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Südkurier vom 31.10 Das Ende der Stille - Der Zorn der Süd-Z


Gast Badmax

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Wie ich finde ein sehr guter Artikel. Wollte ich euch nicht vorenthalten.

 

 

 

 

Gut 2500 Zürcher haben gestern die ersten im Südanflug in Kloten ankommenden Flugzeuge mit Protesten in Empfang genommen. Von den Schweizer Politikern fordern sie einen ähnlich harten Verhandlungsstil wie ihn die deutschen an den Tag gelegt hätten.

 

VON FRANK VAN BEBBER

 

Es ist ein letzter Moment der Stille, und noch ahnen die 600 Menschen auf dem Gockhausener Schulhof nicht, wie kurz er sein wird: Um sechs Uhr hören sie auf zu reden, selbst das Gemurmel verstummt. Manche schauen in den Himmel, wo sie die Jets im Südanflug auf den Flughafen Zürich vermuten. Nichts zu sehen und zu hören. "Also", ruft Thomas Morf, Präsident der Bürgerinitiative gegen Südanflüge, "heute wird es keine Südanflüge geben." Die Menschen klatschen und johlen über ihren kleinen, laut Morf "symbolischen Erfolg". Dann schreit jemand: "Dort." Der Himmel über der Schule ist weiß aufgeblendet. Drei Scheinwerfer zeichnen sich ab, es folgen Fahrwerke, Turbinen und Flügel. Das erste Flugzeug im Südanflug passiert das Dorf nahe Zürich. Über der Schule, unten nur über eine Nebenstraße erreichbar, setzt seit Donnerstag früh der internationale Luftverkehr zur Landung an.

 

Der Lärm aus der Luft folgt dem Flugzeugumriss einen Moment nach. Aus dem Klatschen der Demonstranten werden Pfiffe und Protestrufe. Im Abstand von Minuten leuchten neue Scheinwerfer am Himmel auf, kurz darauf setzt stets das Dröhnen ein. 300 Meter sollen die Flugzeuge hier hoch sein. Man kann die Namen ihrer Gesellschaften lesen und die ovalen, beleuchteten Fenster sehen. "Uff d' Pischte, uff d' Pischte" rufen viele Demonstranten. Doch niemand macht sich ernsthaft auf, um sich auf die Bahn 34 des Flughafens zu setzen. Am Rande des Schulhofs schenken Helfer Kaffee aus. Einen Protestballon, auf harmlose 30 Meter gestiegen, haben die Organisatoren an zwei Ponys festgebunden, "weil das sympathische Tiere sind". Das Gerede Morfs, man habe Ballons auf 300 Meter aufgelassen, glaubt kaum jemand. Aber die Initiative erklärt, deshalb sei zuerst von Norden angeflogen worden. Die Fluglotsen sprechen von Wetterbesserung.

 

An fünf Orten unter der neuen Flugschneise haben sich Anwohner an diesem Morgen ab halb sechs Uhr versammelt. Dem Aufruf zum "Hauptalarm" sind 2500 Menschen gefolgt. Dagmar Pereira ist eine, die sich eine gelbe Kappe mit fettgedrucktem "Nein" aufgezogen hat. "Ich bin nicht sauer, ich bin ohnmächtig", sagt die Hausfrau aus Dübendorf. Die 37-Jährige hat ihre Kinder, zehn und sieben Jahre alt, mitgebracht. Rubens, der ältere, wacht nachts immer auf. Er fürchtet, ein Jet könne abstürzen. Pereira schimpft auf Schweizer Politiker. Wut auf die Deutschen ist kaum zu hören. Der Zorn gilt heute den eigenen Volksvertretern und dem Flughafen.

 

Niemand brauche einen übergroßen Superairport, dessen Wohlergehen den Politikern wichtiger sei als das von 200000 Bürgern, heißt es. Demonstrantin Marisa Widmer sagt: "Nicht über Deutschland, über unsere eigene Regierung sind wir am meisten erbost." Vor 27 Jahren hat sich das Ehepaar Widmer in Gockhausen ein Haus gekauft. Jetzt sind die 62-Jährige und ihr Mann pensioniert - und haben einen Alterssitz in der Einflugschneise. "Da war nie die Rede von", sagt Marisa Widmer. "Wir können nicht weg, wir können nicht verkaufen und vermieten." Sie müssten ihre Ziegel auf dem Dach festklammern, damit Luftwirbel sie nicht abreißen. Wie Viele haben sie dies aus Protest verweigert. Es ist die Rede von Warnungen der Gemeinden, man solle Obst und Gemüse aus den Gärten nicht mehr essen. Viele Anwohner haben in die hübschen Häuser ihre ganze Pension investiert. Nun sind sie empört, dass sie zur Anflugregel nicht gefragt wurden.

