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[REISEBERICHT] Boom 2006


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Da die meisten Reiseberichte von Städtereisen erzählen, fällt mein Report diesbezüglich aus der Reihe: er handelt von einer Reise nach Portugal zu einem Musik-Festival. Vielleicht hat sich der eine oder andere von euch sogar überlegt auf die diesjährige Boom zu gehen: hier kann er sehen, was er verpasst hat. Die meisten werden aber wohl mit dieser Art von Musik oder gar mit dem Begriff „Boom“ nichts anfangen können. Aber es hat noch niemandem geschadet etwas Neues kennen zu lernen. Also, viel Spaß beim Lesen!

 

Die Musikrichtung, die dort gespielt wurde, ist gleich unter drei Namen bekannt: Psytrance (Psychedelic Trance), Goa (Goa-Trance) oder Progressive Trance, wobei mir selber die Unterschiede nicht ganz klar sind. Goa deshalb, weil sie ihre Ursprünge in diesem indischen Bundesstaat hat. Im Endeffekt gehört es aber zu der großen Gruppe der elektronischen Musik und stammt von Trance ab.

 

Wie alle zwei Jahre machten wir (drei Freunde von mir und ich) uns auf den Weg nach Portugal. Es gibt viele so genannte Goa-Partys, vor allem auch in Deutschland. Hier sind insbesondere Mecklenburg-Vorpommern und das nördliche Brandenburg zu erwähnen, wo verschiedene Festivals stattfinden wie die Voov, Full-Moon, Shiva-Moon usw. Dieser Landstrich wohl deshalb, weil er recht dünn besiedelt ist und sich somit die Beschwerden bezüglich Lärmbelastung in Grenzen halten. Waldlichtungen oder Wiesen sind die perfekten Orte für die oftmals mehrtägigen Partys, die meistens im Juli oder August unter freiem Himmel stattfinden.

 

Die Boom dagegen gibt es nur alle zwei Jahre, jeweils zum Vollmond im August. Wir waren schon 2002 und 2004 dort (seitdem ist die Boom auch an einer festen Location in Idanha-a-Nova im Hochland an der Grenze zu Spanien), das erste Mal mit TAP, das zweite Mal mit Swiss (jeweils nach Lissabon). Diesmal war HLX am günstigsten (Lissabon oder Porto war uns egal). Unser Hinflug fiel mit dem Beginn der Sommerferien in Baden-Württemberg zusammen, deshalb war der Flughafen Köln-Bonn unser Ausgangspunkt. Der Flug war zusammen mit dem Zug zum Flug für 19 Euro immer noch günstiger als andere Angebote ab Stuttgart. Eine prima Sache, denn ohne dem Zug zum Flug hätten wir uns womöglich für eine andere Fluggesellschaft entschieden. Freitag morgens ging es mit dem ICE ab Stuttgart nach Köln. An Bord saß ein gewisser Daniel Munoz (bekannt aus der letzten Staffel „Deutschland sucht den Superstar“), der fortwährend auf seiner Gitarre spielte und lauthals durch den ganzen Wagen sang. Zwischendurch gab er immer mal wieder Autogramme.

 

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Obwohl wir recht früh da waren, bekamen wir hohe Boarding-Nummern. Während die anderen warteten, habe ich die Zeit genutzt, um den Flughafen abzulichten. Hat sich ja doch ein wenig was geändert seit meinem letzten Besuch vor einigen Jahren.

 

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Als das Boarding beginnen sollte, kam eine Dame und erklärte, dass der Flieger kaputt in Berlin steht und man versuchen wird, einen neuen zu organisieren. Nächste Info: 14 Uhr. Also hatte ich abermals Zeit, Fotos zu schießen. Dabei sah ich an der Tafel im Ankunftsbereich, dass das Flugzeug aus Berlin eigentlich gegen 8 Uhr hätte landen sollen. Somit musste ich bei meinem 100. Flug wohl zum ersten Mal mit einer größeren Verspätung rechnen. Und so kam es dann auch. Es wurde verkündet, dass sich der Abflug auf 18 Uhr verschoben hat. Gleichzeitig wurden Gutscheine für Essen und Trinken in Höhe von 6,50 Euro verteilt, die im gesamten Flughafen eingelöst werden konnten. Das fand ich richtig fair von HLX, wenn man Berichte über andere Fluggesellschaften hier vergleicht.

