Michi Geschrieben 1. Januar 2003 Melden Geschrieben 1. Januar 2003 Hi, ein Kumpel von mir ist zwar kein Luftfahrtbegeisteter, aber er ist in der Elektronik "zu Hause" und hätte folgende Frage. Er wollte sich deswegen nicht extra hier registrieren. Also hier der Text von ihm: "Hallo, ähm... *räusper*... also, ich bin kein Flieger, sondern eher ein Mulit-crazy unter anderem au Elektrotechniker, und da beschäftigt mich halt doch eine Sache: Es wird immer mehr und immer neuere Technik eingesetzt, natürlich auch in Flugzeugen. Besonders in der Elektrotechnischen Sicht kommt immer mehr rein. Der große Nachteil ist die Komplexität. Wärend man vor 50, 60 Jahren gewisse fehler mit nem Stück Draht beheben konnte, bräucht man heute für die sleben schon ein komplettes Labor mit Spezialgeräten und Spezialisten, ohne zu übertreiben. WEnn unsereiner aus der Elektrotechnik irgendwas entwickelt, au für die Luftfahrt, so ist das inzwischen saukompliziert, und oft leider auch störanfällig. Allein die Geschichte mit dene Mobiltelefonen, lass mal nen Pasagier des Ding an lassen, und schon muß der Pilot um sein Flugzeug bangen, oder wie? Andererseits wird schon nach der entwicklung viel getan, alles wird auf extreme Einflüsse, sogar in der Klimakammer bei -40°C getestet. Wenn da was nicht stimmt, klettert der Ing. nei, und schaut nach (Dabei ja net Finger an Wand lehnen, sonst bleibt die Haut dran aften *g*) Dennoch, trotz riesigem Aufwand an Sicherheitstests und Ergänzungen, geschehen immer wieder irgendwelche Unglücksfälle, und wieder einmal geht das große Gezanke los, zwischen den "Schuld-gegenseitig-in-schuhe-schieber" Pilotenfehler, oder hat mal wieder die sche... Elektronik... Was meint ihr, was können wir Techniker, Ingeneure, Konstrukteure und Teilemontierer machen, um sowas möglcihst auszuschließen? Schließlich seit ihr es, die im Endeffekt das Ding fliegen. Sollte man weniger Schnick-Schnack reindonnern, vor 50 Jahren sind die Dinger ja auch geflogen. Sollte man noch mehr reinstopfen? Klar ist, es wird viel getan, und keiner Wünscht sich en Unfall. Doch ebenso ist uns Technikern klar, je mehr drin ist, umso größer ist die chance das was passiert. Was meint ihr, was ist vielleicht völlig überflüssig. Was fehlt. Was wünscht ihr euch an der Elektronik? Wären jetzt mal so meine Gedanken gewesen, würd mich mal interresieren, was ihr dazu meint. Liebe Grüße Smartie" Das ist die Frage... Vielen Dank schonmal für Antworten! Viele Grüße und EIN GUTES NEUES JAHR!!!!! Michi
Flaps_full_alt Geschrieben 1. Januar 2003 Melden Geschrieben 1. Januar 2003 Hmmm, was mir spontan einfällt, als ich "Handys" gelesen hab war, warum kann die Abschirmung nicht besser sein? Der CRJ ist verdammt anfällig, wenn im Cargocompartment ein Handy im Koffer zufällig auf "On" steht! Gibt häufig ne Cargo-Smoke Warnung, bei der der T/O abgebrochen wird und die Bottles abgeschossen werden, und eigentlich immer ist´s ein Handy! Es muß doch möglich sein, Smokedetectors gegen hohe Frequenzen anzuschirmen, oder? Ach, lebende Tiere sind im so einem Fall tot! Und der Besitzder des Handy´s wird sich freuen, wenn das ganze Gepäck verdreckt ist und wegen ihm ein Start abgerochen wird. Nur so mal als Anmerkung an alle Handybesitzer!
