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Manövrierfähigkeit Verkehrsflugzeuge (Vorsicht Laie!)


ET420

Empfohlene Beiträge

Ein Hallo an das Forum!

 

Zuerst muß ich mich entschuldigen - ich habe von Flugzeugen relativ wenig Ahnung und von der Technik dahinter noch bedeutend weniger. Beruflich und privat beschäftige ich mich mit der indirekten Konkurrenz - dem schienengebundenen Verkehr.

Allerdings tauchte in einer Stammtischrunde eine Frage auf, die bisher nicht zuverlässig zu klären war. Ich erhoffe mir von euch, daß das Thema geklärt werden kann - denn weiter als "Ich glaube"/"Müsste"/"Könnte"/"Glaube ich nicht" sind wir nicht gekommen.

 

Die Frage mag etwas utopisch sein - aber wie ist es um die Manövrierfähigkeit von "handelsüblichen" Verkehrsflugzeugen (das ist für mich sowas wie eine 737/747 oder ein Airbus) bestellt? Was können diese Maschinen, bzw. wie werden sie getestet?

Explizit ging es an dem Abend um die Frage, ob ein Verkehrsflugzeug einen Looping drehen kann oder nicht und was sonst noch damit möglich wäre (z. B. auf dem Kopf fliegen). Natürlich ist das rein hypothetisch - obwohl ich durchaus bereit wäre, dem Kapitän 50 € Trinkgeld für einen Looping zu geben! :-D Was der Rest der Fluggäste dazu sagen würde, steht auf einem anderen Blatt.

 

Soweit ich weiß, werden Flugzeuge, bevor sie dem Verkehr übergeben werden (bei Neukonstruktionen) ja ausgiebig getestet - wohl auch am Rande der Belastbarkeit; schließlich können durchaus sehr starke Kräfte auf Tragflächen usw. einwirken. Ich könnte mir demnach durchaus vorstellen, daß in der Erprobungsphase Flugmanöver durchgeführt werden, die im prallen Leben (hoffentlich) nie ausgeführt werden müssen (Sturzflug?).

 

Kann vielleicht einer von euch Fachleuten sich dazu äußern?

 

Vielen Dank für eure Hilfe und Grüße aus München,

 

K.

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"Theoretisch" ist viel möglich. Als die Boeing 707 vorgstellt wurde ist der Testpilot, um die Leistungsfähigkeit zu beweisen, eine Schraube geflogen. Ich glaube, da gibts auch irgendwo ein Video. Wenn man sowas sauber fliegt, ist die Belastung für die Zelle sehr gering.

 

Ob ein Looping möglich ist, kann ich jetzt so nicht sagen. Die moderne Technik würde jeglichen "Versuch" aber verhindern. Airliner haben meist eine G-Grenze von 2.5, bei einem Looping würdest Du die aber arg überschreiten, was nicht bedeuten muss, dass was passiert.

 

Extremtests werden nicht nur bei neuen Fliegern gemacht, auch nach großen Checks geht man bei Testflügen an die Leistungsgrenzen. Das geht von fliegen in den Strömungsabriss, abstellen von Triebwerken und und und.

 

Im großen und ganzen ist solch ein Gerät aber schon recht robust, was diverse Unfälle mit glimpflichen Ausgang belegen...

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Die Frage mag etwas utopisch sein - aber wie ist es um die Manövrierfähigkeit von "handelsüblichen" Verkehrsflugzeugen (das ist für mich sowas wie eine 737/747 oder ein Airbus) bestellt? Was können diese Maschinen, bzw. wie werden sie getestet?

 

Die Maschinen koennten im Rahmen der Zulassungsvorschriften sehr viel. Flugzeuge muessen Belastungen von 2.5g in Richtung Flugzeugboden und 1g Richtung Decke aushalten. Die Belastungen in Seitenrichtung habe ich jetzt nicht bei Hand.

 

Die Flugsteuerungssysteme greifen aber (zumindest bei modernen Maschinen) "korrigirend" ein, um solche extremen Fluglagen zu verhindern. Mit aelteren Maschinen waehre -theoretisch- einiges moeglich

 

 

Explizit ging es an dem Abend um die Frage, ob ein Verkehrsflugzeug einen Looping drehen kann oder nicht und was sonst noch damit möglich wäre (z. B. auf dem Kopf fliegen).