 

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Wir entschieden uns für etwas teureres, nämlich Zürcher Geschnetzeltes beim „Käfer“. Da man spätestens wieder um 17 Uhr da sein sollte, lohnte es sich nicht, nach Köln rein zu fahren. Deshalb hatte ich mehr als genug Zeit, mir auch den letzten Winkel des Flughafens anzuschauen, so zum Beispiel die kostenlose Aussichtsterrasse. HLX konnte dann tatsächlich noch eine andere Maschine auftreiben und um 19 Uhr ging es dann los Richtung Porto.

 

4. August 2006

Flug HLX/X3 3360 CGN-OPO Soll: 13:15-14:55

 

Die Crew hat es nicht versäumt zu erwähnen, dass sie eigentlich einen freien Tag gehabt hätte und extra wegen uns im Einsatz war. Irgendwann liefen die Stewardessen mit Brötchen und Getränken rum, erwähnten zuvor aber nicht, dass es das kostenlos gibt. Bis einer von uns es bemerkte und sagte: „Hey, die müssen ja nichts zahlen!“ Also holten wir sie zurück und bekamen auch was. Die anderen Passagiere, die das nicht bemerkt hatten, gingen leer aus. Über dem Flughafen von Porto war eine Rauchsäule der nahen Waldbrände zu sehen.

 

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Zum Glück war die Verspätung nicht noch größer, sonst wäre die Autovermietung schon zu gewesen. An das Auto zu kommen, war aber auch nicht ganz einfach. Im Terminal gab es einen Schalter von Avis, der aber nicht besetzt war. Dort gab es auch keinerlei Einrichtung außer einem Telefon, auf dem draufstand, dass man nicht zu wählen braucht: einfach nur den Hörer abheben. Also taten wir dies. Am anderen Ende sagte eine Dame, dass wir einfach nur zu warten hätten. Nichts mehr. Doch es kam niemand. Draußen fuhr ständig ein Kleinbus von Avis umher, dessen Fahrer wir fragten, wie das hier funktioniert. Dieser meinte, dass wir einsteigen sollten und fuhr uns zu den eigentlichen Büros der Mietwagenanbieter, die sich ca. 150 Meter Luftlinie vom Terminal befanden. Mit dem Mazda 3 und seinen gerade mal 1400 km auf dem Tacho ging es über nigelnagelneue Autobahnen auf die Boom. Da wir erst gegen vier Uhr morgens auf dem Gelände ankamen, zog ich es vor, auf der Rückbank des Autos zu schlafen. Gegen acht Uhr wurde ich durch ein unangenehmes Geräusch geweckt: Jemand ist in unser Auto reingefahren! Ich wollte natürlich so schnell wie möglich rausspringen, doch die Türen ließen sich nicht von innen öffnen. Ich musste erst den Schlüssel rauskramen und mittels der Fernbedienung das Auto aufschließen. Zum Glück ist der andere (ein Portugiese) nicht davongebraust, sondern gab sofort seine Schuld zu und füllte den Unfallbericht aus.

 

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Nach diesem Schreck bauten wir das Zelt auf und stürzen uns ins Getümmel. Die diesjährige Boom übertraf alles bisher Dagewesene. Die Besucherzahl von 30.000 Leuten entspricht einer deutschen Kleinstadt. Der Mainfloor bestand aus einer Bambuskonstruktion, die einer Pagode nachempfunden wurde. Die Musik war so laut, dass man sich selbst in 100 Metern Entfernung von den Boxen anschreien musste, um sich zu verständigen.

 

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Besonders nachts sah das Ganze im UV-Licht noch atemberaubender aus. Hier wird deutlich, dass auf Goa-Partys sehr viel Wert auf die Dekoration gelegt wird (besonders in Verbindung mit fluoreszierenden Farben).