 

Die Wut sitzt tief in einem Land, das seine Bürger oft für weniger Bedeutsames an die Urne bittet. Morf greift die Schweizer Verantwortlichen an. Deutschland erwähnt er in seiner Rede gegen die "menschenverachtenden Südanflüge" nicht einmal. Später sagt er auf Fragen, er wünsche sich von der Schweiz, dass ihre Minister so hart verhandelten wie ihre deutschen Kollegen - und von Deutschland, dass mehr die Verhältnismäßigkeit gesehen werde. Es sei schließlich ein Unterschied, ob Flugzeuge bei Zürich in 200 bis 300 Meter Höhe über Siedlungen flögen oder in 800 und mehr Metern über das weniger bewohnte Südbaden, argumentieren Morf und andere.

 

Urs Würth, der in Gockhausen einen Tante-Emma-Laden betreibt, sagt: "Der Kreis Waldshut lebt doch von der Schweiz." Einer aus der Menge schlägt vor, für jeden deutschen Laster in der Schweiz einen Flieger in Deutschland zuzulassen.

 

Eine wirkliche Lösung für den Streit hat aber auch hier niemand. Ratlos schütteln Befragte den Kopf. Doch die vielen Kameras und Mikrofone, die abwechselnd Flugzeuge und Morf verfolgen, machen klar: Es geht in Gockhausen um eine nationale Frage. Da passt es, dass der erste Südanflieger nicht die erwartete Frachtmaschine aus Köln ist. Als der Airbus direkt über die Schule fliegt, murmelte die Menge: "eine Swiss". Die Menschen pfeifen, bis Häuser und Bäume den Jet verschlucken - und mit ihm das angestrahlte Schweizer Nationalkreuz am Heckflügel.

 

 

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Bei der Frachtmaschine handelte es sich um eine Fokker27 der WDL.

 

Der Airbus der Swiss war wohl ein A340-300 aus Singapore via Bangkok.

Geschrieben

Die eher kleinen Gemeinden im Norden hätten wohl keine Chance gehabt, wenn sie nicht in einem anderen Land wären.

 

Aber ich finde die Südanflüge gut. Ich selber wohne auch ind er Nähe des Flughafens. Die Südstarts mit Lefthand-turn höre ich ziemlich laut. Da ich aber auch schon bei unique gearbeitet habe, konnte ich direkt vom Airport profitieren.

 

Die Leute in der neuen Südschneise profitieren auch vom Flughafen. Es gibt keinen, aber auch wirjlich keinen Grund, weshalb der Norden, Osten und Westen Fluglärm ertragen soll und der Süden nicht. Deshalb lob ich mir unsere Politiker und Bundesamt, dass sie die Gerechtigkeit siegen lassen haben!

 

Die ganze Schweiz (und Deutschland?) Lacht über den Süden. Kein mensch versteht warum ausgerechnet der Süden verschont bleiben soll...

Geschrieben

Immerhin ist Kloten ein Schweizer Flughafen. Deswegen kann die Schweiz auch einen fairen Teil des Lärms tragen. Hätte sich Bern bei den Verhandlungen nicht lange derart stur gestellt, wäre vielleicht sogar ein besserer Kompromiss möglich geworden. Jetzt ist es nur der Minimalkonsens.

Geschrieben

@javot: 1000% agree besser hätte ich es selbst nicht sagen könen.

 

Deswegen fand ich diesen Artikel heute im Südkurier auch sehr fair geschrieben, sowohl für Deutsche als auch für Schweizer Seite.

Geschrieben

Na und wer fliegt von ZRH in den Urlaub?!

Bestimmt auch die ach so armen "Sudzürcher", dies schön nett Richtung Berge haben... so ist doch immer!

Sind sie eben auch mal dran... und keine Sorge bei winterlichen Hochdruckwetterlagen geht sowieso nur ILS 14 oder 16, wegen Nebel und Dunst, zumindest am Morgen wenn sie in der Heia liegen.

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