hcn_tvs Geschrieben 19. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 19. Februar 2003 Ich gehe mit der Meinung von Swissfigther eigentlich einig. Ich frage mich manchmal einfach, wieviele Leute aus Süddeutschland NICHT den Flughafen Kloten benutzen. Ihr wollt mir ja nicht erzählen, dass alle nach Stuttgartund München oder sonst irgendwo hingehen um abzufliegen. Und wenn alle hier von der Grenze sprechen; Ich kenne sooooo viele Grenzgänger, welche in der Schweiz arbeiten, und in Deutschland wohnen und umgekehrt. Ich arbeitete ein halbes Jahr am Bhf. Bülach, und ich glaubte es kaum, wie viele deutsche ich am Morgen und Abend getroffen habe, welche Pendler sind. Dies nur mal so als Gedanken einwurf. Und zum Thema Nord-Süd Achse. Dort sperrt man ja auch nicht einfach die Grenze, und sagt:"Tja, hier ist halt eine Staatsgrenze, und die Strassen in unserem Land gehören uns. Hier dürft Ihr nicht fahren." Man sieht ja von wo das die Lkw's kommen: Norden: Deutschland, Holland Süden: Italien Aber das ist ja nicht ganz das Thema. Ich hoffe, die einen Personmen kommen von Ihrer Aussage"Staatsgrenze" weg, und überlegen sich mal, was sonst noch die Probleme sein können. Gruss Marco _________________ Take the better way--> Alpsteinair [ Diese Nachricht wurde geändert von: hcn_tvs am 2003-02-19 22:22 ]
Gerry Geschrieben 20. Februar 2003 Melden Geschrieben 20. Februar 2003 Ob ihr Schweizer wollt oder nicht - die Staatsgrenze ist entscheidend!! Kleines Beispiel zum besseren Verständnis: Wenn jemand am Boden ein Grundstück hat und die Zufahrt zu seinem Grundstück ist ungünstig und würde eunen Umweg erfordern, dann darf er deswegen trotzdem noch lange nicht übers Nachbargrundstück zufahren! Scheint logisch, oder? Aber er kann mit dem Nachbarn gut verhandeln und ausmachen, daß er seine Zufahrt mitbenutzen darf. Was am Boden wohl jedem logisch erscheint, will man für die Luft in der Schweiz nicht wahrhaben. Das kleine Beispiel läßt sich natürlich nicht 1 zu 1 auf die Luft umlegen, aber es soll den Grundkonflikt darlegen, den viele Schweizer einfach nicht verinnerlichen (wollen)! Im übrigen schliesse im mich dem Beitrag von MUNICH an: Wenn die Schweizer früh genung und nicht so arrogant reagiert hätten, gäbe es einen für alle annehmbaren Vertrag mit Lärmkorsett und alle könnten damit leben. Keiner der hier im Forum anwesenden und luftfahrbegeisterten meint, daß der Staatsvertrag für Zürich gut ist, aber die Kritik darann, wie es dazu gekommen ist, müssen sich die Schweizer - leider - schon selbst zuschreiben!
fv154 Geschrieben 21. Februar 2003 Melden Geschrieben 21. Februar 2003 @swissfighter Ob die CH in der EU ist oder nicht, ist den Deutschen so ziemlich egal, d.h. sie prfotieren sogar noch davon, dass sie nicht dabei ist, gegen ein Mitgliedsland könnten sie m.W. nicht so vorgehen. Ich denke daher, der Flughafen Kloten muss jetzt die Konsequenzen der Anti-Europa Politik der SVP, insbesondere von Herrn Blocher, tragen. Ich muss daher zugeben, dass ich auch ein wenig Schadenfreude verspüre, dass jetzt die Goldküste, wo Herr Blocher ja wohnt, auch mit Fluglärm beschallt werden soll. Leider hat der aber so viel Geld (welches er nicht einmal versteuert ), dass er sich sonstwo ein ruhiges Plätzchen zum Wohnen suchen wird.
FrankM Geschrieben 21. Februar 2003 Melden Geschrieben 21. Februar 2003 @Gerry, das Beispiel mit der Zufahrt ist sehr gut getroffen ! Ich finde den derzeitigen Zustand auch unmöglich und alles andere als wünschenswert. Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber es hat ja einen von beiden Seiten unterzeichneten Vertrag gegeben, den die Schweizer über lange, lange Jahre einfach ignoriert haben. Proteste haben sie ebenfalls ignoriert wie den Wunsch nach vernünftigen Gesprächen über die Situation. Das ist für mich ein extrem respektloses Verhalten, ist es da ein Wunder, dass man irgendwann die Quittung dafür präsentiert bekommt ? Die Schweizer haben ja sogar über lange Zeit hinweg die *Androhung* dessen, was jetzt passiert ist, ignoriert. Ja bitte, welche Optionen hätten die Deutschen denn da noch gehabt ? Ehrlich gesagt ist für mich das Verhalten der Verantwortlichen auf der Schweizer Seite beim besten Willen nicht nachzuvollziehen, da sie doch genau wussten, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist und was es für sie bedeuten würde, wenn das passiert, was jetzt gerade passiert ist. Ist das jetzt Dummheit oder Überheblichkeit ? Oder sonst was ? Ich kann das einfach nicht verstehen. Um das noch klarzustellen, diese Kritik richtet sich nur an die (paar) Verantwortlichen, NICHT aber an die Schweiz oder die Schweizer generell, ok ? Schönes WE allerseits Frank
hcn_tvs Geschrieben 22. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 22. Februar 2003 Allgemeiner Gedanke zu zhr-Kloten: Der Flughafen ZHR ist ein wichtiger Knotenpunkt für die schweizerische UND süd-deutsche Wirtschaft. An diesem Ort verdienen tausende Personen und Firmen ihren Lebensunterhalt und zwar Schweizer wie auch (sehr) viele Süd-Deutsche!!! Natürlich muss der Flugverkehr gerecht(!!!) verteilt werden. Es darf nicht sein, dass der gesamte Verkehr über die süd-deutschen Gemeinden geleitet wird. Nein, der Flugverkehr muss über die Schweiz und Deutschland gerecht und nach menschlichem Verstand geregelt werden. ALLE wollen fliegen, somit müssen doch auch alle ein wenig vom Lärm ertragen. Leider war der Umgangston unserer schweizer Staatsvertreter sehr arrogant und unhöflich, da wurde sehr viel Geschirr zerschlagen und unsere nördlichen Nachbarn sehr verägert! Doch liebe deutsche Nachbarn, bitte reagiert jetzt nicht in gleicher weise. Die Sprüche betr. Staatsgrenzen und absolutem Flugverbot etc. sind doch ein wenig überzogen..... Der Anflug/Abflug muss auf beide Staaten und allen Regionen gerecht verteilt werden. Gedanken von René aus Winterthur/CH
munich Geschrieben 22. Februar 2003 Melden Geschrieben 22. Februar 2003 Ich kann Dir, hcn_tvs, nur zustimmen. Beide Seiten müssen wieder den richtigen Ton finden (auch hier im Forum)! Mit Drohungen kommt man nicht weiter. Es gibt auch für die schweizer Seite Druckmittel, aber wie schon oben gesagt, dann sind wir wieder im Mittelalter. Für diejenigen, die es interessiert, nun noch einige Infos, die von mir im Laufe der Zeit gesammelt wurden. Um richtig verstanden zu werden, ich will den Streit nicht neu anfachen, sondern nur Information bieten, was bereits gesagt wurde. --------------------------------------------- Dieser Vertrag ist eine politische Lösung statt einer prozeduralen Unsicherheit ohne Ende Debatte des Nationalrates über den Staatsvertrag mit Deutschland betreffend die Flugverkehrskontrolle über deutschem Hoheitsgebiet; Erklärung von Bundesrat Moritz Leuenberger Zunächst stellt sich ja einmal die Frage: Wieso überhaupt ein Vertrag? Brauchen wir einen Vertrag oder brauchen wir keinen? Hier möchte ich schon vorweg den Unterschied machen, dass die Kommissionsmehrheit ja auf das Geschäft nicht eintreten will. Wer auf das Geschäft nicht eintritt, sagt: Wir wollen überhaupt keinen Vertrag. Wer sagt, dieser Vertrag ist schlecht, wir wollen einen anderen Vertrag, der müsste den Vertrag ablehnen. Dies möchte ich am Anfang immerhin klargestellt haben. Brauchen wir einen Vertrag oder brauchen wir keinen? Die Frage, was nach der Ablehnung des Vertrages durch das Parlament geschieht, ist zugleich auch die Antwort. Die Folge einer Ablehnung des Vertrages wäre die, dass die Flugsicherung der Schweiz entzogen würde, dass eine einseitige Verordnung betreffend Anflüge über deutschem Gebiet mit einer angedrohten Übergangsfrist von einem Jahr statt wie ausgehandelt von 41 Monaten erfolgen würde, dass die Anfechtungsmöglichkeit vor deutschen Gerichten mit ungewissem Ausgang bestückt wäre. Das wiederum bedeutet, dass die Verfahrensfristen für die Umstellung des Betriebes eventuell nicht einhaltbar sind. Dies je nach der deutschen Massnahme, die wir ja jetzt noch nicht im Detail kennen; wir wissen nur, was angedroht ist. Es bliebe dann offen, wie vorgegangen werden müsste. Müssten die Fristen abgekürzt werden? Müssten aufschiebende Wirkungen entzogen, müssten Umweltverträglichkeitsprüfungen für das neue Betriebsreglement allenfalls später durchgeführt werden? Müsste ein dringlicher Bundesbeschluss erfolgen, müssten die Auflage- und Anhörungsverfahren später durchgeführt werden? Allein schon diese Fragen zeigen, dass eine Ablehnung dieses Vertrages oder das Nichteintreten auf die Vorlage eine Unsicherheit zur Folge hätten, eine Unsicherheit bezüglich der Rechtslage, eine Unsicherheit bezüglich dem Betrieb des Flughafens Zürich, eine Unsicherheit für Unique, für Swiss, für die Anwohner und auch für die Behörden. Es sind vor allem diese Unsicherheiten, die den Bundesrat dazu gebracht haben, überhaupt einen Staatsvertrag abzuschliessen. Ich bin froh, dass wir Ihnen diesen Staatsvertrag zur Behandlung unterbreiten können, selbst wenn Sie auf den Vertrag nicht eintreten, selbst wenn Sie ihn ablehnen. Dies aus folgendem Grund: Würden wir Ihnen keinen solchen Vertrag unterbreiten, wären wir mit einseitigen Massnahmen aus Deutschland konfrontiert, und müssten Unique und Swiss in Deutschland vor Gericht treten, würde in diesem Parlament natürlich der Vorwurf an den Bundesrat laut, er habe nicht einmal eine politische Lösung gefunden und sei nicht einmal imstande, einen Vertrag abzuschliessen. Deswegen bin ich froh, dass Sie überhaupt über diese Vorlage entscheiden können. Was ist der Inhalt dieses Staatsvertrages? Erster Punkt: Er begrenzt zunächst einmal die Zahl der Flugbewegungen, anstatt dass er die Lärmwerte zum Inhalt der Vereinbarung machen würde. Nun ist hier kritisiert worden, dass nicht eine Begrenzung der Flugbewegungen, sondern eine Lärmbegrenzung richtig wäre. Es wäre durchaus vernünftig, auf die Lärmbegrenzung statt auf die Flugbewegungen abzustellen. Die Schweiz hat diese Forderung denn auch gestellt. Es ist so, dass in unserer Lärmschutzverordnung derselbe Weg begangen wird. Die Schweiz hat jedoch gegenüber Deutschland keinen Anspruch auf eine Lärmbegrenzung anstelle einer Bewegungsbegrenzung, und zwar deswegen nicht, weil wir keinen Grundanspruch haben, Anflüge über Deutschland durchzuführen. Es gibt zudem durchaus Gründe für eine Bewegungsbegrenzung. Die Gründe liegen darin, dass Bewegungen gezählt werden können, einfach nachvollziehbar, messbar und politisch verkaufbar sind. Zahlenmässig begrenzte Lärmspitzen sind zudem - das ist ein Argument - besser verkraftbar als ein dauernder Lärmteppich. Das ist auch die Argumentation, die wir landesintern von Schutzverbänden hören, die sagen: Innerhalb einer Stunde habe ich lieber einen lauten Anflug als einen ständigen Lärmteppich von leisen Flugzeugen. Ich sage nicht, dass ich diese Auffassung teile, aber es gibt gute Gründe dafür. Diese Gründe wurden von Deutschland geltend gemacht, und da wir keinen Grundanspruch haben, Anflüge über deutschem Gebiet durchzuführen, ist die Bewegungsbegrenzung in den Vertrag gekommen. Zweiter Punkt des Vertrages: Es werden 100 000 Anflüge pro Jahr über deutschem Gebiet toleriert. Das sind zwei Drittel der jetzt durchgeführten Anflüge. Dritter Punkt ist die verlängerte Nachtruhe zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr. Diese Regelung ist bereits umgesetzt. Vierter Punkt ist die Wochenendregelung: Keine Anflüge an Samstagen, an Sonntagen und an Feiertagen von 20.00 Uhr bis 09.00 Uhr. Diese Wochenendregelung soll auf den 27. Oktober 2002 vorgezogen werden. Fünfter Punkt: Es gibt eine Übergangsfrist von 41 Monaten, um das Ganze umzustellen. Damit hat die Schweiz Zeit, die Anpassung an die Infrastrukturen vorzunehmen, die technischen Installationen durchzuführen, die Umweltverträglichkeitsprüfungen für das neue Reglement durchzuführen, Auflageverfahren durchzuführen, Einsprachen zu behandeln usw. Sechster Punkt ist die weitgehende Ausnahmeregelung: Eine Ausnahmeregelung, die die Schweiz bestimmen kann. Die Schweiz kann alleine bestimmen, wann in Überschreitung der Kontingentierung von 100 000 Anflügen wegen schlechten Wetters dennoch über deutsches Gebiet geflogen wird. Das ist einer der Hauptvorwürfe, die im Moment in Deutschland gegen diesen Vertrag gemacht werden, weil behauptet wird, die Schweiz mache extensiv von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch. Siebter Punkt ist die Flugsicherung über süddeutschem Gebiet: Sie wird durch die Schweiz ausgeführt, und - was neu ist - diese Flugsicherung, die durch die Skyguide durchgeführt wird, wird der Skyguide von Deutschland entgolten. Das war bis jetzt nicht der Fall. Nun wurde die Frage gestellt, ob dieser Staatsvertrag rechtmässig sei, ob er internationales Recht verletze? Es sind am Anfang der Auseinandersetzungen vor allem das Chicago-Abkommen und das Transitabkommen von Chicago ins Feld geführt worden, um eine Verletzung von internationalem Recht geltend zu machen. Das ist heute etwas in den Hintergrund getreten. Jenes Abkommen regelt den Transit und nicht die Anflüge. Was ist der Unterschied zwischen Anflügen und Transit? Er liegt dann vor, wenn die Luftstrasse verlassen wird. Beim Anflug über Süddeutschland wird die Luftstrasse verlassen. Verletzt der Vertrag EG-Recht? Das ist die zweite Frage, die sich stellt und die hier bejaht wurde. Zunächst einmal zum inhaltlichen Aspekt: Es wurde uns vorgeworfen, der Vertrag verletze den Geist der bilateralen Abkommen oder direkt die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Es sagte niemand, welchen Teil des bilateralen Abkommens dieser Vertrag verletzen soll. Der Hauptteil des Staatsvertrages betrifft die Flugsicherung, die von der Schweiz durchgeführt werden kann. Dazu gibt es nicht eine einzige Grundlage im bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Es wurde der Vorwurf gemacht, der Vertrag verletze EG-Recht, weil er eine Beschränkung des Marktzuganges bedeute. Das wäre dann der Fall, wenn der Zugang zum Flughafen Zürich eingeschränkt oder unverhältnismässig erschwert würde. Natürlich klärten wir diese Fragen ab. Die Fachstellen des Bundes sowie die von uns beauftragten Gutachter kommen zum Schluss, dass der Vertrag auch unter diesem Aspekt für die Schweiz vorteilhaft ist. Auch sieht der Bundesrat keine Grundlage, die es der Schweiz gestatten würde, deutschen Luftraum für An- und Abflüge nach eigenem Bedürfnis zu nutzen, ohne dass Deutschland etwas dagegen unternehmen könnte, dies vor allem deshalb nicht, weil es eben nicht um eine Zugangsbeschränkung, sondern letztlich um eine Frage der Verteilung der An- und Abflüge geht. Der Staatsvertrag ist deshalb keine solche Einschränkung, weil alle Flüge und auch alle Anflüge über Schweizer Gebiet geführt werden können. Der Kernpunkt ist die Verhältnismässigkeit. Die Verhältnismässigkeit wäre dann nicht gegeben, wenn, gestützt auf das neue Regime, zum Beispiel ein neuer Flughafen gebaut werden müsste. Die Beurteilung des Kriteriums Verhältnismässigkeit hängt von sehr vielen Gesichtspunkten ab, unter anderem auch von der Vorgeschichte dieses Vertrages. Es ist der Vorwurf gefallen, der Staatsvertrag diskriminiere den Flughafen Zürich. Hierzu zunächst eine Sachverhaltsbemerkung: Eine Diskriminierung läge allenfalls vor, wenn gewisse Anflüge überhaupt nicht mehr möglich wären, wenn also nur noch 100 000 Anflüge über Kloten erlaubt wären; so ist argumentiert worden. Das ist aber nicht der Fall. Die Anflüge sind unbeschränkt möglich, führen aber über Schweizer Gebiet. Die Einschränkung über süddeutschem Gebiet ist nicht gleichzusetzen mit den Einschränkungen zulasten des Flughafens Kloten, sondern es sind Einschränkungen über deutschem Gebiet. Aber alle anderen Anflüge und noch mehr Anflüge sind über schweizerischem Gebiet ohne weiteres möglich. Es wurde gesagt, bisher würde über dünn besiedeltes Gebiet in Deutschland geflogen, nach dem Staatsvertrag aber über dicht besiedeltes Schweizer Gebiet. Auch das trifft in dieser Form nicht zu; Betriebsvarianten im Zusammenhang mit der fünften Ausbauetappe zeigen, dass in der Schweiz künftig gleich viele Leute belastet werden wie beim heutigen Verkehrsaufkommen. Etwas ganz anderes sind der geplante Ausbau des Flughafens und die Kapazitätszunahme. Das hat aber mit dem Staatsvertrag nichts zu tun; die Kapazitätszunahme ist aus anderen Gründen geplant. Aber bei dieser Übernahme von Anflügen und übrigens auch beim Ausbau der Kapazität sind andere Leute betroffen, andere Schweizerinnen und Schweizer als jene, die heute betroffen sind. Das heisst rechtlich - das wurde hier auch zur Diskussion gestellt -, dass es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit deutschen Flughäfen gibt. Deutsche Flughäfen haben untereinander auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Es gibt solche, die ein ganz anderes Regime haben als z. B. München oder Frankfurt. Wenn trotzdem EG-Recht verletzt wäre, hat dieses EG-Recht Vorrang vor diesem Staatsvertrag, über den Sie jetzt befinden. Das steht in dessen Artikel 17. Das war ein wichtiger Punkt dieses Staatsvertrages. Sollten künftige Entwicklungen des EG-Rechtes den vorliegenden Fall Zürich regeln, so enthält der Vertrag mit Artikel 17 eine Klausel, welche sicherstellt, dass dann dieses künftige neue EG-Recht Anwendung finden soll. Es kommt dabei nicht darauf an, ob dies ein Vertrag ist oder ob es einseitige Massnahmen sind. Die Chance, an den gemischten Ausschuss der EU-Kommission zu gelangen, haben wir auch so, weil wir seit dem 1. Juni durch das bilaterale Luftverkehrsabkommen an der Entwicklung des EG-Rechtes partizipieren. Welches ist der Rechtsweg für die Anfechtung dieses Staatsvertrages? Für den Fall, dass dieser Staatsvertrag europäisches Recht verletzen sollte, kann die Schweiz an den gemischten Ausschuss gelangen. Dieser ist aus der EU-Kommission und der Schweiz zusammengesetzt. Die Schweiz legt dort ihre Auffassungen über eine ihrer Meinung nach vorhandene Inkompatibilität der Massnahmen mit EG-Recht dar. Die Kommission äussert sich dazu nach der Konsultation des Europäischen Verkehrsministerrates. Hingegen können Unique und Swiss nicht direkt an die Kommission und an den Ausschuss gelangen. Allenfalls können sie eine Überprüfung durch ein schweizerisches Gericht verlangen. Diese Überprüfung wird voraussichtlich erfolgen, indem die Schweiz im Rahmen des gemischten Ausschusses ihre Auffassung zum Vertrag präsentiert. Sollte der Vertrag mit dem europäischen Recht nicht vereinbar sein, so wird dies die Kommission darlegen. Bei einseitigen Massnahmen durch Deutschland gilt dasselbe Vorgehen. Es ist auch nicht anders: Die Kommission wird die einseitigen Massnahmen prüfen, nämlich unter dem Aspekt der Vereinbarkeit der Massnahmen mit dem bilateralen Luftverkehrsabkommen, beziehungsweise mit dem anwendbaren europäischen Recht. Bei einseitigen Massnahmen kann die Swiss oder die Unique an das Oberverwaltungsgericht Mannheim gelangen. Die Eidgenossenschaft ist dazu kaum aktiv legitimiert. Ein deutsches Gericht würde dabei die Frage der Kompatibilität mit EG-Recht vorfrageweise durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Das ist ein so genannter Vorabentscheid. Aber wir müssen uns auch fragen, was die Prozesschancen eines solchen Vorgehens wären. Das Oberverwaltungsgericht Mannheim, das übrigens auch schon über den Warteraum Relax zuungunsten der Schweiz entschieden hat, würde einer Klage kaum aufschiebende Wirkung geben; die Prozesschancen wären ungewiss. Für ein deutsches Gericht hat, wie vorher gesagt, die Frage der Verhältnismässigkeit ein grosses Gewicht. Zur Frage der Verhältnismässigkeit gehört die Vorgeschichte dieses Vertrages natürlich dazu. Da müssen wir sehen, dass sich Deutschland seit 1984 stets über diese Situation beschwert hat und dass einseitige Massnahmen für die Schweiz nicht überraschend kämen. Es wurde gesagt: Wir haben ja verschiedene Rechtsgutachten, Rechtsgutachten, die sich zum Teil widersprechen, Rechtsgutachten, die sogar ausdrücklich sagen, es bestünde hier eine rechtliche Unsicherheit. Man muss diese rechtliche Unsicherheit in Relation zur Chance setzen, bei einer rechtlichen Unsicherheit bei einem deutschen Gericht zu obsiegen. Die Prozesschancen bei einer rechtlichen Unsicherheit sprechen nicht für den Kläger, der aus der Schweiz bei dieser Situation in Deutschland die einseitigen Massnahmen anfechten wird.Die Frage ist also, was sind die Folgen des Staatsvertrages für die Schweiz? Zunächst einmal geht es um die Anflüge auf den Flughafen Zürich. Da muss ich wieder einen Irrtum, der hier immer wieder begangen worden ist, berichtigen: Es geht nicht um den Vergleich des heutigen Zustandes mit den Folgen des Staatsvertrages - der heutige Zustand kennt 320 000 Bewegungen und 90 Prozent Nordanflüge. Diese Frage stellt sich nicht, sondern es geht darum, was der Unterschied zwischen dem Staatsvertrag und den Folgen der fünften Ausbauetappe und des geplanten Ausbaus des Flughafens Zürich ist, eines Ausbaus, der jetzt ohnehin im Gang ist und wo jetzt die Verfahren laufen. Das sind 420 000 Bewegungen. Weil der Flughafen Zürich diese 420 000 Bewegungen als Planungswert anstrebt, will er ein so