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Tschernobyl


Sickbag

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Nachdem ich zum letzten (und damals ersten) Mal 2005 in der Ukraine gewesen war und dabei von Kiew nur den Flughafen gesehen hatte, entschloß ich mich letztes Jahr, wieder ein verlängertes Wochenende dort zu verbringen. Bei der Gelegenheit wollte ich auch einen Tagesausflug zum ehemaligen "Tschernobyler Kernkraftwerk benannt nach W. I. Lenin" machen, das etwa 150 Kilometer von Kiew entfernt liegt.

 

Da der Ausflug Abstecher dorthin nur dann zu realisieren ist, wenn man am Vortag an und am nächsten Tag abreist, war ohnehin ein Urlaubstag nötig. Da ich gleichzeitig schon immer einmal Carpatair ausprobieren wollte und diese STR nur werktags anfliegt, packte ich die Gelegenheit beim Schopfe und buchte sie. Da sie leider nicht mehr Kiew im Portfolio führen, konnte ich praktisch eine Münze werfen, ob ich nach Odessa oder Lemberg fliegen würde.

 

 

5. Februar 2010

Stuttgart (Echterdingen) nach Temeschburg (Traian Vura)

1115-1410 Carpatair V3 320

Carpatair Saab 2000 YR-SBA, c/n 2000-038

Erstflug 3.7.96, an Crossair 9.8.96, an Carpatair 23.12.2003

 

http://www.airliners.net/photo/Carpatair/S...2000/1339884/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Crossair/Saab-2000/0432080/M/

 

 

Mit der derzeit üblichen Bahnverspätung von 40 Minuten kam ich eine Stunde vor Abflug an und checkte direkt als siebenundzwanzigster von 30 Passagieren ein. Per Bus ging es zu unserer Saab, die in der Klasse mein absolutes Lieblingsflugzeug ist: Geräumig (Sitzabstand und Stehhöhe), leise und die 1-2-Konfiguration - herrlich. Mit nur sieben Flügen (auf sechs Flugzeugen, womit ich 10% der Gesamtproduktion abdecke) bei Swiss, Moldavian, Darwin, OLT und jetzt Carpatair ist sie leider noch viel zu wenig in meinem Log vertreten. Ich will mehr!

 

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Pünktlich hoben wir in den grauen Stuttgarter Himmel ab,

 

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bevor auch schon der Service begann. Normalerweise bin ich ja niemand, der Bilder vom Essen in Reiseberichten bringt, aber hier mache ich mal eine Ausnahme, um den exzellenten Service zu würdigen. Auf diesem vergleichsweise kurzen Flug gab es ein volles warmes Essen, was sowohl von Quantität als auch Qualität wirklich hervorragend war, dazu zwei Getränkerunden (ordentlicher Rot- und nicht so toller Weißwein). Hut ab, so soll es sein, ich fühlte mich zehn Jahre zurückversetzt in die gute alte Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat und das Fliegen noch zivilisiert war:

 

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Mit einem Glas Rotwein in der Hand und der (selbst mitgebrachten, an der Stelle könnte V3 also servicetechnisch noch an sich arbeiten) FAZ verging der Rest des Fluges wie in selbigem, zu gucken gab es wetterbedingt nichts, so daß mein Bericht gleich nach TSR weiterspringt.

 

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Der Flughafen kann mit dem Qualitätsanspruch seines Hauptkunden nicht mithalten, ist klein, eng, veraltet und bietet, bis auf das hier ausdrücklich lobend erwähnte freie WLAN, keine Facilities.

 

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Allerdings ist er dahingehend funktionell, daß er V3 eine effiziente Hub-Operation ermöglicht und man seine Nachteile gar nicht wirklich wahrnimmt, weil man dort sowieso nur ganz kurz zwischen zwei Flügen ist.

