fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Die Swiss hofft auf eine Tochter Im seit Monaten anhaltenden Pilotenstreit sind die Fronten völlig verhärtet. Die Führung der Swiss diskutiert einen Plan zur Verselbständigung der Regionalflotte Die ehemaligen Crossair-Piloten klagen erneut gegen ihren Arbeitgeber Swiss. Sie fordern das Ende ihrer Diskriminierung. Birgit Voigt Eine gute Woche nach ihrer Demonstration vor dem Hauptsitz der Swiss in Basel ist der Frustrationslevel der Piloten der Regionalflotte noch gewachsen. Das Gespräch, das die ehemaligen Crossair-Piloten provozieren wollten, blieb aus. Die Swiss-Führung hat strikte Funkstille gewahrt. «Null Reaktion» habe es auf ihre Aktion gegeben, ärgert sich Sprecher Martin Gutknecht. Nun reichen die inzwischen im Verband «Swiss Pilots» zusammengefassten Crossair-Piloten in den nächsten Tagen eine Umsetzungsklage ein. Darin fordern sie die Beseitigung ihrer vor dem Schiedsgericht im Juli 2002 festgestellten, unrechten Benachteiligung gegenüber ihren Kollegen, den ehemaligen Swissair-Piloten. Swiss-Manager und der Verwaltungsrat ihrerseits strafen die Swiss Pilots zwar mit Missachtung, doch untereinander wird intensiv über die Pattsituation diskutiert. Ungeachtet der durch einen möglichen zweiten Golfkrieg provozierten Massnahmen rückt in den Debatten eine Ausgliederung der Regionalflotte in eine Tochtergesellschaft immer stärker in den Vordergrund. Von Seiten des Managements wird angedeutet, man wolle jetzt eine harte Linie fahren. Zwei unabhängige, dem Verwaltungsrat nahestehende Quellen bestätigten zudem, dass die Variante einer Ausgliederung im Verwaltungsrat starke Befürworter gefunden habe. Die Swiss-Spitze erhofft sich damit die Lösung verschiedener Probleme: Gäbe es eine eigenständige Tochtergesellschaft, müsste den Swiss Pilots keine Nachbesserung ihres GAVs angeboten werden. Das Argument der ehemaligen Crossair-Piloten, sie würden gegenüber ihren Kollegen auf den Langstrecken-Routen diskriminiert, wird ausser Kraft gesetzt. Auch eine Redimensionierung des Streckennetzes liesse sich möglicherweise im Zuge dieser Reorganisation besser durchsetzen. Ungelöst bleibt allerdings das Problem der mangelnden Nachfrage nach den überschüssigen Regionalflugzeugen der Swiss. Vor allem die Saab-2000-Maschinen finden schwer Abnehmer, da der Hersteller die Produktion eingestellt hat und es praktisch keine andere Airline gibt, die mit dem Modell fliegt. Ein Abbau der Flotte ist nur dann eine Ersparnis, wenn das Flugzeug weiterverkauft werden kann oder der Leasingvertrag endet. Sonst verursacht auch eine stillgelegte Maschine Kosten. Mit der selbständigen Regionalflotte strebt das Management zudem eine Rückkehr zur Kosten-Kultur der alten Crossair an. Nur mit tieferen Produktionskosten wird es möglich sein, den Billig-Airlines Paroli zu bieten. Die Swiss wäre mit einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft für die Regionalflotte in guter Gesellschaft. Keine andere europäische Airline versucht wie die Swiss, die beiden unterschiedlichen Geschäftsmodelle unter einem Dach abzuwickeln. Wie alle Optionen ist auch die Variante «Tochtergesellschaft» nicht gratis zu haben. Fest rechnen muss man mit dem erbitterten Widerstand der Swiss Pilots, die bei einer Umteilung harte Einschnitte sowohl beim Bestand wie auch bei den Anstellungsbedingungen zu erwarten hätten. Eine derartige Reorganisation würde auch