genanntes "dual landing". Ein solches "dual landing" nur mit Nordanflügen ist nicht möglich. Aber heute wird praktisch nur aus dem Norden angeflogen. Das heisst im Klartext, mit oder ohne Staatsvertrag: Es kommen ohnehin Südanflüge oder Ostanflüge, eventuell Westanflüge. Das ist jetzt im Sihlkoordinationsprozess in Diskussion. Dort werden im Moment Diskussionen um die so genannte Demokratisierung oder Kanalisierung des Lärmes geführt. Aber das hat mit dem Staatsvertrag nichts zu tun, das kommt ohnehin. Die Folgen des Staatsvertrages haben in dieser Ausbauvariante ohne weiteres ihren Platz. Deswegen ist die Diskussion und die viele Post, die Frau Zapfl bekommen hat, nicht auf diesen Staatsvertrag zurückzuführen, sondern auf den geplanten Ausbau. Deswegen wurde im "Tages Anzeiger" z. B. geschrieben, dieser Staatsvertrag regle ja die Vergangenheit und sei unter diesem Aspekt ohnehin überholt. Es wurde die Frage gestellt, ob dieser Staatsvertrag ein Präjudiz, beispielsweise für den Flughafen Genf, zur Folge habe. Da muss ich sagen: Mit Frankreich gibt es betreffend den Flughafen Genf einen Staatsvertrag, übrigens nach der Vereinbarung dieser Eckwerte hier abgeschlossen. Dieser garantiert uns die Anflüge nach Genf, weil es - das ist der grosse Unterschied zu Zürich - keine anderen betrieblichen Möglichkeiten gibt, um den Flughafen Genf anzufliegen, als über französisches Gebiet zu fliegen. Das ist in Zürich eben nicht so. Ein weiterer Punkt ist die Flugsicherung. Die Flugsicherung kann künftig durch die Schweiz durchgeführt werden, auch über süddeutschem Gebiet, und neu wird sie bezahlt. Skyguide kämpft im Moment darum, auch in Zukunft auf dem europäischen Flugsicherungsmarkt präsent zu sein. Die deutsche Flugsicherung tut dasselbe und hat natürlich allen Grund zur Freude, wenn ihr hier ein Teil dieses Flugsicherungskuchens übertragen wird. Fragen wir umgekehrt: Was sind die Folgen einer Nichtratifizierung? Hier zunächst auch wieder zur Flugsicherung. Heute hat Skyguide optimale Bedingungen für die Betriebsabwicklung in Zürich. Ohne Staatsvertrag wird die Rückübernahme der Flugsicherung durch Deutschland erfolgen. Das hinwiederum hat Folgen für die Anflüge. Es wurde in der Kommission von den Vertreter von Skyguide gesagt, das könne zu einem Sicherheitsrisiko werden. Dem muss ich widersprechen. Das dürfen wir nicht zulassen. Natürlich könnte es zu einem Sicherheitsrisiko kommen, aber es muss natürlich unsere Politik sein, alles zu machen, dass es kein Sicherheitsrisiko gibt. Wenn es aber kein Sicherheitsrisiko gibt, so hat es doch einen Einfluss bezüglich einer Reduktion der Anflugkapazität. Das heisst, die Kapazität, Zürich von Norden her anzufliegen, wird durch die Rückübernahme der Flugsicherung reduziert. Das wiederum hat einen Einfluss auf die Swiss, die keine Verspätungen möchte, die eine Qualitäts-Airline sein möchte, die Pünktlichkeit als ihr Markenzeichen haben möchte. Dasselbe gilt auch für den Flughafen. Es führt schliesslich auch zu einer Rechtsunsicherheit. Der Flughafen ist auf gesicherte Rahmenbedingungen - wie sie der Vertrag bietet - angewiesen. Die Rückübernahme der Flugsicherung hat aber nicht nur auf die Anflüge einen Einfluss, sondern auch auf die Transitflüge über schweizerisches Gebiet, also auf die Transitflüge, die über die Grenze Schweiz-Deutschland führen. Skyguide hat errechnet, dass dies zu Einnahmenausfällen von 10 bis 30 Millionen Franken führen würde. Und die Tatsache, dass Skyguide keine Abgeltungen mehr erhält - weil sie die Flugsicherung nicht mehr hat -, führt zu einem weiteren Ausfall von 25 Millionen Franken. Nun, was die Bewegungsbeschränkungen über Süddeutschland betrifft: Angedroht sind einseitige Massnahmen im Umfang der Forderungen, wie sie ausgesprochen wurden, als der Verwaltungsvertrag gekündigt wurde: 80 000 Anflüge statt 100 000 wie im Vertrag, eine Nachtregelung von 21.00 bis 7.00 Uhr statt von 22.00 bis 6.00 Uhr, ein totales Wochenendverbot statt einer eingeschränkten Wochenendregelung und eine Übergangsfrist von einem Jahr statt von 41 Monaten. Das ist angedroht - das haben Sie ja auch alles öffentlich lesen können -, da müssen Sie nicht sagen, ich mache mich zum Anwalt von Deutschland, indem ich diese Androhung hier vortrage. Es ist meine Pflicht, Sie hier davon zu unterrichten, dass diese Androhung im Raum steht. Wir wissen natürlich nicht, was genau kommt, ob das kommt. Wir müssen aber damit rechnen, dass diese öffentlich angekündigte Androhung, von der selbstverständlich auch in der Vertragsverhandlung die Rede war, auch wahr gemacht wird. Also darauf zu spekulieren, es würden die politischen Verhältnisse ändern, es sei irgendjemand dann milder gestimmt usw., das erachte ich als fahrlässig. Der Bundesrat hat mehrmals über diesen Vertrag gesprochen. Er unterbreitet Ihnen diesen Vertrag in der Meinung, es sei in dieser Situation, wo Sie zwischen diesen unberechenbaren Massnahmen mit gerichtlichen Folgen und einer solchen klaren Regelung wählen können, die optimalste Lösung. Er ist der Meinung, es sei auch eine Lösung zwischen benachbarten Ländern, die je Vorteile und Nachteile aus diesem Vertrag haben, allerdings in unterschiedlichem Masse. Die volkswirtschaftlichen Vorteile für Süddeutschland vom Flughafen Kloten werden auf etwa ein Prozent geschätzt: Für die Schweiz belaufen sich die Vorteile aus dem Flughafen auf 5,6 Milliarden Franken, für den süddeutschen Raum wurden dafür 50 Millionen Franken errechnet. Das entspricht einem Prozent. Etwa 200 von insgesamt 20 000 Arbeitskräften, die am Flughafen Zürich arbeiten, stammen aus dem süddeutschen Raum. Auch das ist etwa ein Prozent. Von daher ist die Bereitschaft Deutschlands, zwei Drittel aller Anflüge - gemessen am heutigen Niveau - zu übernehmen, eine unseres Erachtens angemessene Lösung, die befreundete Nachbarstaaten miteinander auch treffen sollen. Die Bemerkungen, die gemacht worden sind, z. B. über Grenzgänger, die aus Deutschland in die Schweiz kommen, haben doch damit überhaupt nichts zu tun. Ebensowenig der Vergleich mit den deutschen Lastwagen, die durch die Schweiz fahren, denn diese Lastwagen bezahlen dafür die LSVA. Diese LSVA ist in einem Vertrag mit der Europäischen Union und nicht mit Deutschland verankert. Es besteht zusätzlich noch das Gegenrecht, dass die schweizerischen Fuhrunternehmen nämlich auch in Deutschland fahren können. Das tun sie auch auf dem ganzen Gebiet der Europäischen Union. Wir müssen hier Gleiches mit Gleichem vergleichen. Dieser Vertrag ist eine politische Lösung statt einer prozeduralen Unsicherheit ohne Ende. Obwohl wir - die Gegner und die Befürworter - das gleiche Ziel haben, nämlich die Entwicklungsmöglichkeit des Flughafens Zürich zu wahren, haben wir eine unterschiedliche Analyse der Risiken vorgenommen, wenn dieser Vertrag abgelehnt wird oder wenn nicht auf ihn eingetreten wird. Ich habe Sie auf die Folgen mehrmals aufmerksam gemacht. Trotzdem hoffe ich nicht, dass mir die Geschichte bei einem Nein zu diesem Vertrag gewissermassen Recht geben wird - allein, es fehlt mir etwas der Glaube. Bern, 19. Juni 2002 --------------------------------------------- Fluglärm: Widerstand wird radikal Im Osten des Flughafens ist seit gestern sechs Uhr in der Frühe Ende der Sonntagsruhe. Fluglärm-Betroffene drohen nun mit massiven Störaktionen. Infobox SPEZIAL: Fluglärm und LuftverkehrVon Helene Arnet «Ich bin heute kurz vor sechs Uhr mit dem ersten Flugzeug aufgestanden», erzählt eine ältere Frau am Sonntagmorgen. Sie wohnt in Kloten genau in der Verlängerung der Piste 28. Jetzt ist die Phase 2 des Staatsvertrags mit Deutschland in Kraft. Sie bringt den Gemeinden im Osten des Flughafens von Turbenthal bis Kloten an Wochenenden und süddeutschen Feiertagen zwischen 6 und 9 Uhr morgens und ab 20 Uhr abends massiv mehr Fluglärm. Rund 200 Anflüge werden über die Ostpiste abgewickelt, damit die Nachbarn in Deutschland von Fluglärm verschont bleiben. Erst brummt es, dann grollts und dröhnts; beim direkten Überflug donnert und pfeift es. Rund 15 Sekunden versteht man am Klotener Rätschengässli sein eigenes Wort nicht mehr, wenn ein Flugzeug die Piste 28 anfliegt. Als die Siedlung vor vier Jahren gebaut wurde, wussten die künftigen Mieter, dass bei Westwindlagen, wie sie auch am Samstag bestanden, die Flugzeuge über ihre Köpfe brausen. «Hin und wieder kann man diesen Krach ertragen», erzählt ein Quartierbewohner, der mit seinem Hund unterwegs ist. Er habe in seinem Schlafzimmer einen Lüfter installiert, damit er bei geschlossenem Fenster schlafen könne. «So ging das einigermassen. Doch nun kommen die Flieger Wochenende für Wochenende.» Kurz vor 8.30 Uhr kehrt am Rätschengässli Ruhe ein. Während die Augen vorher den Himmel nach dem nächsten Flugzeug absuchten, rückt nun der Spielplatz ins Blickfeld. In der nahen Kirche singt sich eine Schar Drittklässler für den Taufgottesdienst ein, auf dem Fussballfeld, das genau in der Anflugschneise liegt, laufen sich die Spieler des zweiten FC Kloten für ihren Wettkampf gegen Egg ein. Im Klubhaus sitzt Fritz Boller, der mit seiner Frau das Beizli führt. Der Gesundheitsvorstand der Stadt Kloten wundert sich: «Das war zwar schlimm, aber nicht das ganze Programm.» Zwar seien die Flieger um sechs gleich in geballter Ladung gekommen, doch fehlten «die Grossen, und es war früher Schluss als geplant» (siehe Kasten). Fritz Boller hat vor sechs Jahren im Quartier eine Wohnung gekauft. «In vollem Bewusstsein, dass wir bei gewissen Wetterlagen Fluglärm haben.» Doch mit verordneten Ostanflügen in den Randstunden am Wochenende habe niemand gerechnet. Das Gebiet wird vom Kanton nach wie vor als «bevorzugte Wohnlage» eingestuft. Boller spricht von einem Gefühl der «Machtlosigkeit» und ist erstaunt, «dass die Leute in Kloten das so gelassen hinnehmen». Bürgeraktionen à la GreenpeaceDoch mit der Gelassenheit hat es bald ein Ende. Am Samstagnachmittag trafen sich rund sechzig Leute in der Abflughalle des Terminals A zu einer Kundgebung. Aufgerufen dazu hatte eine kleine Gruppe um Kurt Klose aus Rikon, die sich Flugwehr Ost nennt. Anwesend waren einige Mitglieder der Bürgerinitiative für solidarische Fluglärmbekämpfung (Fluglärmsolidarität), aber auch «Offizielle» wie Klotens Polizeivorstand Peter Seiler. Obwohl die Demonstration nicht bewilligt war, griff er zum Megafon, um seinem Unmut über die Behandlung durch Bern Luft zu machen. Vor allem aber erhoben enttäuschte und wütende Fluglärm-Betroffene ihre Stimme und riefen mehrheitlich dazu auf, den Widerstand zu radikalisieren. «Wir werden vom Bundesrat und dem Zürcher Regierungsrat ständig über den Tisch gezogen, verschaukelt und angelogen», wetterte Walter Hohler, ein ehemaliger Lehrer aus Nürensdorf. Legaler Widerstand bringe gar nichts, man müsse gröberes Geschütz auffahren - zum Beispiel die Zufahrt zu den Parkhäusern blockieren, schlug der aufgebrachte Mann vor. Oder Luftballons in der Anflugschneise starten, meinte eine Frau. «Dann können die Flugzeuge nicht landen.» Willy Zweifel, ein Gymnasiallehrer aus Schlatt, erklärte: «Die legalen Aktionen sind in der Luft verpufft, wir müssen radikalere Bürgeraktionen à la Greenpeace organisieren.» Er schlägt vor, die drei federführenden Regierungsräte morgens um sechs Uhr mit Fluglärm zu beschallen. Felix Jaccaz, Vizepräsident der Bürgerinitiative Fluglärmsolidarität, hörte sich die Voten ruhig an. Offiziell könne sein Verein illegale Massnahmen nicht unterstützen, erklärte er den Versammelten. Doch soll man bei den nächsten Wahlen den politisch Verantwortlichen die Rechnung präsentieren. Und an den vom Verein Fluglärmsolidarität geplanten, legalen Aktionen wie den Mahnfeuern in der Ostschneise teilnehmen. Am Rand der Kundgebung ergänzte er: «Wir sind froh um alles, was gemacht wird. Als Verein können wir nicht zu illegalen Massnahmen aufrufen, doch so lange diese nicht eskalieren, haben wir nichts dagegen. Kaiseraugst wurde auch nur dank massivem Widerstand verhindert.» Franz Brunner, Gemeindepräsident von Nürensdorf, distanziert sich von illegalen Aktionen, doch versteht er die Wut und Staatsverdrossenheit der Bewohner der Ostgemeinden. In einem offenen Brief an Bundesrat Moritz Leuenberger schreibt er als Präsident der IG Ost: «Weil alle Mittel demokratischer und juristischer Art abgeblockt sind, steht unserer Bevölkerung nur noch der Weg über gezielte Aktionen zur Störung des ordentlichen Betriebsablaufs offen.» In Gedanken spielt Brunner die Gründung einer unabhängigen Republik Ostgemeinden durch. «Dann könnten wir der EU beitreten und bekämen sicher unser Recht.» --------------------------------------------- Positionspapier der Bürgerinitiative gegen Flugverkehrsbelastungen im Landkreis Konstanz Hinweis! Die Bürgerinitiative gegen Flugverkehrsbelastungen im Landkreis Konstanz ist der Urheber dieses Textes. Das Höri-Forum übernimmt keinerlei Verantwortung für ihn. Aufgabe der Bürgerinitiative: Zweck des eingetragenen & gemeinnützigen Vereins ist in erster Linie der Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm, verursacht durch An- und Abflüge des Flughafen Zürich, sowie anderen nachteiligen Auswirkungen des Luftverkehrs im Landkreis Konstanz. Die Basis dafür ist der völkerrechtliche Grundsatz, dass jedes Land die Lasten seiner Einrichtungen zunächst selber zu tragen hat. Eine weitere Aufgabe der Bürgerinitiative besteht darin, die Einwohner des Landkreises Konstanz, insbesondere des Hegaus und der Höri, über die aktuellen Entwicklungen der Fluglärmsituation zu informieren und indirekt ihre Interessen bei den entsprechenden Gremien zu vertreten. Rahmenbedingungen: Der Landkreis Konstanz grenzt unmittelbar an die Schweizer Grenze. Die Entfernung zur Stadt Zürich und deren Flughafen Kloten (UNIQUE Zürich Airport) beträgt ca. 60 bis 80 km. Durch den An- und Abflugverkehr zu diesem Flughafen, derzeit ca. 325.000 Flugbewegungen jährlich, entstehen erhebliche Beeinträchtigungen der Wohn- und Lebensqualität der Süd-Baden-Württembergischen Bevölkerung. Über 95% aller Anflüge und ein nicht unerheblicher Anteil der Starts werden zur Schonung der Schweizer Bevölkerung über Süddeutschem Hoheitsgebiet abgewickelt. Zur Eindämmung der ungerechten Lastenverteilung wurde ein Staatsvertrag zwischen den beiden Ländern ausgehandelt und am 18. Oktober 2001 unterschrieben. Der berechtigte Anspruch der Süd-Baden-Württembergischen Bevölkerung auf Erhalt der Lebensqualität in ihrer Region wurde dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Die Ratifizierung des Vertrages von beiden Parlamenten steht noch aus. Hintergrund: Mit dem Bau der Hauptlandepiste 14 im Jahr 1970 nach Norden mit einer Grenzentfernung von 13,2 km begann der Kampf der Süd-Baden-Württembergischen Bevölkerung gegen die ungerechte Lastenverteilung auf die deutsche Grenzseite. Eine im Jahr 1984 geführte Klage vor dem Landgericht Waldshut führte zu einer Verwaltungsvereinbarung, die den belasteten Gemeinden im süddeutschen Raum eine Erleichterung bringen sollte. Die Verwaltungsvereinbarung sah als wesentliche Elemente vor, dass nicht nur die Piste 14, sondern auch die Piste 16, die ebenfalls nach Norden, jedoch über Schweizer Gebiet führt, ausgewogen genutzt wird. Des weiteren sollte eine Nachtruhe von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr gelten. Da diese Vereinbarungen durch die Schweiz nicht eingehalten wurden, erfolgte die Kündigung der Vereinbarung zum 31. Mai 2001 durch die Deutsche Bundesregierung. Die Zahl der Flugbewegungen nahm in den letzten Jahren rasant zu. Im Jahr 1995 stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung dem Ausbau des Flughafens zu. Der Abstimmung lag eine Prognose von 250.000 Flugbewegungen für das Jahr 2005 zugrunde. Diese Anzahl war jedoch bereits im Jahr 1998 erreicht. Derzeit liegt das jährliche Aufkommen bei ca. 325.000. Die Prognose für das Jahr 2010 liegt bei 420.000 Flugbewegungen. Das ist eine Größenordnung, die derzeit der J.F.K.-Airport in New York hat. Da die Schweiz mit ca. 7 Millionen Einwohnern einen derartigen Mega-Hub nicht mit dem Heimatmarkt füllen kann, werden über 40% der Passagiere als Umsteigepassagiere herangeflogen. Tickets wurden teilweise im Ausland günstiger angeboten als auf dem Heimatmarkt. 1996 wurden alle Langstreckenflüge von Genf nach Zürich verlegt, um die Zahl der Flugbewegungen in die Höhe zu treiben. Begründet wurde diese Expansionspolitik mit dem Wettbewerb. Trotzdem steht der UNIQUE Zürich Airport mit einer Auslastung der Flugzeuge von 68 Passagieren pro Flugbewegung lediglich an 10. Stelle in Europa. Der Konkurs der Swissair sowie die katastrophalen Ereignisse in den USA haben kurzfristig zu einer Reduzierung der der Flugbewegungen und damit zur Reduzierung der Lärmbelastung geführt, die Planungen des Flughafens Zürich gehen jedoch lediglich von einer vorübergehenden Reduzierung der Flugbewegungen aus. Es wäre töricht zu glauben, dass die Ereignisse vom September 2001 zu einer Reduzierung der Lust am Fliegen zur Folge hätte. Warteschleife SAFFA: Vor dem 18.05.2000 gab es für Flugzeuge, die nicht unmittelbar auf den Flughafen Zürich landen konnten, zwei Warteräume, EKRIT im Landkreis Waldshut und SAFFA (der Begriff steht für "Schaffhausen") über dem Hegau im Landkreis Konstanz. Zu diesem Datum wurde die Schnittstelle zur Schweiz an die Umstrukturierung des Europäischen Luftraumes angepasst. Zur Entlastung von SAFFA und EKRIT wurden zwei weitere Warteräume eingerichtet. RILAX im Landkreis Schwarzwald-Baar über Donaueschingen und RAPEX in der Schweiz bei Rapperswil. Gleichzeitig erfolgte die Drehung der Warteschleife SAFFA um 40 Grad nach Osten. Über der Höri und dem Radolfzeller Winkel, die bis dahin von Flugemissionen weitestgehend verschont waren, entstanden neue Betroffenheiten für die Bevölkerung. Der Warteraum RAPEX in der Schweiz wird nicht genutzt, da Südanflüge auf den Flughafen nicht vorgesehen sind. Die Ausrichtung der genutzten Warteräume erfolgte ausschließlich für Nordanflüge. Selbst wenn ein Flugzeug beispielsweise aus Mailand kommt, wird der Anflug über süddeutsches Gebiet gelenkt. Die unterste Flughöhe, mit denen die Warteverfahren im Staatsvertrag festgeschrieben wurden, beträgt für SAFFA und EKRIT Flugfläche 60 = 6.000 Fuß, das entspricht ca. 1850 m über dem Meeresspiegel. Abzüglich der hiesigen Geländehöhe von ca. 450 m ergibt sich eine Höhe über Grund von 1400 m. Laut der Verwaltungsvereinbarung von 1984 darf die Höhe in Ausnahmefällen sogar nur Flugfläche 50 = 5.000 Fuß (1.050 m über Grund) betragen. Die Warteschleifen dienen dem Flughafen als Puffer für die geregelte Abwicklung des Landeverkehrs. Die Belastung ergibt sich aus verschiedenen Faktoren wie etwa einer Kapazitätsbeschränkung der Hauptlandepiste 14, oder aus meteorologischen Gründen wie z. B. Nebel. Bei schlechter Witterung können derzeit nur 20 Flugzeuge pro Stunde landen, bei schönem Wetter sind 40 Landungen kalkuliert. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch politische Vorgaben in der Schweiz. Zur Schonung der Stadt Zürich und der Bewohner des Zürichseeufers bilden Südanflüge eine Ausnahme, obwohl diese technisch durchaus machbar sind. Bedingt durch die Verwirklichung der Mega-Hub-Strategie kommt es zu einer erheblichen Verdichtung von Flugbewegungen in bestimmten Zeitfenstern. Hub steht für eine Interkontinentale Drehscheibe. Möglichst alle Passagiere zu den verschiedenen Destinationen sollen zeitgleich umsteigen. Ab 21.00 Uhr kommt steigernd die Zürcher Nachtruhe hinzu. Zusätzlich zu den Landungen erfolgen ab dieser Uhrzeit alle Starts nach Norden. Die Flugzeuge starten und landen in Gruppen. Während der Startphase kreisen die zur Landung anstehenden Flugzeuge in den Warteschleifen. Die deutsche Lufthansa empfiehlt daher ihren Piloten, beim Anflug auf Zürich mehr Kerosin mitzunehmen, da damit zu rechnen ist, dass diese bis zu einer Stunde in den Warteräumen kreisen müssen. Zusammen ergibt sich so eine intensive Nutzung der Warteschleifen, zu Spitzenzeiten bis nach 23.00 Uhr. Zusätzliche Belastungen ergeben sich im Landkreis Konstanz auch durch startende Flugzeuge mit nördlicher Destination. Diese fliegen nicht, wie im CILO 2000-Konzept vorgesehen auf Schweizer Seite bis Romanshorn (Navigationspunkt BODAN), sondern kürzen, um Verspätungen (durchschnittliche Abflugverspätung: mehr als 30 Minuten) aufzuholen, über den westlichen Teil des Bodensees ab. Um dieses zu ermöglichen, wird das Warteverfahren SAFFA bewusst auf einer niedrigen Flughöhe gehalten. Die Bürgerproteste im Schwarzwald-Baar-Kreis haben bewirkt, dass der Warteraum RILAX durch eine Betriebsvereinbarung auf FF 130 angehoben wurde. Die Proteste des Landkreises Konstanz werden ignoriert. Staatsvertrag: Am 18. Oktober 2001 haben der Direktor des Schweizerischen Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL), André Auer, und der Deutsche Botschafter in der Schweiz, Reinhard Hilger, in Bern den Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland über den Luftverkehr unterzeichnet. Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages haben über dreijährige Verhandlungen zwischen den zwei Ländern ihr vorläufiges Ende gefunden. Die Details werden von der Deutsch-Schweizerischen Luftverkehrskommission ausgearbeitet. Der Staatsvertrag regelt einerseits die Flugsicherung über süddeutschem Gebiet, die verfassungswidrig vom Schweizer Unternehmen Skyguide durchgeführt wird. Anderseits legt er die Modalitäten für An- und Abflüge auf den beziehungsweise vom Flughafen Zürich über das Territorium Deutschlands fest. Einer der Kernpunkte ist die Limitierung der Anzahl der Flüge auf 100'000 pro Jahr auf den Flugfläche 60 (ca. 1.400 m über Grund) bis 100 (ca. 2600 m über Grund) ab Februar 2005. Bis zu diesem Termin verspricht die Schweiz, eine jährliche Obergrenze von 154'000 Flugbewegungen unter der Flugfläche 100 nicht zu überschreiten. Als erste vorgezogene Maßnahme des Vertrages gilt ab dem 19. Oktober 2001 eine Nachtflugsperre über Süddeutschland zwischen 22.00 und 06.00 Uhr. Mit dem Winterflugplan 2002 tritt die zweite vorgezogene Maßnahme, eine Flugsperre zwischen 20.00 und 09.00 Uhr an Wochenenden, in Kraft. Ausgenommen von diesen Einschränkungen sind Flüge, welche bedingt durch zwingende äußere Umstände wie Sicherheitsgründe, ungünstige Wetterbedingungen, Pistensperrung infolge von Unfällen, Flüge des Such- und Rettungsdienstes und Ausfälle von Navigationssystemen über süddeutsches Gebiet anfliegen müssen. Der Vertrag bedarf noch der Ratifizierung durch die Eidgenössischen Räte und durch den Deutschen Bundestag. Die berechtigten Forderungen der Süd-Baden-Württembergischen Bevölkerung für den Erhalt der Lebensqualität in ihrer Region sind im Staatsvertrag nicht ausreichend berücksichtigt. Luftverkehrskommission: Die Luftverkehrskommission wurde nach Abschluss des Staatsvertrages ins Leben gerufen. Ihr gehören Vertreter des Deutschen Bundesverkehrsministeriums, des Schweizerischen Bundesamtes für Zivilluftfahrt, Experten der beiden Flugsicherungen Skyguide und DFS, Vertreter des Züricher Flughafens sowie einem Vertreter des Regierungspräsidiums Freiburg an. Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, Empfehlungen für die Implementierung der im Staatsvertrag festgelegten Bestimmungen zu erarbeiten. Die Überwachung der Einhaltung der im Staatsvertrages festgelegten Vereinbarungen wird eine weitere Aufgabe darstellen. Vertreter der Bürgerinitiative gegen Flugverkehrsbelastung im Landkreis Konstanz werden auf Regierungsbezirksebene in einer sogenannten "Begleitkommission zur Unterstützung der Badenwürttembergischen Mitglieder der Luftverkehrskommission" versuchen, die Interessen der Bürger des Landkreises wahrzunehmen. Forderungen der Bürgerinitiative: Ausgehend von dem völkerrechtlichen Grundsatz, dass jedes Land die Lasten seiner Einrichtungen zunächst selber zu tragen hat, fordert die Bürgerinitiative: · Die Verlegung der Warteräume über Deutschem Hoheitsgebiet in die Schweiz. · Die Anhebung der Überflughöhe im Landkreis Konstanz, keine Flüge unter FF 130 (ca. 3500 m über Grund). · Die Wahrnehmung der Flugsicherung im Süden Baden-Württembergs durch die Deutsche Flugsicherung DFS (grundgesetzkonform). · Die Begrenzung der Anflüge über Deutsches Hoheitsgebiet auf 80.000 pro Jahr. · Die Einhaltung des CILO 2000 Konzeptes von startenden Flugzeugen (keine Abkürzungen über den westlichen Bodensee). · Keine Nachtflüge in der Zeit von 21:00 bis 7:00 Uhr. · Die Durchsetzung der Maßnahmen per Rechtsverordnung. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage: --------------------------------------------- 30 Jahre Proteste Seit Jahrzehnten kämpfen die süddeutschen Gemeinden gegen die stetig zunehmenden Überflüge. Mit der Kündigung der Vereinbarung aus dem Jahre 1984 hat der Konflikt zwischen den Gemeinden des Landkreises Waldshut und dem Flughafen Kloten einen neuen Höhepunkt erreicht. Jetzt geraten der Flughafen Kloten und die für den Luftverkehr zuständigen Bundesämter in Bern unter Druck. Die SPD-Regierung in Berlin hat mehr Gehör für die Anliegen der weit entfernten Süddeutschen als die ehemalige Regierung Kohl. Die Anfänge des Konflikts reichen weit zurück. Bereits vor 30 Jahren beschwerten sich Einwohner der Orte Klettgau und Hohentengen, unterstützt von den Behörden, gegen die stetig wachsende Zahl von Anflügen und den damit verbundenen Fluglärm über ihrem Gebiet. Manifestationen, Protestschreiben sowie Strafklagen von Bürgermeistern und Bürgerinitiativen gegen das deutsche Bundesverkehrsministerium in Bonn blieben ohne Erfolg. Noch 80 000 Flüge geduldet Erst nach einem Prozess vor dem Landsgericht Waldshut kam 1984 eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und Deutschland zu Stande, wonach die Anflüge ausgewogener auf die V- und Blindlandepiste in Kloten verteilt werden müssen. Die Vereinbarung konnte jedoch vom Flughafen Kloten praktisch nie eingehalten werden. Der Grund: Es gab immer mehr Anflüge über süddeutsches Gebiet. 1984 waren es 65 000 pro Jahr, zehn Jahre später bereits 112 000 und im vergangenen Jahr waren es 140 000. Die Anflüge wurden immer mehr auf die V-Piste verlagert, um die Blindlandepiste freizuhalten und damit Kapazität zu gewinnen. Weiter aufgeschreckt haben die süddeutschen Gemeinden die neuen Luftverkehrsprognosen für Kloten (420 000 statt 250 000 Bewegungen im Jahre 2010). Die Gemeinden haben deshalb auch gegen den Ausbau des Flughafens beim Bundesgericht Beschwerden eingereicht. Die Süddeutschen wollen den Flughafen Kloten nicht abwürgen, aber sie verlangen unter anderem nicht mehr als 80 000 Überflüge pro Jahr über ihr Gebiet. (smd) ta vom 24.05.2000 ( ) [23.05.2001] Fenster schließen Der Donnerschlag aus Deutschland Im Interesse des Flughafens Kloten hat der Bundesrat seit Mai die Lärmgrenzwerte erhöht. Das wird jetzt zum Bumerang. Ein Lärmschutzexperte erklärt wieso. Von Robert Hofmann Am 23. Mai brachten die Mittagsnachrichten die trockene Meldung von der Kündigung der Verwaltungsvereinbarung von 1984 durch Deutschland. Diese hatte bisher die Benützung des süddeutschen Luftraums für Anflüge nach Zürich-Kloten geregelt. Mit der Kündigung kamen zugleich die deutschen Vorstellungen über die Zukunft: nicht mehr als 80 000 (tiefe) Überflüge, Ruhe von 21 bis 7 Uhr und Ruhe am Wochenende. Die Konsternation in Zürichs Öffentlichkeit ist gross. Um diesen nachbarlichen Donnerschlag zu verstehen, muss die Vorgeschichte betrachtet werden. Die ursprüngliche Konzeption sah die Westpiste (28) als Hauptstartpiste vor, die Blindlandepiste (16) als Hauptlandepiste mit Anflug von Norden über Erzingen im Klettgau und Höri. Diese Piste diente zugleich als Startpiste nach Norden für schwere Langstreckenflugzeuge. Später wurde die V-Piste (14) als Landepiste gebaut, mit Anflug über Kaiserstuhl, Weiach und Stadel. Die neu betroffenen süddeutschen und schweizerischen Gemeinden wehrten sich mit geringem Erfolg gegen den Lärm. Sie verlangten wenigstens eine gleichmässige Verteilung der Flüge auf die beiden Landepisten, was schliesslich auch Inhalt der schweizerisch-deutschen Vereinbarung wurde. Ein langfristiger Staatsvertrag als solide Grundlage kam damals trotz intensiven Bemühungen der schweizerischen Seite nicht zu Stande. In der Folge hielt der Flughafen diese Vereinbarung nicht annähernd ein, denn jahrelang erfolgten etwa drei Viertel der Landungen auf der Piste 14. Dies war die Folge der zunehmenden Benützung der Blindlandepiste (16) als Startpiste nach Süden. Zum Vergleich: 1978 gab es 6705 Starts, 1998 waren es bereits 36 265. Die undurchsichtigen Vorgänge um die Bewegungszahlen in der Abstimmung von 1995 über den Flughafenausbau, die nachträgliche Erhöhung der Verkehrsschätzungen von 240 000 auf 420 000 Bewegungen pro Jahr und schliesslich das jüngste Zurechtbiegen der Lärmgrenzwerte auf passende Höhe zeigte den deutschen Nachbarn die Entwicklungsrichtung in aller Deutlichkeit. Sie zogen die Notbremse. Sicher hätten wir im umgekehrten Fall nicht anders gehandelt. Mehr Kapazität, mehr Lärm Es ist zwar anzunehmen, dass ein verhältnismässig breiter Spielraum für Verhandlungen besteht. Mit Sicherheit ist aber davon auszugehen, dass selbst die heutige Zahl der jährlichen Anflüge über deutsches Gebiet nur schwer gehalten werden kann (1998: 122 000), geschweige denn die rund 200 000 prognostizierten. Die erste Folgerung ist sehr klar: Soll der Flughafen die geplante und im Bau befindliche Kapazität tatsächlich ausschöpfen, so werden rasch mehrere 10 000 Landungen jährlich über schweizerischem Gebiet durchzuführen sein. Ein Blick auf die Karte zeigt sofort, dass dazu nur die Blindlandepiste (34) und die V-Piste (32) in Frage kommen. Vermutlich wird sich aber herausstellen, dass ein Gemisch von Landungen aus Norden und aus Süden betrieblich nachteilig ist. Der Flughafen könnte gezwungen sein, den überwiegenden Teil der Landungen auf der Piste 32 oder 34 durchzuführen. Prima vista bietet sich die V-Piste (32) als bessere Variante an, weil dann die Westpiste kreuzungsfrei für die Starts benutzt werden kann. Für Langstreckenstarts steht die lange Piste 34 zur Verfügung, wie 1970. Die Flugzeuge werden vor dem Rhein abdrehen und brauchen das deutsche Gebiet nicht zu überfliegen. Muss Dübendorf zumachen? Was geometrisch recht einfach ist, nämlich eine Spiegelung, stösst vermutlich auf einige raumplanerische Schwierigkeiten. Das Aufreihen auf den Gleitweg des Instrument Landing Systems (ILS) muss wohl im Raume Uster geschehen. Die Rolle von Kaiserstuhl wird dann von Greifensee übernommen, dieses wird in etwa 600 m Höhe überflogen, gefolgt von Schwerzenbach und Dietlikon. Kloten würde seinem Ruf als Flughafenstadt gerecht. Die grossen Vögel haben dort noch eine Höhe von rund 150 m über Grund, je nach Lage der Landeschwelle. Der Militärflugplatz Dübendorf wird etwa in Pistenmitte überflogen; er muss dann wohl den Betrieb einstellen, was aber sicher im wirtschaftlichen Landesinteresse keine Probleme bereiten würde. Als Warteraum für das Aufreihen auf den Gleitweg bietet sich das Gebiet Pfäffikersee bis Zürichsee an. Landende Flugzeuge sind erheblich leiser als startende. Es besteht keine Gefahr, dass diese Pläne auf gesetzliche Hindernisse wegen des Lärms stossen, denn durch den Beschluss des Bundesrates vom 12. April dieses Jahres sind nun die Grenzwerte für Fluglärm so hoch angesetzt, dass alles, was dann zu hören sein wird, nicht als Lärm bezeichnet werden kann. Auf diese Weise ist auch das Problem der Entschädigungen recht elegant gelöst - es braucht keine. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass in diesem Gebiet ein wohlwollendes Klima für den Luftverkehr herrscht. Das lässt sich aus der durchwegs hohen Zustimmung zum Flughafenausbau und zur Privatisierung des Flughafens in diesen Gemeinden ablesen. Der Rechtsvertreter des Kantons Zürich hat denn auch am 24. Mai vor Bundesgericht ganz trefflich festgehalten, dass "die Entscheidung für Kloten als wachsenden Hub der Swissair demokratisch breit abgestützt sei und diese Luftverkehrspolitik nicht einfach auf eine Minderheit ausgerichtet werden könne". (NZZ Nr. 122, S. 45). Minderheit könnte Mehrheit werden Falls der Anflug auf die Piste 32 nicht zu Stande kommt, besteht mit Piste 34 eine zweite Variante. Zumikon wird dabei, wie heute Kaiserstuhl, überflogen. Ob aber die Stadt Zürich den Tiefflug über Schwamendingen hinnehmen wird, ist offen. Hier könnte die Minderheit zur Mehrheit werden und sich erfolgreich wehren, was den bisherigen Anrainergemeinden nie gelungen ist. Diese werden auch beim Anflug von Süden nichts zu lachen haben, denn dann müssen etwa dreimal so viele Starts wie heute nach Norden gehen und vor dem Rhein über den Aargau oder in Richtung Bodensee abdrehen. Die Situation ist bitter ernst und wird böse Streitereien zur Folge haben. Eine Verkürzung des Endanflugs von Norden unter Vermeidung des deutschen Luftraums ist im Instrumentenflug technisch nicht möglich. Selbst wenn nur ein Teil der deutschen Forderungen erfüllt werden muss, bedeutet es entweder das oben beschriebene Szenario oder den Verzicht auf die Entwicklung. Für Letzteres reicht die heutige Kapazität. Was geschieht mit den investierten Mitteln? Lässt sich der Bau überhaupt weiterführen, nachdem nun der Umweltverträglichkeitsbericht von 1995 Makulatur geworden ist? Im Fall Lugano-Agno hat das Bundesgericht vor kurzem entschieden, dass eine Prognose, die sich als massiv falsch herausstellt, neu berechnet werden muss. Einstweilen wird man das Problem in Zürich und Bern herunterspielen. Schliesslich könnte Frankreich in Genf auf ähnliche Ideen kommen. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass sich hier die Interessenpolitik in fataler Weise gegen ihre Urheber gerichtet hat. Durch das Anheben der Grenzwerte auf Druck des Luftverkehrs hat der Bundesrat ein wichtiges Argument für die Verhandlungen aus der Hand gegeben. Er hätte die grosse Zahl von Personen präsentieren können, welche neu über dem Immissionsgrenzwert belastet werden. Da es sich in der Schweiz um dicht besiedelte Gebiete handelt - im Gegensatz zum deutschen Grenzgebiet -, wäre dies wohl ein stichhaltiges Argument geworden. Nun ist der verordnete Immissionsgrenzwert aber so hoch, dass er im Gebiet der Landeanflüge nur in nächster Flughafennähe überschritten wird, der Lärm also überall sonst geduldet werden muss. "Lärmmanagement ohne Tabu"? Wer hat uns in diese desolate Situation gebracht? Die Verwaltungsvereinbarung mit Deutschland ist schon seit 1984 als Problem erkannt. Warum wurde auf einem so unsicheren Fundament eine fünfte Ausbauetappe mit Milliardeninvestitionen geplant? Wenn diese Gefahr von den Entscheidungsträgern übersehen worden ist, muss ihnen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt werden. Man gibt sich heute in den Führungsetagen äusserst überrascht, doch lässt der oberste Chef des Flughafens im Fernsehinterview verlauten, dass die Pläne auch für diesen Fall bereitliegen. Der Zürcher Volkswirtschaftsdirektor spricht vom "Lärmmanagement ohne Tabu". So deutet manches darauf hin, dass hier ein kalkuliertes Risiko eingegangen wurde. Wenn die Bauarbeiten in Schwung sind, werde niemand mehr den Ausbau aufhalten können, lautet wohl die Überlegung. Ob diese Rechnung aufgeht? Oder droht die Gefahr, dass der Zürcher Flughafen wirklich einzigartig wird - als Fehlinvestition? ta vom 02.06.2000 ( ) [23.05.2001] http://www.tagi.ch/ta/taOnlineArtikel?ArtI...mp;rubrikid=178 --------------------------------------------- Brüsseler Anmerkungen zum Flugstreit - EU-Kompatibilität als juristische Knacknuss (NZZ, 25.08.2001) Ob der umstrittene Staatsvertrag zum Flughafen Zürich oder allfällige unilaterale deutsche Massnahmen mit EU-Recht vereinbar wären, ist auf Basis der bisherigen Informationen nicht eindeutig zu beantworten. Zwar wird die Schweiz mit Inkraftsetzung ihres Luftverkehrsabkommens mit der EU in den Luftverkehrs-Binnenmarkt eingegliedert. Dieser lässt aber Einschränkungen aus Umweltschutzgründen zu. Ht. Brüssel, 24. August Ja, die EU-Kommission sei über die Verhandlungen Deutschlands mit der Schweiz über einen Staatsvertrag zur Begrenzung der Flugbewegungen über Süddeutschland informiert. Nein, sie kommentiere diese nicht. Viel mehr ist - mitten in der Sommerpause - offiziell in Brüssel zu diesem Thema nicht zu hören. Wer hingegen in den einschlägigen Rechtstexten liest und in Kommissionskreisen nachbohrt, gerät in ein juristisches Dickicht voller offener Fragen. Immerhin gehört zu den sieben bilateralen Verträgen, welche die Schweiz mit der EU ausgehandelt hat, die aber noch nicht in Kraft sind, auch ein Luftverkehrsabkommen. Dieses integriert die Eidgenossenschaft in den Binnenmarkt für den Luftverkehr. Hier gilt im Prinzip Dienstleistungsfreiheit: Luftfahrtunternehmen der EU und der Schweiz dürfen zwischen jedem Punkt in der Schweiz und jedem Flughafen in der Gemeinschaft fliegen. Zentral ist vor allem die Verordnung Nr. 2408 von 1992, welche zum dritten Paket zur Luftverkehrsliberalisierung gehört, den EU-Fluggesellschaften Zugang zu allen Strecken innerhalb der Gemeinschaft gewährt und deren Geltungsbereich künftig auf die Schweiz ausgeweitet wird.Das Luftverkehrsabkommen geht vor Vergleichsweise klar ist die Hierarchie: Gemeinschaftsrecht bricht nationales oder bilaterales Recht. Deshalb spielt es nach Einschätzung von Kommissionsquellen keine entscheidende Rolle, ob der Staatsvertrag oder eine einschlägige deutsche Verordnung vor oder nach Inkraftsetzung der Abkommen Schweiz - EG beschlossen oder implementiert werden: Sobald das Luftverkehrsabkommen Schweiz - EG in Kraft tritt, geht dieses vor. Auch macht es für die Beurteilung der EU-Kompatibilität keinen Unterschied, ob die geplanten Flugbeschränkungen durch einen Staatsvertrag oder eine einseitige deutsche Massnahme eingesetzt werden.Zurückgewiesen wird in der Kommission das - etwa vom Rechtskonsulenten des Unique Airport Zürich, Zurkinden, vorgebrachte - Argument, Deutschland könne gar kein solches Abkommen mit einem Drittstaat schliessen, weil mit harmonisierten Luftverkehrsregeln «Gemeinschaftskompetenz» geschaffen worden sei (vgl. NZZ vom 13. 8. 01). Dem hält man in Brüssel entgegen, beim derzeitigen (unvollendeten) Stand der Harmonisierung der Luftverkehrsrechte gebe es noch Spielraum für Abkommen der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten. Wie gross dieser ist, ist jedoch eine potenzielle Streitfrage.Verhältnismässigkeit als Streitpunkt Schwierig zu beantworten ist die Frage, ob die über Süddeutschland vorgesehenen Beschränkungen gemäss geltendem EU-Recht zulässig sind. Die erwähnte Verordnung 2408/92 lässt den Mitgliedstaaten Spielraum für Einschränkungen unter anderem aus Umweltschutzgründen. Laut Art. 8/2 unterliegt die Ausübung von Verkehrsrechten «gemeinschaftlichen, einzelstaatlichen, regionalen oder örtlichen Vorschriften in den Bereichen . . . Umweltschutz . . .», und gemäss Art. 9/2 kann ein Mitgliedstaat im «. . . Fall von ernsthafter Überlastung und/oder Umweltproblemen . . . die Ausübung von Verkehrsrechten von bestimmten Bedingungen abhängig machen, einschränken oder verweigern . . .». Derartige Einschränkungen dürfen indessen «keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder der Identität von Luftfahrtunternehmen» enthalten, sie müssen verhältnismässig sein und dürfen den Wettbewerb zwischen Luftfahrtunternehmen «nicht unangemessen» beschränken. Auch das Luftverkehrsabkommen Schweiz - EU untersagt in Art. 3 Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit.Damit erscheinen - wie von Zurkinden beschrieben - vor allem die Verhältnismässigkeit, aber auch die Nichtdiskriminierung und die Wettbewerbsneutralität als mögliche wunde Punkte. Doch diese Prinzipien sind interpretationsbedürftig. Würde Deutschland nur die Überflüge von Swissair-Maschinen einschränken wollen oder Südbaden zur Flugverbotszone erklären, wäre der Fall klar: Das eine wäre diskriminierend, das andere unverhältnismässig. Liegt aber beispielsweise schon eine Unverhältnismässigkeit vor, weil die Lärmschutzziele durch eine Begrenzung der Lärmmenge statt der Zahl der Überflüge «sanfter» zu erreichen wären, oder führen unterschiedliche Regeln innerhalb Deutschlands zu Diskriminierung oder Wettbewerbsbeschränkungen für die Swissair oder ihren Heimatflughafen Zürich? Die Antworten auf derartige Fragen zu den im vorliegenden Fall angestrebten Einschränkungen sind nicht von vorneweg eindeutig.Wer entscheidet Streitfragen? Wer also müsste derartige Streitfragen entscheiden? Zur Verwaltung, Anwendung und Auslegung ihres Luftverkehrsabkommens werden die EU und die Schweiz einen gemischten Luftverkehrsausschuss Gemeinschaft/Schweiz einsetzen, in dem beide Seiten sitzen (wobei die EU durch die Kommission vertreten ist) und der «im gegenseitigen Einvernehmen» entscheidet. Allerdings ist schwer vorstellbar, dass die Schweiz in diesem Ausschuss einen Staatsvertrag anfechten will und kann, den sie selbst mitunterzeichnet hat. Hingegen könnte sie dort die vom deutschen Verkehrsminister Bodewig angedrohte unilaterale Verordnung zur Sprache bringen.Zudem muss die Kommission die im Rahmen der Verordnung 2408/92 möglichen Luftverkehrsbeschränkungen durch Mitgliedstaaten «auf Antrag eines Mitgliedstaates oder von sich aus» auf ihre Zulässigkeit prüfen. Nach Inkraftsetzung des Luftverkehrsabkommens könnte auch die Schweiz einen solchen Prüfantrag betreffend allfällige deutsche Verkehrsbeschränkungen vorbringen. Es läge dann an der Kommission, deren EU-Kompatibilität zu prüfen und gegebenenfalls gegenüber Deutschland durchzusetzen. Auch dies erscheint indessen eher als Option im Falle unilateraler deutscher Massnahmen, nicht bei einem von der Schweiz unterzeichneten Staatsvertrag. Ein betroffenes Schweizer Unternehmen wie die Swissair oder Unique Airport hingegen kann laut der Kommissionsquelle nicht direkt an die Kommission gelangen, sondern müsste sich an die es vertretende Vertragspartei, also an die Schweiz, halten. Erstaunlich erscheint für den Aussenstehenden angesichts der vielen offenen Fragen, dass es die Schweiz bisher unterlassen hat, zur Klärung der EU-Dimensionen mit der Kommission Kontakt aufzunehmen. Neue Zürcher Zeitung, Ressort Inland, 25. August 2001, Nr.196, Seite 17 http://www.parlament.ch/D/dossiers/luftver...let=get_content --------------------------------------------- Fluglärm: Für Goldküste-Gemeinden sind Anflüge südlich des Rheins die Lösung Landeanflüge quer übers Zurzibiet? Die Südgemeinden des Flughafens Zürich-Kloten wollen mit allen Mitteln Anflüge über ihr Gebiet verhindern – wenn möglich auf dem Buckel des Zurzibiets. «Gekröpfter Nordanflug» nennt sich die von den Südgemeinden ins Spiel gebrachte Variante, bei welcher der Flughafen via Würenlingen und Surbtal angeflogen werden soll. Lange gemunkelt Lange war darüber gemunkelt worden – jetzt liegt der Vorschlag auf dem Tisch: Anstatt den Flughafen Zürich-Kloten während des am Wochenende über Deutschland geltenden Flugverbots von Süden und Osten her anzufliegen, sollen die Maschinen die Landepisten weiterhin von Norden her ansteuern. Allerdings nach einem anderen Verfahren. Dieses nennt sich «gekröpfter Nordanflug», was nichts anderes als «krummer Nordanflug» bedeutet. Und das funktioniert so: Anstatt nördlich des Rheins in Richtung Osten zu fliegen, werden die Piloten einfach einige nautische Meilen weiter südlich auf die Schweizer Seite des Rheins gelotst, fliegen via Würenlingen und das Surbtal in Richtung Flughafen, um sodann auf das Instrumentenlandesystem ILS der Piste 14 einzuschwenken. Swiss-Pilot als Anflugplaner Vorgestellt worden ist diese Variante an einer Informationsveranstaltung der Südgemeinden des Flughafens Zürich am Montagabend in Gockhausen bei Dübendorf. Die Bevölkerung dieser Gemeinden wehrt sich vehement gegen Südanflüge und will mit Einsprachen auch die Installation von Instrumentenlandesystemen ILS auf den Pisten 34 und 28 verhindern. Diese Projekte sind kürzlich vom Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL öffentlich aufgelegt worden. Der «gekröpfte Nordanflug» stammt aus der Feder des Piloten Urs Burkhard aus Ebmatingen, notabene eine Gemeinde, die bei den Südanflügen neu von Fluglärm betroffen wäre. Burkhard ist überzeugt, dass der neue Anflug innert dreier bis sechs Monate realisiert werden könne. Der Vorstoss mit der neuen Anflugvariante macht es deutlich: Die Propagandawalze der Südgemeinden kommt immer stärker in Schwung. Und die Absicht ist klar: Der Fluglärm soll über anderen Gebieten kanalisiert werden. Schliesslich habe jedes einigermassen zivilisierte Land Immissionskorridore, wie ein Anwohner in der Fernsehsendung «Schweiz Aktuell» vom Dienstag sagte. Zeitplan noch unklar Doch was ist überhaupt von diesem «krummen Nordanflug» zu halten? Und in welchem Zeitraum wird er, wenn überhaupt, eingeführt werden? Sonja Zöchling vom Flughafen Unique sagt dazu, dass derzeit gemeinsam mit der Flugsicherung Skyguide geprüft werde, ob diese Variante überhaupt fliegbar ist. Laut Zöchling soll diese Frage bis Ende Jahr beantwortet sein. Sodann müssten aber weitere und tiefer gehende Abklärungen vorgenommen werden. Wie lange dies dauern werde, sei derzeit unklar. BAZL skeptisch Eher skeptisch steht man dem «krummen Nordanflug» beim BAZL gegenüber. Sprecher Daniel Göring weist darauf hin, dass Anflüge dieser Art von der internationalen Zivilluftfahrtbehördeorganisation noch nicht zertifiziert sind. Das heisse aber nicht automatisch, dass ein solcher Anflug nicht fliegbar sei, fügt er hinzu. Ausserdem: Mit den heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten handle es sich beim vorgeschlagenen Verfahren um einen Sichtanflug. Will heissen: Damit könne derzeit niemals dieselbe Stabilität des Betriebs wie bei Pisten mit Instrumentenlandesystemen erreicht werden. Als eher unrealistisch bezeichnet Göring den Zeithorizont von drei bis sechs Monaten für die Einführung. Solle ein solches Verfahren umgesetzt werden, bedinge dies diverse Anpassungsmassnahmen. Eventuell müsse sogar eine öffentliche Auflage durchgeführt werden. Göring geht eher von einer mittel- bis langfristigen Umsetzung dieses Anflugverfahrens aus. Planungsverband Zurzach rüstet auf Für Felix Binder, Präsident des Planungsverbandes der Region Zurzach, ist der vorgeschlagene modifizierte Nordanflug nicht unbedingt neu. Man habe an informellen Sitzungen schon davon gehört. Aber jetzt sei zum ersten Mal visuell ersichtlich, wie man sich dieses Verfahren vorstellt. Sollte dieser Anflug wirklich eingeführt werden, hätte das laut Binder für den Bezirk Zurzach schwer wiegende Folgen im Zusammenhang mit raumplanerischen Massnahmen, Lärmbelastung und Grundstückpreisen. Laut Binder wird immer deutlicher ersichtlich, dass der Kanton Zürich beim Fluglärm mit dem Aargau so arrogant umgehe wie früher mit Süddeutschland. Deshalb rüste der Planungsverband der Region Zurzach nun personell und finanziell auf, um die Region beim Verfahren um die Verteilung des Fluglärms effizient zu vertreten. An der nächsten Sitzung des Planungsverbandes wird der Beitritt zur IG Nord und die Schaffung einer Arbeitsgruppe mit Felix Binder als Vorsitzenden beantragt. Ausserdem empfiehlt der Planungsverband den Mitgliedsgemeinden, einen Beitritt zum Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich zu prüfen, damit der Norden das nötige Gewicht erhält. (az/rei/bgu) http://www.azag.ch/pages/index.cfm?dom=3&a...019&nrub=0/ --------------------------------------------- Flugverkehr "Erpressen und ruinieren" Der erbitterte Luftstreit zwischen der Schweiz und Deutschland ist beigelegt - das Nachbarland hielt sich nicht an Vereinbarungen Rainer W. During Der Luftstreit zwischen Deutschland und der Schweiz ist beendet. In der 13. Verhandlungsrunde erzielten Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig und sein eidgenössischer Amtskollege, Bundespräsident Moritz Leuenberger, gestern in Bonn einen Durchbruch. Der neue Staatsvertrag, der die über deutschem Gebiet verlaufenden Anflüge auf den Flughafen Zürich-Kloten regelt, soll jetzt von beiden Regierungen am 17. Oktober abschließend beraten und am Folgetag unterzeichnet werden. Für zwei der Landebahnen des grenznahen Zürcher Flughafens verläuft die Einflugschneise über den Südschwarzwald.1984 hatten sich beide Länder auf einen Staatsvertrag geeinigt, der eine gerechte Aufteilung des Flugverkehrs vorsah. Danach sollten maximal 70 Prozent der Anflüge über Deutschland erfolgen. Tatsächlich, so Baden-Württembergs Verkehrsminister Ulrich Müller, hatten sich die Schweizer jedoch nie an diese Vereinbarung gehalten. So räumen die Eidgenossen ein, 95 Prozent der Landungen über dem Bundesgebiet abzuwickeln. Allein in den vergangenen fünf Jahren stieg die Zahl der Flugbewegungen in Kloten um 80 Prozent an. 2000 erfolgten so 146 300 Landungen über den Schwarzwald, donnerten im Tagesdurchschnitt 400 Maschinen in circa 700 Metern Höhe über die Gemeinden Hohentengen und Klettgau. Dabei häuften sich auf der deutschen Seite die Zweifel an den von den Schweizern stets beschworenen, betrieblichen Gegebenheiten.Vielmehr verstärkte sich der Eindruck, die Eidgenossen würden neben Käse und
munich Geschrieben 22. Februar 2003 Melden Geschrieben 22. Februar 2003 Fortsetzung... Stadtgebiet herein. Im vergangenen Jahr platzte den Betroffenen endgültig der Kragen. "Es kann nicht angehen, dass die Schweiz den Flughafen Zürich betreibt und weiter ausbaut, aber nicht bereit ist, die mit dem Flugbetrieb einhergehenden Belastungen so weit wie möglich selbst zu übernehmen", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel. Die Bundesregierung kündigte den Nachbarn den Staatsvertrag zum 31. Mai dieses Jahres.Bereits im April schien der Luftkrieg beendet, als sich die Verkehrsminister auf die Eckpunkte eines neues Abkommens einigten. Danach sollen die Überflüge des Schwarzwaldes bis 2005 schrittweise auf unter 100 000 reduziert werden. Doch bei einer weiteren Gesprächsrunde vor drei Wochen kam es zum Eklat, weil die Schweizer zusätzliche Entschädigungszahlungen für Lärmschutzmaßnahmen der deutschen Airport-Anwohner zunächst ebenso ablehnten wie die kontinuierliche Reduzierung der Flugbewegungen.Strittig blieb auch die rechtliche Frage vor dem Hintergrund des bilateralen Luftfahrtabkommens der Schweiz mit der EU. Die Eidgenossen sahen in dem Vertrag eine Diskriminierung. Als Minister Bodewig daraufhin drohte, die Zahl der Überflüge binnen zwei Monaten auf 80 000 zu limitieren, war der Luftkrieg neu eröffnet. "Deutschland erpresst uns" titelte der "Blick" und schrieb, die Bundesrepublik wolle den Klotener Airport "ruinieren". Doch der Bundesrat signalisierte bereits letzte Woche ein Einlenken: Er erteilte Leuenberger das Mandat für neue Verhandlungen. http://www.uvek.admin.ch/imperia/md/conten...andlungen/3.htm --------------------------------------------- 11. Dezember 2002, 02:10, Neue Zürcher Zeitung Nachverhandlungen nicht ausgeschlossen Der deutsche Verkehrsminister Stolpe zum Staatsvertrag Die Behandlung des Luftverkehrsabkommens mit Deutschland ist für Mittwochabend oder Donnerstagmorgen im Ständerat traktandiert. In einem Interview mit der NZZ erklärt der deutsche Verkehrsminister Manfred Stolpe, dass er Nachverhandlungen nicht anstrebt, diese aber auch nicht ausschliesst. Eine einseitige deutsche Rechtsverordnung würde aber für den Flughafen Zürich zu weiteren Einschränkungen führen, fügte Stolpe hinzu. Die Fragen stellten der NZZ-Deutschlandkorrespondent Eric Gujer und Peter Voegeli, Korrespondent des «St. Galler Tagblatts». Manfred Stolpe, Sie haben sich am Wochenende mit Bundesrat Leuenberger und dem baden- württembergischen Ministerpräsidenten Teufel zu einem Gespräch in Basel getroffen und Sondierungsgespräche für den Januar vereinbart. Heisst das jetzt, dass es zu Nachverhandlungen kommt?Das ist damit nicht gesagt. Wir haben uns zu einem intensiven Gespräch getroffen und hatten den Eindruck, dass es sinnvoll ist, die Kritikpunkte beider Seiten im Einzelnen aufzulisten. Es ist heute nicht abzuschätzen, was daraus wird.Gibt es von deutscher Seite Verhandlungsspielraum in Sachen Staatsvertrag?Wir denken im Augenblick nicht über Verhandlungen nach. Wegen der neuen Legislaturperiode müssen wir den Staatsvertrag nochmals als Gesetz im Bundestag einbringen. Hierzu sind wir bereit.Sondierungsgespräch Auf welcher Ebene wird das Sondierungsgespräch im Januar geführt?Wir haben vereinbart, dass sich wieder dieselbe Runde wie in Basel - also Bundesrat Leuenberger, Ministerpräsident Teufel und ich - zu einem Sondierungsgespräch trifft. Alle Seiten müssen genügend Zeit mitbringen, um alle Punkte im Einzelnen durchzugehen. Danach muss man gemeinsam oder getrennt darüber nachdenken, welche Konsequenzen sich daraus ergeben.Also kann es zu Nachverhandlungen kommen?Es kann, aber es muss nicht. Wir streben Nachverhandlungen nicht an. Wir sind der Meinung, wir sollten bei dem bleiben, was jetzt auf dem Tisch liegt. Sollte erkennbar sein, dass die Schweizer Seite mit dem Vertrag gar nicht leben kann, dann kommen wir unter Druck. Dann müssen wir uns überlegen, ob wir die Thematik noch längere Zeit offen lassen oder ob wir nicht dann das tun, was viele in Südwestdeutschland schon längere Zeit fordern, nämlich per Rechtsverordnung eine einseitige Regelung zu erlassen. Ich schliesse Nachverhandlungen auch nicht von vorneherein aus. Ich kann allerdings nicht erkennen, wie sie zu einem Ergebnis führen könnten. Denn die Positionen sind zu unterschiedlich.Keine einfachen Tauschgeschäfte In der Schweiz ist man der Auffassung, dass eine weitere Reduktion der Flugbewegungen denkbar wäre, wenn die Beschränkungen am Wochenende gelockert würden. Wäre das eine Lösung?Ich kann mir zurzeit nicht vorstellen, dass man mit so einfachen Tauschgeschäften zurechtkommt: «Wir lassen weniger fliegen, und ihr seid grosszügiger am Wochenende.» Es handelt sich um einen Komplex von Fragen, die alle miteinander zusammenhängen. Und es handelt sich auf beiden Seiten um eine emotional aufgeheizte Situation.Wären Lärmkontingente nicht sinnvoller als die Festlegung einer bestimmten Anzahl von Flugbewegungen über deutschem Gebiet?Diese Fragen sind alle schon erörtert worden. Daher habe ich die Grundeinstellung, dass es vermutlich schwer sein wird, ganz neue Ansätze zu finden.Handelt es sich nicht um eine Diskriminierung der Schweiz, wenn für München Lärmkontingente festgelegt werden und für Zürich nicht?München und Zürich kann man so nicht ohne weiteres vergleichen. Aber eine Diskriminierung will keiner.Zusätzliche Belastungen für Zürich Was werden Sie tun, wenn die Verhandlungen endgültig scheitern?Dann werde ich in den sauren Apfel beissen müssen und eine einseitige Rechtsverordnung erlassen. Aber wir werden den Staatsvertrag nicht unverändert übernehmen. Eine einseitige Verordnung ginge stärker zulasten des Flughafens Zürich.Heisst das: Eine Reduktion der Flugbewegungen auf 80 000, die Übernahme der Flugsicherung durch Deutschland und schärfere Regelungen in der Nacht und am Wochenende, wie dies von Ihrem Vorgänger angedroht wurde?Drohen möchte ich überhaupt nicht. Ich möchte mich noch nicht festlegen. Es ist inzwischen Zeit vergangen, daher bin ich nicht für eine automatische Wiederholung. Aber die von Ihnen genannten Punkte würden geprüft. Am schwierigsten ist aus meiner Sicht die Regelung des Wochenendes, insbesondere die praktische Umsetzung der Ausnahmeregelungen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Anwendung der Ausnahmeregelungen von Schweizer Seite den Staatsvertrag nicht unterläuft.Unfaire Rhetorik Wie aufgeladen ist die Stimmung in Berlin nach den langen Verhandlungen?Wir in Berlin sind weit weg und haben ein Interesse daran, dass die Beziehungen zur Schweiz gut sind. Aber die betroffenen Parteien in der Region tragen die Last und stehen sich Nase an Nase gegenüber. Durch die Emotionalisierung kann die Kontroverse sehr schnell zu einem Faktor werden, der von aussenpolitischer Relevanz ist.Herrscht auf Seiten der Bundesregierung Verstimmung über die Art der Schweizer Rhetorik, die von manchen in der Bundesrepublik als antideutsch empfunden wird?Ich habe sie mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, weil ich sie streckenweise als unsachlich und unfair empfunden habe. Ich möchte am Ende eine einvernehmliche Lösung. Ich möchte in eine Situation gelangen, in der der Streit in einem bis anderthalb Jahren beigelegt ist, der Flughafen Zürich arbeiten kann und die Menschen nicht verzweifelt sind. Die Belastung durch Fluglärm muss gerechter verteilt werden. Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter: http://www.nzz.ch/2002/12/11/il/page-article8KM6A.html ------------------------------------------------------------------------------------------ Airport 2000Markus Roth, 1998Projektarbeit beim FAU BernComments Inhaltsverzeichnis Teil 1 Vorwort 1. Geschichte des Flughafens Zürich-Kloten 1.1 Die Vorgeschichte (1946-53) 1.2 Die folgenden Ausbauetappen 2. Wirtschaftliche Auswirkungen des Flughafens 2.1 Definition des Untersuchungsgebietes 2.2 Die wirtschaftliche Entwicklung der Flughafengemeinden 2.3 Die Bedeutung des Flughafens als Arbeitgeber 2.4 Demographische Entwicklung der Flughafengemeinden 3. Die 5. Ausbauetappe 3.1 Das Projekt Airport 2000 3.2 Flughafeninitiative und Rahmenkredit-Abstimmung 4. Ökologische Probleme 4.1 Der Fluglärm 4.2 Schadstoffe in der Stratosphäre und in Bodennähe 5. Die Sozialstruktur der Flughafengemeinden 5.1 Auswahl der Sozialindikatoren 5.2 Auswertung 6. Der Schutzverband (sbfz)6.1 Geschichte 6.2 Zweck und Organisation des sbfz 6.3 Heutige Probleme des sbfz 6.4 Weitere kritische Stimmen zum Flughafen 7. Neue Unternehmensform für den Flughafen 7.1 Der organisatorische Aufbau des Flughafens 7.2 Der Flughafen wird privatisiert 8. Diskussion und Schlussbetrachtung 8.1 Die Zukunft des Flughafens Zürich-Kloten 8.2 Die Zukunft der Flughafenregion 8.3 Die Zukunft für die Umwelt und die Bevölkerung 9. Literaturverzeichnis Anhang Vorwort "Fluglärm – jetzt reicht's!" Mit diesem Slogan demonstrierten am Samstag dem 21.9.1996 in Glattbrugg rund 500 Personen gegen die ständige Zunahme der von den startenden Flugzeugen des nahen Interkontinentalflughafens Zürich-Kloten verursachten Lärmimmissionen. Durch die Annahme des kantonalen Rahmenkredites durch das Zürcher Stimmvolk 1995 wurde den Flughafenpartnern grünes Licht gegeben, die 5. Ausbauetappe in Angriff zu nehmen und das Projekt mit dem reisserischen Namen "Airport 2000" zu realisieren. Airport 2000 – das heisst für die einen: mehr Flugbewegungen, mehr Lärm- und Schadstoffimmissionen, verschlechterte Lebensqualität im Raum Zürich Nord; für die anderen bedeutet es: stärkere Anbindung an das globale Städtenetz, Stärkung des Wirtschaftsplatzes Zürich, mehr Arbeitsplätze für kurz- oder langfristige Aufträge. In dieser Arbeit geht es mir darum, diesen verschiedenen Perzeptionen auf den Grund zu gehen und aus der geschichtlichen Betrachtung heraus Schlüsse für die Zukunft des Flughafens und seiner Region ziehen zu können.Seit nunmehr 50 Jahren steht auf dem ehemaligen Sumpfgebiet und Artilleriegelände einer der grössten Arbeitgeber unseres Landes und bietet auch bereits so lange Diskussionsstoff für Stammtischler, verspätungsbetroffene Passagiere, Umweltorganisationen und Börsianer. So abwechslungsreich wie die Diskussionsthemen ist auch die Verkupplung des Flughafens mit allen möglichen Bereichen der menschlichen Daseinsgrundfunktionen.Neben der (v.a. neueren) Geschichte und den politischen Diskussionen rund um den Flughafen werde ich auch einen Blick auf die wirtschaftliche und demographische Entwicklung sowie auf die Sozialstruktur der Region in Hinblick auf den Flughafen als Unternehmen und Arbeitgeber werfen. Als Voraussetzung dafür habe ich die Flughafenregion definiert und in zwei Zonen – eine Kern- und eine Randzone eingeteilt .Als Basis dienten mir neben flughafenspezifischer Literatur bei der Recherche der Fakten in erster Linie etwas über 100 Zeitungsartikel der letzten 6 Jahre, welche mir grösstenteils von Richard Wolff (Geographisches Institut der ETH Zürich) zur Verfügung gestellt wurden – herzlichen Dank Richi!Ebenfalls bedanken möchte ich mich an dieser Stelle beim sbfz, der mich mit Literatur zur Organisationsstruktur des Schutzverbandes selber sowie weiteren interessanten Fakten zur Flughafeninitiative und die Diskussion um die 5. Ausbauetappe belieferte.Einen herzlichen Dank geht auch an Prof. Dieter Steiner, welcher mir für die Laufzeit dieses Projektes einen Arbeitsplatz im Geographischen Institut der ETH zur Verfügung gestellt hat.Ich möchte mich auch bei der Abteilung RaumUmweltStadt des Fachvereins Arbeit und Umwelt in Bern im Allgemeinen – und bei Matthias Sorg im Besonderen für die Ermöglichung dieser Arbeit und die vielen Impulse in den Gruppensitzungen bedanken.Und last but not least ein herzliches Dankeschön an Jenny, ihren und meinen Eltern, Reiher, Kudu, Pfiff, This, Käthi und alle anderen, die mir in dieser Zeit mit Rat und Tat zur Seite standen. 1. Geschichte des Flughafens Zürich-Kloten 1.1 Die Vorgeschichte (1946-53)1939 wurde das Benutzungsrecht (Pachtverhältnis) für die Zivilluftfahrt auf dem Flughafen Dübendorf-Wangen auf den 31.8.1943 gekündigt. Wegen Raumproblemen war es nicht mehr möglich, Zivil- und Militärfliegerei auf diesem 50 ha grossen Platz miteinander zu koordinieren. 1943 wurde im Kantonsrat eine Interpellation für eine Verlegung der Zivilluftfahrt auf einen neuen Flugplatz in der Gegend von Kloten-Oberglatt eingereicht, da dieses weitläufige Gebiet in Stadtnähe noch wenig genutzt wurde. Der einzige Nutzungsanspruch hatte der Bund, der auf dem Gelände einen Artillerie-Waffenplatz der Armee unterhielt und sich deshalb gegen die Vorschläge des Kantons stellte. Eine Einigung kam 1945 zustande, als der Bund dem Kanton Zürich 655 ha des Gebietes überliess.In einer Abstimmung von 5.5.1946 musste das Zürcher Stimmvolk einen Kredit von 36.8 Mio Fr. für den Bau eines interkontinentalen Flughafens auf diesem Gelände bewilligen. Der Ausgang dieser Abstimmung fiel sehr deutlich mit einem Anteil von 75% zugunsten des Projektes aus (an der Spitze: Dietikon mit 91% Ja-Stimmen), die Stimmbeteiligung betrug 64%. Nur 18 kleinere Gemeinden des Kantons stimmten dagegen, 6 davon im Bezirk Uster sowie die Gemeinden Dübendorf und Wangen, welche den Verlust von Arbeitsplätzen durch die Aussiedlung der Zivilluftfahrt zu beklagen hatten. Die Stadt Zürich befürwortete einen städtischen Sonderbeitrag von 7.5 Mio Fr. sogar mit 88% Ja-Stimmen. Damit waren die Voraussetzungen für den Bau des Flughafens gegeben und bereits zwei Jahre später konnte die Westpiste dem Luftverkehr übergeben werden. Dem Bau fiel jedoch viel Wald auf Rümlanger Gemeindegebiet und ein Grossteil des damals durch die militärische Nutzung noch intakt gehaltenen Riedes zum Opfer. 1950 wurde vom Volk ein Nachkredit von 19 Mio Fr. mit einem Ja-Stimmenanteil von 52% weit weniger deutlich angenommen als die ersten 37 Mio. Mit diesem Geld konnte die erste Etappe im August 1953 offiziell eingeweiht werden. Diese beinhaltete das Pistensystem und den nach 1950 erstellten Flughof. 