003 das erreicht zu haben, was wir im Oktober angekündigt hatten: keinen operativen Verlust mehr zu machen. So gesehen ist das positiv. Dennoch ist die Gesamtsituation natürlich nach wie vor unbefriedigend. Unsere Mannschaft hat gut gearbeitet, und nur daher haben wir das geschafft. Aber wir wissen auch, dass dies noch nicht reicht, um Perspektiven für die Mitarbeiter und unsere Anleger zu schaffen. Aber in diesem Jahr wird ja alles besser. Die Konjunktur soll anspringen, und außer der Vogelgrippe sind auch keine großen Krisen absehbar, oder? Bei der Vogelgrippe bin ich etwas optimistischer als bei der Lungenkrankheit Sars. Ich denke, wir haben alle dazugelernt, die Weltgesundheitsorganisation, die Regierungen und die Länder, in denen so etwas ausbricht. Ich habe den Eindruck, dass das Thema Vogelgrippe sachlicher behandelt wird und nicht zu panischen Reaktionen führen wird. Jeder, der sich zum Thema äußert, muss seine Verantwortung kennen. Reicht denn die vorhergesagte Konjunkturerholung aus, damit die Lufthansa wieder volle Fahrt aufnimmt? Natürlich hoffen wir, dass die eingeleiteten Reformen dazu führen werden, dass die deutsche Wirtschaft wieder Mut fasst. Wir sind zwar ein internationales Unternehmen, aber mit einem kranken deutschen Standort ist es schwer für uns, im Wettbewerb zu bestehen. Wenn die Erholung kommt, wird das auch uns Aufwind geben. Wir sind aber auf alle Möglichkeiten vorbereitet und müssen fähig bleiben, flexibel zu reagieren. Unser Ziel muss es weiter sein, Qualität, Innovationen und Kundenwünsche in den Vordergrund zu stellen. Früher konnten wir uns auf einen stetigen Wachstumskurs einstellen, das ist jetzt anders. Zum Standort gehört die Politik. Aktuell hängt für Sie viel davon ab, wie die Politik bei der neuen Landebahn in Frankfurt entscheidet. Wie schätzen Sie die Lage ein? Wir beobachten das natürlich sehr genau. Ich persönlich glaube, dass der Ausbau kommen wird. Dank unserer Aufstellung mit den beiden Drehkreuzen Frankfurt und München und unserer Einbindung in die Star Alliance sind wir aber auch in der Lage, Verzögerungen zu überstehen. Das geht allerdings zu Lasten des Standorts Frankfurt, der Arbeitsplätze und der Investitionen in der Region. Klar ist, dass der Ausbau für den Standort Frankfurt, für Deutschland insgesamt wichtig ist. Wir als Lufthansa brauchen die zwei Zentren in München und Frankfurt. Die Reformbemühungen der Berliner Regierung haben Sie als Lufthansa bisher weit gehend verschont. Rechnen Sie da noch mit Überraschungen? Ich denke, dass wir mit unserer Initiative für den Luftverkehrsstandort Deutschland und den Äußerungen von Bundeskanzler Schröder, dass er sich eine mobile Gesellschaft wünscht, gute Voraussetzungen haben. Wir können die Regierung an ihren Aussagen messen. Es ist aber auch an uns, deutlich zu machen, was es heißt, wenn Mobilität nicht gefördert, sondern behindert wird. Wir als Lufthansa investieren viel Geld in Umweltschutz, in Treibstoffreduzierung und Emissionssenkung. Wenn wir in Deutschland im Zentrum des neuen Europas stehen wollen, dann haben wir auch die Verantwortung, für die notwendige Logistik zu sorgen. Ein effizienter Verkehr gehört dazu. Die Staus müssen verschwinden. Wir als Lufthansa drehen täglich so viele Warteschleifen allein über Frankfurt, dass wir elf Mal nach New York und zurück fliegen könnten. Das abzuschaffen, ist der größte Beitrag zur Entlastung der Umwelt - und da gehört die neue Start- und Landebahn dazu. Politischen Rückenwind bekommen Sie derzeit aus Brüssel. Die EU hat einheitliche Entschädigungsregeln verabschiedet, die auch Ihre Wettbewerber treffen, und der Billigflieger Ryanair muss sich mit Subventionsvorwürfen auseinander setzen. In der Entschädigungsfrage waren wir ja auf Kulanzbasis schon recht weit. Man kann darüber streiten, ob man so etwas mit einem Gesetz festlegen muss oder ob das in einem freien Markt nicht durch die Kunden geregelt werden kann. Aber jetzt haben wir ein Gesetz, und da ist es nicht mehr als recht, dass alle Verkehrsträger betroffen sind. Ich habe aber Bedenken, dass das Verursacherprinzip nicht berücksichtigt wird. Wenn Flüge ausfallen auf Grund eines Streiks, Schnees oder anderer Gründe, die wir nicht zu verantworten haben, dann macht es keinen Sinn, unseren Kunden mehr Geld zu erstatten, als sie für das Ticket bezahlt haben. Und Ryanair? Ist der Wettbewerber, der Sie in der letzten Zeit am meisten geärgert hat, nun geschwächt? Sie haben zu