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Fliegen wird noch billiger


Gast Jörgi

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Geschrieben

Welche Chancen haben Billigflieger, wie sieht die Zukunft im Charterverkehr aus? Interview mit Professor David Gillen.

 

ABENDBLATT: Seit Freitag gibt es in Deutschland einen Billigflieger weniger: dba hat die Flotte von Gexx übernommen. Haben wir noch zu viele dieser Niedrigpreisanbieter?

GILLEN: Allein in Deutschland sind es noch zehn oder zwölf. Sie bilden eine sehr dynamische Branche: Ungefähr 25 Unternehmen sind bis heute in den Markt eingetreten, etwa 15 haben ihn wieder verlassen. Aber auch die aktuelle Zahl der Wettbewerber ist noch zu groß, die Kapazität ist auf Sicht zu hoch. In spätestens zwei bis drei Jahren werden sie anfangen müssen, sich gegenseitig Marktanteile wegzunehmen. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, in diesem Markt Geld verdienen zu können, sehr gering - man könnte genauso gut nach Las Vegas gehen und spielen.

ABENDBLATT: Dann sind die Erfolgschancen des Zusammenschlusses dba/Gexx gering?

GILLEN: Sie werden es sehr schwer haben zu überleben. Da tun sich zwei schwache Anbieter zusammen und das ergibt nicht unbedingt einen starken.

ABENDBLATT: Üblicherweise wird eine Buchung bei einem Billigflieger immer teurer, je näher der Flugtermin rückt. Gexx dagegen war mit einem Fixpreismodell angetreten und hatte argumentiert, für Kunden sei dies einfacher und fairer. Ist dieses Modell jetzt tot?

GILLEN: Ja. Für den Verbraucher mag das Modell transparenter sein, aber für die Fluggesellschaft hat es mehrere Nachteile. Zum Beispiel gibt es den Kunden keinen Anreiz früh zu buchen, so daß sich die Airline früh die Auslastung und das Geld der Kunden sichern kann. Außerdem hat es die Fluggesellschaft mit einem Festpreis schwerer, auf Veränderungen bei den Kosten - etwa für den Treibstoff - mit einer Änderung der Preisstruktur zu reagieren.

ABENDBLATT: Sie erwarten, daß der Marktanteil der Billigflieger in Europa von derzeit 20 auf 40 Prozent im Jahr 2010 steigt. Warum leiden darunter nach Ihrer Ansicht vor allem die Charterfluggesellschaften?

GILLEN: Weil sie aus zwei Richtungen unter Druck geraten. Der Trend geht dahin, daß die Menschen eher kürzer, aber häufiger Urlaub machen. Das kommt den Billigfliegern entgegen, und sie nehmen immer mehr Routen in klassische Feriengebiete auf - wie zum Beispiel Hapag-Lloyd Express. Aber auch die traditionellen Linienfluggesellschaften entdecken diesen Markt.

ABENDBLATT: Warum glauben Sie, daß die Zukunft der Charterflieger auf den Langstrecken liegt?

GILLEN: Einen Wettbewerbsvorteil haben Charterflieger in Zielgebieten, in denen sich die Reisenden nicht so gut auskennen und über die sie vorab nicht so viele Informationen sammeln können. Das sind eher die weit entfernten Ziele. Für Reisen dorthin wird man sich eher auf ein Pauschalangebot verlassen. Außerdem werden Billigflieger nicht in den Langstreckenmarkt vordringen, denn alle ihre Kostenvorteile - Verzicht auf Bordverpflegung, kurze Bodenzeiten und damit viele Flüge am Tag pro Maschine - verschwinden bei Flugzeiten von mehr als etwa fünf Stunden. Damit haben die Charterflieger auf den Langstrecken nur die etablierten Liniengesellschaften mit ihrem komplexen und teureren Geschäftsmodell als Konkurrenten.

ABENDBLATT: Wie beurteilen Sie den Trend, daß Billigflieger allmählich immer mehr Dinge kopieren, die bisher typisch für etablierte Liniengesellschaften waren - zum Beispiel Vielfliegerprogramme?

GILLEN: Zunächst einmal bieten die traditionellen Linienfluggesellschaften auch zahlreiche Dinge an, die die Kunden nicht wirklich interessieren. Der Schlüssel zum Erfolg eines Billigfliegers ist die Einfachheit. So lange ihre Zusatzangebote davon nicht zu weit abweichen, funktioniert es. Dazu kann auch ein sehr simples Bonusprogramm gehören, wie es zum Beispiel JetBlue in den USA hat. Aber JetBlue hatte bisher eine reine Airbus-Flotte und nimmt nun Embraer-Regionaljets hinzu - und rückt damit von der Einfachheit ab. Es ist die Frage, wie JetBlue damit klarkommt. Kaum eine andere Fluggesellschaft bleibt aber so konsequent bei einem simplen Angebot wie Ryanair. Ich bin ohnehin sicher: Kein Billigflieger wird je eine günstigere Kostenstruktur haben als die Iren sie aufweisen.

ABENDBLATT: Wie werden sich die Flugpreise in den nächsten Jahren entwickeln?

GILLEN: Sie werden real - also ohne Berücksichtigung der Inflationsrate - weiter sinken, trotz steigender Treibstoffkosten. Dafür sorgt schon der härter werdende Wettbewerb. Selbst im Billigflugsegment müssen die Preise nicht steigen, weil die Technik Kostenvorteile bringt. Wenn man eine Boeing 737-300 durch eine modernere 737-700 ersetzt, sinkt der Kerosinverbrauch um 15 Prozent, dabei machen die Treibstoffkosten ungefähr 30 Prozent der gesamten Kosten der Airline aus. Die Frage ist nur, wer davon profitiert: der Aktionär der Fluggesellschaft oder der Kunde. Aber selbst wenn die Preise bei den Billigfliegern konstant bleiben, werden sie relativ gesehen günstiger, wenn man die Inflation bedenkt. Ich könnte mir vorstellen, daß es so laufen wird. Interview: VOLKER MESTER

 

erschienen am 21. Februar 2005 in Wirtschaft

 

http://www.abendblatt.de/daten/2005/02/21/401202.html

Geschrieben

Das sind ja wirklich keine News. Das das Fliegen noch billiger wird, ist unbestritten. Wenn dann alles "lästige" vom Markt geschossen wurde, werden die Preise auch wieder steigen. Sicher ist eine 737NG kostengünstiger im Unterhalt, aber es gibt sie eben auch nicht geschenkt und das verursacht auch Kosten. Das sollte man vielleicht auch berücksichtigen wenn man von der 737classic auf 737NG umsteigt icon_smile.gif

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