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Mensch oder Maschine, wer hat das Sagen?


Gast

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

@747

 

Mit "unwichtige Dinge" meine ich z. B. die Überwachung bestimmter Systeme. Wozu brauche ich heute noch zig Instrumente, wenn dies alles scön im Hintergrund vom Computer überwacht wird. Oder elektrische Schaltlogiken zum Beispiel: fällt ein Generator aus, schaltet sich automatisch ein anderer auf den Bus. Früher war hier ein drittes Crewmitglied notwendig. Er hat auf dem Instrument gesehen, daß der Generator aufgibt und hat manuell den Transfer geschaltet. All diese "Kleinigkeiten" geschehen heute von ganz alleine. Was jetzt nicht heißen soll, daß die Crew davon nichts mitkriegt! Sie bekommen es angezeigt, arbeiten gegebenenfall eine Checkliste ab und gut. Sollte genanntes Beispiel einmal nich funktionieren, kann die Crew ja immer noch eingreifen.

Viele Dinge spielen sich doch bewußt im Hintergrund ab, weil die Designphilosophie des Herstellers es so vorsieht. Die Crew bekommt davon nichts mit, weil es kein ernster Fehler ist. Diese Grenze setzt der Flugzeughersteller und er kann sie auch nur so setzen, wie es die gültigen Bauvorschriften zulassen.

All die Neuerungen der letzten Jahrzehnte kommen doch auch nicht von ungefähr. Niemand hat sich hingesetzt mit dem Ziel, den Piloten das Leben schwer zu machen, oder ihn gar zu entmündigen. Das Ziel war und wird sein, die Piloten zu entlasten. Das dieses Ziel mal mehr und mal weniger erreicht wurde ist unbestritten! Die Entwicklung zielt doch daraufhin, den Arbeitsplatz Cockpit einfacher und effizienter zu gestalten, nicht zuletzt auf Wunsch vieler Piloten...

Geschrieben

„Hier gibt es ja viel zu lesen, was ich auch sehr interessant finde, zum anderen aber auch verwunderlich wie hier Piloten/Experten über das Thema diskutieren und das teilweise sehr konträr.“

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Wenn alle die gleichen Ansichten hätten, wäre es schlecht für das Geschäft und für die Safety. Es ist klar, dass Denti, B747_121, andere und ich zum Teil andere Standpunkte vertreten. Das ist auch eine Frage des Backgrounds, den man sich erworben hat.

 

“Für mich als Fluggast stellt sich die Situation aber ein wenig anders dar. Ich bin ja jetzt kein normaler Fluggast, da ich auch vorbelastet bin. Aber jener Passagier der in ein Flugzeug steigt, weiß teilweise doch gar nicht wo drin er sitzt. Für Ihn ist es wichtig sicher von a nach b zu kommen.“

 

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Für Dich als Pax mag das passen. Ich wäre schon froh, wenn die Paxe sicher von A nach B kommen möchten. Das stellt sich aber im täglichen betrieb es anders dar: Paxe wollen möglichst viel Handgepäck an Bord haben (wo ich mich fragen muß, für was man den ganzen Ursuppe während eines Fluges braucht). Dann gibt’s die Unsitte, dass gerne beim Rollen zur Startbahn oder zur Parkposition gerne das Handy benutzt wird (letzten Sonntag wieder erleben dürfen), obwohl dies 1. gefährlich ist, 2. untersagt ist und 3. strafrechtlich verfolgt werden kann. Weiter ist es so, dass sich die meisten um Sicherheitsanweisungen gar nicht kümmern…….

 

“Ich habe deshalb mal hier an die Fachleute folgende Fragen/Anmerkungen dazu:

 

Im Prinzip reden wir hier von Technikfehlern, leider ist der Mensch auch ein sehr hoher Fehlerfaktor, was jetzt nicht heißen soll, dass ich die Arbeit der Piloten etc. nicht schätze, also bitte nicht falsch verstehen.“

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Das ist so falsch. Potentiell ist der Mensch kein hoher Fehlerfaktor – es wird immer nur so dargestellt, weil das die einfachste Lösung ist.

 

1) 6 Augen sehen mehr als vier! Stimmt mit Sicherheit. Sind dann Flugzeuge mit 4 oder 5 Augenpaaren noch sicherer. Ich glaube wohl nicht. Oder?

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Ist absolut egal. Kann man sehen wie man will. Da hat jede Seite recht.

 

2) B747-100, Du sagtest, dass bei einem Fastzusammenstoß es gar nicht schlecht ist, wenn man den 3. Mann hat, weil der mitschaut, aber kann man einen Zusammenstoß wirklich vermeiden, visuell vermeiden? Ich denke ein TCAS ist zuverlässiger als 6 Augen, oder?

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Bei den hohen Annäherungsgeschwindigkeiten ist das fast unmöglich, nur mit der visuellen Luftraumbeobachtung das zu können (Sichtwinkel etc. pp.) TCAS ist besser als nix, dennoch technisch heute schon am Rande der Leistungsfähigkeit (hängt mit den Freq etc zusammen). TCAS bietet einen bestimmten Schutz, nur wenn mal TCAS eine RA erzeugt ist im System „Flugsicherheit“ schon eine Menge schief gelaufen. Und dort muss und wird angesetzt.

