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Russland: Flugzeugknappheit droht durch Wirtschaftsaufschwun


MiG MFI

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Geschrieben

25-06-2004 Wirtschaft & Geld

 

Leasing bringt Luft unter Russlands Flügel

 

Von Lothar Deeg, St. Petersburg. Die russische Zivilluftfahrt startet durch: Die Airlines des Landes melden stolze Passagierzuwachs-Zahlen. Den Überfliegern droht aber alsbald eine Bauchlandung, wenn nicht ein Problem gelöst wird: Woher die Flugzeuge nehmen, mit denen die wachsenden Fluggastmassen befördert werden sollen? Und wie sie bezahlen? Der Staat will jetzt das Leasing von 105 Jets aus russischer Produktion subventionieren – auch, um den heimischen Flugzeugbau zu retten.

Gegenüber dem Vorjahr 32 Prozent Passagierzunahme im internationalen Verkehr und 12 Prozent auf Inlandsrouten – diese Zahlen meldete unlängst der Luftfahrt-Abteilungsleiter im russischen Verkehrsministerium Karl Ruppel. Seine einfache Erklärung für den Boom: Die Russen haben einfach wieder mehr Geld in der Tasche.

 

Eine 140 Millionen Menschen zählende Bevölkerung, die es zunehmend leid ist, auf Urlaubs- oder Geschäftsreisen wegen ein paar gesparter Rubel tagelang in Zügen zu sitzen – und die anders als die meisten Ausländer auch ohne Zögern in russische Maschinen steigt –, verspricht aus dem lethargischen russischen Luftfahrtmarkt wieder eine lebhafte Branche zu machen.

 

Bislang konnten die russischen Airlines den Passagierzustrom gut verkraften: Aus Sowjetzeiten, als das Fliegen so selbstverständlich war wie Busfahren, sind noch zahlreiche alte Flugzeuge mit Dienstzeit-Ressourcen vorhanden. Noch dazu gaben Osteuropäer und Chinesen in den letzten Jahren ausgemusterte, aber noch einsatzfähige Tupolews und Iljuschins gern für wenig Geld nach Russland zurück.

 

Als Resultat konnte die einst stolze russische Luftfahrtindustrie kaum noch neue Jets absetzen: In den Werkhallen der drei großen Zivilwerften WASO in Woronesh, KAPO in Kasan und Aviastar-SP in Uljanowsk setzten unvollendete Maschinen über Jahre Staub an. Die Zahl der neu auslieferten russischen Jets, vorrangig handelt es sich um die Typen Il-96 und Tu-204/214, war in den letzten Jahren immer an zwei Händen abzuzählen.

 

Ewige Startverzögerung bei der Tu-334

Neuentwicklungen wie die 102-sitzige Tupolew-334 kamen mangels Vorbestellungen und Entwicklungsbudgets erst nicht aus den Startlöchern: Der schon 1999 auf der Moskauer Luftfahrtmesse im Flug präsentierte Regional-Jet bekam erst dieser Tage sein Zulassungs-Zertifikat. Inzwischen ist aber der zuletzt als Serienhersteller designierte Rüstungskonzern MiG fast pleite. Das ebenso glücklose wie nötige Flugzeug wird deshalb wohl zum dritten Mal den Produktionsstandort wechseln müssen, bevor es – wenn überhaupt noch – in Russland in Serie geht.

 

Doch je mehr Maschinen jetzt altershalber ausgemustert werden müssen, um so mehr verlangt es den Airlines nach neuem Fluggerät. Verschärfend kommen die strengen Lärmnormen hinzu, mit denen fast alle westlichen Länder einfliegende Flugzeuge messen: Die in Russland noch reichlich vorhandenen Typen Tu-134, Il-86 sowie ältere Exemplare der Tu-154 können seit zwei Jahren faktisch nicht mehr auf Auslandsdestinationen eingesetzt werden. Und 2006 soll die Schallmauer der EU-Staaten noch höher werden – dann müsste auch das momentane Hauptarbeitspferd, die Tu-154M, die Segel streichen.

 

Airlines mit guten Beziehungen in den Staatsapparat wie Aeroflot und Transaero verschafften sich schon vor Jahren Zoll-Sonderkonditionen zum Kauf oder Leasing von Airbus- und Boeing-Modellen. Kapitalkräftigere Regionalgesellschaften wie Sibir oder Krasair zogen in diesem Frühjahr nach: Auch sie nahmen die im Ausland seit dem 11. September besonders günstig zu bekommenden West-Jets in ihre Flotten auf. Weitere Airlines – wie Pulkovo aus St. Petersburg – wollen noch in diesem Jahr mit der Anschaffung importierter Gebraucht-Maschinen folgen.