dem Argument vieler Swissair-Gläubiger Vorschub leistet, bei der Swiss handele es sich um die juristische Nachfolgegesellschaft der Swissair. Schliesslich würde das angestrebte Konstrukt in vieler Hinsicht dem Organigramm der alten SAirLines ähneln. Die Reorganisation wird schliesslich selbst Kosten verursachen und dringend benötigte Management-Kapazitäten binden. Der Bedarf an zusätzlichen Managern steigt und entsprechend die Overhead-Kosten für das Gesamtunternehmen. Auch die Suche nach geeigneten Führungskräften bleibt für die Swiss schwierig. Erstklassige Bewerber stehen keinesfalls Schlange für einen Posten. Die Swiss-Führung muss eine Wahl zwischen verschiedenen Übeln treffen. Ein definitiver Entscheid ist noch nicht gefällt. Doch so richtig dementieren mag man die Pläne bei der Swiss auch nicht mehr. Zur Frage, ob ein Szenario «Swiss Regional» in Diskussion sei, sagte Sprecher Manfred Winkler: «Selbst wenn es so wäre, würden wir es nicht kommunizieren, bevor es spruchreif ist.» NZZ am Sonntag, Ressort Wirtschaft, 2. Februar 2003, Nr.5, Seite 43 Sehr interessant... Wenn es der Swiss gelingen würde, eine Regional-Airline abzuspalten, ohne allzu grosse Kosten zu verursachen, wäre das die ideale Lösung. Erstens wäre die Redimensionierung der Regionalflotte und des Regionalstreckennetzes (dann könnte man auch endlich den sinnlosen und unrentablen Hub in Basel aufgeben und sich auf ZRH konzentrieren, zwei Hubs sind einfach zu gross für das kleine Land) viel einfacher. Zweitens und noch viel wichtiger: Die unsinnigen und für die Swiss kontaproduktiven Protestaktionen der Ex-Crossairpiloten hätten keine Grundlage mehr und würden somit endlich verstummen, was dem Betrieb endlich die nötige Ruhe verschaffen würden. Es kann doch nicht sein, dass einige Chaoten und Egoisten das Bestehen einer Airline gefährden, nur weil sie stur auf ihre Sicht der Dinge beharren. Hoffen wir also, dass dieses Projekt der LX gelingen wird, damit sie tatsächlich mal rentabel fliegen kann und sich damit auch den Bedürfnissen der Oneworld anpassen kann, was einen Beitritt vereinfachen würde.
sk Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Ich sehe da eine Gefahr drin. Die Gläubiger der ex-Swissair und der ex-Sabena werden das sicherlich dann für ihre Argumentation bei diversen noch offenen Prozessen bezüglich des Konkurses, sowie der Vorgehensweise der Neugründung von Swiss, benutzen. Denn wenn man jetzt die Regioflotte "outsourced", hat man das gleiche Konstrukt wie vorher, man hat immer noch die gleichen Strukturen. Man hat lediglich die todkranke Mutter erschossen und ihren Schmuck zu Geld gemacht, um sich eine Leihmutter leisten zu können. Das könnte also auch nach Hinten losgehen.
fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 4. Februar 2003 @sk: Ich sehe das irgendwie nicht ein: Die swiss wurde (theoretisch) aus der Crossair gegründet. Die Crossair wurde vor der Nachlassstundung der SAirLines/SwissAirLines von UBS,CS und Bund freigekauft(d.h. sie haben die Aktienbeteiligungen übernommen), hatte also nichts mehr mit der alten Dach- und Muttergesellschaft zu tun. Wenn jetzt die aus der eigenständigen Crossair entstandene Swiss seinerseits eine Tochtergesellschaft gründet, dann hat doch die Swiss nichts mehr mit der ehemaligen Dachgesellschaft zu tun. Also würden doch allfälligen Forderungen die juristischen Grundlagen fehlen und wären somit keine Gefahr für die swiss.
