Gast Geschrieben 4. März 2002 Melden Geschrieben 4. März 2002 Frankfurt (Reuters) - Die europäischen Fluglinien erwägen die Gründung eines eigenen Garantiefonds, um sich gegen die seit dem 11. September nicht mehr versicherten Drittschäden durch Krieg und Terror abzusichern. Der Fonds solle vorläufig Schäden bis zu einer Höhe von 1,5 Milliarden Dollar pro Vorfall abdecken, heißt es in einem Vorschlag des Verbandes der europäischen Fluggesellschaften (AEA), der der Nachrichtenagentur Reuters am Montag vorlag. Voraussetzung für die Gründung des Fonds sei allerdings, dass die europäischen Regierungen die staatlichen Haftungsgarantien während einer Übergangsfrist aufrecht erhielten. Außerdem müssten die Staaten die Haftung für Schäden über 1,5 Milliarden Dollar übernehmen, da solche Risiken von der Industrie nicht mehr abgedeckt werden könnten. EU-FINANZMINISTER BERATEN ÜBER STAATSHAFTUNG Nach den Anschlägen vom 11. September hatten die Versicherungen die Policen der Fluggesellschaften für die Abdeckung von Drittschäden gekündigt. Die europäischen Regierungen gewährten daraufhin für eine Übergangszeit bis Ende März staatliche Haftungsgarantien, die nach Angaben aus Kreisen der europäischen Finanzminister allerdings weiter ausgedehnt werden sollen. Die EU-Finanzminister wollten dies bei ihrem Treffen am Dienstag beschließen, hieß es. Ohne ausreichende Versicherung oder entsprechende Haftungsgarantien dürfen Flugzeuge nicht starten. Drittschäden sind Schäden, die durch einen vorsätzlich bewirkten Flugzeugabsturz am Boden entstehen. Sie betreffen nicht Passagiere, Besatzung und das Flugzeug selbst, die separat versichert sind. HÖHERE TICKET-PREISE DURCH NEUE VERSICHERUNG An dem Fonds unter der Kontrolle der EU sollten sich Fluglinien, Flughäfen und verwandte Branchen beteiligen, heißt es in dem AEA-Vorschlag. Die neue Versicherung solle über einen Aufschlag auf die Ticketpreise in Höhe von voraussichtlich 0,50 Dollar finanziert werden und sich vermutlich binnen anderthalb Jahren selbst tragen. Dennoch solle der Fonds keine langfristige Einrichtung sein, sondern auslaufen, sobald die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt (ICAO) eine globale Regelung gefunden habe, heißt es in dem AEA-Vorschlag. Das Modell solle mit Hilfe von Versicherungsexperten ausgearbeitet werden und werde die Fluggesellschaften bis zu 60 Prozent weniger kosten als der Einstieg in eine der seit dem 11. September angebotenen kommerziellen Drittschadens-Versicherungen. VERSICHERUNGSMODELL VON ZUSTIMMUNG DER REGIERUNGEN ABHÄNGIG In Luftfahrtkreisen hieß es, sämtliche Angebote der Versicherungswirtschaft seien in Bezug auf Preis und Leistung inakzeptabel gewesen. Mit dem Fondsmodell wolle sich die Luftfahrtbranche nun selbst helfen. Ob es allerdings zu Stande komme, hänge auch von der Haltung der Staatsregierungen und der EU-Kommission ab. Es sei davon auszugehen, dass die europäischen Fluglinien noch mindestens ein halbes Jahr lang die staatlichen Haftungsgarantien benötigten. Vor der AEA hatten bereits die amerikanischen Fluglinien Beratungen über die Gründung einer eigenen Versicherungsgesellschaft zur Abdeckung der Drittschäden aufgenommen. Der AEA gehören neben der Deutschen Lufthansa, der British Airways und Air France zahlreiche weitere europäische Fluglinien an. Der Vize-Präsident der skandinavischen Fluggesellschaft SAS, Lennart Svantemark, begrüßte den Vorschlag am Montag. "Es wird einige Zeit dauern, bis die ICAO eine Regelung findet. Der europäische Vorschlag ist ein Anfang, auf den eine globale Lösung später aufbauen kann", sagte er.
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