 

Saab-2000-Heaven (16% aller Saab 2000, 77% der Carpatair/Moldavian-Flotte):

 

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5. Februar 2010

Temeschburg (Traian Vura) nach Odessa (International)

1555-1725 Carpatair V3 823

Carpatair Saab 2000 YR-SBC, c/n 2000-039

Erstflug 17.9.96, an Crossair 20.10.96, an Carpatair 04/2004

 

http://www.airliners.net/photo/Carpatair/S...2000/0922520/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Crossair/Saab-2000/0090535/M/

 

Wir wurden dann, natürlich wieder pünktlich, und natürlich wieder per Bus, zur YR-SBC chauffiert, die nicht nur in der Produktion (und in meinem Log ;-) ) sondern auch jetzt auf dem Vorfeld der Nachbar der YR-SBA war:

 

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Wir waren mit die ersten der abfliegenden Welle und mußten nur noch die Starts der Moldavian nach Kischinau und der neu erworbenen Company F70

 

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abwarten, bevor auch wir loslegten.

 

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Auf diesem mit 18 Passagieren gerade für einen Freitagnachmittag sehr schlecht ausgelasteten Flug war es vom Essen her "nothing to write home about" (Brötchen und Saft, wobei ein warmes Essen auch nicht tageszeitangemessen gewesen wäre), dafür gab es zur Entschädigung ein paar nette Aussichten auf das der Airline namensgebende Gebirge

 

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sowie den Dnjester

 

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bevor es sich zuzog und erst unmittelbar vor der Landung die Schwarzmeerküste sichtbar wurde - Schwarzes Meer, weißes Land ;-)

 

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Cubana im Schnee passt irgendwie nicht:

 

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Nach sehr smoother Einreise ging ich einmal kurz in die Kälte (15 Grad unter null), was mir dieses

 

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Foto und eine Viertelstunde lang eingefrorene Finger brachte ;-) , bevor ich die Wartezeit mehr oder weniger nichtstuend im Terminal

 

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verbrachte, und darüber sinnierte, wie sehr die sowjetischen/russischen/ukrainischen Flugzeugmuster doch zurückgedrängt wurden:

 

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Noch vor fünf Jahren hatte ich auf der selben Strecke wie heute, ODS-KBP, eine TU134, heute zwar auch wieder einen kleinen T-Leitwerks-Hecktriebler, aber irgendwie doch anders...

 

5. Februar 2010

Odessa (International) nach Kiew (Boryspil)

1915-2025 AeroSvit Aviakompanija VV 4363

Dniproavia Nazionalna Aviakompania Embraer EMB-145EU UR-DNG, c/n 145394

An Brymon Airways 8.3.01, an Flybe 25.3.07, an Dniproavia 29.4.08

 

http://www.airliners.net/photo/Dniproavia/...5EU)/1472302/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Flybe---Bri...5EP)/1260451/M/

 

http://www.airliners.net/photo/British-Air...5EP)/1237241/M/

 

Der Check-In öffnete eine Stunde vor Abflug und war direkt im Gatebereich. Die 31 Passagiere bekamen handgeschriebene Bordkarten, man startete einen halbherzigen und zum Scheitern verurteilten Versuch, meinen Acht-Kilo-Rucksack einzukassieren, und schon ging es los. Mit einem normalen Bus, nicht wie vor fünf Jahren in einem für Fahrgäste umgebauten Lkw-Auflieger.

 

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Auch von diesem Flug gibt es nichts zu berichten, es war ohnehin dunkel, zu Essen gab es nichts, und die Kombination aus Erschöpfung und einem weiteren Glas (eher nicht trinkbaren) Rotweines trug nicht gerade dazu bei, meine Aufnahmefähigkeit zu steigern. Dieser Flug, der geneigte Leser erinnert sich, war ohnehin nur aus der Not geboren, da Carpatair Kiew nicht mehr bedient. Gut, gegen Dnipro als weitere neue Airline hatte ich nichts einzuwenden, an der Stelle hätte ich das aber lieber für einen direkteren Flug eingetauscht.

 

In Kiew nahm ich den Bus zum Bahnhof und lief von dort aus zum Hotel, wo ich gegen 2200 ziemlich erschossen ankam.

 

 

Am nächsten Tag ging es recht früh nach Tschernobyl.

