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Verantwortlich für den Höhenflug: Boeing-Chef Stonecipher


Gast Jörgi

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Geschrieben

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.12.2004, Nr. 300 / Seite 19:

 

Alte Besen kehren gut

 

Von Carsten Knop

 

Vor Jahresfrist hat der Flugzeughersteller Boeing einen neuen alten Chef bekommen: Harry Stonecipher. Er war zum Wiederamtsantritt in der Branche und bei den Mitarbeitern wohlbekannt, und hat in der Zwischenzeit bewiesen, daß auch alte Besen manchmal gut kehren können.

 

Stonecipher schreibt sich selbst unbescheiden das Verdienst zu, in den vergangenen Monaten einen Kulturwandel bei Boeing bewirkt zu haben, vor allem im Sinne von mehr Entscheidungsfreude und größerer Ergebnisorientierung.

 

Ruf des Unternehmens war ruiniert

 

Sein Vorgänger Phil Condit hatte dagegen den Ruf eines eher konfliktscheuen Zauderers. Außerdem hat Stonecipher nach mehreren Affären um unlautere Geschäftspraktiken im vergangenen Jahr eine Null-Toleranz-Politik ausgerufen. Alle Mitarbeiter mußten einen Verhaltenskodex unterschreiben. An der Wall Street kommt der Kurs von Stonecipher bisher an: Der Wert der Aktie ist seit seinem Amtsantritt um rund 35 Prozent gestiegen. Und nun krönt noch ein schöner Auftrag das Ende seines ersten Amtsjahres an der Spitze von Boeing: Asiens größte Fluglinie Japan Airlines (JAL) wird 30 Boeing-Passagierflugzeuge vom Typ 7E7 „Dreamliner” kaufen.

 

Dabei ist Stonecipher in Deutschland auch schon mit dem großen Bellheim verglichen worden, jenem alten Kaufhauskönig aus dem Fernsehen, der den jungen Leuten noch einmal so richtig zeigt, wie man ein Geschäft auf Vordermann bringt. Denn im richtigen Leben ist Stonecipher eben auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende von McDonnell Douglas und der frühere, für das Tagesgeschäft verantwortlich Chief Operating Officer (COO) von Boeing. In den Tagen vor Stoneciphers Rückkehr an die Spitze hatte Boeing mit Condit aber nicht nur seinen früheren Vorstandschef verloren, sondern mußte sich auch von seinem Finanzvorstand trennen. Der Ruf des Unternehmens war durch Skandale bei der Beschaffung von Aufträgen für die amerikanische Luftwaffe ruiniert. Der europäische Rivale Airbus erschien mit seinen Produkten im Markt plötzlich besser positioniert zu sein.

 

„McDonnell hat Boeing mit dem Geld von Boeing gekauft”

 

Stonecipher, der im Sommer des vorangegangenen Jahres aus dem Tagesgeschäft bei Boeing ausgestiegen und in den Verwaltungsrat gewechselt war, hat den Hilferuf verstanden und angenommen. Seither weht in Chicago, Seattle, St. Louis und anderen Boeing-Standorten wieder der harte Wind, für den Stonecipher bekannt geworden ist. Von familiären Kollegenstrukturen hat er schon früher nichts gehalten: „Wir sind ein Team. Und in einem Team muß jeder seine Leistung bringen”, ist seine Devise. Stonecipher schreckt nicht davor zurück, Strukturen, die ihm nicht gefallen, nachhaltig umzukrempeln.

 

Nach der Übernahme von McDonnell Douglas durch Boeing im August 1997 hatte Stonecipher die Boeing-Führungsriege vollständig auf den Kopf gestellt und vor allem die interne Finanzberichterstattung wieder in Ordnung gebracht. Stonecipher ist es zu verdanken, daß es Ende der neunziger Jahre hieß, nicht Boeing habe McDonnell übernommen, sondern umgekehrt. „McDonnell hat Boeing mit dem Geld von Boeing gekauft”, wurde zum geflügelten Wort der alten Boeing-Mannschaft. Und der frühere McDonnell-Chef wird das wohl auch als Kompliment verstanden haben.

 

"Weil wir besser sind, okay?" - Gespräch mit Herrn Stonecipher:

http://www.airliners.de/community/forum/vi...p;forum=1&3

 

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: Jörgi am 2004-12-23 12:30 ]

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