 

3)Kann ein Flugingenieur bei einer kritischen Situation entlasten? Ich denke schon, oder? Wie sieht es mit der Lehrer-Schüler Rolle, die schon öfter, trotz entspr. Verfahren, eingetreten ist aus. Nütz da ein 3. Mann? Wohl schon, aber es hat auchschon Fälle gegeben wo der dritte Mann auch nichts gebracht hat.

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Interessanter Gedanke/Frage. Das ganze hat ein Für und Wider. Wichtig ist, dass das CRM und CCC im Cockpit funktionieren. Und da gibt’s noch eine Menge zu tun.

 

4) Sind Piloten zu Knöpfchendrückern degradiert? Ich denke so war die Philosophie bei Airbus anfänglich, hat sich aber geändert.

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Wenn Piloten nur Knöpfendrücker wären, könnten auch Affen Flugzeuge fliegen. Da aber vorne keine Affen sitzen, hat sich die Frage damit selbst beantwortet.

Airbus hatte nie die Absicht, Piloten zu Knöpfendrücker zu degradieren. Die wollten mit ihrem Konzept wasd ganz anderes erreichen: mehr Wirtschaftlichkeit, größere Zuverlässigkeit – inwieweit diese Ziele im Einzelfall gut oder weniger gut umgesetzt wurden, darüber lässt es sich streiten.

 

5)Herr Rudolf Braunburg, hat viele Luftfahrtpublikationen geschrieben, er ist leider nicht mehr unter uns. Zuletzt war er Flugkapitän bei LH auf DC-10.

Piloten dieser "Teerjung"-Generation sind oft sehr skeptisch den Atari-Fliegern eingestellt. Hat das seine Berechtigung oder wollen Sie den Gang der Zeit nicht erkennen.

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Diese alten Hasen haben zum Teil 3 Generationen von Flugzeugen mitgemacht. Klar ist die Umstellung nie einfach.

Es ist aber auch war, dass viele alte Hasen meinen, dass sie was besonderes sind. Nach dem Motto: wir sind die Cowboys der Lüfte. Nur Cowboys und Rambos haben in einem Flugzeug nichts (mehr) verloren. Klar, dass solche Piloten die Sache „kritisch“ sehen.

 

“So und abschließend mal ein Wort zu vielen Jung-Piloten: Viele Jungpiloten wirken auf mich sehr arrogant, weil sie meinen die Helden der Luft zu sein. Nur auf das System Technik und Computer zu vertrauen ist auch nicht der richtige Weg. Wer Pilot ist, hat sich eine hochkomplexe und aus hohen Anforderungen bestehende Ausbildung hinter sich, trägt Verantwortung und muss belastbar sein. Aber warum heben einige immer so ab? Ich verallgemeinere das nicht, es gibt auch wirklich nette Piloten, die auf dem Teppich geblieben sind, aber einige heben einfach zu viel ab und das nicht nur mit dem Flugzeug. Im übrigen, bevor es jetzt heißt, ich wäre neidisch, dem sei gesagt, dass mein Traumberuf nicht der Pilot ist oder war.“

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Kann schon sein. Aber Piloten sind nur Menschen. Und Menschen sind charakterlich unterschiedlich. Es gibt eben solche und solche.

 

“Fazit: Vielen Dank an B747-100, für mich als Passgier zeigt sich bei diesem Thread, dass Piloten auch nur Menschen sind, ein Busfahrer eben genausoviel Verantwortung hat. Ich finde es schade, dass einige Piloten nicht sachlich diskutieren können und gleich Leute mit Nichtwissenheit abstufen.“

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Verantwortung trägt fast jeder Mensch. Diese Diskussion wer hat nun mehr oder weniger Verantwortung kann man sich sparen. Es hängt ja jeder an seinem Leben……………..

 

“Ich denke, es kommt auf die richtige Mischung an zwischen Computer und Mensch. Dieser Thread hat mir ein bißchen Angst als Fluggast bereitet und trägt leider alles andere dazu bei als Vertrauen zu haben. Gut das Ihr diskuiert! Für mich ein guter Grund mir mal meine Gedanken zu machen. Ich weiß jetzt nicht mehr, wo ich einsteigen soll oder nicht!“

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Nicht durch diesen Thread wird man verunsichert, sondern durch die vielen „Fachpublikationen“ a la „Runter kommen sie immer“ oder durch die Binsenweißheiten der Bildzeitung und anderer Medien.

Der Standpunkt von B747_121, anderer und mir liegt nicht sehr weit auseinander. Wir haben alle das Ziel, Safety zu produzieren. Und nur durch Diskussionen lässt sich ein gemeinsamer Weg finden, der zielführend ist.

 

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: GPWS am 2002-10-15 12:59 ]

Geschrieben

@GPWS

 

Dein letzter Satz gefällt mir ausgezeichnet, denn genauso ist es. icon_smile.gif

 

Zu Rudolf Braunburg:

 

Ich habe viele (leider bei Weitem noch nicht alle) seiner ca. 70 Bücher und viele seiner Artikel gelesen, und habe daraus den Eindruck gewonnen, dass er keineswegs ein "überheblicher König der Lüfte, der allen Änderungen ablehndend gegenüberstand" war.

 

Im Gegenteil, er selbst hatte unter diesem "Terror" der "Könige der Lüfte" während seiner Navigator- und Copilotenzeit zu leiden und wurde - vermutlich deswegen - ganz anders.

 

Sowohl der Kontakt mit Leuten, die ihn näher kannten, als auch mein pesönliches Treffen vor inigen Jahren mit ihm, können diesen Eindruck nur bestätigen.

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