Gast Jörgi Geschrieben 18. November 2004 Melden Geschrieben 18. November 2004 Die Fehltritte des Kopiloten 18. November 2004 Daß ein Pilot durch kräftige Tritte in die Seitenruderpedale ein modernes Großraumflugzeug zum Absturz bringen kann, ist eine nicht gerade beruhigende Erkenntnis. Sie steht in dem abschließenden Untersuchungsbericht, der jetzt zum Unglück des Fluges AA 587 vorliegt und aus dem vorab kurz berichtet worden war (F.A.Z. vom 27. Oktober). Der Airbus A300 von American Airlines war am 12. November 2001 kurz nach dem Start nur wenige Kilometer von der Startbahn entfernt in New York zerschellt. 265 Menschen kamen bei dem Absturz ums Leben, unter ihnen fünf Einwohner von Belle Harbor auf der Halbinsel Rockaway Beach, das zum New Yorker Stadtteil Queens gehört. Piloten im Blickpunkt der Ermittlungen Drei Jahre hat die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board) gebraucht, um den zunächst rätselhaften Absturz aufzuklären. Erste Befürchtungen, fanatische Islamisten hätten zwei Monate nach den Massenmorden im World Trade Center wieder zugeschlagen, zerstreuten sich schnell. Statt dessen gerieten die Piloten in den Blickpunkt der Ermittler. Der Airbus war kurz nach dem Start vom Kennedy-Flughafen in die Wirbelschleppe eines vorausfliegenden Jumbo-Jets geraten und durchgeschüttelt worden. Der Kopilot, der das Flugzeug steuerte, trat mehrere Male kräftig in die Seitenruderpedale, um das Flugzeug in der turbulenten Luft geradezurichten. Der später ausgewertete Cockpit Voice Recorder registrierte „klappernde Geräusche”, die auf Ruderbewegungen bis zum Anschlag schließen ließen. „Fortgeschrittene Manöver” „Unnötiger und unangemessener Einsatz der Ruderpedale” führten zu einer aerodynamischen Überlastung des senkrechten Seitenleitwerks am Heck, das in der Luft abbrach. Flug AA587 war nicht mehr zu steuern und endete nach knapp zwei Minuten in einer Katastrophe. Obwohl der Kopilot als Auslöser des Unfalls gilt, sprechen die Ermittler nicht von Schuld und Versagen. Das an der Seitenflosse befestigte Ruder, das die Bewegungen eines Flugzeugs um die Hochachse steuert, wird gewöhnlich nur bei Start und Landung benutzt. Die Fluggesellschaft American Airlines hatte ihren Piloten jedoch für bestimmte „fortgeschrittene Manöver” den Gebrauch des Seitenruders auch während des Fluges empfohlen, um Roll- und Gierbewegungen in Turbulenzen auszusteuern. Dagegen warnte der Flugzeughersteller Airbus ausdrücklich vor dem Einsatz des Ruders bei höherer Geschwindigkeit: Die auftretenden Kräfte könnten die bei der Verkehrszulassung nachgewiesene Belastbarkeit der Seitenflosse übersteigen. Abweichungen von der Normalfluglage werden durch die natürliche Stabilität des Flugzeugs und den Einsatz der Querruder korrigiert. Zweifel an der Festigkeit des Materials Die etwa acht Meter hohe Flosse war weit vom Unglücksort entfernt in der Jamaica Bay gefunden worden. Da dieses Bauteil beim europäischen Airbus aus faserverstärktem Kunststoff besteht, wurden auch Zweifel an der Festigkeit des Materials laut. Eine sorgfältige Untersuchung im Nasa-Forschungszentrum Hampton ergab jedoch keine Material- oder Strukturfehler. Die Tritte ins Seitenruder hatten das Heck der Maschine bei 470 Kilometer je Stunde mehrmals herumgerissen, so daß die Seitenflosse vom Luftstrom weggefegt wurde. Das NTSB veröffentlichte inzwischen mehrere Flugsicherheitsempfehlungen für Piloten, Airlines und Flugzeughersteller, um einen Unfall dieser Art künftig unmöglich zu machen. Text: dv. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.11.2004, Nr. 271 / Seite 12 [ Diese Nachricht wurde geändert von: Jörgi am 2004-11-18 18:40 ]
Gast Geschrieben 18. November 2004 Melden Geschrieben 18. November 2004 Olle Kamelle. Wure hier kürzlich auch erst behandelt. Die FAZ scheint bei manchen Nachrichten nicht mehr auf der höhe der Zeit zu sein. Was bei dieser Geschichte am schwerwiegendsten ist dürfte der Umstand sein das genau so etwas bei AA schon einmal passiert ist, aus de la meng und ohne nachzulesen entweder in MIA oder LIM. Der Flieger wurde damals (mid nineties) schwer beschädigt, stürzte aber nicht ab. AA hat die training procedure danach nicht bzw, nicht rechtzeitig geändert. Einen besseren Ort als die jurisdiction des Brooklyn Criminal Courts hätte man sich auch nicht aussuchen können. Da helfen der Versicherung nur noch "out of court settlements".