 

Direkt hinter Kiew waren die Straßen noch breit und geräumt

 

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bevor die Besiedlung spärlicher

 

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der Verkehr weniger

 

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und der Straßenzustand schlechter wurde

 

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und wir 120 Kilometer von Kiew entfernt die Grenze der Sperrzone erreichten:

 

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Nachdem dort unsere Papiere geprüft worden waren, fuhren wir die letzten 30 Kilometer bis nach Tschernobyl.

 

Ortsschild de luxe - "Auf zum Atom!" - "AufzumAtem." (2F17):

 

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Denkmal für die Rettungskräfte bzw. ihre Gerätschaften:

 

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Verlassene Häuser:

 

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Zurückgelassene Schiffe auf dem Pripjat, mit denen Material für die Rettungs-, Aufräum- und Sarkophagbauarbeiten herangeschafft wurde:

 

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Denkmal für die Werksfeuerwehrleute, die unmittelbar nach der Katastrophe wahrscheinlich in vollem Bewußtsein ihres Schicksals den Erstschlag durchführten und sämtlich binnen weniger Tage den Strahlentod starben:

 

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Reste des Dorfes Kolatsch, wo man (erfolglos) damit experimentierte, kontaminierte Gebäude zuzuschütten (im Bild der Hügel über einem Haus):

 

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Die Kraftwerksblöcke 5 und 6, deren Bau 1988 (!) eingestellt wurde:

 

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Blöcke 1 bis 4, die teilweise bis 2000 in Betrieb waren:

 

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Der Unglücksreaktor 4, an dessen Sarkophag offenbar gerade (wie eigentlich immer) Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden (vgl. die gelbe Einrüstung):

 

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Anschließend ging es weiter nach Pripjat. Diese Stadt mit damals knapp 50.000 Einwohnern liegt nur drei Kilometer von dem Kraftwerk entfernt und damit sehr viel näher als das namensgebende aber 20 Kilometer entfernte Dorf Tschernobyl. Pripjat war die Schlafstadt der Kraftwerksarbeiter, war als sowjetische Vorzeigestadt konzipiert und wurde nach dem Unglück geräumt.

 

Arbeiterschließfächer:

 

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Der Zahn der Zeit:

 

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20.4.86:

 

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Schule:

 

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Musikunterrichtsraum:

 

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Bibliothek:

 

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Turnhalle:

 

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Genosse Gagarin sagt: Ruhm und Ehre der Sowjetunion:

 

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Rummelplatz, geplante Eröffnung: 1.5.86:

 

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Schiffschaukel:

 

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Autoscooter:

 

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Mit diesen Eindrücken ging es wieder gen Kiew; vor dem Verlassen der Sperrzone wurde noch die Strahlenbelastung überprüft:

 

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Ach ja, Schönes gibt es in Kiew auch:

 

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Am Sonntag trat ich auch schon wieder den Rückweg an. Über Minsk, da der Flughafentransit die einfachste Variante ist, Weißrußland, das sonst eher zurückhaltend bei der Visavergabe ist und ziemlich viel Red Tape aufgebaut hat, "abzuhaken".

 

 

7. Februar 2010

Kiew (Boryspil) nach Minsk (2)

1130-1235 Nazjanalnaja Awiakampanija "Belavia" B2 846

Belavia Boeing 737-3Q8 EW-282PA, c/n 26321/2764

Erstflug 15.11.95, an Continental Airlines 18.12.95, an KLM UK 10.2.03, an Buzz Stansted 28.3.03, an Air China 22.11.04, an Belavia 23.6.09

 

http://www.airliners.net/photo/Belavia/Boe...-3Q8/1608081/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Air-China/B...-3Q8/0877302/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Ryanair/Boe...-3Q8/0983650/M/

 

http://www.flugzeugbilder.de/show.php?id=142067

 

http://www.baaa-acro.com/Photos-15/N17386.jpg

 

Inlandsterminal:

 

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Internationales Terminal:

 

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Da der Flieger anderthalb Stunden Verspätung hatte, der Check-In erst eine Stunde vor dem tatsächlichen Abflug öffnete und man erst dann in den Check-In-Bereich gelassen wurde, hieß es im sehr ungemütlichen landside Wartebereich zu verharren:

 

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An den Schaltern wird auch das Wetter der Destination angezeigt - tolle Sache, aber bei so geradezu provokant gutem Wetter in Schardscha doch durchaus mit Frustrationspotential ;-)

 

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Die Eincheckerin kontrollierte noch mein Transitvisum, das zwar nicht nötig ist aber leider als erforderlich in Timatic steht, und checkte mich nur für das erste Leg ein, bevor ich, endlich, endlich, in die etwas zivilisiertere Welt airside vordringen konnte.