 

Aus den oben genannten Werten leiten sich die Werte fuer Geschwindigkeit und Radius eines idealen Loopings ab. Der waehre aber relativ gross. Auf dem Kopf wuerde ein Flugzeug nicht auseinanderfallen. Eine andere Frage ist, ob die Tragflaechen dann noch genuegend Auftrieb erzeugen. Der Auftrieb ist Abhaengig vom Anstellwinkel. Die Maschine wuerde also auf dem Kopf die Nase ganz schoen nach oben reissen muessen.

 

Soweit ich weiß, werden Flugzeuge, bevor sie dem Verkehr übergeben werden (bei Neukonstruktionen) ja ausgiebig getestet - wohl auch am Rande der Belastbarkeit; schließlich können durchaus sehr starke Kräfte auf Tragflächen usw. einwirken. Ich könnte mir demnach durchaus vorstellen, daß in der Erprobungsphase Flugmanöver durchgeführt werden, die im prallen Leben (hoffentlich) nie ausgeführt werden müssen (Sturzflug?).

 

Die extremsten Belastungen werden selten im Flugversuch, sondern viel mehr in statischen Tests ermittelt, in dem ein Vorserienmodell (meist nur die reine Struktur) stark belastet wird. Die Tragflaechen werden bei dieser Gelegenheit bis zum Bruch getestet.

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Explizit ging es an dem Abend um die Frage, ob ein Verkehrsflugzeug einen Looping drehen kann oder nicht und was sonst noch damit möglich wäre (z. B. auf dem Kopf fliegen).

 

Hallo,

theoretisch sind Rückenflug, Rolle und Looping zumindest für eine 737 machbar. Gleichzeitig würden mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest beim Looping Belastungsgrenzen überschritten (ohne daß der Vogel gleich auseinanderfällt). Das Flugzeug wäre danach möglicherweise schrottreif, mindestens jedoch wäre ein hoher Wartungsaufwand nötig.

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Unbeladene Flieger (insbesondere die mit nur 2 Triebwerken) gehen ab wie eine Rakete. Es gibt bei LH Flighttraining einen inoffiziellen Spasswettbewerb im Simulator: Bei irgendeiner Parallelbahn in Deutschland (glaube, es ist Hannover?) passt der Abstand der Bahnen so, dass ein direkter 180° Turn mit einer 737 von einer Bahn zur anderen geflogen werden kann.

 

Angeblich (Eingeweihte mögen mich korrigieren) liegt der Rekord vom Losrollen auf der einen Bahn bis zum Stillstand auf der anderen Bahn bei ziemlich genau 1 min. Allerdings mit praktisch leeren Tanks, keiner Beladung und real verbotenem Kavaliersstart-Verhalten.

 

Zwar kein Kunstflug, aber trotzdem beeindruckend was theoretisch so möglich wäre.

 

Guenni

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Hallo!

 

Vielen, vielen Dank schon für die Antworten - da kam ja mehr, als ich mir erhofft habe! Schön, daß auch ich als nachweislich Unbedarfter in dem Thema (und Neuling in diesem Forum) so umfassend Antwort erhalten habe.

 

Ihr habt mir (und meinem Schwager - das ist der "Gegenpart" bei der Debatte) schon um einiges weitergeholfen. Die Videos sind übrigens hammerhart.

Geflogen bin ich nun seit frühester Kindheit schon oft genug - nur interessiert hats mich bisher offen gesagt relativ wenig. Nicht, daß ich nicht technikbegeistert wäre - ganz im Gegenteil; aber ich bin doch eher (im wahrsten Sinne des Wortes) bodenständig.