1.1.1 Der weltoffene Zürcher sagt Ja! (1)Durch die Befürwortung des Flughafens Zürich-Kloten sicherte sich Zürich "den Anschluss an die Weltstrassen der Luft" (Stadtpräsident Adolf Lüchinger), den die Stadt endgültig zum wirtschaftlichen und demographischen Schwerpunkt der Schweiz machte. Der Millionenkredit, welchem die Stimmbürger (Frauen bekamen das Stimmrecht erst 24 Jahre später) mit so klarer Mehrheit zustimmten, bedeutete in den Nachkriegsjahren eine horrende Summe, und es war nicht selbstverständlich, dass die in diesen Jahren sehr auf Sparsamkeit bedachten Zürcher diesem Kredit zustimmten. Jedoch sahen insbesondere touristisch und wirtschaftlich orientierte Kreise in der neuen internationalen Drehscheibe und dem endgültigen Anschluss an das enorm wachsende Luftverkehrsnetz einen Vorteil. Auch der Prestigegedanke im schweizerischen Kontext spielte für die Zürcher eine grosse Rolle.Die treibende Kraft hinter der Forcierung des Flughafenstandorts Zürich (der Bund fasste auch andere Standorte für den interkontinentalen Flughafen der Schweiz ins Auge, v.a. das Bernnahe Utzenstorf (2)) war das überparteiliche "Komitee für einen Grossverkehrsflugplatz in Zürich Kloten", welches noch heute unter dem Namen "Pro Flughafen" existiert und neulich sein 50 järiges Bestehen feiern konnte. Eine besondere Rolle fiel dem sozialdemokratischen Baudirektor Jakob Kägi zu, der die Arbeiterschaft in unermüdlicher Überzeugungsarbeit für die Zivilfliegerei gewann. Der härteste Widerstand kam von Seiten der Bauern, die jedoch vom geschickterweise vom Komitee ausgewählten Kommissionsvertreter Emil J. Graf – einem damals bekannten Bauernführer – auf die Seite der Flughafenbefürworter gebracht wurden. Auch die Presse, allen voran die NZZ rief dazu auf "unser Binnenland der Freiheit der Luftmeere teilhaftig werden zu lassen" (3). Die Befürworterkampagne liess praktisch keinen Raum für Gegenappelle. Diese kamen meistens von Privatpersonen aus dem Zürcher Unterland, die sich weniger vor dem künftigen Fluglärm als vielmehr vor dem grossen sozialen und strukturellen Wandel fürchteten, welcher die "grosse Welt" durch den Flughafen in die noch weitgehend intakte bäuerliche Kleinstruktur bringen würde. Von den heutigen Flughafengemeinden (Definition siehe Kapitel 2.1) sprachen sich lediglich Rümlang und Oberglatt, welche den Verlust von vielen Hektaren Wald zu verzeichnen hatten (4), sowie Boppelsen, Lufingen und Oberembrach gegen den Flughafen aus. So störte sich damals auch niemand ernstlich daran, dass die Bauarbeiten für den Flughafen bereits mehrere Wochen vor dem Abstimmungsdatum begonnen hatten... 1.2 Die folgenden Ausbauetappen1.2.1 1957: Verlängerung der PistenBereits nach wenigen Jahren wurde offensichtlich, dass das vorhandene Pistensystem dem gewaltigen Aufschwung im Luftverkehrsbereich nicht mehr gewachsen ist. Zusätzlich zum Mehrverkehr fand auch eine Entwicklung im Flugzeugbau statt, welche es gestattete, immer grössere Maschinen zu konstruieren, deren Anforderungen die Start- und Landepisten nicht mehr genügten. So musste das Volk 1957 über eine zweite Ausbauetappe abstimmen. Die Vorlage wurde jedoch mit 53% Nein-Stimmen abgelehnt, da sie als zu teuer und platzraubend empfunden wurde. Der Hauptkritikpunkt lag in der Tatsache, dass diesem Projekt mindestens 15 Häuser in Kloten und eine Waldfläche von 147 ha weichen sollten. 1958 wurde dem Volk ein reduziertes Projekt vorgelegt, dem der Souverän mit 64% zustimmte. Diese zweite Vorlage beinhaltete den Ausbau der Blindlandepiste von 2600 m auf 3500 m (ursprünglich waren 4000 m vorgesehen, gebaut wurden tatsächlich 3700 m) sowohl in Richtung Höri wie Richtung Opfikon, sowie eine Verlängerung der Westpiste von 1900 m auf 2500 m (erste Vorlage: 3150 m). Die Waldrodungsfläche für dieses Projekt betrug "nur" noch 43 ha.1.2.2 1970: Eine dritte Piste und ein FingerdockterminalDer Flughafen wurde zwar nach der 2. Ausbauetappe den Ansprüchen der grösseren Flugzeuge noch knapp gerecht, doch aufgrund der stetig steigenden Mobilität in den 60er Jahren und als Folge dessen eines grösseren Verkehrsaufkommens auch im Luftverkehr, wurde der Bau einer zusätzlichen Piste nötig. So musste das Volk ein weiteres Mal über den Ausbau des Zürcher Flughafens abstimmen. Die dritte Ausbauetappe wurde zwar in der ersten Runde angenommen, jedoch mit 60% Ja-Stimmen knapper als bei der Gründung und der sekundären Vorlage der zweiten Etappe. Neben der dritten (3300 m langen) sogenannten V-Piste – so genannt, da sie zur Blind–landepiste den Buchstaben V bildet – wurden auch Parkhäuser, der Werkhof AFL und der Fingerdockterminal B errichtet sowie Werft und Fracht erweitert. Auf der V- und der Blindlandepiste erfolgen seither die Hauptzahl der Landungen, die Westpiste dient vor allem für Starts (5). Der Ausbau ging auf Kosten grosser Teile des Winkeler Riedes, weshalb diese Gemeinde zum ersten Mal in der Flughafengeschichte zu 55% gegen das Projekt stimmte. Zum ersten Mal wurde auch die Lärmimmission zu einem der Hauptkritikpunkte der Opposition. Zum Schutz der FlughafenanwohnerInnen vor dem stetig wachsenden Fluglärm (ab 1960 wurden Düsenjets eingeführt) schlossen sich 1967 einige Gemeinden zum "Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich" (sbfz) zusammen (siehe Kap. 6.1). 1.2.3 1981: Fingerdock A und SBB-BahnhofNach der Anbindung des Flughafens ans nationale Schnellzugsnetz der SBB 1980 begann ein Jahr später eine neue Etappierung in der Geschichte des Flughafens. Die 1985 mit der Fertigstellung des Fingerdocks A und der Einweihung des neuen Towers im Jahr darauf abgeschlossene 4. Ausbauetappe verlieh dem Flughafen Zürich sein heutiges Antlitz. Damals schrieb die NZZ (6): "Im Flughafen Zürich zählte man 1984 erstmals mehr als 6 Millionen Passagiere. Fachleute schätzen, dass die Kapazitätsgrenzen der jetzigen Anlagen bei 13.5 Millionen Passagieren liegen. Eine Vergrösserung der Passagierterminals und der Vorfeldflächen dürfte, wenn die gegenwärtige Entwicklung in ihrem Rhythmus verweilt, nicht vor 1995 erforderlich sein". Die Tatsache, dass diese Kapazitätsgrenze jedoch bereits 1993 überschritten wurde und dass die Luftverkehrsprognose der FDZ von 1990 für die nächsten Jahre eine starke Überbelastung des Flughafens ohne entsprechende rigorose Ausbauten voraussagte, strafte obige Aussage bereits wenige Jahre später Lügen. Dass diese weiteren Ausbauten, welche den Kanton 873 Millionen Franken kosten würden, gerade mitten in der schlimmsten Rezessionszeit nötig wurden, liess die Prognose eines harten Abstimmungskampfes zu, der diesmal nicht zugunsten der Flughafenverantwortlichen ausgehen könnte. Später in dieser Arbeit (Kapitel 3) werde ich mich mit dieser 5. Ausbauetappe intensiver auseinandersetzen. Zuerst geht es mir nun darum, die Entwicklung der Flughafenregion in wirtschaftlicher und demographischer Hinsicht seit der Gründung des Flughafens Zürich-Kloten aufzuzeigen, um die heutige Situation besser beurteilen zu können. 2. Wirtschaftliche Auswirkungen des Flughafens 2.1 Definition des UntersuchungsgebietesFür die nachfolgenden Untersuchungen in wirtschaftlicher, demographischer und sozialstruktureller Sicht habe ich die Flughafenregion wie folgt abgegrenzt:Die Zone 1 beinhaltet Gemeinden, deren Gemeindegebiet (oder zumindest Teile davon) von Fluglärm stark beeinflusst ist. Als Abgrenzungskriterium diente mir eine Untersuchung der Flughafendirektion aus dem Jahr 1986. Berücksichtigt wurde ein Gebiet mit einem NNI (Noise and Number Index) von mehr als 45. (7)Zur Zone 2 gehörend definierte ich eine Gemeinde wenn sie mindestens 2 der folgenden Kriterien erfüllte:- Die Gemeinde ist Mitglied des Schutzverbandes (siehe Anhang 3)- Sie liegt im Bereich der Abflugrouten (1996) (8)- Die Auswirkungen des Flughafen haben für sie eine gewisse Bedeutung in wirtschaftlicher oder lärmproblematischer Hinsicht (9) Abb. 2.1: Die als Zone 1 und 2 ausgeschiedenen FlughafengemeindenDazu ist zu bemerken, dass auch weniger stark von den direkten Flughafenemissionen betroffene Gemeinden Mitglied des Schutzverbandes sind, während einige näher gelegene Gemeinden bereits aus dem Verein ausgetreten sind (siehe Kapitel 6.3). Die Diskussion über die Abflugrouten ist noch nicht beendet und somit müssen mögliche Routenänderungen und damit eine Neuverteilung des Fluglärms einkalkuliert werden. Die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens als Arbeitsort kann sich seit den späten 70er Jahren für einzelne Gemeinden verändert haben, da mit der Eröffnung der S-Bahn und dem Ausbau des Nationalstrassennetzes auch die Erreichbarkeit einem Wandel unterzogen wurde und somit das Einflussgebiet erweitert wurde. Trotzdem unterliegen die ausgeschiedenen Gebiete nach wie vor einem grossen Einfluss des Flughafens und können zumindest als 2. Zone zum Flughafengebiet gezählt werden. 2.2 Die wirtschaftliche Entwicklung der FlughafengemeindenDer Flughafen schuf in der Region Zürich-Nord nicht nur Tausende von sehr differenzierten Arbeitsplätzen, seine stetige Erweiterung führte auch mittels Vorwärts- und Rückwärtskopplungseffekten dazu, dass die Flughafengemeinden – allen voran Kloten – eine starke Industrialisierungs- und eine noch gewaltigere Tertiarisierungsphase durchleben, welche bis heute anhält, so dass sie sich zu einem der wichtigsten und boomendsten Wirtschaftsstandorte der Schweiz entwickelten. Abb. 2.2 veranschaulicht dieses Wachstum. Hier dargestellt ist die sektorale Aufteilung der Arbeitsplätze in den Gemeinden der Zonen 1 und 2 in den Jahren 1955, 1975 und 1995.1955 war der Einfluss des damals noch sehr kleinen Flughafens noch gering und man kann in etwa davon ausgehen, dass die Wirtschaftszahlen dieses Jahres die Situation vor der Eröffnung des Flughafens repräsentieren. In beiden Zonen waren damals ungefähr gleich viele Arbeitsplätze vorhanden, nämlich 8132 in der Zone 1 gegenüber 8865 in der Zone 2 (10). Auffallend ist, dass das sektorale Schwergewicht der flughafenferneren Gemeinden auf den Industriebetrieben lag, welche in dieser Region bis 1995 im Gegensatz zur Zone 1 nur eine schwache absolute Zunahme der Arbeitsplätze verzeichnen konnten. Es handelt sich dabei v.a. um Betriebe in traditionellen Produktionsstandorten wie Wallisellen, Bülach oder Glattfelden. In der Zone 1 führten im Windschatten des Flughafens neu gegründete Industriebetriebe zu einem starken Wachstum in der Arbeitsplatzentwicklung, von dem vor allem die Gemeinden Kloten, Opfikon, Regensdorf, Rümlang und Dällikon profitierten. Abb. 2.2: Die Entwicklung der Arbeitsplätze in den Zonen 1 (links) und 2 (rechts). Die Histogramme sind nicht massstabsgetreu.Beim Vergleich der beiden Zonen fällt ebenfalls auf, dass der erste Sektor kaum nennenswerte Gewinne an Arbeitsplätzen zu verzeichnen hat, obwohl er nach einem Einsturz bis in die 70er Jahre heute wieder in etwa Werte von 1955 aufweist. Das erneute Wachstum der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung lässt sich mit einem Anstieg der Nebenerwerbstätigkeit erklären: Viele Bauern leben nicht nur mehr vom Einkommen des Hofes alleine sondern sichern sich mit einem (saisonalen) Nebenerwerb ein Einkommen, welches ihnen gestattet, den Landwirtschaftsbetrieb finanziell aufrecht zu erhalten. Der Dienstleistungssektor hingegen hat sich in beiden Zonen explosionsartig entwickelt. Untenstehende Tabelle zeigt die genauen Werte der sektoralen Entwicklung in den Zonen 1 und 2. Die Werte für die einzelnen Gemeinden können im Anhang 2 nachgeschlagen werden. 1955 1975 1995 Sektor 1 Zone 1 1282 725 1051 Zone 2 632 509 745 Sektor 2 Zone 1 3352 8538 12092 Zone 2 6727 7498 10323 Sektor 3 Zone 1 3498 24833 52030 Zone 2 1506 10288 19721 Tab. 2.1: Die sektorale Veränderung der Arbeitskräfte in den Flughafengemeinden seit 1955. Daten aus: Statistisches Amt des Kantons Zürich (1949-1987)Abb. 2.3 zeigt die heutige Beschäftigungsstruktur der Zonen 1 und 2 in Vergleich mit dem Kanton Zürich. Auffallend ist der nach wie vor relativ hohe Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten in den Flughafengemeinden. Das liegt nicht nur historisch begründet (das Zürcher Unterland war seit jeher ein reiches Landwirtschaftsgebiet) sondern rührt auch daher, dass auch heute noch viel Land im Glattal für die Bewirtschaftung zur Verfügung steht und eine intensiviertere, auf weniger Landressourcen angewiesene Landwirtschaft betrieben wird als dies noch vor 50 Jahren der Fall war. Der Anteil der in der Industrie Tätigen liegt in beiden Zonen leicht über dem Kantonsmittel, der Anteil der im Dienstleistungssektor beschäftigten Bevölkerung erreicht – trotz des Flughafens als grösstem Arbeitgeber der Region – auch in der Zone 1 mit 60% nicht den Wert des Kantons von über 73. Die Anzahl der in einer Gemeinde Beschäftigten im Verhältnis zur Wohnbevölkerung ist im Durchschnitt in den Flughafengemeinden kleiner als im ganzen Kanton. Vor allem die Zone 2 erreicht mit einem Wert von 31.6% nur gerade die Hälfte des Kantonsschnitts. Es handelt sich hier vorwiegend um suburbane Wohngemeinden. Der relativ hohe Beschäftigungsgrad der Zone 1 hat diese vorwiegend dem Flughafen als Arbeitgeber zu verdanken: In der Stadt Kloten liegt dieser Wert bei 176%, auch die Industriegemeinde Opfikon hat einen Beschäftigungsgrad von 118. Trotzdem wird auch hier das Kantonsmittel nicht erreicht. Es sollte jedoch noch angemerkt werden, dass von den etwa 706'000 Erwerbstätigen des Kantons (1995) 317'000 auf die Stadt Zürich fallen, welche als Dienstleistungszentrum (84% der in der Kernstadt beschäftigten Leute arbeiten im tertiären Sektor; mehr als die Hälfte der kantonalen Dienstleistungsstellen befinden sich in Zürich) den Kantonsschnitt massgeblich beeinflusst. Abb. 2.3: Beschäftigte in den drei Wirtschaftssektoren 1995 in %. B/E ist das Verhältnis der ein einer Gemeinde beschäftigten Erwerbstätigen zur Bevölkerungszahl der Gemeinde. 2.2.1 Gemeindetypologie der FlughafenregionFür eine Typologie der Flughafenregion greife ich auf die Definition des Statistischen Amtes des Kantons Zürich von 1990 zurück (11), die sich auf die Bundesämter für Statistik und Raumplanung stützt, welche im Anschluss an die Volkszählung von 1980 eine Typologisierung der schweizerischen Gemeinden ausgearbeitet und 1990 revidiert hat. Die schweizerische Typologie umfasst für die rund 3000 Gemeinden 22 verschiedene Gemeindetypen. Von diesen kamen im Kanton Zürich 5 nicht vor und die übrigen 17 wurden vom kantonalen Statistischen Amt zu 7 grundlegenden Typen zusammengefasst:· Zentren (in dieser Arbeit: Z) haben mindestens 5000 EinwohnerInnen und erfüllen in ökonomischer und kultureller Hinsicht zentrale Funktionen für eine Region (Zürich, Winterthur, Wetzikon). · Arbeitsplatzgemeinden (APG) bieten im Vergleich zu Wohngemeinden eine grosse Zahl von Arbeitsplätzen an, die zu einem beträchtlichen Teil von auswärts wohnenden Erwerbstätigen besetzt sind (z.B. Kloten). · Suburbane Wohngemeinden (SWG) dienen der Bevölkerung in erster Linie als Wohnort; sie sind dicht besiedelt (z.B. Bassersdorf). · Periurbane Wohngemeinden (PWG) erfüllen ebenfalls primär eine Wohnfunktion, sind jedoch vergleichsweise locker überbaut (z.B. Hochfelden) · Reiche Gemeinden (RG) zählen viele wohlhabende Steuerpflichtige und verfügen deshalb über verhältnismässig grosse Budgets (z.B. Oetwil a.d.L. oder die Gemeinden der sogenannten "Goldküste" am rechten Zürichseeufer). · Ländliche Gemeinden (LG) sind Gemeinden, in denen mindestens 13% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft arbeiten (v.a. Gemeinden im Zürcher Weinland – dieser Typ kommt in der Flughafenregion nicht vor). · Gemischte Gemeinden (GG) sind unterschiedlich strukturiert; sie lassen sich jedoch keinem der übrigen Typen zuordnen (z.B. Stadel oder die Tösstaler Gemeinden) Über den Sinn solcher Typologisierungen und über die Parameter welche dafür verwendet werden, lässt sich streiten, und ich möchte diese hier ausgeschiedenen Gemeindetypen nicht als das non-plus-ultra der Klassifizierung bezeichnen, doch lassen sie eine Grobübersicht über die Region zu. Betrachtet man das Vorkommen eines bestimmten Gemeindetyps in den Zonen 1 und 2, so zeigt sich dabei folgendes Bild: Zone 1 Zone 2 Arbeitsplatzgemeinde (APG) 5 3 Suburbane Wohngemeinde (SWG) 5 3 Periurbane Wohngemeinde (PWG) 3 5 Reiche Gemeinde (RG) 1 1 Gemischte Gemeinde (GG) 1 1 Tab. 2.2: Gemeindetypen in der Flughafenregion.Die Zone 1 besitzt mit 5 Arbeitsplatzgemeinden und 5 Suburbanen Wohngemeinden eine stärkere Durchmischung von Wohnen und Arbeiten als die stärker periurban geprägte Zone 2, welche eine grössere Konzentration auf dem Faktor Wohnen aufweist. Zählt man den Zürcher Stadtkreis 11 (hier stehen 53'000 EinwohnerInnen rund 30'000 Arbeitsplätze gegenüber) ebenfalls zur Zone 2 – wie in dieser Arbeit zum Beispiel im Kapitel 5 – so erhält diese Zone noch den Teil einer Zentrumsgemeinde was sie der Zone 1 in der Gesamttypologie wieder äquivaliert. Die Flughafenregion kann also allgemein als eine Ansammlung sehr heterogener Gemeinden bezeichnet werden (6 der 7 für den Kanton Zürich definierte Gemeindetypen kommen mindestens ein Mal vor). Was das konkret für die ansässige Bevölkerung heisst, wird im Kapitel 5 – die soziale Struktur der Flughafengemeinden – noch diskutiert.2.3 Die Bedeutung des Flughafens als ArbeitgeberDas stärkere Wachstum des tertiären Sektors in der Zone 1 im Vergleich zur Zone 2 ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass der Flughafen als Arbeitgeber zum Dienstleistungssektor gezählt wird und heute 16'100 Leute beschäftigt (exklusive ca. 3800 Teilzeitbeschäftigte), was 3% der Erwerbstätigen des Kantons entspricht, welche (1989) 5.4% des Volkseinkommens erwirtschafteten (12). Eine Studie des Instituts für Tourismus und Verkehrswirtschaft an der Hochschule St.Gallen aus dem Jahr 1992 geht davon aus, dass durch die wirtschaftlichen Verknüpfungen 45'000 Arbeitsplätze vom Flughafen abhängen, eine Existenzbasis für 90'000 Menschen, was 8% der Kantonsbevölkerung entspricht. Laut dieser Studie setzt sich die branchenspezifische Verteilung des Flughafenpersonals folgendermassen zusammen: Luftverkehrsgesellschaften (1) 76.5Verwaltungen (2) 11.4% Restaurants und Läden (3) 4.6%Spediteure (4) 3.9%Technische Betriebe (5) 1.3%Taxi-, Autovermietfirmen (7) 1.0%Diverse (6) 1.3% Abb. 2.4: Die Verteilung des Flughafenpersonals nach Branchen 1989. Aus: Kaspar and Erni 1992)Die nachfolgenden Kennziffern (Auswahl) aus der St.Gallener Studie sollen einen Überblick über den Stellenwert und die Komplexität des Flughafens als Arbeits- und Auftraggeber verschaffen: (13)· 3% der Erwerbsbevölkerung des Kantons Zürich sind am Flughafen beschäftigt. Das entspricht für 1989 17'281 vollbeschäftigten Angestellten (1997:16'100). · Wichtigster Arbeitgeber mit einem Anteil von 72.4% ist die Swissair. · Mit 70% hat der Flughafen einen hohen Anteil an Angestellten und Kaderpersonal (Kantonaler Durchschnitt: 48.3%). · Der am Flughafen ausbezahlte Durchschnittslohn liegt 25% über dem kantonalen Mittel. · 5.4% des kantonalen Volkseinkommens 1989 (3.015 Mia Fr.) wurden durch den Flughafen verursacht. 1982 betrug dieser Anteil noch 4.8%. Der Flughafen ist wichtiger geworden. · 72% (1.035 Mia Fr.) der von den Flughafenfirmen vergebenen Aufträge verbleiben im Kanton Zürich. · Am meisten profitieren die Sektoren Energie, Elektronik/Elektrotechnik und Nahrungsmittel von der direkten Auftraggeberwirkung des Flughafens. · Die Bereiche Metall und Maschinen, Handel, Gast- und Reparaturgewerbe, Nahrungs- und Genussmittel, chem. Erzeugnisse, Elektrotechnik, Elektronik, Optik, Textilien und Nachrichtenübermittlung zählen zu den flughafenaffiniten Branchen. · Unter der Annahme eines Multiplikators von 1.5 hat sich 1989 ein Einkommenseffekt von 3.205 Mia Fr. ergeben. · Unter der Annahme eines Multiplikators von 1.6 ergeben sich 44'930 Arbeitsplätze, die direkt und indirekt vom Flughafen abhängig sind. Das entspricht einem Wohnbevölkerungsanteil von 90'000 bzw. 8%. · Das theoretische Einzugsgebiet umfasst rund 45% der gesamten Wohnbevölkerung und 48% der Gesamtfläche der Schweiz. Das praktische Einflussgebiet ist grösser. Eine Informationsbroschüre der Interessengemeinschaft Flughafen Zürich definierte 1994 den Flughafen in der Bedeutung als Arbeitgebers als achtgrösstes Unternehmen der Schweiz und wies auf seine unbestrittene wirtschaftliche Bedeutung für die Region hin – ohne jedoch auf die negativen Effekte, v.a. in bezug auf die Emissionen einzugehen. Weiter wurden die Wohnorte der Flughafenangestellten aufgelistet und es zeigte sich, dass ein knappes Drittel der ArbeiterInnen alleine aus den drei Gemeinden Kloten, Zürich und Opfikon stammen:· Kloten 2416 · Zürich 2352 · Opfikon 1105 · Embrach 715 · Bassersdorf 532 · Winterthur 512 · Bülach 481 · Bachenbülach 352 · Nürensdorf 341 Nach Regionen aufgeteilt wohnten 1994 die 19'932 Vollzeit- und Teilzeitangestellten im:· Bezirk (Gem.) Zürich 2352 11.8% · Bezirk Bülach 6330 31.8% · Bezirk Dielsdorf 1165 5.8% · Bezirk Winterthur 1045 5.2% · Bezirk Andelfingen 187 0.9% · übriger Kanton 2245 11.3% · übrige Schweiz 6288 31.6% · Deutschland 288 1.4% · Restliches Ausland 32 0.2% Auffallend ist neben der starken Dominanz des Bezirks Bülach, in dem ausser den beiden Zentren Zürich und Winterthur alle oben aufgelisteten Hauptwohnorte liegen, der ebenso grosse Anteil der Pendler aus der übrigen Schweiz und dem Ausland. Als grober Richtwert gilt also folglich, dass von den am Flughafen arbeitenden Menschen ein Drittel aus dem Bezirk Bülach stammt, ein weiteres Drittel aus dem restlichen Kantonsgebiet an den Flughafen pendelt und ein Drittel ausserhalb des Kantons Zürich seinen Wohnsitz hat. Induziert man die indirekt vom Flughafen abhängigen Arbeitsplätze, so muss der Region Zürich Nord noch ein weit stärkeres Gewicht ihrer Dependenz zum Flughafen zugewiesen werden. 