huschi Geschrieben 13. Februar 2003 Melden Geschrieben 13. Februar 2003 12. Februar 2003, 22:13, NZZ Online http://www.nzz.ch/2003/02/12/wi/page-newzzDC3OD3NS-12.html mit Verweisen zu weiteren Artikel, die sich mit demselben Thema beschäftigen ("mehr zum Thema") Blick in den Morast der SAirGroup Der Bericht von Ernst & Young fördert Verheerendes zutage Im sehr detaillierten Untersuchungsbericht der Beraterfirma Ernst & Young wird die sowohl für die Swissair wie für deren Gläubiger und Aktionäre ruinöse Hunter-Strategie aufgearbeitet. Die bedrohliche Liquiditäts- und Finanzlage war der Swissair-Führung schon früh bewusst, doch verhielt sie sich bis zum Schluss passiv. Schwere Vorwürfe an die Führungscrew der ehemaligen Swissair. Der inzwischen ersten Gläubigern der zusammengebrochenen Swissair zugestellte Detailbericht zur Verantwortlichkeit von SAir-Organen enthält eine Fülle von Informationen, die nach einer unter erheblichem Zeitdruck erfolgten Lektüre nicht abschliessend eingeordnet werden können. Die vom Swissair-Sachwalter, Karl Wüthrich, bei der Beraterfirma Ernst & Young in Auftrag gegebene Untersuchung hat einen mehr als 3000 Seiten starken Bericht hervorgebracht, dessen wichtigste Erkenntnisse an einer Medienorientierung (vgl. NZZ vom 25. 1. 02) bereits präsentiert wurden. Nun verdichtet sich aber der Verdacht, zu viel sei da schief gelaufen, als dass man ohne eine auch schmerzvolle Aufarbeitung der Firmengeschichte - auch der juristischen Seite - zur Tagesordnung übergehen könnte. Indizien für ein Führungsvakuum Vor zwei Wochen waren von Wüthrich die Dinge, aber nicht die involvierten Personen beim Namen genannt worden. Zahlreiche pikante Details in letzterer Angelegenheit kommen jetzt hinzu. Aktenkundig ist etwa, dass Prof. Peter Böckli geradezu hellseherische Fähigkeiten entwickelte, als er in der Funktion eines juristischen Beraters von Moritz Suter letzteren über die Gefahren seiner Mission als Chef SAirLines informierte. Suter hatte im Frühjahr 2001 - erst 44 Tage im Amt - das Handtuch geworfen, und dies mit guten Gründen. Unter anderem war er vom damaligen Verwaltungsratspräsidenten, Eric Honegger, nicht einmal darüber informiert worden, dass in seiner Zeit als Führungsverantwortlicher für das Airline-Geschäft ein Vertrag mit Sabena zur Aufstockung der Beteiligung auf 85% unterzeichnet worden war. Ein weiteres Beispiel für die heillose Konfusion, die am Balsberg in der Spätphase des Überlebenskampfes der Swissair geherrscht haben musste, ist die Notiz des UBS-Vizepräsidenten Alberto Togni zu unklaren Kompetenzen im Finanzbereich. Faktisch übernahm der Brite Simon Collins, der für KPMG London arbeitete, interimistisch die Funktion eines CFO - bevor dann Jacqualyn Fouse in Funktion trat -, denn so wurde Collins dem UBS-Banker von Mario Corti vorgestellt. ...ein weiterer Bericht vom 12.2.2003 12. Februar 2003, 22:06, NZZ Online http://www.nzz.ch/2003/02/12/wi/page-newzzDC3PW19J-12.html Corporate Governance at its worst Die Corporate Governance bei der SAir ist in der Darstellung von Ernst & Young ein Beispiel dafür, wie Checks and Balances nicht wahrgenommen werden sollen. Das illustriert etwa die Wahl Cortis an die Unternehmensspitze. Während es laut Hannes Goetz für die Zuwahl kein formalisiertes Evaluationsverfahren gegeben habe, sei Honegger der Auffassung gewesen, bei der Wahl Cortis hätten die Unabhängigkeit, die Kombination von individueller und fachlicher Kompetenz und die zeitliche Verfügbarkeit im Vordergrund gestanden. Ebenso wenig hat es laut Ernst & Young ein formalisiertes Evaluationsverfahren beim Verwaltungsrat und bei dessen Kommissionen gegeben. So sei es denn möglich gewesen, dass in der wichtigen Finanzkommission vorwiegend Juristen ohne operative Erfahrung in zentralen betriebswirtschaftlichen Bereichen Einsitz genommen hätten. Fazit: Die Kommission habe die ihr zugedachten Aufgaben nur ungenügend wahrgenommen und nicht gemerkt, dass bereits die Rechnungen 1999/2000 in wesentlichem Umfang die Lage nicht ordnungsgemäss dargestellt hätten. Aber auch der Ausschuss des Verwaltungsrates habe seine Aufgaben ungenügend wahrgenommen. Er habe auf die Anzeichen einer Überschuldung nicht angemessen reagiert. Selbst im zweiten Semester 2000 habe er nicht auf ausreichende Instrumente gedrängt, um die Auswirkungen strategischer Entscheide vollständig und präzise beurteilen zu können. Die Konzernleitung sei nur wenig kontrolliert worden. Man habe auch nach dem Erkennen der Gefahren und trotz Warnungen nicht gehandelt und ein in vielerlei Hinsicht mangelhaftes Managementinformationssystem hingenommen. Als es 1999 zu Indiskretionen gekommen sei, habe man entschieden, diese Informationen nur noch auf Anfrage der Verwaltungsräte hin durch diese einsehen zu lassen . . . - Das Desaster, in das die SAir trieb, illustrieren treffend zwei Zitate aus Schreiben von Prof. Peter Böckli. Moritz Suter, den er kurz beriet, beschied der Anwalt: «Du versuchst jeweils, die schlimmstmögliche Wendung zu vermeiden und zu flicken, was zu flicken ist. Du wirst dadurch mehr und mehr persönlich in die Verantwortung für die verheerenden Folgen der am 20. Januar 2001 objektiv vorhandenen und von Dir nicht verschuldeten Altlasten der SAirGroup einbezogen.» Suter reagiert rasch mit seiner Demission. Ein Schreiben von Böckli an Corti im April endet mit den Worten: «Die Kassandra-Rolle gefällt mir überhaupt nicht, aber ich glaube, ich muss heute sowohl die Sorgfalts- wie die Freundschaftspflicht erfüllen.» Ob und wie Corti reagiert hat, ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich.
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