 

Macht die Go-West-Bewegung Schule, würde das für die russische Flugzeugindustrie nach einem Hunger-Jahrzehnt endgültig das Aus bedeuten. Dies just in dem Moment, in dem der Heimatmarkt in Schwung kommt – alle anderen Absatzmöglichkeiten haben die russischen Produzenten mangels eines weltweitem Servicenetzes für ihre Tupolews, Iljuschins, Antonows und Jakowlews ohnehin faktisch verloren. 310 Verkehrsflugzeuge werden nach Berechnungen des Verkehrsministeriums allein bis 2010 in Russland gebraucht, hinzu kommen noch 37 Frachtmaschinen und 179 Hubschrauber.

 

Einen erklecklichen Teil dieses Kuchens will die russische Regierung nun zum Verzehr im Lande halten: 105 große Zivilmaschinen im Gegenwert von 2,9 Millarden Dollar sollen vom Staat mitfinanziert und dann verleast werden, sieht ein Aktionsplan der Regierung vor, der bei einer der Luftfahrt vorbehaltenen Kabinettssitzung am Donnerstag in Woronesch beraten wurde. Zwei Leasinggesellschaften mit staatlicher Beteiligung exisiteren bereits. Aber um das ehrgeizige Programm zu verwirklichen, müssten deren Portfeuilles bis 2010 schrittweise um 1 Milliarde Millionen Dollar aus dem Staatshaushalt aufgestockt werden. Regierungs-Chef Michail Fradkow sagte für 2005 immerhin etwa ein Drittel der Summe zu – aber unverbindlich.

Was mit derartigen Ansätzen geschafft werden kann, sah Fradkow dann mit eigenen Augen: Die aufstrebende Fluggesellschaft Krasair übernahm in Woronesch die erste von zwei geleasten vierstrahligen Iljuschin 96-300 für 263 Passagiere. Dies ist der gleiche Typ, wie ihn Anfang des Jahres auch Wladimir Putin als neue Präsidentenmaschine bekam. Anders als dieser können die Krasnojarsker Flieger nun aber vergleichen, was im russischen Alltag besser und billiger kommt: Das russische Flaggschiff oder Second-Hand-Boeings aus Amerika.

(ld/.rufo)

 

Flugstunden statt Flugzeuge

Um die in der Branche berüchtigte Unzuverlässigkeit der wenig erprobten neuen russischen Maschinen zu kompensieren, hat sich Tupolew jetzt ein neues Leasing-Modell einfallen lassen: Die Fluggesellschaften bezahlen nicht mehr pro Flugzeug und Monat, sondern für 3000 garantierte Flugstunden pro Jahr. Ein Tupolew-Vertreter bezeichnet dieses Modell als "Vereinigung der besten Errungenschaften der Markt- und der sowjetischen Planwirtschaft". Auch die von Krasair gestern übernommene Il-96 bekam eine solche Flugstundengarantie mit auf den Weg. (ld)

 

 

 

© rUFO

 

Quelle: http://www.aktuell.ru/mainmore.php?tpl=Wir...&iditem=906

Geschrieben

Interessanter Artikel. Auf der anderen Seite gibt es ganz erhebliche Lieferprobleme beim Bau der An140, so daß man wegen fehlender Zulieferung von Bauteilen diese beim Hersteller nun selbst fertigt. Ähnlich get es MotoSich, die die Propellertriebwerke für die Maschine bauen.

 

Ich sehe darin weniger Geldprobleme, als vielmehr Schwierigkeiten sich an moderne Fertigungs- und Lieferprozesse anzupassen. Eine russische Airline hat nicht viel von einer mit staatlichen Geldern subventionierten Maschine, wenn diese statt zum Sommerflugplan, erst mit dem Winterflugplan ausgeliefert wird!

 

Ich selbst nehme an, das sich in Rusland der Markt weiter konsolidieren wird und vielleicht bleiben dann Sukhoj und Antonov übrig. Tupolev schraubt mir zuviel rum (ich sehe kein Konzept hinter dem Angebot), zu Iljushin kann ich nix sagen.

Geschrieben

Hallo,

 

das grösste Problem der russischen Airlines ist der Geldmangel.Die Ticketerlöse decken gerade so die Ausgaben.Es fehlt an Cash selbst für die Anzahlung von Flugzeugen.

Bei den Herstellern das Gleiche.Kein Geld für Neuentwicklungen.Woher auch,wenn man fast nichts mehr verkauft.Natürlich kommen die bereits erwähnten Lieferschwierigkeiten hinzu.Russische Hersteller bieten für russische Kunden die Flugzeuge oft noch mit 3 Mann Cockpit an.Es fehlt auch an einem Hersteller für leistungsstarke und ökonomische Triebweke.

 

Deshalb will man alle russischen Hersteller zu einem grossen Hersteller zusammenfassen,der dann die ganze Produktpalette bedient und ein Familienkonzept bietet.