 

Ich konnte euch insoweit folgen - dafür langts gerade noch - nur hätte ich da noch ein paar Nachfragen:

 

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann wurde die Sache mit dem Looping so noch nicht getestet - wäre aber gemäß den Berechnungen (was ein Verkehrsflugzeug aushalten muß) durchaus drin. Von zwei, bzw. drei Autoren kam der Hinweis auf eine Art Sicherheitssperre in bezug auf 2,5 G, bzw. 1 G. Sicherheitssperren - zumindest ist das in meinem "Tätigkeitsfeld" so - können entweder überbrückt werden oder man schaltet sie bewusst für Zulassungen ab; eben um die Auswirkungen zu erfahren/die Grenzen auszuloten. Um das anschaulich zu machen (mindestens ein Autor ist in Sachen Eisenbahn ja nicht unbedarft): Eine bestimmte Lokomotive ist für 200 km/h zugelassen - aber sie darf (eine GANZ bestimmte) nach eingehenden Voruntersuchungen und Installation zusätzlicher Überwachungstechnik auch 280 km/h fahren - natürlich nur im Versuchsbetrieb und ohne Fahrgäste. Natürlich sind die Lokführer dafür explizit ausgebildet; das darf beiweitem nicht der normale Kollege "von der Stange".

EDIT: Wer als Außenstehender glaubt, daß wenn er in einen Intercity mit Vmax 200 km/h einsteigt (nicht ICE!), die Wagen lauftechnisch bis 500 km/h getestet wurden - inklusive der Scheiben, die sich bis zu 20 cm horizontal bewegen/verschieben können, ohne zu splittern?

EDIT Ende.

So in etwa stelle ich mir das auch bei Erprobungsflügen vor.

Mir ist klar, daß viele Sachen heute größtenteils am Reißbrett, bzw. am Rechner getestet werden - aber letzte Gewissheit hat man (meiner bescheidenen Meinung nach) nur und ausschließlich nach einem Praxistest.

 

Die Flugsimulatoren sind über den Punkt ein bißchen raus - so zumindest mein Eindruck. Diese Geräte können wirklich (soweit mein bescheidenes und wahrscheinlich wertloses TV-Wissen) enorm viel. Es erscheint logisch, daß man Piloten in Extremsituationen wohl kaum am "lebenden Objekt" schulen kann - wahrscheinlich selbst mit Gratisflugscheinen nicht; von den Kosten oder den Ausfallquoten mal ganz abgesehen.

Aber wenn ich voraussetze, daß so ein Flugsimulator (also ich meine jetzt nicht die Dinger zum daddeln am Heimrechner, sondern die Dinger, mit denen Piloten ausgebildet und geschult werden) überaus realitätsnah und bisweilen auch "baureihenbezogen" sind, so müsste man damit doch auch derartige Ausnahmesituationen testen können. Im schlimmsten Fall sagt das Gerät "Absturz" oder "Game over" - ohne das jemand zu Schaden kommt.

Schließlich animieren Simulatoren ja zum spielen - siehe den Beitrag mit dem "internen LH-Wettbewerb". Damit müsste/sollte/könnte doch sowas zu testen sein.

 

Besonders beeindruckend fand ich übrigens das Video im letzten Beitrag - ich war wirklich erstaunt, was mit dem Gerät zu machen ist! Schon alleine deswegen wage/hoffe ich zu glauben, daß es doch mit Sicherheit schon Pilotenschüler gab, der sowas wie einen Looping im Simulator mal ausprobieren wollte.

 

Übrigens: Bei der Sache mit dem Looping geht es zwischen meinem Schwager und mir (und dem restlichen Stammtisch) um die hier handelsübliche Währung - eine Kiste Bier! :-)) Uns (also besagten Stammtischlern) ist völlig klar, das ein solches Manöver im Prinzip völlig unnötig ist - wie sollte ein Verkehrsflugzeug auch in die Verlegenheit kommen, sowas zu machen? Aber über die Fliegerei ist soviel Unsinn fest im Volksglauben verhaftet - erst kürzlich wurde ich auf der Seite der LH darüber aufgeklärt, daß man als angehender Pilot sehr wohl eine Brille haben darf - oder Plomben; ich habe das "Gerücht" über Jahre für bare Münze genommen!

Das mit dem Bruchtest der Tragflächen habe ich im Gegensatz dazu lange für ein Märchen gehalten - bis ich das mal zu sehen bekam (TV-Doku).

 

Danke für eure Zeit und eure Antworten; ihr habt mir bis hierhin schon sehr viel geholfen!

 

Grüße aus München,

 

K.

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Wenn ich das richtig verstanden habe, dann wurde die Sache mit dem Looping so noch nicht getestet - wäre aber gemäß den Berechnungen (was ein Verkehrsflugzeug aushalten muß) durchaus drin.

