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Gefahr durch zu wenig Wasser an Bord


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Geschrieben

Reise

 

Irgendwo über dem Atlantik erwachte der Passagier aus einem Alptraum: Er lief durch die Wüste - sengende Sonne, Staub, Trockenheit. Weit und breit keine Oase, kein Wasser. Als er zu sich kam, merkte er, daß er tatsächlich quälenden Durst verspürte.

 

 

Das Flugzeug befand sich schon sechs Stunden in der Luft, bis zur Landung würden weitere vier vergehen. Der zerbrochene Plastikbecher in der Sitztasche erinnerte daran, daß die Besatzung vor Stunden tatsächlich einmal Wasser gereicht hatte. Jetzt, mitten in der Nacht, schliefen die meisten Fluggäste in der bis auf den letzten Platz besetzten Maschine. Kein Flugbegleiter weit und breit. Und zum Aufstehen keine Chance.

 

 

Eine typische Szene, wie sie täglich vorkommt. Auf einem Langstreckenflug ausreichend Wasser zu trinken ist für Gesundheit und Wohlergehen während und nach eines Fluges mitentscheidend. Doch kaum ein Passagier tut das, und viele Fluggesellschaften verhindern systematisch, daß die nötige Menge Wasser zur Verfügung steht oder daß die Gäste sie bekommen.

 

 

Selbstbedienung

 

 

Zum Beispiel Iberia: Auf den Langstreckenflügen von Madrid nach Lateinamerika wartet man in der Economy-Class nach dem Start eine Stunde, bevor die Flugbegleiter das Essen und ein Getränk servieren. Danach bekommen die Passagiere viele Stunden lang weder Wasser noch andere Getränke. In der Küche stehen zwar Erfrischungen bereit, nur muß der Reisende selbst aktiv werden - dazu sind viele zu lethargisch.

 

 

Bei Lufthansa dagegen gilt für das Kabinenpersonal in allen Klassen das Gebot, etwa jede halbe Stunde (auch nachts) Wasser anzubieten. Realisiert wird das allerdings auch nicht immer. Dabei lautet die Faustregel, daß man in der Luft etwa einen halben bis einen Liter mehr trinken sollte als am Boden in derselben Zeitspanne, erklärt der Düsseldorfer Reisemediziner Eckhard Müller-Sacks. Am Boden liege der Richtwert für einen Erwachsenen bei zwei Litern pro 24 Stunden, während eines zwölfstündigen Flugs von Frankfurt nach Hongkong wäre das ein Liter plus Extramenge, also mindestens eineinhalb Liter. Lutz Bergau, Chef des fliegerärztlichen Dienstes der Lufthansa, veranschlagt Ähnliches: Er empfiehlt 100 bis 120 Milliliter pro Flugstunde, das wären auf der Musterstrecke nach Hongkong knapp anderthalb Liter.

 

 

Unabhängig vom jeweiligen Expertenurteil gilt: Die Atmosphäre in eine Flugzeugkabine ist staubtrocken, jeder Mensch verliert während eines langen Fluges dadurch bis zu einem Liter Flüssigkeit. "Während am Boden 50 bis 80 Prozent Luftfeuchtigkeit herrschen, sind es im Flugzeug gerade mal 20 Prozent", wissen die Mediziner. Entscheidend sei es, stilles Wasser zu trinken: "Alkohol und Kaffee entwässern, Softdrinks verlieren durch ihren vielen Zucker als Feuchtigkeitsspender an Wirkung, und auch Tomatensaft bringt nicht viel Flüssigkeit", so Müller-Sacks.

 

 

Doch viele Getränke an Bord bedeuten vor allem ein höheres Gewicht des Flugzeugs, damit stärkeren Treibstoffverbrauch und Kosten. Außerdem ist es für die Passagiere gerade in der engen Economy Class schwer, aufzustehen und ausreichend häufig zur Toilette zu gehen - das hält viele zusätzlich vom ausreichenden Trinken ab. "Ich empfehle trotzdem jedem, einmal pro Stunde aufzustehen, sich selbst mit Getränken zu versorgen und sich dabei eben auch zu bewegen", sagt Eckhard Müller-Sacks.

 

 

Wie sieht nun die Praxis aus? Während die Lufthansa sich rühmt, auf langen Strecken durchschnittlich mehr als zwei Liter alkoholfreie Getränke pro Fluggast bereitzuhalten, ergeben Stichproben, daß manche Gesellschaften bei voller Auslastung weniger als einen Liter pro Passagier an Bord haben. "Das ist zu wenig", schimpft Eckhard Müller-Sacks, "es ist die Aufgabe der Airlines, genug zur Verfügung zu stellen". Es dürfe sich keine Linie wunden, wenn sie später Millionenklagen abwenden muß - wegen vermeintlich bei ihren Flügen erlittenen Thrombosen.

 

 

Für den Passagier bleibt nur der Rat, stets eine Trinkflasche im Handgepäck zu haben. Oder mit vorbildlichen Gesellschaften wie SAS zu fliegen, die immerhin jedem Busineß-Class-Passagier automatisch eine kleine Flasche Wasser neben Kissen und Decke auf den Sitz legt.

 

 

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 3.3.2002

Geschrieben

Es ist vor allem heutzutage schon echt erschreckend, wie verschiedene Fluggesellschaften mit dem "Kunde=König"-Vorsatz umgehen. Bei europäischen Fluggesellschaften (bis auf wenige Ausnahmen) und vor allem auch den asiatischen/australischen ist das noch halbwegs in Ordnung in der Eco-Class, aber vor allem bei den Transatlantik-Diensten der US-Carrier (ausgenommen sei hier US Airways) ist vielleicht der Mitflug im Bauch eines Frachters noch angenehmer...

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