2.4 Demographische Entwicklung der Flughafengemeinden Abb. 2.5: Die relative Bevölkerungsentwicklung der Zonen 1 und 2 im Vergleich zur Stadt und dem Kanton Zürich.Seit der Eröffnung des Flughafens erfuhren die Gemeinden in der Flughafenregion nicht nur eine enorme ökonomische Strukturveränderung sondern parallel zu dieser Entwicklung erfolgte ein starkes Bevölkerungswachstum. Die Flughafengemeinden wurden besonders stark in den seit den sechziger Jahren anhaltenden Suburbanisierungsprozess einbezogen. Wie Abb. 2.5 verdeutlicht, versechsfachte sich die Bevölkerung der Zone 1 in den letzten 55 Jahren. Auch die Zone 2 erfuhr ein starkes Bevölkerungswachstum von 346% in der selben Zeitspanne, während die Einwohnerzahl der Kernstadt nach einem leichten Anstieg in den 50er Jahren etwa auf den Stand von 1945 zurücksank und sich diejenige des Kantons nicht ganz verdoppelte. Interessant in dieser Hinsicht ist auch, dass das Wachstum der Flughafengemeinden bis heute anhält, während Stadt und Kanton seit 1980 in demographischer Hinsicht eine relative Stagnation erfahren. Abb. 2.6: Vergleich der relativen Bevölkerungsveränderung in den ausgewählten Regionen.Abb. 2.6 zeigt die relative Bevölkerungsveränderung pro Dekade. Auffallend ist, dass das relativ stärkste Wachstum praktisch in allen ausgewählten Regionen auf die Periode zwischen 1950 und 1960 fiel. Eine Ausnahme bildet die Kernstadt Zürich, welche sich damals bereits am Ende der Wachstumsphase befand, welche um 1820 einsetzte und 1962 mit einem Stand von 445'313 EinwohnerInnen ihren Zenit erreichte (14). Besonders stark vom Bevölkerungswachstum betroffen war die Zone 1 zwischen 1950 und 1960, als sich die Einwohnerzahl dieser Gemeinden beinahe verdoppelte (Extremwert: Opfikon von 2613 auf 7749 EinwohnerInnen). Auch die Zone 2 erfuhr in dieser Dekade ein Bevölkerungswachstum von über 50%, was weit über demjenigen des Kantons oder der Agglomeration (15) mit je etwa 20% Zunahme lag (Extremwert Geroldswil: praktische Verdoppelung auf 844 EinwohnerInnen). Auch in den 60er Jahren war das prozentuale Wachstum in den beiden Flughafenzonen überdurchschnittlich hoch (Zone 1: +73%, Zone 2: +46%). Seither – und vor allem seit 1990 – ist auch das demographische Wachstum der Flughafengemeinden gehemmt. In den 80er Jahren lag das Schwergewicht der relativen Zunahme auf der Zone 2, während die Zone 1 in den 90er Jahren wie in den Jahren vor 1980 die stärkste Zunahme in den ausgewählten Regionen verzeichnet.Es muss hier angefügt werden, dass die Flughafengemeinden trotz ihres massiven Bevölkerungswachstums lediglich 12% der Kantons- und knapp 15% der Agglomerationsbevölkerung (16) ausmachen, wie man in Abb. 2.7 erkennen kann. Abb. 2.7: Vergleich der absoluten Bevölkerungsveränderung in den Zonen 1 und 2, des Kantons, der Stadt und der Agglomeration Zürich.Wenn auch die Bevölkerungsentwicklung in den beiden Zonen sehr ähnlich verlief, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen den einzelnen Gemeinden in dieser Hinsicht eine grosse Variabilität besteht. Dies soll anhand von drei Beispielen erläutert werden (Beachte: Histogramme sind nicht massstabsgetreu): Kloten: Diese Gemeinde befindet sich heute in der Reifephase. Nach einem explosionsartigen Wachstum in den 50er und 60er Jahren, als sich die Bevölkerung innert 20 Jahren von 3'429 auf 16'388 beinahe verfünffachte (jährliches Wachstum: 7.5%) ist seit 1970 eine klare Stagnation festzustellen (jährliches Wachstum 1970-90: -0.1%). Zu dieser "Klasse" sind in der Zone 1 auch Höri, Opfikon und Rümlang, in der Zone 2 weniger ausgeprägt Geroldswil und Wallisellen zu zählen. Neerach: Bis in die 60er Jahre zeigte diese Gemeinde keine Anzeichen eines Bevölkerungswachstums. Seit etwa 1970 hat sich die Einwohnerzahl jedoch beinahe verdreifacht (Jährliches Wachstum 1941-70: 1.2%, 1970-90: 4.5%). Im geringeren Mass zeigen in der Zone 1 Buchs und Hochfelden, in der Zone 2 Lufigen und Rorbas ebenfalls diesen Verlauf. Diese Gemeinden sind auch heute noch im Wachstum begriffen. Gegenüber der "Klasse Kloten" geht jedoch in diesen Gemeinden das Wachstum langsam und stetig vonstatten. Nürensdorf: Hier handelt es sich um eine Gemeinde, deren Bevölkerungswachstum seit 1950 gleichförmig verläuft (Jährliches Wachstum 1941-70, sowie 1970-90: 3.4%). Obwohl im Gegensatz zur "Klasse Neerach" das Wachstum in den letzten Jahren gehemmt ist, wird dieses Reifestadium noch nicht erreicht. Ähnlich wie in Nürensdorf ging die Entwicklung in den Gemeinden Niederhasli (Zone 1) und Oetwil a.d.L. (Zone 2) vonstatten. Neben diesen anhand obiger Beispiele gezeigten Kassen existieren in der Flughafenregion auch (ländliche) Gemeinden, welche bis heute nur ein sehr geringes Wachstum zeigen und noch nicht in den Sub- und Periurbanisierungsprozess einbezogen sind: Weiach und Stadel. Ein Vergleich der arithmetischen Mittel des jährlichen Wachstums der beiden Zonen mit dem Kanton zeigt Folgendes: 1941-70 1970-90 Kanton 1.7 0.3 Zone 1 4.03 2.00 Zone 2 3.01 1.64 Tab. 2.3 Das durchschnittliche Bevölkerungswachstum in den beiden Flughafenzonen im Vergleich zu den Kantonswerten.Die Flughafengemeinden folgen im Grunde der kantonalen Entwicklung und zeigen ein stärkeres durchschnittliches Bevölkerungswachstum vor 1970 als danach. In beiden Zeitperioden weist die Zone 1 einen deutlich höheren Wert auf als die Zone 2 und der Kanton, welcher wie bereits weiter oben erwähnt seit 1970 stagniert. Eine Gemeinsamkeit der beiden Zonen liegt nicht nur in der deutlich stärkeren demographischen Entwicklung gegenüber dem Kanton sondern vor allem darin, dass beide seit 1970 ein halb so starkes Wachstum aufweisen wie in der Zeitperiode davor, ein Wachstum das in etwa demjenigen des Kantons in den 40er bis 60er Jahren entspricht.Schlussfolgernd kann man davon ausgehen, dass auch in naher Zukunft die Flughafenregion nach wie vor ein wichtiger demographischer Wachstumspol darstellen wird. Bei gleichzeitigem Weiterausbau des Flughafens und der damit verbundenen weiteren Industrialisierung und Tertiarisierung der Region werden die Flughafengemeinden auch zunehmend mit Problem der Bodenknappheit, des Pendelverkehrs und deren Auswirkungen konfrontiert werden – zusätzlich zur Hauptlast dieser Gemeinden: dem Lärm und der Abgasimmissionen welche der Flughafen direkt verursacht. 3. Die 5. Ausbauetappe 3.1 Das Projekt Airport 20003.1.1 Was beinhaltet die 5. Ausbauetappe?Peter Gutknecht von der Swissair bezeichnet die 5. Ausbauetappe des Flughafens Kloten "nicht als gigantisches Bauwerk, sondern vielmehr als ein Paket von Anpassungen und Modernisierungen verschiedener Anlagen". Begründet wird dies mit dem durch das Wirtschaftswachstum angestiegenen Nachfrage nach Mobilität, mit der der Flughafen Schritt halten muss um nicht international ins Hintertreffen zu gelangen. Die wichtigsten Komponenten der 5. Ausbauetappe sind das Fingerdock Midfield, der Bahnhofterminal, die Erweiterung der Frachtbauten, Doppelrollwege und Schilfteiche zur Reinigung von Abwässern.Fingerdock MidfieldDieses Dock zwischen den Rollpisten 16 und 28 soll Platz für 18 bis 27 zusätzliche Standplätze für Flugzeuge bieten. Indem die Maschinen direkt an das Gebäude andocken und über ein Leitungsnetz versorgt werden, können Fahrten mit Passagierbussen und Tankfahrzeugen eingespart werden. Die Energieversorgung wird nach dem gleichen Prinzip geschehen, wie bereits bisher in den Fingerdocks A und B. Das Dock soll auch über Warteräume, Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants verfügen. Ein sogenannter People Mover verbindet unterirdisch die Ankunfts-, Abflugs- und Bahnhofshallen. Gepäck, Fracht und Bordverpflegung gelangt über einen Strassentunnel ins Dock.BahnhofterminalHeute benutzen rund 35% der Flugpassagiere die Bahn für die An- und Abreise. Dieser Anteil soll künftig auf bis zu 50% steigen. Über den Bahngleisen sollen 60 neue Check-in Schalter entstehen. Der Komfort der Bahnreisenden gegenüber den AutomobilbenützerInnen soll damit erhöht werden. Zusätzlich werden die Perronanlagen dem Verkehrszuwachs angepasst und die Busanbindung wird aufgewertet. In der Planung wurde somit ein starker Akzent auf den öffentlichen Verkehr gesetzt.FrachtHauptbestandteil der Erweiterung des Frachtareals ist ein neues Importzentrum mit Verbindungsbauten zu den bereits bestehenden Anlagen. Lagerhallen für Güter, die nicht unmittelbar weitergeleitet werden können, sowie Speditionsräume werden integriert.DoppelrollwegeDie Doppelrollwege sollen es erlauben den Flugzeugen künftig Überholmanöver auf den stark frequenzierten Startpisten 16 und 28 durchzuführen. Begründet wird dies damit, dass heute durch den immer dichter bevölkerten Luftraum Flugzeuge ihren Slot (Überflugzusage) bei starkem Luftverkehr verlieren und durch die damit verbundene Startverzögerung die folgenden Flüge blockieren. Wartende Flugzeuge mit laufendem Triebwerk belasten dann die Luft unnötig. Mit den Überholspuren soll das künftig verhindert werden.Schilfteiche zur Reinigung von AbwässernDamit soll eines der grössten Immissionsprobleme des Flughafens gelöst werden: die Belastung der Glatt mit Chemikalienrückständen aus der Enteisung von Flugzeugen und Pisten. Die künstlich angelegten Schilfteiche sollen künftig zur biologischen Vorreinigung dienen. Die Enteisungsabwässer werden im Wurzelbereich der Pflanzen auf natürliche Art abgebaut und das Wasser kann so "gereinigt" der Glatt zugeführt werden. Projektiert sind drei Schilfteiche und spezielle Enteisungsplätze. 3.1.2 EtappierungDie zeitliche Etappierung der 5. Ausbauetappe ist wie folgt vorgesehen (wie in der Sonderausstellung, welche 1995 im Terminal B eröffnet wurde, vorgestellt):· Baubeginn 1995 · 1997-2000: Midfield und Vorfeld, People Mover · 1999-2000: Airside Center · 1999-2002: Bahnhofterminal, Parkhaus C · 1997-2002: Landseitiger (17) Verkehrsanschluss · 2006: Fertigstellung der Frachtanlagen 3.1.3 Finanzierung Die gesamten Investitionen bedeuten einen finanziellen Aufwand von rund 2.1 Milliarden Franken auf 10 Jahre verteilt (ab 1995). In der Abstimmung vom 25.5.1995 hat der Souverän einem Baukredit von 873 Millionen Franken, die der Kanton Zürich an die 5. Ausbauetappe beisteuern soll, zugestimmt (siehe Kapitel 3.3.2). Dieser Betrag stellt jedoch lediglich ein Darlehen des Kantons dar, der aus den Betriebseinnahmen des Flughafens verzinst in die Staatskasse zurückgeführt werden soll. Die Kostenverteilung des Projektes Airport 2000 setzt sich somit folgendermassen zusammen (Zahlen in Mio Fr.): (18)Kanton 873· Rollwegflächen 246 · Schilfteiche und zugehörige Infrastruktur 136 · Vorfeldflächen Dock Midfield 148 · Strassen- und Leitungstunnel zum Dock Midfield 141 · Gepäck-, Catering-, Frachttransport 23 · Landseitiger Verkehrsanschluss 106 · Tiefbauten Fracht 19 · Diverse Tiefbauten, Werkleitungen 35 · Zuschläge inkl. Bauzinsen 19 FIG 975· Dock Midfield 197 · Verbindungsbahn (People Mover) 170 · Bahnhofterminal 126 · Plaza, Busstation, Parkhaus C 102 · Airside Center, Station People Mover 124 · Landseitiger Verkehrsanschluss 20 · Fracht 151 · Zuschläge inkl.. Bauzinsen 85 Swissair 202· Technische Einrichtungen Dock Midfield 70 · Gepäck-, Catering-, Frachttransport 98 · Fracht, Diverses 34 SBB 43· Bahnhofshalle 25 · Perronhalle 18 Total 2093Für die Flughafenverantwortlichen waren vor der Verwirklichung des Projektes jedoch noch viele Hürden zu nehmen. Das nächste Kapitel soll nun der Geschichte und dem Umfeld der 5. Ausbauetappe gewidmet sein: In welche Zeit fällt diese Erweitung des Flughafens, was ging der Planung und Abstimmung voraus und wie sieht die Situation nach der Annahme des Rahmenkredites durch das Züricher Stimmvolk aus? 3.2 Flughafeninitiative und Rahmenkredit-Abstimmung 3.2.1 Für einen massvollen FlugverkehrEin grosses Aufatmen ging am 26.9.1993 durch die Reihen der Flughafenverantwortlichen (welche 1987 die knappe Ablehnung eines Kredits für den Frachtausbau zu beklagen hatten) denn an diesem Datum hat sich das Zürcher Stimmvolk gegen die "Flugverkehrsinitiative und für den Flughafen entschieden", wie am Folgetag in der Neuen Zürcher Zeitung zu lesen war (19). Dieses Nein zu einem "massvolleren Flugverkehr" (Abstimmungstitel) bedeutete für den Kanton als Flughafenhalter sowie die Flughafen Immobilien Gesellschaft (FIG) den Startschuss für einen (beinahe) widerstandslosen Ausbau des Zürcher Flughafens und damit den Beginn des Projektes Airport 2000. Deshalb scheint es mir wichtig, diese Volksinitiative genauer zu beleuchten:1992 erarbeiteten die Flughafenpartner unter der Führung der Flughafendirektion (FDZ) einen Masterplan zur geordneten Entwicklung der Betriebsanlagen aufgrund der Luftverkehrsprognose vom Januar 1990 über den am Flughafen Zürich in den nächsten 20 Jahren zu erwartenden Verkehr. Der Ausbau sollte unter gewissen Randbedingungen geschehen, wie: "ein gleichbleibendes Pistensystem ohne zusätzliche Nutzungseinschränkungen des angrenzenden Luftraumes, keine Ausdehnung des Nachtflugverbotes und die Möglichkeit, das Flughafengebiet, wie es heute im kantonalen Gesamtplan (...) ausgewiesen ist, überbauen zu können" (20). Laut diesem Masterplan soll der ausgebaute Flughafen eine jährliche Kapazität von 250'000 Bewegungen, 23 Mio Passagieren und 750'000 Tonnen Fracht erreichen (21). Im Detail umfasste dieser Masterplan in etwa alle im Kapitel 3.1 vorgestellten Erweiterungen wie zum Beispiel das Dock Mitte mit den People Mover. Für die Feinverteilung auf dem Flughafen und der Region waren eine Monorailbahn und zusätzliche Buslinien geplant um den Anteil der landseitigen Zu- und Wegfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln von 25 auf über 40% zu erhöhen.Daraufhin wurde von der durch die erwartete Mehrbelastung durch den Flughafenausbau betroffene Bevölkerung mit der finanziellen Unterstützung des Schutzverbandes (sbfz) eine Initiative lanciert, welche die Begrenzung des Flugverkehrs im ganzen Kanton Zürich verlangte und somit dem Weiterausbau und den Flugzeugimmissionen einen Riegel vorschieben würde. Folgende Bestimmungen sollten in die Kantonsverfassung aufgenommen werden: (22)- Der Kanton Zürich setzt sich ein für eine Begrenzung des Flugverkehrs auf dem Kantonsgebiet, für eine Reduktion der Schadstoff- und Lärmimmissionen sowie eine Ausdehnung der Nachtflugbeschränkungen.- Der Kanton Zürich verzichtet auf Ausbauprojekte, die der Kapazitätserhöhung der Flugplätze dienen.Diese radikalen Vorschriften wurden sogleich von verschiedenen Seiten bekämpft, trotzdem kam die Initiative zustande und trieb am 26.9.1993 47% der Stimmberechtigten an die Urne. Im Vorfeld der Abstimmung wurde das Komitee "Flughafen-Abbau Nein" unter der Leitung des FDP-Kantonsrates Rolf Sägesser mit schlussendlich 14 Vorstands- und über 100 Einzelmitgliedern – zumeist aus wirtschaftlichen Kreisen – gegründet. An einer Pressekonferenz im August 1993 sprachen der Präsident von "in ihrer Wirkung vernichtenden Forderungen und (...) fundamentalistischer Haltung der Initianten" sowie davon, dass die diese "in unverantwortlicher Weise der kommenden Generation die Optionen für die künftige Gestaltung unseres Tors zur Welt verbauen" (23). Die Argumente – wenn auch hier für einmal aus der Defensive – erinnern an die Überzeugungsarbeiten der Flughafenbefürworter von 1946. Hinter dem Komitee stand auch die Swissair, welche gerade eine 2.3-Milliarden-Investition in die Europaflotte getätigt hatte, die Lärmemissionen auf die Hälfte senken möchte und die von den InitiantInnen vorgeschlagenen Verankerungen für überflüssig hielt. Neben den zumeist politisch oder wirtschaftlich orientierten Argumenten, gab aber wahrscheinlich noch ein anderer Faktor den Ausschlag für die mit 235'531 Nein gegen 112'476 Ja-Stimmen (24) sehr deutlich verloren gegangene Abstimmung: Die Initiative wurde in der Zeit der Hochkonjunktur lanciert, in der Zwischenzeit hat die Rezession schon eine beträchtliche Zahl von Arbeitsplätzen gefordert und das Argument des Direktors des Kantonalen Gewerbeverbandes, Bruno Zuppiger (SVP), dass durch die Annahme der Initiative Tausende von Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen würden, bereitete wohl vielen Stimmberechtigten Sorge – gerade in der Flughafenregion. Durch die Volksabstimmung und der Diskussion, welche sie entfacht hatte, und trotz der Niederlage der InitiantInnen wurde jedoch erreicht, dass die Anliegen der Flughafenbevölkerung bei der 5. Ausbauetappe ernster genommen werden müssen, als bei der Präsentation des Masterplans ein gutes Jahr zuvor.Am meisten verloren hat jedoch der Schutzverband durch sein (finanzielles) Engagement für die Initiative. Mehrere Gemeinden lagen miteinander im Clinch, da viele Leute vom Flughafen als Arbeitszentrum profitieren und eine konsequente destruktive Haltung gegenüber dem Hauptarbeitgeber der Region kontraproduktiv sei. Das Hauptargument war jedoch, dass wenn "der Verband trotzdem Steuergelder für eine 'extreme Initiative' einsetze, ohne die Bürger zu fragen, die Mitgliedschaft neu überprüft werden müsse" (25) wie einige Gemeinden gewarnt hatten. Auch von offizieller Seite erhielt der Schutzverband keine Unterstützung: Regierungsrat wie Kantonsrat lehnten die Initiative im Vorfeld der Abstimmung vehement ab. Kurz nach der Abstimmung meinten zehn Opfiker Gemeinderäte aus dem bürgerlichen Lager, der Schutzverband politisiere einseitig und undemokratisch und die Gründung einer Interessengemeinschaft flughafennaher Gemeinden als Alternative solle geprüft werden. Auf Ende Jahr hatte schon die Gemeinde Lufigen die Mitgliedschaft gekündet (26). Mit diesen ersten Gegenreaktionen auf den Schutzverband war die Flughafeninitiative mitunter auch dafür verantwortlich, dass heute die verschiedensten Interessengemeinschaften um den Flughafen bestehen, welche mit dem selben Ziel vor Augen – dem Schutz der Flughafenbevölkerung – doch nicht am selben Strick ziehen – sehr zum Vorteil der Flughafenverantwortlichen (siehe auch Kapitel 6.4). 