Gast Geschrieben 2. Januar 2003 Melden Geschrieben 2. Januar 2003 Sollte man weniger Schnick-Schnack reindonnern, vor 50 Jahren sind die Dinger ja auch geflogen. Sollte man noch mehr reinstopfen? Hätte man die heutige Technologie schon damals gehabt, wäre sie auch vor 50 Jahren schon angewendet worden. Klar ist, es wird viel getan, und keiner Wünscht sich en Unfall. Doch ebenso ist uns Technikern klar, je mehr drin ist, umso größer ist die chance das was passiert. Prozentual gesehen gibt es mit Sicherheit nicht mehr Ausfälle. Außerdem ist die Ausfallquote der elektronischen Flugzeugkomponenten seit ihrer Einführung erheblich verbessert worden. Back-Up Channels und Selbstdiagnoseeinrichtungen sorgen unter anderem dafür, daß ein "kleines" Problem entweder selbst behoben wird oder aber keinen kompletten Systemausfall verursacht. Die Ausfallsicherheit ist ein ganz gewaltiger Vorzug heutiger elektronischer Flugzeugausrüstungen. Sicherlich gibt es hier und da Probleme, wie mit dem angesprochenen Smoke Detektor. Er ist aber deswegen nicht defekt. Von menschlichen Handhabungsfehlern will ich erst gar nicht anfangen... Was meint ihr, was ist vielleicht völlig überflüssig. Was fehlt. Was wünscht ihr euch an der Elektronik? "Eine Maschine ist nicht perfekt, wenn man nichts mehr hinzufügen kann, sondern dann, wenn man nichts mehr wegnehmen kann..." Antoine de Saint Exupery (1900-1944)
nabla Geschrieben 2. Januar 2003 Melden Geschrieben 2. Januar 2003 Moin, ich fliege A300 daher beziehen sich alle Aussagen auf selbiges Flugzeug bzw. die Flugzeuge die ich während der Ausbildung geflogen bin (PA-28 "Archer", BE-33 "Bonanza" und PA-42 "Cheyenne"). Es ist sinnvoll und notwendig, daß moderne Elektronik/Systeme an Bord Einzug erhalten und wenn dann alles klappt ist das o.k. und fein. Es gibt aber zwei Problemfälle aus meiner Sicht dabei: 1. Das System kann in der Praxis nicht wie gedacht genutzt werden oder es fehlen eigentlich interessante Funktionen und 2. Das System zeigt ein komplexes Fehlverhalten. ad. 1) Dieser Fall ist auf dem A300 ständig zu beobachten. Es gibt eine ganze Menge Systeme wo sich Ingenieure viel gutes zu gedacht haben, was in der Praxis aber einfach nicht hinhaut, z.B. der "Profile-Mode" beim Autopiloten.In "Profile" rechnet der Autopilot eine vertikale Flugwegführung mit Climb/Cruise/Descend-Speeds etc. Das ist schön und nett, in der Praxis aber maximal für den Initial Climbout und Cruise zu gebrauchen, da der Descend nie so stattfindet, wie sich der A/P das denkt - da redet ATC einem ganz schön rein. Würde man alle ATC-Freigaben in den Rechner eingeben wäre das eine tierische Arbeit und der A/P würde das trotzdem nicht vernünftig hinkriegen. Nächstes Beispiel: Steigflug: Bis FL100 gilt eine Beschränkung auf 250 kt, danach nicht mehr. Wenn jetzt aufgrund der anderen Bedingungen das Flugzeug bei 9.500' die 250kt erreicht, reißt der A/P brutal die Nase hoch um die Speed zu halten und zieht eine riesige Steigrate, um dann aber (ca. 2-5s später) wieder nach passieren von FL100 die Nase wieder auf den alten Wert zu senken um weiter auf die neue Speed zu beschleunigen... in der Kabine wären jetzt alle Trolleys umgefallen und die Paxe findens wohl auch nicht so toll. Oder im Descent: Wir fliegen den Descent mit Vertical Speed (da ja Profil wie oben beschrieben nichts bringt) sehr angenehm. Wenn Du jetzt von ATC eine Speedrestricion bekommst und dann wenig später die Aufforderung "LHxxx, descend FL120 2000'/m or more", und den Wert brav als Vertical Speed eindrehst kann es Dir leict passieren, daß der A/P die V/S einhält, dafür aber dann über die Geschwindigkeit beschleunigt. O.K., er kann nicht anders, denn dann laufen die Triebwerke schon im Leerlauf, aber sagen tut er auch nix - Du mußt als Pilot halt enorma aufpassen, daß es nicht passiert. (P.S.: Im "Profile"-Mode würde er in selber Situation schreien (visuell): "More Drag!") Aus der Rubrik Autopilot und so gibt es noch viele andere Beispiele, ich habe hier aber nochmal ein ganz anderes: Wir als Piloten haben die Aufgabe die Kabinentemperatur zu regeln. Wäre ja schön und gut, wenn nicht diese Regelung völlig für die Tonne wäre. In der