Gast Swissfighter Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Ich habe schon mehrere Varianten gehört: 1) Alle Embraer-Flugzeuge werden wieder unter dem Namen Crossair operiert 2) Alle Embraer-Flugzeuge werden unter einem neuen Namen operitert 3) Swiss übernimmt nur noch die Langstrecken und gibt die Kurz- und Mittelstrecken vollständig an die neue Tochter ab 4) Swiss wird alle Flugzeuge über 70 Sitzen betreiben (Embraer 170, 195 und alle Airbusse), die neue Tochter wird die Embraer ERJ-145 betreiben. Das sind alles Möglichkeiten, die ich gehört habe. Welche haltet ihr für realistisch?? (Seit wann ist das Eingabefeld für einen neuen Beitrag blau??)
fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Ich halte Variante 3 für am wahrscheinlichsten, da es vor allem um die Redimensionierung der Kurz- und Mittelstrecken geht.
Gast Swissfighter Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Andererseits: Lohnt es sich ein Langstreckenairline mit 26 Maschine zu betreiben? Im jetztigen Notfallszenario ist sogar die Rede von nur noch 14 Maschinen. Ich denke nicht, dass sich dafür eine eigene Airline lohnt.
sk Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Ich denke die erste Option. Markenname ist da, Markenname ist bekannt. Was will man mehr? @fv154 Jaein. Das Problem liegt in folgendem Punkten. Erstens: Zu welchem Preis ist die Crossair übernommen worden? Ist das ein Marktpreis, den die Banken dafür gezahlt haben oder ist das nur ein symbolischer Wert, d.h. ist Vermögen aus der Konkursmasse genommen worden oder nicht. Und das es rechtlich wohl nicht so klar sein kann, zeigen die ausstehenden Verfahren in der EU und in der Schweiz.
fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 4. Februar 2003 @sk wieso "Vemögen aus der Konkursmasse nehmen"? Damals war die Dachgesellschaft noch nicht in Nachlassstundung und hatte daher noch keine geregelten Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern in diesem Sinne. Also durfte sie die crossair zu einem x-beliebigen Preis verkaufen, egal, ob es ein symbolischer Wert war (was gar nicht stimmt, denn UBS und CS hatten die Aktien der Crossair gemäss dem damaligen Börsenkurs der Crossair-Aktien gekauft).
sk Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 "Damals war die Dachgesellschaft noch nicht in Nachlassstundung und hatte daher noch keine geregelten Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern in diesem Sinne." Das ist ja das Problem. Swissair war zahlungsunfähig gewesen, ist mit aber mit einer Finanzspritze für ein paar Tage ins Wachkoma versetzt worden, damit die Banken den einzigen gewinnbringenden Teil rauslösen konnten, bevor die offizielle Nachlasverwaltung eintritt. GENAU DAS IST DER JURISTISCHE KNACKPUNKT! Ich bin kein Rechtsexperte und die sind zu diesem Thema ja auch sehr unterschiedlicher Meinung. Unter Umständen könnte eine Zahlungsverpflichtung auf die Swiss/Crossair oder wie auch immer die Firma heisst zukommen. Ich finde es nur - um mal wieder auf das Thema zurück zu kommen - sehr ungeschickt, wenn die auch noch den Anschein erwecken, alles ist beim alten, wir haben nur ein Jahr Pause gemacht Sollen doch alle Gläubiger schauen, wie sie an ihr Geld kommen.
fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Es geht ja nicht darum, die Gläubiger reinzulegen, sondern dafür zu schauen, dass swiss eine profitable Zukunft haben kann, und da sind eben alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. So hart es auch tönen mag, Konkurse und Gläubiger gibt es eben im Kapitalismus und der freien Marktwirtschaft. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir zum Sozialismus wechseln. Abgesehen davon würde ich mich als swissair-Gläubiger darauf konzentrien, die einzuklagen, welche wirklich schuld sind an der Misswirtschaft der swissair. Jene Brüggiser, Honegger, Mühlemann, Spoerry usw. haben bisher noch gar keine Verantwortung übernommen. Stattdessen hackt man auf der swiss herum, bei der ja wirlich nicht viel zu holen ist.