Ja.

 

Von zwei, bzw. drei Autoren kam der Hinweis auf eine Art Sicherheitssperre in bezug auf 2,5 G, bzw. 1 G. Sicherheitssperren - zumindest ist das in meinem "Tätigkeitsfeld" so - können entweder überbrückt werden oder man schaltet sie bewusst für Zulassungen ab; eben um die Auswirkungen zu erfahren/die Grenzen auszuloten.

Stimmt prinzipiell.

 

Mir ist klar, daß viele Sachen heute größtenteils am Reißbrett, bzw. am Rechner getestet werden - aber letzte Gewissheit hat man (meiner bescheidenen Meinung nach) nur und ausschließlich nach einem Praxistest.

Strukturbelastungstests werden im „Labor“ gemacht. Die Erfüllung von Zulassungsvorschriften, insbesondere was das Flugverhalten, aber auch die Zuverlässigkeit von Systemen betrifft, müssen „demonstriert“ werden. Dazu ist eben ein genau definiertes, sehr umfangreiches Testflugprotokoll abzufliegen.

 

Aber wenn ich voraussetze, daß so ein Flugsimulator (also ich meine jetzt nicht die Dinger zum daddeln am Heimrechner, sondern die Dinger, mit denen Piloten ausgebildet und geschult werden) überaus realitätsnah und bisweilen auch "baureihenbezogen" sind, so müsste man damit doch auch derartige Ausnahmesituationen testen können.

Rollen, Rückenflug und Loopings mit B737 getestet – funktioniert. Also hol’ Dir endlich die Kiste Bier, lieben Gruß an Deinen Schwager!

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Vielleicht noch eine Anmerkung:

 

Die Firma Novespace fliegt seit einiger Zeit mit einem A300 die Parabelflüge, während denen für kurze Zeit Schwerelosigkeit herrscht. Vom Einstieg in das Manöver und von der Ausleitung her kommt das einem Looping schon recht Nahe, insofern denke ich, daß sich auch ein Looping sicherlich fliegen läßt.

 

Hier ein paar Infos: http://www.dlr.de/de/desktopdefault.aspx/t...1210_read-2566/

 

Gruß,

 

Nabla

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Von zwei, bzw. drei Autoren kam der Hinweis auf eine Art Sicherheitssperre in bezug auf 2,5 G, bzw. 1 G. Sicherheitssperren - zumindest ist das in meinem "Tätigkeitsfeld" so - können entweder überbrückt werden oder man schaltet sie bewusst für Zulassungen ab....

 

+2.5/-1g sind die Lastvielfache, die ein Passagierflugzeug nach den gesetzlichen Vorschriften aushalten muss, ohne das eine sichere Landung danach gefaehrdet ist.

 

Die "Sicherheitssperren" greifen wesentlich frueher.

 

...So in etwa stelle ich mir das auch bei Erprobungsflügen vor. Mir ist klar, daß viele Sachen heute größtenteils am Reißbrett, bzw. am Rechner getestet werden - aber letzte Gewissheit hat man (meiner bescheidenen Meinung nach) nur und ausschließlich nach einem Praxistest.

 

Auf solche Gewissheit kann man auch verzichten. Ein 2.5g-Test beim A380 haette auch schiefgehen koennen. Zudem wird noch ein Sicherheitsaufschlag von 1.5 bei der Dimensionierung der Bauteile hinzugezogen, so das ein Flugzeug durchaus nochetwas mehr Lasten aushalten koennte.

 

Aber über die Fliegerei ist soviel Unsinn fest im Volksglauben verhaftet ....

 

Au ja, damit dadurch habe ich mir auch schon den einen oder anderen Kasten Bier erwettet.

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Es gibt ja auch den berühmten unbeabsichtigten 747-Belastungstest (Stall aus 40.000 ft). Nach Flight Recorder Auswertungen gab es bei der vertikalen Beschleunigung zwei Peaks bei 4,8 G und 5,1 G - einer beim Abfangen der Maschine.

 

Kompliment an die Boeing-Ingenieure die die 747 vor 35-40 Jahren konstruiert haben.

 

Untersuchungsbericht China Airlines

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