 

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Wenigstens kam als Entschädigung für die Verspätung keine Schuhschachtel (aka CRJ), sondern ein richtiges Flugzeug:

 

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Eine TU5 wäre mir natürlich lieber gewesen, aber heutzutage ist ja eine 737 zweiter Generation schon fast ein Youngtimer. Mit 21 Passagieren war es auch durchaus geräumig und der unterirdische Service (nichts zu essen, kein Alkohol, kein Saft, dafür ein Kasernenhofton, wie ich ihn eigentlich seit mindestens zehn Jahren bei keiner GUS-Airline mehr erlebt habe) zu ertragen.

 

Nebenan ein alter Bekannter:

 

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Nur 45 Minuten nach dem Raketenstart

 

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landeten wir auch schon in Minsk.

 

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MSQ ist ziemlich interessant, zum einen, weil der Flughafen in zweierlei Hinsicht völlig überdimensioniert ist: Er hat eine Kapazität von fünf Millionen Passagieren, wirkt aber vom Eindruck her riesig (scheint somit nicht sehr effizient gebaut). Tatsächlich nutzt ihn aber nur eine Million Passagiere pro Jahr, so daß er in Teilen geradezu geisterhaft ausgestorben wirkt.

 

Zum anderen macht MSQ der sektorenartige Aufbau bemerkenswert: Das Terminal ist ein Halbkreis, und jeweils ein "Tortenstück" ist ein Sektor, quasi ein Mini-Flughafen für sich mit eigener Abflugstafel, eigenem Check-In-Bereich, eigenen Läden und zwei Gates mit einer Ein- und Ausreise- und einer Sicherheitskontrolle.

 

Leider hatte sich angesichts der Verspätung, die meinen Aufenthalt von vier auf gut zwei Stunden schrumpfen ließ, jegliche Hoffnung, ein bißchen "Speed-Sightseeing" in Minsk zu machen, zerschlagen, so daß die geneigten Leser mit einigen Impressionen vom Flughafen vorliebnehmen müssen.

 

Außenansichten:

 

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Innenansichten:

 

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IL76-Heaven:

 

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Red Wings TU204:

 

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Regierungs-TU154:

 

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I like - high five ;-)

 

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The Big ’un:

 

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7. Februar 2010

Minsk (2) nach Berlin (Schönefeld)

1630-1720 Nazjanalnaja Awiakampanija "Belavia" B2 891

Belavia Canadair CL-600-2B19 Regional Jet CRJ-200ER EW-277PJ, c/n 7852

 

An Atlantic Coast Airlines 9.10.03, an Independence Air 4.8.04, an SkyWest Airlines 3.12.04, an Belavia 1.4.09

 

http://www.airliners.net/photo/Belavia/Can...onal/1618164/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Midwest-Con...onal/1252871/M/

 

http://www.airliners.net/photo/SkyWest-Air...onal/0953929/M/

 

http://www.airliners.net/photo/Independenc...onal/0665480/M/

 

http://jetphotos.net/viewphoto.php?id=293034

 

Hier gibt es zum Check-In nicht viel zu sagen, außer, daß ich, obwohl ich als siebter eincheckte und ausdrücklich um einen Platz so weit vorne wie möglich bat, nicht nur in Gestalt von Reihe 7 (1 + 2 Biz, 3 bis 5 komplett frei, ab 6 komplett voll) irgendeine nicht vordere Reihe bekam, sondern genau die vor dem Exit, also ohne Recline. Was soll das?