ATN340 Geschrieben 18. November 2004 Melden Geschrieben 18. November 2004 @Skytruck Was meinst du denn mit schonmal passiert? Bin zwar kein Geschichtsbuch, aber trotzdem versuche ich immer alles über solche Vorfälle zu erfahren An einen solchen Vorfall erinnere ich mich nicht. Kann es sein, dass du damit die Geschichte meinst, als ein AA-A300 1996 in schwere Turbulenzen geriet und zum Startflughafen zurückkehren musste? Danach hat man fetsgestellt, dass die Maschine an der absoluten Grenze der physikalischen Belastbarkeit war. War übrigens der Unglücksflieger, daher wurde auch über schlampige Reperaturen/Kontrollen nach dem damaligen Vorfall spekuliert. Wer mir etwas zu ungeschoren wegkommt ist die FAA. Die ist für die Zertifizierung der Trainingsprogramme zuständig und offenbar haben sie gepennt. Sonst könnte kaum Jahre nach dem anderen Vorfall ein Pilot noch mit "ungeeigneten" Procedures arbeiten Was mich interessieren würde ist, was aktive A300-Piloten zu der Geschichte sagen. NABLA, wo bist du?????????????????????????????????? ATN
Gast Geschrieben 18. November 2004 Melden Geschrieben 18. November 2004 @ATN340 - genau das meine ich, wurde in Flight International ziemlich ausführlich behandelt. Ohne jetzt in das Archiv zu steigen, aber aus der Erinnerung raus lag der Fall ähnlich - in JFK waren ja "wake turbulences" einer vorausfliegenden 747 der Grund für die rudder application. Als dann der Unfall in NY passierte hat AI gleich reagiert und den Zusammenhang zu dem 1996 Incident hergestellt und AA ziemlich unverblümt angeprangert weil man die traning procedures nicht umgestellt hat.
Koelli Geschrieben 18. November 2004 Melden Geschrieben 18. November 2004 Und wieso kann sowas heute noch passieren? Wirbel sollten doch durch die Startintervalle verhindert werden und die Bedienung der Pedale ja wohl korrekt gelehrt werden. Also wer ist wirklich schuld?
Takeoff Geschrieben 18. November 2004 Melden Geschrieben 18. November 2004 Die Grundfrage ist ja wohl auch, warum der A300 überhaupt mit der Ursache des Unfalls, nämlich den Wirbelschleppen konfrontiert war. Somit müsste eigentlich der A300 zu knapp hinter dem vorausfliegenden Flugzeug die Freigabe erhalten haben. Ist in der Hinsicht auch ermittelt worden? Und andere Interessenfrage: warum wurden diese 5 von 265 Personen insbesondere erwähnt? Sind die anderen 260 etwa so "uninteressant" gewesen? Allerdings kann ich solche Berichterstattungen auch nicht nachvollziehen wenn es heisst: Unglück mit Flugzeug X, es waren Y Deutsche an Bord. Auch dies erweckt meiner Meinung nach eine Art (finde grad kein geeigneteres Wort) Diskriminierung der anderen Personen.
THFever Geschrieben 19. November 2004 Melden Geschrieben 19. November 2004 Ich nehme mal an, die genannten 5 Personen waren eben gerade nicht an Bord der Maschine, sondern wurden am Boden durch abstürzende Trümmer getötet. Von daher ist es eine eigene Kategorie von Opfern und was anderes als die Sache mit den y toten Deutschen.
ATN340 Geschrieben 19. November 2004 Melden Geschrieben 19. November 2004 @THF Es ist glücklicherweise nicht "selbstverständlich", dass bei Abstürzen auch Passanten von umherfliegenden Trümmern o.ä. getötet werden. Daher findet sowas sowohl in der Unfallermittlung (Kapitel: Damages bzw. Injuries to third parties) wie auch in der Presse immer eine besondere Beachtung. Im ersten Fall kann ich es nachvollziehen, im zweiten nicht Gruss
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