sk Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Hm - das sehe ich anders. Ersten ist bei der Swiss was zu holen, nämlich die Aktiva der ehemaligen Crossair. Zweitens dürfte bei diesen Herren nichts zu holen sein. Und jetzt kommt nochmal der Knackpunkt: Hätte man Swissair nicht künstlich verlängert um die Swiss nahtlos aufzusetzen, hätte man stattdessen gleich das Konkursverfahren eröffnet, wäre mehr Geld dagewesen für die Gläubiger. Ausserdem hätte sich dann eine "gesunde" neue privatwirtschaftliche Airline entwickeln können, die irgendwann an ihre Wachstumsgrenze gestossen wäre und man hätte nicht wieder die gleichen Probleme wie jetzt!
fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 4. Februar 2003 @sk: "Zweitens dürfte bei diesen Herren nichts zu holen sein." Wieso nicht? Die tragen die grösste Schuld an der Misswirtschaft, haben am meisten abgesahnt und wurden trotzdem noch nicht zur Rechenschaft gezogen. "Hätte man Swissair nicht künstlich verlängert um die Swiss nahtlos aufzusetzen, hätte man stattdessen gleich das Konkursverfahren eröffnet, wäre mehr Geld dagewesen für die Gläubiger." Schön. Und um die Gläubiger zufrieden zu stellen, hätte man einen anderen Konkurs verantworten sollen, nämlich den der unique airport, die ohne homecarrier wohl kaum überlebt hätte. Abgesehen davon hat ja der Staat den Überbrückungkredit zur Verfügung gestellt, damit die swissair bis März 2002 fliegen konnte. In den Kassen der SAirLines war kaum mehr etwas zu holen.
AvroRJX Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Da misch ich mich doch mal kurz in dieses "Zwiegespräch" ein...... .... und verweise auf einen Artikel im Air Finance Journal aus dem vergangenen Jahr, den ich in einem anderen Posting auch schon indirekt zitiert habe. Darin ging es um die absehbaren Schwierigkeiten der Swiss ihre Bestellungen für Langstreckenflugzeuge finanziert zu bekommen. Offensichtlich hat es ja außer Credit Suisse und UBS so fast jeden Gläubiger "erwischt". In der Branche hat man scheinbar das Gefühl, zugunsten dieser zwei schweizer Banken über den Tisch gezogen worden zu sein. In der Tat ein Eindruck, dessen man sich nicht erwehren kann. Nun wollen diese Banken die Finanzierung der Swiss Long-haul Flotte nicht mittragen. Credit Suisse und UBS können aus Gründen der internen Risikovorsorge diese nicht allein finanzieren...... Wenn also bei Swiss eine deutlich kleinere Langstreckenflotte nun zur Debatte steht, dann m.E. nicht nur aus operationellen Gründen!
fv154 Geschrieben 4. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 4. Februar 2003 @AvroRJX Gerade Ende letzte Woche hatte ich in einer Zeitung (leider weiss ich bei bestem Willen nicht mehr welche, vielleicht war es der TagesAnzeiger, den lese ich nämlich fast täglich) gelesen, dass die Finanzierung aller neuen Swiss-Maschinen unter Dach und Fach sein soll.
Thomas_Jaeger Geschrieben 4. Februar 2003 Melden Geschrieben 4. Februar 2003 Das ist sie, jedoch will ich nicht wissen, was sie da jetzt für einen Zins zahlen dürfen. Im Übrigen wurde die Bestellung ja schon einmal von 13 auf 12 A340-300 hinuntergefahren, was bei der Finanzierung ein bisschen geholfen haben dürfte. Nichts destotrotz wird es für Swiss schwierig sein, so weiter zu fliegen wie bisher. Momentan füllt man die Maschinen im Vergleich zur Konkurrenz mit viel zu viel Dumpingtickets und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man in diesem Jahr ein ausgeglichenes Resultat erwirtschaften will, wenn nicht markant etwas am Kurs der Swiss geändert wird. In den letzten Tagen hatte ich zumindest den Eindruck, dass einige Leute bei Swiss nur so auf den Irakkrieg warten, damit sie frei von politischen Planspielen die Airline ohne grosse Proteste redimensionieren können.
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