3.2.2 Der Startschuss für den Airport2000Durch die Ablehnung der Flughafeninitiative ermutigt, legte der Informationsdienst Flughafen Zürich (IFZ) bereits im Januar des folgenden Jahres in einer Pressemitteilung anlässlich ihres Jahresberichts die Notwendigkeit eines Flughafenausbaus dar und stellte gleich eine Grobfassung des Projekts 5. Ausbauetappe vor, inklusive eines Kostenvoranschlages von 2 Milliarden Franken, wovon der Kanton 800 Millionen übernehmen soll, über welche das Zürcher Stimmvolk zu entscheiden habe. Die FIG übernehme rund eine Milliarde, die Swissair 150 Millionen und die SBB 50 Millionen Franken. Der Flughafenausbau wäre laut den Flughafenpartnern erforderlich, weil damals bereits einzelne Bereiche während der Spitzenzeiten bis an die Leistungsfähigkeit ausgelastet seien, v.a. was die Flugzeugstandplätze und die Schalter für die Passagierabfertigung betreffe. Weiter schrieb der IFZ, dass bei den bereits bestehenden Engpässen angesichts der steigenden Nachfrage ein geordneter Betrieb in der Zukunft nicht mehr gewährleistet werden könne, was für die Volkswirtschaft des Kantons Zürich und der Schweiz mit schwerwiegenden negativen Folgen verbunden wäre. (27)Auch die Swissair wurde sich der Platzknappheit bewusst und stellte vier Monate später ihre eigenen Investitionsvorhaben auf dem Flughafen vor, welche sie rund 300 Millionen kosten würden. Kernstück war die neue Flugzeugeinstellhalle neben dem bereits bestehenden Bogenhangar, welche zur Wartung der neuen Airbus-Flotte benutzt werden soll. Ebenfalls von der Swissair finanziert soll ein Catering-Neubau entstehen. (28)Für die verschiedenen Bauobjekte und die Kostenabschätzungen dieser Ausbauetappe wurden 17 Ingenieurbüros beauftragt und am 22.6.1994 konnte der Regierungsrat die Kreditvorlage für den kantonalen Investitionsanteil verabschieden. Am 7.7. dessselben Jahres stellte der Regierungsrat zusammen mit den Flughafenpartnern an einer Pressekonferenz die Vorlage für die 5. Ausbauetappe des Flughafens mit dem Namen "Airport 2000" vor, für die mit einer Referendumsvorlage ein kantonaler Kredit von 875 Millionen Franken verlangt wird. Bereits damals wurde jedoch ironisch vom "Flughafen 2002" gesprochen, da die Betriebsaufnahme nicht vor diesem Jahr erwartet wurde. Die Kapazität, welche dieser neue Flughafen zu bewältigen hat, wurde gegenüber dem Masterplan von 1992 (siehe Kapitel 3.2.1) nach unten korrigiert: die 5. Ausbauetappe soll nun auf 220'000 Flugbewegungen, 20 Millionen Passagiere und 650'000 Tonnen Fracht ausgerichtet sein. Eine Hauptinvestition der Swissair zu dieser Zeit war die Anschaffung der neuen Airbus-Generation für den Kurz- und Mittelstreckenbetrieb. Diese Flugzeuge besitzen Triebwerke mit einem wesentlich geringeren Schadstoffausstoss als die früheren Modelle. Durch diese technischen Errungenschaften versprach die Swissair, dass trotz Mehrverkehr, welchen eine 5. Ausbauetappe mit sich bringt, die Luft in der Flughafenregion nicht zusätzlich belastet würde. Auch was den Fluglärm betrifft, gab man sich bei der Projektierung des Airport 2000 sehr optimistisch, da durch die Revision des Lärmgebührenmodells 1993 (siehe Kapitel 4.1.2) soll der Anteil der "lärmgünstigeren" Maschinen zunehmen und Strahlflugzeuge mit sehr hoher Lärmemission werden auf Grund einer Verordnung des Bundesrates in der Schweiz nicht mehr zugelassen. Man sprach also per saldo davon dass "der Flughafenausbau zu keiner Zunahme, sondern eher zu einer Verminderung der Lärmbelastung um den Flughafen führen soll, auch wenn eingeräumt wird, dass die subjektive Wahrnehmung dies nicht unbedingt registrieren werde". (29)Mit den Faktoren Zunahme des Luftverkehrs und dem finanziellen Beitrag von 873 Millionen Franken von Seiten der SteuerzahlerInnen mitten in der Rezession war jedoch ein hektischer Abstimmungskampf für den Sommer 1995 vorprogrammiert. Die Flughafenbetreiber begannen im Januar mit einem Informationspavillon im Flughafenterminal B die Bevölkerung positiv auf die Abstimmung einzustimmen. Kritisch bemerkt jedoch das Tagblatt der Stadt Zürich: (30) "Ausführlich werden die diversen Umweltschutzbemühungen und der volkswirtschaftliche Nutzen der 5. Bauetappe herausgestrichen. Und in der Novemberausgabe der (...) Flughafenpostille ZURICHairport ist noch und noch von ökologischen Errungenschaften die Rede, die die 5. Bauetappe mit sich bringen wird (...). In keinem Satz wird hingegen der Zuwachs der Flugbewegungen erwähnt, dem sämtliche denkbaren Verbesserungen bei der Luft- und Lärmsituation gleich von vornherein wieder zum Opfer fallen".Am 28.2.1995 stimmte der Kantonsrat dem Kredit zur Finanzierung des Projekts Airport 2000 mit 85 zu 44 Stimmen klar zu. Die in dieser Abstimmung unterlegenen ParlamentarierInnen der Grünen, des Landesrings und der Sozialdemokraten gründeten im Mai ein Komitee "Nein zum Milliardenausbau", welches sich nicht grundsätzlich gegen den Flughafen richtete, sondern vielmehr das Vorgehen beim Ausbau und die dahintersteckende Philosophie bekämpfen wollte. Ein Plädoyer dieses Komitees war zum Beispiel: "Über Kurzstrecken bis zu 700 km Distanz sollte der Luftverkehr ersetzt werden durch den Bahnverkehr auf einem europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz". (31)25.6.1995: Am Tag der Abstimmung befürwortet das Zürcher Stimmvolk (die Stimmbeteiligung lag mit 68% weit über dem kantonalen Schnitt) mit 224'668 Ja zu lediglich 105'855 Nein den kantonalen Rahmenkredit, entscheidet sich für die 5. Ausbauetappe und somit für die Vergrösserung des Flughafens mit allen positiven und negativen Konsequenzen. Ein wichtiger Faktor für die Zustimmung spielte sicher – wie bei der Flughafeninitiative knapp 2 Jahre zuvor – die unsichere wirtschaftliche Lage sowie der Glaube, dass der Wirtschaftsstandort Zürich zu einem grossen Teil seine Position der starken Anbindung ans internationale Luftverkehrsnetz verdanke. 3.2.3 Die Ernüchterung nach der AbstimmungNun liegt der Startschuss für den Airport 2000 bereits knapp 3 Jahre zurück, das grosse Volksfest zum 50 jährigen Bestehens des Flughafens Zürich-Kloten steht vor der Tür und wird am 23.8.1998 über die Bühne gehen – mit 100'000-200'000 BesucherInnen – in der Grössenordnung des Eröffnungsfestes. Wie haben sich die prognostizierten Entwicklungen und die gegebenen Versprechen in der Zwischenzeit bewahrheitet? Das Hauptproblem scheint nach der Zustimmung darin zu liegen, dass die Lärmimmissionen den prognostizierten (tieferen) Werten bei weitem nicht entsprachen. Im Gegenteil: durch die Einführung der vierten Welle (32) und die in der Rahmenkonzession unberücksichtigte Verlegung von Langstreckenflügen der Swissair von Genf nach Zürich – rund 16'000 zusätzliche Bewegungen pro Jahr, stieg die Anzahl der Flugbewegungen 1997 überproportional an und stellte damit die Prognose von 240'000 jährlichen Bewegungen im Jahr 2005 in Frage. Diese Zahl wurde bereits 1996 auf 258'000 korrigiert und ein Jahr später zählte man über 276'000 Flugbewegungen, d.h. zwei Jahre nach der Abstimmung scheint der Airport 2000 – noch vor Baubeginn! – die Grenzen seiner Kapazität bereits überschritten zu haben. Aufgrund dieser für die Flughafenbevölkerung besorgniserregenden Entwicklung reichte der Schutzverband sowie weitere Gruppierungen vor Bundesgericht (nach der Rückweisung an der Vorinstanz) im Mai 1997 eine Beschwerde gegen die Rahmenkonzession für die 5. Ausbauetappe des Flughafens Zürich ein. Die verschiedenen beschwerdefürenden (schweizerischen und deutschen) Parteien stellten dabei die folgenden Hauptforderungen: (33)HauptanträgeAlle Beschwerdeführer: Aufhebung der angefochtenen Rahmenkonzession und Rückweisung an die Vorinstanz zur rechtlichen Neubeurteilung; Erteilung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerde.Opfikon, Wallisellen, Dietlikon:Prüfung von Alternativen zur Verminderung der Umweltbelastung der südlichen Flughafengemeinden durch Verzicht auf vermehrte Starts auf der Piste 16 oder durch deren Verlängerung und Verlegung deren Startschwelle nach Norden um 1500 Meter.Eventualanträge (falls Rahmenkonzession mit Auflagen bewilligt wird)Alle Beschwerdeführer:Limitierung der Zahl der Linien- und Charterbewegungen auf 240'000 pro Jahr.Opfikon, Wallisellen, Dietlikon, Verkehrsclub der Schweiz (VCS):Erlass eines rechtlich abgesicherten Konzeptes zur Förderung des öffentlichen Verkehrs mit gesicherter Finanzierung.IG Nord (Glattfelden, Hochfelden, Höri, Kaiserstuhl, Stadel, Weiach):Verzicht auf eine Erhöhung der Zahl der Starts in Richtung Norden; Nachtflugverbot zwischen 21 und 7 Uhr; Zusammenlegung des dreiteiligen Verfahrens zur Erteilung der Rahmen-, der Bau- und der Betriebskonzession in eine einzige Prüfung.Schutzverband:Zusage des Flughafenhalters, dass auf dem Flughafen keine wahrnehmbare Erhöhung der Nachtflugbewegungen geplant ist.Die zusätzlichen deutschen BegehrenLandkreis Waldshut, deutsche Klettgaugemeinden (Hohentengen, Küssaberg, Klettgau, Lauchringen)Anordnung einer vorsorglichen Massnahme zur Sicherstellung eines geordneten Flugbetriebs nach Betriebskonzession von 1951.Landkreis Waldshut:Völkerrechtliche Absicherung des Ausbauvorhabens unter Berücksichtigung der Verwaltungsvereinbarung mit Deutschland aus dem Jahre 1984.Deutsche Klettgaugemeinden:Zulassung von höchstens 80'000 Flugbewegungen pro Jahr über Deutschland; Nachtflugverbot von 20 bis 7 Uhr.Die Angst vor weiteren Lärmimmissionen ist also nach wie vor stark vorhanden. Geschürt wird sie in erster Linie von dem noch nicht eingelösten Versprechen, trotz Mehrverkehr die Lärmwerte zu senken, dem angesprochenen weit überschrittenen Realitätswert gegenüber aller bisher errechneten Prognosen der Flughafenhalter und dem damit verbundenen starken Misstrauen gegenüber den zuständigen nationalen und kantonalen Gremien – nicht zum ersten Mal, wie die Geschichte des Flughafens gezeigt hat. Dem Phänomen Fluglärm, seiner Erhebung und Bekämpfung ist das nachfolgende Kapitel 4.1 gewidmet. 4. Ökologische Probleme 4.1 Der FluglärmObwohl der Fluglärm nicht die einzige Emission ist, mit der die Bewohner der Flughafenregion zu kämpfen haben, gilt er doch als Hauptanklagepunkt, wenn es um die negativen Auswirkungen auf die Umgebung des stetig im Wachstum begriffenen Flughafens geht und soll deshalb an dieser Stelle eingehend behandelt werden. Neben dem Fluglärm spielen des weiteren auch der CO2-Ausstoss der startenden Maschinen sowie die Entleerung der Flugzeugtanks bei der Landung und die Verschmutzung der Gewässer durch Chemierückstände
munich Geschrieben 22. Februar 2003 Melden Geschrieben 22. Februar 2003 Fortsetzung 2... versteht, doch Lärm hat viele Facetten und ist nicht nur eine auf mehrere Arten messbare Grösse sondern besitzt vor allem auch einen subjektiven Charakter. Im Wohnumfeld können z.B. spielende Kinder genauso als Lärmquelle empfunden werden wie als Bereicherung der Lebensqualität. Was den Fluglärm betrifft wird jedoch niemand von einer solchen Bereicherung sprechen. Trotzdem muss auch diese Aussage relativiert werden, denn bei der Berliner Blockade wurde das Geräusch der Versorgungsflugzeuge (schwere Propellermaschinen, welche in drei-Minuten-Abständen landeten) noch als "Sound of Freedom" bezeichnet (35). In der heutigen Gesellschaft ist eine solche Perzeption nicht mehr im Bewusstsein der meisten Leute, v.a. nicht derjenigen, die sich täglich mit ihrer Wohnsituation im Einzugsbereich eines Flughafens konfrontiert sehen. Trotzdem wird von vielen Menschen diese Wohnlage bevorzugt, sei es aus steuerlichen Gründen oder wegen der Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes – oft der Flughafen selber oder mit ihm gekoppelte Betriebe. Der Fluglärm wird jedoch auch für diese Leute nicht als Wohltat empfunden und es tat und tut immer noch Not, das Umfeld des Flughafens lebenswert zu gestalten.Für eine Lärmschutzplanung ist es vonnöten, die Art des Lärms erst zu definieren, um geeignete Massnahmen ergreifen zu können. Lärm wird in der Literatur vornehmlich als "unerwünschter, störender oder gesundheitsschädigender Schall" oder schwächer formuliert als "Geräuschemission, die das seelische, körperliche und soziale Wohlbefinden beeinträchtigt" beschrieben (36). Eine entscheidende Rolle beim Lärmempfinden ist neben dem oben erläuterten subjektiven Aspekten auch die Gewöhnung und die Gewöhnfähigkeit. Es werden sich somit niemals Diskrepanzen zwischen persönlichem Gestörtheitsgefühl und gesetzlichen Massnahmen wie Einhaltung von Grenzwerten vermeiden lassen. Vom physikalischen Standpunkt aus setzt sich ein Geräusch aus folgenden Variablen zusammen: Schalldruck, Frequenz, Intensität, Impulshaltigkeit, Dauer und Häufigkeit des Ereignisses. Es ist noch nicht möglich, einen einzigen Allgemeinmesswert für alle diese Variablen zu finden, so basieren Lärmgrenzwerte in der Lärmschutzverordnung (LSV) lediglich auf Schallpegelwerten, welche in Dezibel (dB), einer logarithmischen Messgrösse, angegeben werden. Eine Annäherung an die unterschiedliche, individuelle Wahrnehmung verschiedener Frequenzbereiche wird mittels einer Bewertung (im Normalfall dB(A)) erreicht.Was den Fluglärm betrifft, muss von zwei unterschiedlichen Hauptlärmquellen ausgegangen werden: der Lärm, welche die Triebwerke verursachen und denjenigen welcher von den Bauteilen des Flugzeugs ausgeht. Letzterer wird von Klappen und ausgefahrenen Fahrwerksteilen verursacht, welche in der entlangströmenden Luft Wirbel und somit auch eine Bremswirkung erzeugen. Durch die Verbesserung der Aerodynamik können solche Wirbel minimiert werden, was einerseits zu einem geringeren Energieaufwand führt und andererseits den Lärmpegel senkt. (37)Die generelle Messung von Lärmwerten im Bereich eines Flughafens ist nicht einfach, da man dafür die unterschiedlichen Frequenzierungen und die Maschinentypen in Betracht ziehen müsste, v.a. die Spitzenbelastungen machen die Fluglärmbeurteilung schwierig. Deshalb wird innerhalb einer Zeitperiode eine statistische Mittlung der dB(A)-Einzelwerte einer Messreihe vorgenommen, die sowohl Maximalpegel als auch Dauer und Häufigkeit der Ereignisse berücksichtigt, den energieäquivalenten Mittlungspegel Leq. Eine v.a. im englischsprachigen Raum angewandte Messgrösse ist der Noise and Number Index (NNI), welcher auch bei der Fluglärmbeurteilung in der Schweiz verwendet wird (38). Der NNI wird aus dem durchschnittlichen Sptizenpegel und der Anzahl Flugbewegungen mit Spitzenpegeln über ca. 68 dB(A) berechnet (39). Wird der NNI-Wert um 20 bzw. das 1.4 bis 1.6-fache erhöht, so entspricht er dem ungefähren Leq-Wert in Dezibel.Bereits in den 50er, aber v.a. in den 60er Jahren begann man zuerst in den USA, danach auch in Japan und Europa Erhebungen in der Umgebung der immer stärker frequenzierten Flughäfen durchzuführen um dem stetig wachsenden Fluglärm entgegentreten zu können. In Kloten wurde die Fluglärmdebatte mit der Ablösung der Propellerturbinen durch die damals vergleichsweise einiges lauteren Strahlantriebsmaschinen eröffnet, was 1967 zur Gründung des Schutzverbandes führte (siehe Kapitel 6.1). Durch die Verbesserung der Triebwerke gelang es bis heute den Verdichterlärm drastisch zu senken. Doch diese Verbesserungen im technischen Bereich hielten in etwa Schritt mit der starken Zunahme der Flugbewegungen und senkten den NNI im Flughafengebiet somit nicht wesentlich. 4.1.2 Lärmvorschriften für Zürich-KlotenLärmzonenpläneDie ersten Lärmschutzmassnahmen gehen auf das Jahr 1961 zurück, als der Kanton als Flughafenhalter "Vorschriften für die Lärmbekämpfung auf dem Flughafen Zürich" erliess. 1970 stimmte das Volk dem kantonalen Fluglärmgesetz bei. Auf Bundesebene wurden die ersten Vorschriften zur Fluglärmbekämpfung 1968 bei der Revision des Luftfahrtgesetzes und der Luftfahrtverordnung diskutiert. 1974 erliess der Bund dann eine Vorschrift zur Festlegung und Gestaltung von Lärmzonen bei Flughäfen. (40)Die Lärmzonenpläne, deren Anfänge ins Jahr 1968, auf einem EMPA-Bericht gründend, zurückreichen, wurden 1985/86 vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) genehmigt. 1987 erlangten sie im Bundesgesetz über die Luftfahrt ihre Verbindlichkeit. Inhaltlich legen die Pläne Beschränkungen für Bauvorhaben innerhalb der stark vom Fluglärm betroffenen Gebiete fest. Im Klartext bedeutet dies, dass in den Lärmzonen keine Spitäler oder Pflegeheime gebaut oder erweitert werden dürfen; auch das Ausscheiden neuer Wohnzonen in diesen Gebieten ist untersagt. Bestehende Gebäude dürfen weiterhin genutzt werden; Umbauten müssen jedoch soweit wie möglich mit Schallschutzmassnahmen ausgestattet werden. Die Lärmzonen werden in drei Nutzstufen eingeteilt (siehe auch Abb. 4.1): (41)Zone A: NNI > 65: - Landwirtschaft- Lagerhäuser- militärische Bauten und Anlagen- FlughafengebäudeZone B: NNI 55-65:- Gleiche Nutzungen wie in Zone A sowie:- Industrie und Gewerbebauten- Geschäfts- und Bürohäuser mit Schallschutz- Abwartwohnungen mit SchallschutzZone C: NNI 45-55: - Gleiche Nutzung wie Zonen A und B sowie:- Geschäfts- und Bürohäuser.Das LärmgebührenmodellEine zusätzliche Lärmschutzmassnahme trat 1981 für die Flughäfen Zürich-Kloten und Genf-Cointrin in Kraft: Gemäss einer Klasseneinteilung der strahlgetriebenen Flugzeuge werden pro Flugbewegung Lärmgebühren erhoben. Damit soll ein Anreiz für die Nutzung möglichst lärmarmer Flugzeuge geschaffen werden. 1993 wurde das Lärmgebührenmodell revidiert. Diese Revision definiert die Beurteilung der Lärmigkeit im allgemeinen strenger und die Gebühren wurden zum Teil massiv erhöht. Diese setzen sich heute folgendermassen zusammen: (42)· Klasse I Fr. 800.- · Klasse II Fr. 400.- · Klasse III Fr. 200.- · Klasse IV Fr. 100.- · Klasse V gebührenfrei Bei Inkrafttreten des revidierten Lärmgebührenmodells waren jedoch nur noch 10% (davon entfielen auf die Klassen I und II je 1%) der Flüge gebührenpflichtig. 1981 waren es noch 80% und 1987 knapp 40% gewesen. Da die Einnahmen somit rapide sanken (von anfangs 5 auf 1.9 Mio Fr.) wurde die Revision notwendig, damit eine ähnliche Lenkungswirkung wie früher erreicht werden konnte. Seit der Revision 1993 stieg der Anteil der gebührenfreien Flüge von 49 auf 65%. Die Lärmklassen I und II machen heute gerade noch etwa 3% aus. (43)Bis anhin hat der Kanton Zürich nur bei einzelnen öffentlichen Gebäuden (Kirche, Schulhaus oder Mehrzweckhalle) in der Lärmzone C Beiträge an Schallschutzfenster gewährt. Private Eigentümer erhielten keine Unterstützung. Am 29.1.1998 hat der Regierungsrat ein Schallschutzkonzept genehmigt, das dem EVED in Erfüllung einer Auflage der Rahmenkonzession für den 5. Flughafenausbau mit dem Baukonzessionsgesuch für das neue Dock Midfield (siehe Kapitel 3.1) eingerichtet werden soll. Dafür wurden neu provisorische Immissionsgrenzwerte festgelegt, bei deren Überschreitung der Kanton für die betreffenden Liegenschaften für die Kosten der neu einzubauenden Schallschutzfenster (inklusive bereits realisierter Lärmschutzmassnahmen) aufkommen muss. Davon betroffen werden nach der von der Flughafendirektion Zürich (FDZ) veranlassten Erhebung 750 Gebäude in 7 Gemeinden sein. Die Kosten hierfür belaufen sich auf insgesamt 109 Millionen Franken, welche aus einer weiteren Erhöhung der Lärmgebühren entnommen werden sollen. (44) 4.1.3 NachbarschaftsproblemeIn Zusammenhang mit der 5. Ausbauetappe wurde 1995 die Diskussion über die Lärmbelastung der Gemeinden des deutschen Landkreises Waldshut wiederbelebt. Auseinandersetzungen um den Fluglärm in diesem Gebiet gibt es seit Jahrzehnten, meistens von Seiten der am stärksten betroffenen Gemeinden Hohentengen und Klettgau, unterstützt vom Gemeindeverwaltungsverband Küssaberg/Hohentengen, welche im Februar 1995 in einer "Stellungnahme unter anderem den Vorwurf erhebt, die Schweiz wolle zur Schonung der eigenen Bevölkerung den Fluglärm ins deutsche Nachbarland transferieren" (45). Bereits 1984 trat eine Verwaltungsvereinbarung in Kraft, welche die Bestimmungen über die Anflüge aus dem Norden regelt. Das Bazl gab darin ihre Zusicherung ab, sich um eine ausgewogene Benutzung der Pisten 16 und 14 zu bemühen. Generell ist die Benutzung des Luftraumes durch ein ICAO-Abkommen zwar weltweit gesichert, ohne jedoch auf Bestimmungen über Landeanflüge auf Flughäfen im Grenzgebiet einzugehen. Im Dezember 1995 wurden der Landkreis Waldshut und die Gemeinden Hohentengen, Jestetten, Küssaberg, Lauchringen und Lottstetten vom Bazl zu einer Stellungnahme gegenüber dem EVED zur Rahmenkonzession für die 5. Ausbauetappe des Flughafens gebeten. Zu diesem Zeitpunkt erfolgten auf der Piste 14, welche die Startbahn (Westpiste) nicht kreuzt und deshalb als primäre Landepiste der Piste 16 vorgezogen wird, 90% der Landungen. Mit anderen Worten: pro Tag überfliegen 300-690 Maschinen Hohentengen in gebündeltem Anflug auf rund 700 Metern Höhe, was laut Landrat Wütz unter anderem zu einer starken Beeinträchtigung im Fremdenverkehrssektor führe. (46)Im März 1996 (nach der Annahme der 5. Ausbauetappe durch das Zürcher Stimmvolk) wurde dann ein vom Flughafen entwickeltes, auf einer Computersimulation basierendes, System präsentiert, das der Problematik im süddeutschen Raum entgegenkommen soll: Ein Anflugmanagementsystem (47) soll Flugzeuge früher erfassen und leiten, um Warteschlaufen und Umwege zu vermeiden. Durch flüssiger gestaltete Anflüge sollen die Landungen gleichmässiger auf die beiden Landepisten verteilt werden können und somit die die süddeutschen Gemeinden stärker beeinträchtigende Piste 14 entlasten. Zudem soll der Sektor zwischen den beiden Pisten – zumindest auf deutschem Gebiet – nicht mehr überflogen werden. (48)1997 fanden "nur" noch 85% der Landungen auf der Piste 14 statt,. Ausgegangen wurde von einem neuen Verhältnis von 2:1, was somit bei weitem nicht erreicht wurde. Um der ursprünglichen Vereinbarung entgegenzukommen, entwickelten die Flughafenpartner (Swisscontrol, FDZ, Bazl und SAir-Group) ein neues Verfahren, den sogenannten Side-Step-Anflug: Der Anflug soll bei guten Sichtverhältnissen auf deutschem Gebiet auf der Piste 16 erfolgen. Auf der Höhe von Glattfelden wird dann in einer langgestreckten S-Kurve im Sichtflug auf die Achse der Piste 14 gewechselt werden. Widerstand kam hier aus einem anderen Lager: die Swissair- und CrossairpilotInnen praktizierten schon seit längerer Zeit einen Side-Step-Anflug – jedoch um vom Anflug auf der Piste 14 auf die Piste 16 zu gelangen, von der aus die Standplätze bei den Terminals besser erreichbar sind und wodurch die Schadstoffbelastung durch Triebwerkabgase reduziert werden konnten – ein Aspekt der unberücksichtigt blieb. Der Side-Step-Anflug würde folglich auf Kosten der Luftqualität des Flughafengebiets gehen. (49) 4.1.4 Widerstand auch südlich des FlughafensDie Einführung der sogenannten vierten Welle der Swissair 1996 und die dafür notwendig gewordene Öffnung der Piste 16 für Starts für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge in Richtung Süden führte zu einer zusätzlichen Belastung der südlichen Flughafengemeinden (v.a. Opfikon, Rümlang und die nördlichen Quartiere der Stadt Zürich). Im Vergleich zum Vorjahr stiegen durch die Einführung der vierten Welle die Flugbewegungen in der Periode vom 1. Januar bis zum 31. August 1997 um 13'019 auf 184'573. Der Zuwachs der Starts in Richtung Opfikon in der gleichen Periode betrug 11'268 (auf 24'001), was beinahe einer Verdoppelung entspricht. Bisher erfolgten 16% der Starts auf der Piste 16, nach der Einführung der vierten Welle beträgt dieser Anteil nun 28%. Das führte dazu, dass der für die Messtation Glattbrugg errechnete NNI für die Zeit zwischen 6 und 22 Uhr seither auf 52-54 anstieg und somit eine höhere Lärmbelastung aufweist als der bisherige Spitzenreiter Rümlang, wo die Belastung um ein bis zwei NNI tiefer liegt. Der Leq-Wert erreichte in Rümlang 69, in Glattbrugg sogar 71 dB(A), während er in Höri immer noch unter 60 lag und in Wallisellen um 70 dB(A) pendelte. Die Reaktionen aus den betroffenen Gemeinden liessen nicht lange auf sich warten: Opfikons Exekutive verlangte im Oktober 1997 die umgehende Aufhebung der Anordnung für zusätzliche Starts nach Süden zwischen 13:00 und 14:00, die ohne Anhörung der betroffenen Gemeinden erfolgt war. Auch wurde kritisiert, dass der Regierungsrat den Wachstumskurs eisern und entgegen seinen bisherigen Verlautbarungen einseitig auf dem Buckel der Wohnbevölkerung der südlichen Flughafengemeinden durchziehe (50). Klagen kamen auch von Seiten der Walliseller Bevölkerung, die der Gemeinderat ebenfalls an die FDZ weiterleitete. Die Gemeinden Opfikon, Wallisellen, Dietlikon und Bassersdorf, welche alle Mitglieder des Schutzverbandes sind, gründeten daraufhin die "Task Force Fluglärm" und luden am 22.10. 