Leipzig verlagert Fracht auf die Bahn

[Chris99]

Ein Nachtrag zur DHL-Entscheidung pro Leipzig.

 

Der Fracht-Express zwischen Leipzig und FRA nimmt Gestalt an:

 

http://www.ftd.de/ub/in/1103964699488.html

 

Aus der FTD vom 27.12.2004

Flughafen Leipzig gibt Fracht an die Bahn ab

Von Jenny Genger, Leipzig

 

Der Flughafen Leipzig/Halle plant, künftig gut die Hälfte seines Frachtverkehrs auf die Schiene zu verlegen.

 

Das sagte Volkmar Stein, der Vorstandsvorsitzende der Holdinggesellschaft Mitteldeutscher Flughafen, im FTD-Interview. "Wir haben gemeinsam mit der Deutschen Bahn etwas Neuartiges entwickelt, mit dem erstmals ein kostengünstiges, schnelles Produkt die Lücke zwischen Flugzeug und Lkw schließen wird", so Stein. Das Projekt erfordert Investitionen in Millionenhöhe. "Wir prüfen derzeit die technische Machbarkeit", bestätigte ein Sprecher der mit dem Vorhaben befassten Güterverkehrstochter der Bahn, Stinnes.

 

Dieser Vorstoß kommt wenige Wochen nachdem die Post-Tochter DHL bekannt gegeben hat, ihren europäischen Hauptumschlagplatz von Brüssel nach Leipzig/Halle verlegen zu wollen. Diese Entscheidung des Paketdienstleisters Anfang November hatten auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt als großen Erfolg für Ostdeutschland gefeiert. Die Politiker erhoffen sich dadurch den Aufbau eines umfassenden Logistik-Standortes, der bis 2012 über 10.000 Arbeitsplätze schafft. DHL plant, 300 Mio. Euro zu investieren und hat 70 Mio. Euro an staatlichen Beihilfen zugesagt bekommen.

 

Vertragsabschluss im ersten Halbjahr 2005 geplant

 

Allerdings hat DHL bislang noch keine Verträge unterschrieben, sondern lediglich eine Absichtserklärung abgegeben. "Wir gehen davon aus, dass der Vertrag in der ersten Hälfte des kommenden Jahres abgeschlossen wird", so Stein. Ursprünglich sollte er noch in diesem Jahr unterschriftsreif gemacht werden, was jedoch in einer Marathonsitzung am 22. Dezember nicht mehr gelang.

 

DHL plant die ersten Investitionen ab 2006 und den Abschluss des Umzugs bis 2008. Der Flughafen werde laut Stein voraussichtlich schon ab kommenden März mit umfangreichen Baumaßnahmen beginnen. Das Planfeststellungsverfahren für den Neubau der zweiten Start- und Landebahn wurde bereits genehmigt. Der Erwerb der erforderlichen Grundstücke für die insgesamt 350 Mio. Euro teure Erweiterung ist laut Stein "zum großen Teil abgeschlossen". Klagen gegen das Vorhaben hätten bis Weihnachten eingereicht werden müssen. Dem Flughafen war jedoch bislang keine bekannt.

 

Als ausschlaggebend für den DHL-Zuschlag gilt neben dem 24-Stunden-Betrieb in Leipzig/Halle nicht zuletzt die politische Rückenendeckung, die seit der Wende bereits einen flotten und überaus großzügigen Ausbau der Infrastruktur für über 1 Mrd. Euro ermöglichten. Der Flughafen Leipzig/Halle ist vollständig im Besitz der Länder, Städte und Landkreise der Region.

 

Die Gesellschafter haben laut Stein bereits weitere 10 Mio. Euro für das neue Schienenfrachtprojekt mit der Bahn bewilligt. Das will der Flughafen in einen Luftfracht-Umschlagbahnhof mit spezieller Technologie stecken, die es ermöglicht, 200 Tonnen Fracht in 15 Minuten vom Flugzeug in einen Schienenwagon umzuladen. Zudem müsste ein Gleisanschluss zur alten S-Bahn- und Güterstrecke im Süden des Flughafens gelegt werden.

 

Air-Cargo-Express soll 2007 starten

 

Die Bahn müsste für dieses im Arbeitstitel "Air Cargo Express" genannte Angebot Spezialzüge anschaffen, die für Luftfrachtcontainer ausgerichtet sind. Zudem müsste eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zum Frankfurter Flughafen bereitgestellt werden, die eine Verbindung in zweieinhalb Stunden ermöglicht. "Das ist ein sehr ehrgeiziges Vorhaben", so der Stinnes-Sprecher. Für einen Aus- oder Neubau der Strecke müsse der Bund neue Mittel bewilligen. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn musste gerade alle Investitionsprojekte bis 2009 auf Eis legen. "Aber das Projekt ist uns wichtig, deshalb engagieren wir uns da auch", so der Stinnes-Sprecher. Wann die Entscheidung gefällt wird, sei noch nicht klar. Flughafen-Chef Stein möchte den Air Cargo Express bereits 2007 zum Umzug von DHL starten. Zwei bis vier Verbindungen pro Tag zwischen Leipzig und Frankfurt seien denkbar.