Recht den Namen Ryanair genannt. Gegen die Billig-Fluggesellschaften habe ich nichts. Das ist eine Entwicklung, wie wir Sie in vielen Konsumbereichen sehen, und sie stellt eine Verbreiterung der Produktpalette dar. Es ist aber eine andere Sache, wenn über Subventionen ein Ungleichgewicht geschaffen wird, das einen Wettbewerber bevorzugt und vom Steuerzahler ausgeglichen werden soll. Wir zahlen schließlich mit unseren Steuergeldern die Investitionen für die nötige Infrastruktur. Das halte ich für eine schlechte Politik, und daher begrüße ich, dass Brüssel da einschreitet. Sie haben auf den neuen Wettbewerb der Billigflieger unter anderem damit reagiert, dass Sie Ihre Business-Class aufwerten und Ihren Top-Kunden einen ganz besonderen Service bieten wollen. Kommt das trotz Krise zur rechten Zeit? Ja. Man kann es auch in anderen Branchen sehen, etwa in der Automobilindustrie, dass die Auffächerung des Angebots immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der Kunde muss aber den Unterschied wirklich spüren. Bei uns gibt es keinen radikalen Umbau, aber wir gehen schrittweise und sorgfältig dazu über, die Unterschiede zwischen unseren Produkten stärker herauszuarbeiten. Der Kunde kann entscheiden. Wir sind heute in einer Lifestyle-Generation, da ist morgens Aldi gefragt, abends die Delikatessen von Käfer. Wir bieten die ganze Palette, von preiswerten Flügen in Europa - wenngleich mit mehr Service als bei den Billigfliegern - bis hin zu den Executive-Jets für Geschäftsleute oder der neuen Business-Class und dem speziellen Service für unsere Top-Kunden. Um Ihre Ertragslage nachhaltig zu verbessern, wollen Sie die Produktivität im Unternehmen weiter steigern. Gleichzeitig haben Sie ein neues Einsparprogramm über 1,2 Milliarden Euro gestartet und bauen in Deutschland 2000 Stellen ab. Wie passen mehr Service, mehr Qualität und mehr Druck auf die Mitarbeiter zusammen? In jedem Unternehmen, das lebendig und innovativ ist, gibt es laufend Möglichkeiten, besser zu werden. Sei es über neue technische Fortschritte, über Schulungen oder organisatorische Maßnahmen. Es geht nicht darum, die Kontur des Unternehmens zu verändern, sondern darum, in der Fertigung, der Herstellung des Produkts besser zu werden. Höhere Effizienz wird bei Lufthansa in Vorteile für die Kunden reinvestiert. Ein Beispiel: wenn wir bis Ende des Jahres mit allen Star-Alliance-Partnern elektronische Tickets ausstellen können, dann bringt das Vorteile für den Kunden und senkt gleichzeitig für uns die Kosten. Daher untersuchen wir unser Streckennetz genau, investieren in neue moderne und auch kostengünstigere Flugzeuge. Es ist wichtig, alle Probleme schnell zu entdecken und ebenso schnell darauf reagieren zu können. Wenn wir es schaffen, dabei schneller zu sein als unsere Wettbewerber, dann sind wir durch. Dennoch, die Belastung für Ihre Mitarbeiter steigt ständig weiter. Wie lange werde Sie noch bereit sein, immer mehr zu arbeiten und neue Opfer zu bringen? Unsere Mitarbeiter haben den "Bazillus Lufthansa" in sich aufgesogen. Sie verteidigen das Unternehmen nach draußen. Aber sie haben natürlich nach innen auch Forderungen. Es wäre aber auch langweilig, nur Mitarbeiter zu haben, die sich alles gefallen lassen und keine Ideen haben. Sie streiten auch um Verbesserungen, und das ist gut so. Wir sind ein lebendiges Unternehmen. In einem mitbestimmten Unternehmen kann ich als Vorstand ja nur sagen, welche Visionen wir haben, wo wir hin wollen. Und da muss man den Mitarbeitern aufzeigen, wo es hinführt, wenn sie mitziehen, und was passiert, wenn sie nicht mitziehen. Zu welchen Opfern sind denn die Lufthanseaten noch bereit? Angeblich sollen Sie in diesem Jahr 664 Millionen Euro Gewinn machen - ist die Forderung von Opfern noch vermittelbar? Ich kenne diese Zahl nicht. Aber wir haben bei der Lufthansa gesehen, dass uns allen gemeinsam daran liegt, das Unternehmen voranzubringen.
Gast Geschrieben 7. Februar 2004 Melden Geschrieben 7. Februar 2004 Apropos Qualität gegenüber Kunden. Gehört zwar nicht ganz zum Thema, aber dennoch eine Antwort auf die oft gestellte Frage. Mir wurde bestätigt, dass die eckigen Vertiefungen in den neuen Eco-Langstrecken-Sitzen dazu dienen um bei Verlangen PTV einzubauen. Lt. des LH-Mitarbeiters besteht bei den LH-Kunden kein Verlangen nach PTV's. Sollte sie es aber vermehrt verlangen / steigende Nachfrage, so will man PTV's installieren.
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