 

Nunja, hier ließ sich der Drecks-CRJ nicht mehr vermeiden:

 

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Seit 2005 hatte ich mich nicht mehr in einen 100 oder 200 zwängen müssen, aber anderthalb Stunden würde ich auch das aushalten. Vor ein paar Jahren wäre das auch noch die Jak 40 gewesen (die zu erwischen ich 2003 das Glück hatte, bei dem Airevents-Rundflug mit - Belavia! - ex SXF).

 

Nach Boarding completed verteilten sich sechs (deutsche) Passagiere (einschließlich yours truly) in die sechs komplett frei gebliebenen Zweierblöcke in Reihe 3, 4 und 5, wodurch also diesen sechs und ihren sechs Sitznachbarn ein erheblicher Komfortzuwachs beschert werden sollte. Allerdings wurden wir in unverschämter anmaßender Weise von der noch ganz dem sowjetischen Serviceideal und Menschenbild anhängenden Schubse wieder zurück ins Glied geprügelt. "YOU MUST SIT SEAT BOARDING CARD!" Wieder: Was soll das?

 

Und so verbrachte ich den Flug ziemlich elend eingezwängt neben einem fetten weißrussischen Bauern und auf meinem Rucksack sitzend, nur weil irgendeine Ludmilla nicht damit klarkommt, daß sie nicht mehr beim KGB Gefangene foltern darf. Der Service war dabei ebenso basic wie auf dem ersten Leg :-(

 

Blick zurück auf MSQ:

 

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Minsk, das ich so "doch noch" zu sehen bekam:

 

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Minsk-1, von wo eine kleine Stadtrundfahrt auch in der kurzen Zeit möglich gewesen wäre:

 

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Wenigstens landeten wir so überpünktlich auf der Großbaustelle SXF

 

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daß ich noch die S-Bahn um 1713 und dadurch einen ICE früher bekam, was mir sehr dabei half, meine Verletzungen an Knie und Ego zu vergessen ;-)

 

 

Fazit:

 

Carpatair ist eine der besten Airlines, mit denen ich bisher geflogen bin, von ihr könnten sich die Großen eine dicke Scheibe abschneiden.

 

Belavia war erwartet schlecht, allerdings ein prima Vehikel, um wenigstens einen kleinen Blick auf Europas isoliertestes Land werfen zu können. Denen täte etwas Konkurrenz mal sehr gut, ich fürchte aber, daß die wenigen westeuropäischen Airlines, die MSQ anfliegen, noch schlimmere Apothekenpreise als B2 nehmen.

 

Tschernobyl war äußerst beeindruckend - natürlich im negativen Sinne. Nachdem ich noch vor einem halben Jahr auf dem ehemaligen Grund des Aralsees gestanden habe, war dies nun der zweite Schauplatz einer menschengemachten Katastrophe, den ich binnen kurzem besuchen konnte. Der Gedanke daran, welch große Auswirkungen menschliches Handeln haben kann, ist ernüchternd und einschüchternd.

 

Gerade in Pripjat kam ich mir vor wie in Pompeji, nur daß diese Zeitreise nicht ins Alte Rom sondern in die Sowjetunion ging.

 

Alles in allem war es ein äußerst faszinierender Wochenendausflug, den ich uneingeschränkt zur Nachahmung empfehlen kann.

 

Danke für Eure Aufmerksamkeit, Fragen, Anmerkungen und Kritik werden wie immer gerne entgegengenommen.

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Danke fuer die Blumen, sehr freundlich.

 

 

>>>Hatte das ICE Zugbegleitpersonal wenigstens auch den Charme der B2 Kabinencrew ?

 

Och, im Moment geht es eigentlich. Das Personal leidet gerade an den unertraeglichen Zustaenden genauso wie die Fahrgaeste.

 

 

>>>frage auch ich mich wie man in die Sperrzone kommt, dachte auch das wäre abgeriegelt für unbefugte?

 

Wie zorg schon schreibt sind das Touren, die man bei lokalen Reisebueros ohne weiteres buchen kann - und damit ist man dann nicht mehr Unbefugter und darf rein.

 

 

>>>Viel Spaß beim Beantragen des Transitvisums gehabt?