 

Der Bahn lockt damit ein schöner Auftrag. "Wir schätzen grob, dass ab 2012 jährlich 400.000 Tonnen Luftfracht auf Züge gehen würde", so Stein. Bei rund 700.000 bis 800.000 Tonnen würde bis dahin das Gesamtaufkommen des Flughafens durch den Großkunden DHL und weitere Anbieter liegen. Die Bahn wickelt insgesamt rund 280 Millionen Tonnen über ihren defizitären Schienengüterverkehr ab. Die Bahn würde erstmals im Luftfrachtverkehr aktiv werden. Bislang sind solche Vorhaben, etwa von der Lufthansa, vor allem an zu langsamen Schienenverbindungen gescheitert.

 

Flughafen Leipzig/Halle würde Geschäft an die Bahn verlieren

 

Der Flughafen Leipzig/Halle würde allerdings einen Großteil seines Geschäfts an die kostengünstigere Bahn verlieren wird. "Ein geflogener Brief kostet in der Luft das 10fache wie am Boden und das muss man wohl auch bei der Kiste ansetzen", beschreibt Stein die Kostenunterschiede. Der Air Cargo Express habe die Standort-Entscheidung der DHL mit beeinflusst. "Wir hatten einen Nachteil bei der DHL-Ausschreibung: Das Hauptfrachtaufkommen liegt 400 km von uns entfernt", so der passionierte Modelleisenbahn-Spieler. "Den Lagenachteil mussten wir kompensieren und ein innovatives Produkt konzipieren."

 

Der DHL-Zuschlag soll dem Flughafen den lange erwarteten Wachstumsschub bescheren. Das moderne Passagierterminal, das für 4,5 Millionen Passagiere ausgelegt ist, wurde 2004 nur von zwei Millionen genutzt. Ursprünglich wurden bereits für 2000 drei Millionen Passagiere erwartet. Nun plant Stein selbst für 2006/2007 erst 2,3 Millionen Gäste. "Die großen Sprünge müssen vom Frachtbereich kommen", so der 61-jährige. Die DHL-Ankündigung habe große Resonanz in der Cargo-Branche ausgelöst. Im März würde sich der Flughafen 40 interessierten Unternehmen präsentieren.

 

© 2004 Financial Times Deutschland

 

Edit: Na ich bin mal gespannt, ob dies Funktionieren wird. Schön wäre es ja! Es wäre dann sicher auch für andere Flughäfen interessant.

[Gast]

Das Thema hatten wir schon mal.

 

Erstmal, der Flughafen kann Wünsche äussern, abernichts verlagern. Das machen dann immer noch diejenigen die es bezahlten, ind iesem fall DHL, ohne deren Zustimmung läuft mal nichts.

 

Tatsache ist, die Verbindung Leipzig Frankfurt dauert momentan 3,5 Stunden, da wird sich weder bis 2007 noch bis 2009 etwas dran ändern. Mit Rangierzeit in Frankfurt, bis der Zugteil mal in der CCS ist, dauert es eher 4 Stunden und länger, dann müssen die Paletten aud dollies umgeladen werden und in die Fracht Nord, wo DHL ist, umgefahren werden. Mindestens 1 Stunde und zusätzliche Kosten.

 

Der Bericht ist niedlich, hat aber mit der Praxis wenig zu tun. 200 tons als Aufkommen zwischen FRA und LEJ müssen erst mal paarig, also in beide Richtungen täglich, nachgewiesen werden. Es handelt sich immer um premium/express, hat die Fracht Zeit, gesammelt zu werden bis die 200 tons zusammen sind? Da sind LKW und Sprinter flexibler und schneller.

 

Es gibt schöne Konzepte von Transcare, mit ICE Frachteinheiten, die man an existierende ICE ankoppeln kann. Die Dinger müssen erst mal gebaut werden, dann, besser vorher, muss man die "feasibility" nachweisen. Die Kosten dürften, in realer Rechnung enorm über den LKW Kosten liegem, Kosten sind aber nicht alles, Schnelligkeotz und Flexibilität spielen eine ebenso grosse Rolle.

 

Aber OK, nach dem Motto "komm ich getz in't Fernsehen?" kann man immer mal ein interview abgegen