 

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Das Gelände befand sich auf einer Halbinsel in einem See (Barragem da Idanha) und war von der Fläche her vergleichbar mit der einer mittelgroßen deutschen Gemeinde: von einem Ende bis zum anderen brauchte man eine gute halbe Stunde. Das ganze war eine logistische Meisterleistung, schließlich befindet sich auf dem Gelände in den zwei Jahren zwischen den Festivals nichts außer vielleicht ein paar grasenden Eseln. Jetzt aber gab es eine funktionierende Strom- und Wasserversorgung, eine Telefonleitung, Erste-Hilfe-Station, ständige Bereitschaft der Feuerwehr und sogar einen eigenen Radiosender. Dabei war das nächste Dorf kilometerweit entfernt. Das Publikum war bunt gemischt: Leute aus der ganzen Welt (Portugiesen, Deutsche, Skandinavier, Inder) verschiedener Altersstufen (von 18 bis 60) friedlich vereint. Auf dem Gelände wurde es einem nie langweilig: es gab einen Ambient-Floor (Chillout), verschiedene Workshops wurden angeboten, unzählige Essens- und Klamottenstände und sogar einen kleinen Supermarkt. Hier der Ambient-Floor:

 

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Das Gelände war so riesig, dass man eine Brücke errichtet hat, um von einem Teil zum anderen zu gelangen.

 

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Das einzige, was störte, war die Hitze von 35 Grad verbunden mit einer absoluten Windstille, so dass jeder Schattenplatz extrem begehrt war.

 

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Hier drei Videos, um sich eine Vorstellung von der Musik und der Stimmung machen zu können (beim Heraufladen ging leider die Qualität flöten):

 

 

 

 

Doch wir hielten uns nicht nur auf dem Festivalgelände auf. In der Nähe gab es einen Berg namens Monsanto, der eines der schönsten portugiesischen Dörfer beherbergt.

 

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Die Steinformationen sind einfach atemberaubend (auf dem einen Stein ist ein Freund von mir).

 

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Eines Tages unternahm ich eine Flughafentour. Zunächst ging es nach Vila Real im Norden des Landes. Morgens und abends verbindet Aerocondor mit einer Shorts 360 die beiden Städte Vila Real und Bragança mit Lissabon. Das Empfangsgebäude in Vila Real ist dementsprechend dimensioniert und hat den Charme einer Dorfkneipe. Interessant ist, dass die örtliche Feuerwehr mit einem Fahrzeug kurz vor der Landung anrückt und nach dem Start das Gelände wieder verlässt.

 

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Nicht viel anders sieht es in Bragança aus, wo das Flugzeug in der freien Zeit dazwischen meist nutzlos herumsteht. Außer an zwei Tagen die Woche: da werden Flüge nach Agen und Paris-Orly angeboten.

 

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Weiter ging es nach Spanien, wo einem schon mal Kühe die Straße versperren.

 

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Der nächste Flughafen war Valladolid, wo sich vor allem Ryanair tummelt aber auch Air France tägliche Flüge nach Paris anbietet.

 

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Der Flughafen von Salamanca hat keine regelmäßigen Linienflüge, dafür aber mehrere Charterketten auf die Kanaren und Balearen mit Air Europa, deren Flugzeiten im Internet aber nicht zu finden waren. Doch ich hatte Glück, denn genau als ich dort ankam, wurden zwei Maschinen abgefertigt. Das Terminal konnte gerade so die Menschenmassen aufnehmen (davor und danach steht es wohl sechs Tage lang leer).

 

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Auch auf spanischer Seite gab es lauter neue Autobahnen, für die man keinen Cent berappen musste. Wegen der vielen Gefällestrecken gab es in Portugal immer mal wieder Notstreifen, in denen sich Kies zum Abbremsen der Fahrzeuge befand. Auf der Kuppe davor stand ein Schild in portugiesischer und englischer Sprache: „Try your brakes now!“

 

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Nach sechs Tagen Dauerparty (lediglich zwischen 17 und 21 Uhr gab es keine Musik) ging die Boom zu Ende und es hieß Abschied nehmen. Am Flughafen mussten wir noch Kram wegen des Schadens am Auto ausfüllen. Auf den Kosten blieben wir erst einmal selber sitzen, da wir es über Auto Europe erstattet kriegen sollen, die wiederum die portugiesische Versicherung des Unfallgegners konsultieren müssen.

Das erst vor wenigen Monaten eröffnete Terminal, das das alte ersetzte, ist eine architektonische Meisterleistung.

 

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Seit Mai fährt auch die Straßenbahn von Porto (Metro do Porto, da sie in der Innenstadt unterirdisch verkehrt) direkt bis vors Terminal. Auch die Haltestelle am Flughafen finde ich sehr gelungen.

 

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10. August 2006

Flug HLX/X3 5361 OPO-STR Soll: 9:50-13:30

 

Ohne Verspätung ging es dann zurück nach Stuttgart.

 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

 

Markus

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