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Premiere für die stärkste Rakete der Welt


Gast Jörgi

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Geschrieben

Artikel erschienen am Mo, 20. Dezember 2004

in: Die Welt

 

Morgen soll in den USA die neue Delta-4 Heavy starten - Sie ist fast doppelt so kraftvoll wie die Ariane 5

 

von Anatol Johansen

 

Orlando - Deutlicher als am vergangenen Wochenende ist die europäisch-amerikanische Konkurrenzsituation im Weltraum wohl noch nie demonstriert worden. Schon vor Tagen wiesen amerikanische Zeitungen darauf hin, daß man jetzt eine Chance haben würde, den Zuverlässigkeitsrekord der europäischen Ariane-Rakete einzustellen. Seit März 1995 seien bislang 74 Ariane hintereinander ohne jeden Fehlstart ins All geschossen worden. Doch jetzt hätte man mit der amerikanischen Atlas-Rakete von Lockheed Martin vom Juli 1993 bis heute ebenfalls eine Erfolgsserie von 73 Starts hingelegt. Am vergangenen Freitag glückte dann der 74. Start - damit herrscht nun also Gleichstand mit Europa.

 

Eine schwere, 60 Meter lange Atlas-5 katapultierte am Freitag um 13.07 Uhr (MEZ) den Direktfernsehsatelliten AMC-16 auf die vorgesehene Umlaufbahn. Doch die Freude über das Aufschließen der USA währte nur kurz. Bereits einen Tag später, am Samstag, schoben sich die Europäer mit einem weiteren Erfolg ihrer Ariane wieder an die Spitze. Um 19.26 Uhr feuerten sie mit ihrer Großrakete Ariane 5 von Kourou in Französisch-Guayana aus den 4,2 Tonnen schweren französischen Aufklärungssatelliten Helios 2A in eine Umlaufbahn - und vergrößerten damit ihren Dauererfolg auf 75 geglückte Starts in Serie.

 

Inzwischen wird jedoch auf Cape Canaveral schon wieder ein Rekordversuch vorbereitet. Die größte und schubstärkste Rakete, die in den USA seit der Mondrakete gebaut wurde, soll dort morgen gestartet werden. Das Mammutgeschoß, die Delta-4 Heavy von Boeing, hat eine Länge von 70 Metern und kann mit 900 Tonnen Schubkraft eine Nutzlast von 22 Tonnen auf eine niedrige Erdumlaufbahn oder 13 Tonnen in einen geostationären Orbit transportieren - mehr als bei jeder anderen verfügbaren Rakete. Die neue Delta-Rakete wäre auch in der Lage, zehn Tonnen auf eine Transferbahn zum Mond zu bringen und selbst noch 7,5 Tonnen auf die Übergangsbahn zum Mars. Es könnte durchaus auch sein, daß die Delta-4 Heavy zur Trägerrakete für das neue bemannte Raumfahrzeug der Vereinigten Staaten wird, das Crew Exploration Vehicle (CEV), das gegenwärtig noch in der Entwicklung ist und einmal die heutigen Spaceshuttles ablösen soll. Das CEV soll in verschiedenen Versionen gebaut und unter Umständen dann auch für bemannte Flüge zum Mond eingesetzt werden.

 

"Der Start der Delta-4 Heavy repräsentiert eine ganz beachtliche Leistung amerikanischer Technologie", meint Dan Marin, Direktor für das Luftwaffenprogramm der Delta-4 bei Boeing. Der Hauptkunde für das neue Supergeschoß ist denn auch die US Air Force, die jetzt den ersten Versuchsstart bezahlt. Sie ersetzt mit der neuen Delta und der Atlas-5 ihre bislang stärkste Trägerrakete Titan-4, die nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik und im Betrieb zu teuer ist. Genaue Preisangaben wurden bislang zwar nicht gemacht, doch heißt es, die Luftwaffe blättere für den Erststart der neuen Rakete zwischen 140 und 170 Millionen Dollar auf den Tisch von Boeing. Auch hat die US Air Force inzwischen für zwei Militärsatelliten die Delta-4 Heavy geordert. Doch mehr Startaufträge gibt es für die neue Superrakete bislang nicht. Seine rein kommerziellen Aussichten sind nicht sehr günstig. So wird jetzt beim ersten Start auch nicht etwa ein kommerzieller Fernsehsatellit an Bord sein - für dessen Start zu zahlen wäre -, sondern nur ein etwa sechs Tonnen schwerer Demonstrationssatellit, mit dem das richtige Funktionieren der Rakete überwacht werden soll. Dem gleichen Zweck dienen zahlreiche Sensoren, mit denen die Rakete bestückt ist.

 

Bei Boeing will man die Daten nutzen, um zu überprüfen, ob man die jetzt erreichte Nutzlastkapazität durch Leistungssteigerungen der Rakete später verdoppeln und damit auf etwa 65 Tonnen für die niedrige Erdumlaufbahn bringen kann. Mittelfristig wird sogar an eine Erhöhung auf 130 Tonnen Nutzlast gedacht - für eventuelle bemannte Vorstöße zum Mond oder Mars.

 

http://www.welt.de/data/2004/12/20/377141.html

 

 

 

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: Jörgi am 2004-12-19 22:59 ]

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