1997 zu einer Diskussion mit Spitzenvertretern des Flughafens und der Swissair. Die Brisanz des Themas in der Bevölkerung zeigte sich daran, dass neben den tausend Anwesenden an der Diskussion vor den Toren des vollbesetzten Walliseller Gemeindesaals hunderte von InteressentInnen abgewiesen werden mussten. Um die südlichen Flughafengemeinden zu entlasten, setzte sich der Regierungsrat für eine Verlängerung der Piste 16 nach Norden ein. Dadurch würde die Startschwelle nach Norden verschoben und die südlichen Wohngebiete würden nicht mehr so tief überflogen werden. Die Zeit des Provisoriums bis zur Eröffnung der verlängerten Piste setzte er auf 3 Jahre fest, was von Seiten der betroffenen Bevölkerung als eher optimistisch angesehen wurde. Weiter wurde angeführt, dass durch eine Reglementsänderung nach dem Start auf der Piste 16 auch nach Westen – oder aus der Sicht der PilotInnen nach rechts – gedreht werden kann ("Right Turn") und nicht wie bis anhin ausschliesslich nach Osten. Damit wäre aber mit zusätzlichem Widerstand aus den nördlichen Zürcher Quartieren zu rechnen (51). Da weitere 120'000 Leute unter zusätzlichem Fluglärm leiden müssten, wurde bereits 1996 – ebenfalls vom Regierungsrat – eine solche Möglichkeit verworfen. Im Dezember 1997 verlangte der Zürcher Stadtrat in einem Schreiben an den Regierungsrat die Gleichstellung mit den übrigen Flughafengemeinden, z.B. die vorgängige Anhörung bei Änderungen in der Benützung des Pistensystems. Er äusserte zudem die Meinung, dass die Einführung des "Right Turn" keine Lösung für die Lärmprobleme des Flughafens biete und dass er versuchen würde, eine Mehrbelastung des Stadtgebiets mit allen Mitteln zu verhindern, da durch die zusätzliche Belastung bislang vom (Flug-) Lärm verschonter Quartiere der Trend zur Abwanderung der Bevölkerung noch verstärkt würde. Durch diese Stellungnahme des Zürcher Stadtrates erhielt die heftige Diskussion, welche bereits auch innerhalb der Flughafengemeinden zu Differenzen führte, eine neue Dimension (52). Es bleibt jedoch zu bezweifeln, dass in naher Zukunft eine Änderung von Seiten des Regierungsrates zu erwarten ist, denn in einem Absagebrief an den "Runden Tisch" der Task Force Fluglärm am 20.1.1998 erläuterte Volkswirtschaftsdirektor Ernst Homberger, "dass eine Schmälerung der Basis der SAir-Group oder gar eine Beschränkung der Bewegungszahl eine Entwicklung auslösen müsste, die schwerwiegende Konsequenzen auf das Unternehmen und weite Teile der Schweiz nach sich ziehen müsste". (53)4.2 Schadstoffe in der Stratosphäre und in Bodennähe (54) 4.2.1 Probleme mit Stickoxiden und WasserdampfDie Auswirkungen der Emissionen der startenden Flugzeuge zeigen sich nicht nur in den unteren Atmosphärenschichten sondern tragen wesentlich zum Treibhauseffekt und dem Ozonabbau in der Stratosphäre (über 9 km über Boden an den Polen, über 16 km über dem Äquator) bei. Neben Raketen und Vulkanismus sind die auf einer Höhe von 10-12 km fliegenden Verkehrsflugzeuge (Concorde: bis zu 20 km) die einzigen Verschmutzer dieser kaum durchmischten und auch nicht mittels Regengüssen gereinigten Luftschicht. Durch die Stickoxide, welche von den Triebwerken ausgestossen werden, wird das Ozon in 10-16 km Höhe gebunden, was zu einem Abbau dieser – die Erde vor kurzwelliger Strahlung schützenden – Schicht führt. Einige Organisationen (darunter der VCS) haben sich deshalb zum Ziel gesetzt, die Verkehrsmaschinen aus diesen Luftschichten zu verbannen – bisher ohne Erfolg: Ein Concorde-Nachfolger (Supersonic-Jet) wird in naher Zukunft den Betrieb aufnehmen und weitere Maschinen, welche bis in eine Höhe von 36 km vorzudringen vermögen sind in Planung.Ein weiterer Negativeffekt des Flugverkehrs ist der Ausstoss von Wasserdampf in diesen Höhen. Die Lufttemperaturen liegen in einer Höhe über 9 km zwischen -40 und -90°C, was dazu führt, dass nur wenig Wasser von der Luft aufgenommen werden kann. Der von den Triebwerken ausgestossene Wasserdampf bildet daher künstliche Eiskristall-Wolken (Cirren) welche eine reflektierende Wirkung auf die von der Erde kommende Wärmestrahlung haben. Das Sonnenlicht wird zwar durchgelassen und erreicht die Erde nahezu ungefiltert, durch die Reflexion wird die Erdwärme jedoch in den unteren Atmosphärenschichten gefangengehalten, man spricht vom Treibhauseffekt, zu dem der Flugverkehr somit wesentlich beiträgt – genaue quantitative Zahlen zu diesem Anteil konnten jedoch bis dato noch nicht evaluiert werden. 4.2.2 Die Auswirkungen auf die bodennahen SchichtenGegenüber diesen eher globalen negativen Auswirkungen der Aviation sind jedoch die Immissionen in der Flughafenregion selber erstens früher wahrnehmbar und zweitens auch genauer zu erheben. Flugzeugtriebwerke produzieren pro kg verbranntem Kerosin durchschnittlich 3.15 g Kohlendioxid (CO2), welches gegenwärtig 55% an der zusätzlichen Erwärmung der Erde durch die Treibhausgase ausmacht. 14% des durch Treibstoffe in die Atmosphäre gelangenden CO2 wird von Flugzeugen erzeugt, was 2,6% des gesamten CO2-Anstiegs entspricht. Einen noch wesentlich höheren Anteil trägt der Flugverkehr zur NOx-Produktion bei: 20 g pro kg Treibstoff (zum Vergleich: Motorfahrzeuge mit Katalysator (55): 4 g, Ölheizungen: 1-3 g) sind die Regel. In Zürich gilt der Luftverkehr in den 90er Jahren noch als einziger grösserer Verursacher von Stickoxiden. "Sein Beitrag an die Gesamtemissionen im Kanton beträgt 1995 7%, im Jahr 2000 rund 9% und bei der Realisierung der Massnahmen in den übrigen Verursacherbereichen rund 14%" (56). Diese Berechnung aus dem Jahre 1990 ist aus heutiger Sicht bestimmt zu optimistisch, da sie von einer sehr geringen Wachstumsrate beim Flugverkehr ausging. Die Umweltbilanz des Flughafens errechnete bis zum Jahr 2010 einen NOx-Anstieg von 82% – ein doppelt so hoher Wert, wie der vom Kanton berechnete.Gegenüber dem Ozonabbau in der Stratosphäre wird in den unteren Luftschichten durch den Ausstoss von Stickoxiden, welche sich mit Kohlenwasserstoffen unter UV-Strahlung verbinden, Ozon gebildet – ein Hauptbestandteil des Sommersmogs. Zudem trägt Ozon eminent zum globalen Treibhauseffekt bei.Es wird auch oft darauf hingewiesen, dass bei Kurzstreckenflügen der Schadstoffausstoss pro Personenkilometer besonders gross ist, weil die Reisephase kurz und der Auslastungsgrad in der Regel schlecht ist. Durch die vermehrte Anbindung der grossen Flughäfen ans (europäische) Hochgeschwindigkeitsnetz könnten diese Flüge in Zukunft zunehmend von der Bahn substituiert werden, was nicht nur die Luftqualität verbessern und die Lärmimmissionen verringern, sondern auch im Wesentlichen zu einer geringeren Belastung des Flughafens führen würde, was Wartezeiten und Verspätungen entgegenwirkt. 5. Die Sozialstruktur der Flughafengemeinden 5.1 Auswahl der SozialindikatorenIm Zusammenhang mit der Immissionsfrage scheint es mir wichtig, die Frage nach der sozialen Zusammensetzung der betroffenen Bevölkerung zu klären. Für den einen Teil der AnwohnerInnen gilt der Flughafen in erster Linie als wichtiger volkswirtschaftlicher Faktor und grösster Arbeitgeber der Region, für die anderen steht die Lärmverursachung im Vordergrund. In diesem Kapitel interessiert mich jedoch weniger die Einstellung der AnwohnerInnen zum Flughafen selber, sondern vielmehr, ob die Flughafengemeinden sich in ihrer Sozialstruktur vom Durchschnitt der Zürcher Gemeinden, der als Referenzbasis dienen soll, abheben und falls ja in welcher Hinsicht. Zu diesem Zweck nahm ich vier Sozialindikatoren zu Hilfe, die etwas über die Zusammensetzung der Bevölkerung aussagen sollen:· Die MittelschülerInnenquote (MS, Bildungsniveauindikator) · Der Anteil der leitenden Angestellten und der freien Berufe (LA) und · Der Anteil der ungelehrten ArbeiterInnen (UA) an der erwerbstätigen Bevölkerung (Indikatoren für Berufliche Stellung und indirekt für die Einkommensverteilung) · Der AusländerInnenanteil (A) Obwohl diese Faktoren in der Regel miteinander korrelieren (siehe Kap. 5.2.2), lassen sie einzeln betrachtet auch einen Vergleich zwischen den Gemeinden zu. Eine hohe MittelschülerInnenquote ist z.B. noch kein Garant dafür, dass der Anteil der leitenden Angestellten in der entsprechenden Gemeinde überproportional hoch sein muss, da beispielsweise der Zuzug junger Kaderleute ohne Kinder in eine Gemeinde zwar den letzteren Faktor erhöhen, am ersten jedoch nichts ändern. Eine Korrelation zwischen den einzelnen Grössen ist folglich mit Vorsicht zu betrachten. Dass sich die ausländische Bevölkerung sowohl betreffend ethnisch/kulturellen Merkmalen wie auch Schichtzugehörigkeit sehr heterogen verhält, ist bei einer allfälligen Interpretation zu berücksichtigen. 5.2 Auswertung 5.2.1 Vergleich der MittelwerteAus Tab. 5.1 wird ersichtlich, dass die beiden ausgeschiedenen Zonen eine leicht unterschiedliche soziale Struktur besitzen. Auffallend ist der Vergleich zum Kantonsmittel: Die MittelschülerInnenquote liegt mit 17.8 respektive 22.5% in beiden Zonen im Durchschnitt unter dem Kantonsmittel von 23.8%. In der Zone 1 weicht dieser Wert sogar um beinahe 25% von derjenigen des Kantons ab. Gemeinde / Zone / Einwohner /MS /LA / UA / A Bachenbülach/1 / 3015 / 14.3 /7.2 /23.4/28.4 Buchs 1 4010 13.9 12.3 16.3 16.5 Dällikon 1 2880 18.7 9.3 23.9 21 Hochfelden 1 1402 14.9 9.8 12.8 12.8 Höri 1 2079 3.3 4.3 26.4 32.9 Kloten 1 16089 12.8 8 18.5 24.2 Neerach 1 2072 23.4 20.8 5.9 6.8 Niederglatt 1 3435 26 9.4 15.8 17.3 Niederhasli 1 6632 17 9.5 19.2 18 Oberglatt 1 4656 16 6.6 24.7 27.4 Opfikon 1 11111 18 8.6 19.8 30.9 Regensdorf 1 13541 27.8 8.9 22.9 28.1 Rümlang 1 5231 12.6 8.4 17.1 20.1 Stadel 1 1531 18.4 12.2 14.4 6.9 Winkel 1 3000 29.6 15.5 9 10.1 Durchschnitt Zone 1 80684 17.8 10.1 18 20.1 Bassersdorf 2 6892 24 11.1 15.9 18.6 Bülach 2 13600 19.1 9.4 16.6 20.9 Dietlikon 2 5834 25.6 14 14.1 19.1 Geroldswil 2 4598 16.7 15.7 14.5 13.4 Glattfelden 2 3261 13.4 7.9 22.7 18.3 Lufingen 2 1055 23.5 17.7 10.3 10 Nürensdorf 2 4242 23.7 17.1 9.7 11.2 Oberembrach 2 978 22.2 12.1 8.3 5.8 Oetwil a.d.L. 2 2091 16.7 23 12.2 10.7 Rorbas 2 2138 19 9.7 15.9 17.5 Wallisellen 2 11376 29.1 13.8 15 18.1 Weiach 2 905 16.1 6.2 18.5 9.5 Weiningen 2 3615 40.3 13.1 17.9 19.3 Zürich 11 2 52559 24.9 9.5 17.8 28.3 Durchschnitt Zone 2 113144 22.5 12.9 15.0 15.8 Durchschnitt Tot. 193828 20.1 11.5 16.5 17.9 Kanton 1176347 23.8 12.6 17.9 20.9 Tab. 5.1: Indizes zur Sozialstruktur der Flughafengemeinden. MS: Anteil der MittelschülerInnen 10.-12. Schuljahr in % der PrimarschülerInnen 4.-6. Schuljahr sechs Jahre zuvor; LA: Anteil der leitenden Angestellten an der Erwerbsbevölkerung; UA: Anteil der ungelehrten ArbeiterInnen, A: AusländerInnenanteil an der Gesamtbevölkerung. (57)Bei den leitenden Angestellten liegt der Durchschnittswert der Zone 1 um knapp 20% unter dem Kantonsmittel von 12.6%, während derjenige der Zone 2 mit 12.9% in etwa diesem entspricht. Ein umgekehrtes Bild zeigt sich bei der Betrachtung des Anteils der ungelehrten ArbeiterInnen: Hier weicht der Mittelwert der Zone 2 um 16% vom Kantonsschnitt ab, dem der Wert der Zone 1 mit 18% ziemlich genau entspricht. Abb. 5.1: Vergleich der Sozialindikatoren der Zonen 1 und 2 mit dem Kantonsmittel (in %). 1: MS, 2: LA, 3: UA, 4: A.Noch deutlicher zeigt sich die Diskrepanz der beiden Zonen beim AusländerInnenanteil. Hier liegt der Mittelwert der Gemeinden der Zone 1 mit 20.1% nur um einige Promille tiefer als das Kantonsmittel von 20.9%, in der Zone 2 beträgt die Abweichung dieses Wertes nach Unten über 24%. Einen graphischen Vergleich der Mittelwerte der beiden ausgeschiedenen Zonen mit den Kantonsmitteln bietet Abbildung 5.1. 5.2.2 Extremwerte und Korrelationen zwischen den Indikatoren Betrachtet man die Extremwerte innerhalb der beiden Zonen, so lassen sich grosse Unterschiede ausmachen. Bei der MittelschülerInnenquote in der Zone 1 liegen die Prozentwerte zwischen 3.3 (Höri) und 29.6 (Winkel), in der Zone 2 zwischen 13.4 (Glattfelden) und 40.3 (Weiningen). Bei den leitenden Angestellten zeigt sich folgendes Bild: In der Zone 1 schwankt der Anteil zwischen 4.3 (Höri) und 20.8 (Neerach) wobei die Werte in der Zone 2 zwischen 6.2 (Weiach) und 17.1 (Lufigen) liegen. Die Werte der ungelehrten ArbeiterInnen verteilen sich in den Gemeinden der Zone 1 von 5.9 (Neerach) bis 26.4 (wiederum Höri), in der Zone 2 von 8.3 (Oberembrach) bis 22.7 (Glattfelden). Die beiden Beschäftigungs-Indikatoren korrelieren in beiden Zonen zusammen negativ (r = -1) miteinander. (58)Betrachtet man die Extremwerte des AusländerInnenanteils zeigt sich folgende Verteilung: Der tiefste Prozentwert der Zone 1 weist Neerach mit 6.8 auf, den höchsten AusländerInnenanteil hat Höri mit 32.9. In der Zone 2 bewegen sich die Werte zwischen 5.8 (Oberembrach) und 28.3 (Zürich, Stadtkreis 11). Zwischen dem Anteil der ausländischen Bevölkerung und demjenigen der ungelehrten ArbeiterInnen besteht eine positive Korrelation von r = 0.8 (59). Die Korrelation zwischen dem AusländerInnenanteil und den leitenden Angestellten ist negativ, jedoch stärker mit r = -1. (60)5.2.3 Zusammenfassende BetrachtungZusammenfassend kann gesagt werden, dass in bezug auf die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung in den stärker von Flughafenimmissionen beeinflussten Gemeinden der Zone 1 die MittelschülerInnenquote und der Anteil der leitenden – und somit auch besser verdienenden – Angestellten und in freien Berufen arbeitenden Berufstätigen im Kanton überdurchschnittlich tief ist, während sie in der Zone 2 eher dem Kantonsmittel entsprechen. Beim Anteil der ungelehrten - und somit schlecht verdienenden - ArbeiterInnen und dem AusländerInnenanteil zeigt sich , dass hier die Gemeinden der Zone 1 eher eine Angleichung an die Kantonsmittelwerte erfahren als diejenigen der Zone 2, welche in der Regel darunter liegen. Fussnoten: 1. Der Titel ist dem Plakat des Künstlers Bangerter zur Abstimmung über die Kreditvorlage von 1946 entnommen. 2. Weiss, et al. (1996) 3. Zitiert aus: NZZ (4.5.1996) 4. Die Waldnutzung war damals noch ein ins Gewicht fallender kommunaler Einnahmeposten und hatte eine starke Einwirkung auf den Steuerfuss. 5. In Anbetracht der später folgenden Immissionsdiskussion ist dies von grosser Bedeutung, da Starts wesentlich mehr Lärm und Abgase erzeugen, Landungen hingegen durch die Entleerung von Tanks Luft und Boden ebenfalls stark beeinträchtigen. 6. Verweis auf die Ausgabe vom 23.10.1984 in: NZZ (24.5.1995) 7. Siehe Kapitel 4.1. 8. Nach: NZZ (4.9.1996) 9. Definiert von: Merian (1979) 10. Zahlen aus: Statistisches Amt des Kantons Zürich (1949-1987). Die Werte beziehen sich auf die eidgenössischen Betriebszählungen, welche alle zehn Jahre die Zahl der ArbeiterInnen am Arbeitsort erfassen. 11. Statistisches Amt des Kantons Zürich (1997) 12. Kaspar & Erni (1992) 13. Die Zahlen bezeihen sich auf das Jahr 1989. Rezessions- und wachstumsbedingte Veränderungen in den letzten 9 Jahren konnten somit nicht berücksichtigt werden. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass sich diese Aussagen im Wesentlichen auch auf die heutigen Verhältnisse übertragen lassen. 14. Statistisches Amt des Kantons Zürich (1997) 15. Als Basis dient hier die Definition der Agglomeration Zürich nach der Volkszählung von 1990. 16. Anmerkung: die hier als Flughafengemeinden definierten Gemeinden Oberembrach, Stadel und Weiach wurden nach der Volkszählung von 1990 im Gegensatz zu den übrigen Gemeinden der Zone 1 und 2 nicht zur Agglomeration Zürich gerechnet. Da sie jedoch zusammen nur knapp 3500 Einwohner zählen, fallen sie statistisch gesehen nicht stark ins Gewicht. 17. Unter landseitig wird der Bereich des Flughafens bis zur Zollabfertigung verstanden. 18. Nach: Gutknecht (1995) 19. NZZ (27.9.1993) 20. Ruh (1992) 21. 1992 wurden 233'031 Flugbewegungen durchgeführt, heute sind es bereits rund 242'000 (1997). Das Passagiervolumen betrug 13.1 Mio (1997: 18.3 Mio) und 345'000 (1997: 472'000) Tonnen Fracht wurden transportiert. 22. Abstimmungstext zitiert aus Tages-Anzeiger (22.9.1993). 23. NZZ (21.8.1993) 24. Nur gerade Hüntwangen und die von einem neuen Abflugverfahren betroffenen Furttal-Gemeinden Dällikon, Regensdorf und Dänikon, sowie der Zürcher Stadtkreis 5 sprachen sich für die Initiative aus. Sogar in dem vom Fluglärm ebenfalls betroffenen Stadtkreis 11 wurde die Initiative deutlich abgelehnt. Aus: NZZ (27.9.1993) 25. Tages-Anzeiger (2.7.1993) 26. Tages-Anzeiger (22.10.1993) 27. NZZ (18.1.1994) 28. NZZ (25.5.1994) 29. NZZ (8.7.1994) 30. Tagblatt der Stadt Zürich (14.1.1995) 31. Alt Kantonsrat Paul Stopper, LDU an einer Pressekonferenz vom 18.5.1995. 32. Mit der Einführung der sogenannten vierten Welle 1996 haben sich markante Erhöhungen der Flugfrequenzen am frühen Morgen und am Abend ergeben, während der Verkehr am Nachmittag eher abgenommen hat. Die vierte Welle wurde nötig um die ehemals ab Genf abgehandelten Langstreckenflüge auf dem Zürcher Flughafen im Flugplan unterbringen zu können - zeitlich gesehen vorwiegend in der Mitte des Vormittags. 33. Zusammengefasst in: NZZ (7.5.1997) 34. Zum Teil aus: Vogel (1993) 35. Heller (1985) 36. Mager (1982) 37. Nach: Oeser & Beckers (1987) 38. Weitere häufig verwendete Belastungsmasse für Fluglärm sind der Beurteilungspegel Lr, und der mittlere Maximalpegel Lmax. 39. Oeser & Beckers (1987) 40. Nach: IFZ (1978) 41. Flughafendirektion Zürich (1986) 42. Aus: Vogel (1993) 43. Statistsches Amt des Kantons Zürich (1997) 44. NZZ (30.1.1998) 45. NZZ (14.2.1995) 46. NZZ (29.12.19951995) 47. In Ergänzung soll ein Abflugmanagementsystem die Koordination zwischen der Startpiste und der sie kreuzenden Landepiste 16 gewährleisten um Verspätungen bei Starts zu vermeiden. 48. NZZ (6.3.1996) 49. NZZ (3.9.1997) 50. NZZ (7.10.1997) 51. NZZ (24.10.1997) 52. NZZ (18.12.1997) 53. NZZ (21.1.1998) 54. Zusammengefasst in Meienberg (1991) 55. Aus physikalischen Gründen sind Katalysatoren bei Düsentriebwerken nicht anwendbar. 56. Kanton Zürich (1990) 57. Zahlen aus: Amt für Raumplanung des Kantons Zürich (1997) und: Statistsches Amt des Kantons Zürich (1997) 58. In der Zone 1 ist eine stärkere negative Korrelation der beiden Indikatoren festzustellen (r = -0.88) als in der Zone 2 (r = -0.67) 59. Betrachtet man die beiden Zonen getrennt, fällt auf, dass hier in der Zone 1 mit r = 0.88 eine deutlich ausgeprägere Korrelation stattfindet als in der Zone 2 mit r= 0.62. 60. Bei der separaten Betrachtung der Zonen ist festzustellen, dass auch hier der Korrelationskoeffizient in der Zone 1 mit -0.82 einiges ausgeprägter ist als das sehr schwache r der Zone 2 mit einem Wert von -38, wo man nicht mehr von einer eigentlichen Korrelation sprechen kann. [ Diese Nachricht wurde geändert von: munich am 2003-02-22 16:16 ]
hcn_tvs Geschrieben 24. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 24. Februar 2003 He munich, Das ist ja super was du da gemacht hast. Jetzt haben wir mal ne Übersicht. Finde ich gut. Ich hoffe jetzt, dass alle wieder wissen, von was sie reden. Gruss aus Winterthur, Marco Schmid
Gast Geschrieben 24. Februar 2003 Melden Geschrieben 24. Februar 2003 Solange es keinen CAT III Anflug auf die 32 und 34 gibt existiert keine Alternative zum bestehenden Verfahren. Die 28 ist momentan wirlich indiskutabel mit ihrem VOR/DME Anflug! Der Sommer mit dem schönerern Wetter wird die Situation "flexibler" gestalten aber wie lange? Letztendlich werden die Passagiere leiden wenn ab einer gewissen späteren Abendstunde nur noch die 28 angeflogen wird und sie eventuell bei grenzwertigem Wetter in Friedrichshafen oder Stuttgart auf den Ausweichflughäfen landen. Oder eben im Wald vor der 28. Letzlich hat die momentane Situation den Unfall sehr begünstigt.
hcn_tvs Geschrieben 26. Februar 2003 Autor Melden Geschrieben 26. Februar 2003 Okay, ist villeicht ein bisschen hart gesagt: "oder eben im Wald." Der Anflug ist ja nicht ganz eiAber der ganze Anflug auf die 28 ist ja topographisch auch nicht sehr flach. Da haben wir ab Winterthur, also in der Endanflugphase verschiedene Hügel, wie den Hulmen (Winterthur), danach die Überquerung des Tösstals, der Überflug über die Kyburg, danach über Effretikon und eben über Bassersdorf, wo der Jumbolino im letzten Jahr abgestürtzt ist. Und was schliesssen wir daraus??? : Der Anflug ist (zu) gefährlich.
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