 

Das hat Dir der Teufel gesagt ;-)

 

Ja, es war etwas zaeh: Das Konsulat stellte sich im ersten Anlauf auf den Standpunkt, dass, da visumsfreies Umsteigen moeglich sei (womit SIE recht hatten, was aber eben nicht von Timatic reflektiert wird), auch kein Transitvisum ausgegeben werde. Eine nicht zwingend notwendige Einreise sei aber touristisch, wofuer dann ein Touristenvisum mit der entsprechenden Reisebuchung eines lokalen Reisebueros notwendig sei. Ueberzeugen liessen sie sich nur durch die Argumentation, dass man mich wegen des Timatic-Eintrages gar nicht erst boarden lassen wuerde (womit ICH recht hatte).

 

 

>>>mich verwundert auch, dass man da so ohne weiteres rankommt (ich meine in die Naehe des Atomkraftwerkes)

 

>>>Respekt, aber ich würde niemals in diese Strahlenzone fahren. Da hätte ich dann doch zuviel Schiss...

 

Das ist alles recht unproblematisch, wenn man nicht so lange bleibt. Mal ein paar Zahlen, damit ich nicht zukuenftig als der Forumshasardeur dastehe ;-) :

 

Normale Strahlung: 0,02 Milliroentgen (mR)/h bzw. 150 bis 250 mR/a

(Ukrainischer) Grenzwert fuer Unbedenklichkeit: 0,05 mR/h

"Grundwert" in der Sperrzone: 0,03 bis 0,04 mR/h

Wert an besonders belasteten Orten (v.a. Pripjat, wo wir etwa anderthalb Stunden waren): 0,07 mR/h

Wert direkt (= 100 m entfernt) am Sarkophag, wo wir etwa fuenf Minuten waren): 0,15 mR/h

Wert im Sarkophag: 5 bis 10 mR/h

Wert direkt am Reaktor: 100 R/h

Toedliche Dosis: 500 R

 

Zum Vergleich:

 

Wert waehrend eines Fluges, abhaengig von Flughoehe, -route und Sonnenaktivitaet: 0,2 bis 1 mR/h

Einmaldosis bei einer Roentgenaufnahme z.B. des Beckens: 150 mR

 

Man mag sich ausrechnen, wie minimal meine Gesamtjahresstrahlendosis durch den Ausflug erhoeht wurde.

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Ein Super BEricht genau so einen Trip plane ich auch schon seid längerem doch scheitert es bis jetzt immer an den Begleitern. Also wenn einer Lust auf so einen Kiev-Tschernobyl und Ukrainen Ausflug hat dann einfach mal melden super Bericht!

 

Was hat der Ausflug zum AKW gekostet und wo in Kiev hattets du diesen gebucht?

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Cool.

Tschernobyl und Pripyat sind ja ein richtiges begehbares Freilichtmuseum, in der die Zeit stehengeblieben ist.

Sehr beeindruckend das Ganze, wenn auch mit traurigem Hintergrund.

Wie 'frei' konnte man sich denn dort bewegen?

 

Flugzeugtechnisch war das Ganze ja leider keine Offenbarung aber man kann eben nicht alles haben.

 

Danke fürs Schreiben!

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>>>...Allerdings wurden wir in unverschämter anmaßender Weise von der noch ganz dem sowjetischen Serviceideal und Menschenbild anhängenden Schubse wieder zurück ins Glied geprügelt. "YOU MUST SIT SEAT BOARDING CARD!" Wieder: Was soll das?

 

Der CRJ100/200 ist bekanntlich sehr trimmkritisch nach vorne. Daher ist es weight&balance-technisch gerade in diesem Flugzeug recht wichtig, daß die Paxe auch so sitzen, wie eingecheckt, und damit wie im Loadsheet gerechnet.

 

Das Verhalten der Kabinencrew ist damit im Gegenteil eher vorbildlich aufmerksam....

 

Aber natürlich ist auch das immer eine Frage der Formulierung und des Auftretens.

 

Ein überaus interessanter Bericht aus einer unbekannten Gegend. Gut fotografiert und interessant beschrieben....

 

Vielen Dank dafür,

 

Andreas

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