 

Am besten scheint dies zur Zeit noch Tupolev zu bewerkstelligen, mit der 204 /214`er bzw. der demnächst in Serie gehenden TU-334/354´er.

Die haben grossteils identische Cockpits und und im Rumpfbereich sind sie sich auch ähnlich.Bis Ende des Jahres wird die TU 334 und die TU 204 auch mit RR-Triebweken zertifiziert sein.

 

Iljuschin-Yakowlew hat ausser der IL-96,der bisher erfolglosen IL 114 und den veralteten Yak Trijets nichts in petto.

Suchoi muss man abwarten,was aus dem RRJ werden wird.Suchoi hat dafür im militärischen Bereich einige Verkaufserfolge erzielen können.

 

Interessant ist derzeit wohl auch der ukrainische Hersteller Antonov.Die 148´er könnte ein echter Erfolg im GUS-Raum werden.

 

Alles in Allem sehe ich aber keine grossen internationalen Perspektiven der russisch/Ukrainischen Hersteller.

 

Gruß Flugente

Geschrieben
Interessanter Artikel. Auf der anderen Seite gibt es ganz erhebliche Lieferprobleme beim Bau der An140, so daß man wegen fehlender Zulieferung von Bauteilen diese beim Hersteller nun selbst fertigt. Ähnlich get es MotoSich, die die Propellertriebwerke für die Maschine bauen.

(…)

 

Die An-140 und MotorSich sind ukrainisch, nicht russisch und von daher wieder ein ganz anderes Paar Schuhe.

 

 

(…)

Alles in Allem sehe ich aber keine grossen internationalen Perspektiven der russisch/Ukrainischen Hersteller.

 

Die Zukunft der russischen Hersteller sehe ich in Russland und maximal in der GUS.

Auf der restlichen Welt können die russischen Firmen es nur über eine Beteiligung an Airbus schaffen. Ein Beispiel ist hier der A380, dessen Fahrwerk in Russland gebaut wird.

Geschrieben

Warum das Thema "Wirtschaftsaufschwung - Flugzeugknappheit droht" heisst verstehe ich nicht.

 

Aber ich sehe die russische Luftfahrt de facto am Ende.

Vielversprechende Projekte wie TU204 haben bislang leider nicht den gewuenschten Erfolg gebracht, gleichzeitig ist im Westen -speziell nach dem 11.09.01-der Markt zusammengebrochen.

 

Persoenlich kann ich nur begrenztes Verstaendnis fuer Airlines aufbringen, die bislang kein Westgeraet einsetzen.

Folgende Gruende veranlassen mich dazu

1. Der Leasingmarkt ist am Boden, noch nie konnte man Airbusse, Boeings, MD's so guenstig bekommen

2. Die F100 ist speziell fuer die vielen Airlines mit TU134 ein gutes Ersatzmuster, auch hier ist der MArkt ueberschwemmt.

3. Von den Herstellern werden umfangreiche Finanzierungs- und "Supportprogramme" wie z.B. kostenloses Crewtraining angeboten.

4. Die (Finanziellen) Mehrkosten von Westgeraet liessen sich durch operationell Einsparungen im Vergleich zu TU's.IL's etc. wett machen.

 

Fazit: Ohne Wunder ist die russiche Luftfahrt am Boden und wird wohl viele Airlines mitziehen, die sich gegen Westgeraete streuben bzw. nicht in diese Investieren!

 

 

ATN

Geschrieben

Ich habe schon Verständnis für russische Airlines, die keine Westmuster einsetzen – weniger aus Nostalgie (ka, ich fliege gerne Russenmuster) als aus wirtschaftlichem Realismus. Eine geleaste F100 ist immer noch teurer als eine TU134, die man mit dem Zusammenbruch von Aerflot(alt) auf dem Hof fand. Und es bleibt ja nicht bei der Leasingrate allein: dazu kommen auch noch die Importzölle.

 

Fluglinien wie Ktrasair und Sibir leasen A310 und 767 weniger, weil sie ihre IL86 nicht mehr an zahlreiche Aulandsdestinationen fliegen wollten – wenn sie dürften, würden sie es tun. Aber die Zeiten ändern sich nicht nur in der EU...

 

Fazit: Im innerrussischen Verkehr werden wir die alten Donnervögel noch lange sehen, auf den Auslandsrouten sind die tage wohl gezählt und die Airlines werden in den sauren Apfel beißen müssen, Importzölle zu zahlen und entsprechend das Preisniveau der Tickets anzupassen.

Geschrieben
Warum das Thema "Wirtschaftsaufschwung - Flugzeugknappheit droht" heisst verstehe ich nicht. (…)

 

Weil durch den russischen Wirtschaftsaufschwung wieder mehr geflogen wird in Russland und deshalb das jetzige Fluggerät dies auf Dauer nicht bewältigen können wird. Wo ist das Problem, dies zu verstehen?

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