Regel fahren kurz nach dem Start erstmal alle Ventile auf fast maximale Kaltluftzufuhr, du mußt dann erstmal alle Systeme resetten. Drehst eine Temperatur xx ein, und es klappt nicht. Wenn Du dann irgendwann mal vielleicht so 22° erreicht hast und sagst Dir, ok, so 1-2° kälter, dann wäre es super und drehst den Regler ein ganz kleinen Tick kälter bläst die Klimaanlage sofort mit z.T. -5° bis 2° kaltr Luft in die Kabine und wenn Du nicht aufpaßt, hast Du in kurzer Zeit 18° oder kälter... Was mich an diesen ganzen kleinen Dingen stört ist einfach der Umstand, daß da nicht darauf reagiert wird. Sicherlich, in der Luftfahrt muß ja alles zugelassen werden und ist damit aufwendiger, aber könnte man da nicht mal auf einen Schlag einen großen Teil der "Fehler" die an einem System hängen (z.B. A/P) bereinigen? Oder der Klimaanlage eine neue Regelung verpassen?? ad 2.) Jedes neue System an Bord macht das Flugzeug komplexer und damit schwieriger zu verstehen für Piloten. Es gibt auf vielen Flugzeugen einfach bestimmte Fehler die gar nicht der Fehler sind, der angezeigt wird sondern ein ganz anderer den man nur erkennt, wenn man die Übersicht über die Systeme hat und es als Pilot einfach weiß. Dazu gehört, daß man eben sein Flugzeug so gut kennt, daß man bestimmte Warnungen ignoriert, bzw. anders angeht. Dieses erweiterte Systemverständnis kann man aber nur bis zu einem begrenzten Umfang im Kopf haben, zumal es der eigentlichen Philosophie des Herstellers teilweise wiederspricht. Wenn jetzt aber mal ein Fehler aufritt, den der Hersteller so nicht vorsieht und der nicht durch Listen/Procedures abgedeckt wird ist der Pilot wieder als kreativ denkender Mensch gefragt der sein System kennt und je besser er es kennt, desto besser kann er reagieren. Für mich ist also die Frage, was ich als Pilot wirklich wissen muß und das ist für mich eher eine Frage an die Ausbildung, die dann in zweiter Linie erst an die Techniker gerichtet ist. Z.B. ist es für mich relativ irrelevant zu wissen, wie jetzt der Air Data Computer die Speedlimits berechnet, ich kann ihn also gerne als "Black Box" akzeptieren. Was für mich aber unheimlich wichtig ist, it zu wissen, welche Inputs er hat und braucht und welche Systeme daran hängen. Noch ein Beispiel: Für mich ist absolut unwichtig, wie die Auto-Brake funktioniert. Wichtig ist aber zu wissen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sie funktioniert und hier reicht kein "etwa-Wissen", hier muß es exakt da sein. Beispiel: Ich weiß, daß die Autobrake durch das Ausfahrsignal der Spoiler auf den Tragflächen aktiviert wird, das wiederum durch den Groundswitch und den Wheel-Spin-up aktiviert wird. Wenn ich jetzt nur grob in Erinnerung habe, daß die Autobrake am Spoiler hängt und mir die Spoiler ausgefallen sind könnte ich auf die Idee kommen, daß die Autobrake auch nicht geht und sie daher nicht benutzen, auch wenn sie gerade bei defekten Spoilern sehr hilfreich wäre. Mit dem oben genannten Wissen könnte ich sie aber trotzdem einschalten, denn ich weiß ja, daß das Ausfahrsignal ausreicht, auch wenn die Spoiler dann gar nicht ausfahren! Ich hoffe da war halbwegs verständlich.. Ein gutes neues Jahr wünscht Euch Nabla
Flaps_full_alt Geschrieben 2. Januar 2003 Melden Geschrieben 2. Januar 2003 @ Nabla Im Climb gibt´s das auch bei uns- nicht so extrem, jedoch um 250 zu halten nimmt unserer auch etwas die Nase hoch. Was mir noch einfällt ist dieser ewige "Stall fail" Fehler, der während des T/O- Run´s auftritt. Die AOA- Sensoren melden dabei unterschiedliche Werte, da noch kein verlässlicher Luftstrom vorhanden ist. Als Folge davon "springt" der Stickpusher raus, weil der Computer nicht weiß, welcher Wert richtig ist! Ist kein Grund abzubrechen, aber schon ein komisches Gefühl, wenn dir während des Run´s ne Lampe vor der Nase blinkt.
Michi Geschrieben 2. Januar 2003 Autor Melden Geschrieben 2. Januar 2003 Hi, schon mal vielen Dank für die interessanten Antworten! Was ich jetzt so rauslese ist, dass man als Pilot schon ganz schön auf den Autopilot aufpassen muss, oder? Auf weitere Antworten freue ich mich sehr!:-) Viele Grüße Michi
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