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Frage zu Kondenstreifen


FR737

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo zusammen,

 

ich habe ein paar Fragen zu den Kondensstreifen.

 

1. Warum sieht man an manchen wolkenlosen Tagen am Himmel so gut wie

 

keine KOndenstreifen?

 

2. Weshalb bleiben manchmal die Kondensstreifen über Stunden

 

erhalten, an anderen Tagen wiederrum verschwinden sie relativ

 

schnell?

 

3. Warum sieht man manchmal an klaren Tagen Flugzeuge mit und manche

 

Flugzeuge ohne Kondenstreifen, obwohl sie etwa in gleicher Höhe

 

fliegen?

 

4. Wieso sind die Kondenstreifen oftmals unterschiedlich lang?Ich habe schon oft gesehen, dass z.B. 737/320 oder 747-400 lange Kondenstreifen bilden, aber 757 oder andere Modelle nur ziemlich kurze, warum?

Was mir auch oft auffällt ist, dass die Kondenstreifen, besonders der 747, die in Ost-West Richtung verlaufen, wesentlich länger sind, als

die von den 747, die von West nach Ost fliegen?

 

Vielleicht kann mir ja jemand die Augen öffnen, denn ich wundere mich

 

immer wieder.

 

Danke schonmal!

Geschrieben

Ich versuche es mal:

 

generell sind Kondensstreifen gefrorenes Wasser (Eiswolken) das beim Verbrennungsprozeß von Kerosin entsteht. Bei der Verbrennung von 1 kg Kerosin (+3,4kg O2 aus der Umgebung) entstehen 1,24kg Wasser, 3,15kg CO2 (!!) sowie geringere Mengen von NOx, CO, SO2 und UHC (unverbrannte Kohlenwasserstoffe) (Siehe auch http://www.adv-net.org/de/gfx/um_emissionen.php)

 

zu 1) Generell hängt die Bildung von Kondensstreifen von der Temperatur und der Sättigung durch Wasserdampf ab. Heisst, feuchte Luft regt eher zur Streifenbildung an als trockene, denn bei feuchter Luft tritt durch das hinzugefügte Wasser aus dem TW eine Übersättigung der Luft ein was zur Wolkenbildung (-> Contrail) führt. Bei trockener Luft verteilt sich das Wasser aus dem TW und der Contrail löst sich schnell auf oder bildet sich garnicht erst. Generell sind etwa -40° oder weniger erforderlich zur Streifenbildung.

 

2) Das hängt ebenfalls von der Konsistenz der Luft ab, ob eben trocken oder feucht. Wie gesagt, trockene Luft führt zu schnellerer Auflösung der Streifen da sich das Wasser verteilt, bei feuchter Umgebung tritt eine Übersättigung auf und somit Wolkenbildung.

Hinzu kommen die lokalen Winde, ist es oben windstill, halten sich die Streifen oft sehr lange, bei einem hohen vertikalen und horizontalen Austausch lösen sie sich schneller auf.

 

3) 1.Grund: Die Luftschichten verlaufen nie wirklich parallel, heisst es gibt vertikale Verschiebungen wo auch mal etwas wärmere Luft in höher gelegene kältere Schichten eindringt (stark von der Topographie der Erdoberfläche abhängig, Berg oder Hügel z.B.). Wenn ein horizontal fliegendes Flugzeug diese "Beulen" durchfliegt, ändern sich die Konditionen und es kann zu unterschiedlicher Contrail-Bildung kommen. Die Reiseflughöhe liegt nahe der Tropopause (ca. 11km), wo die Grenze der Konvektion der unteren Luftschichten liegt. Deswegen kann es zu stark veränderten Bedingungen kommen innerhalb von wenigen Metern Höhe.

2.Grund: Die Contrails sind stark von der EGT (Exhaust Gas Temp.) des Abgases abhängig. Wenn die Streifen erst spät hinter dem TW beginnen spricht das für eine hohe EGT, wenn sie noch in Sichtweite der Passagiere der hinteren Reihen sind, spricht das für eine niedrige EGT. Ansonsten gehen Faktoren wie SFC (Specific Fuel Consumption) sowie Bypassverhältniss und und die Güte der Verbrennung in die Rechnung mit ein. Eine 707 z.B. produziert weniger oder manchmal garkeine Streifen wo ein A340 schon lange Wolken produziert. Liegt an den uneffizienten JT4D/JT3A Turbinen die das Gas mit hoher EGT auswerfen. Dadurch hat sich das Abgas schon in der Umgebungsluft vermischt bevor es zu Wolkenbildung kommen kann. Eine hohe EGT ist verlorene Energie, daher die Ineffizienz. Die CFM56-5C4 eines A340-313X z.B. haben einen wesentlich geringeren Verbrauch was zu einer niedrigeren EGT führt und somit zu verstärkter Contrailbildung.

 

4) Ob das eine Regel ist oder ob vielleicht Zufall wage ich jetzt nicht zu sagen, aber ich denke wenn es geographische Unterschiede gibt wird das an den atmosphärischen Bedingungen liegen (Winde + Temp + Feuchtigkeit). Wir leben ja in einer Westwindzone mit manchmal schlängelnden Jetstreams in Reiseflughöhe. Die verschiedenen Flugrichtungen und Konsistenzen der Contrails lassen sich vielleicht durch die relative Geschwindigkeit zu den Winden erklären, denn die Ground Speed von West nach Ost liegt ja bis 300 km/h höher als von Ost nach West (Worst Case: 600 km/h Differenz!!). Somit kann eine 747 oder jeder andere Flieger schon mal auf 1200 km/h Ground Speed kommen, was eine Verzerrung (Stauchung oder Streckung) der Contrails zur Folge hat. Daher wahrscheinlich die veränderte "Halbwertszeit" der Streifen. Piloten suchen ihre Flugroute aber gemäß der Vorhersagen aus und fliegen absichtlich in solche Winde wenn es zu ihrem Vorteil ist, oder sie vermeiden sie.

 

Hoffe ich konnte etwas helfen,

Axel

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: Loran am 2004-12-17 17:17 ]

Geschrieben

nach der sehr guten beschreibung oben, noch ein kleiner kommentar:

kondensstreifen eignen sich sehr gut für die wetterbeobachtung.

sind sie kurz oder gar nicht vorhanden iherscht trokenens wetter, und es wird sich bald keine wetteränderung ergeben.

wenn die streifen allmählich sichtbar werden, oder sie lange am himmel sichtbar sind, so ist die warscheinlichkeit eines wetterumschwunges, gegeben.

Geschrieben

Soweit ich weiß, sind Kondenstreifen kein flüssiges Wasser in dem Sinne, sondern Eiskristalle, welche durch das Auftreffen der beiden Abgasprodukte Wasser und Russ entstehen, wo der Russ als Kondensationskern dient und das Wasser gefrieren lässt -> Eiskristalle entstehen, welche dann als Kondenstreifen zu sehen sind.

 

Wenn dem so sei, gefriert das Wasser am Russ bei hoher Luftfeuchte erst garnicht?

Geschrieben

Richtig, der Russ oder die UHC dienen als Kondensationskerne. Ohne diese kann das Wasser als "Superkaltes Wasser" auch bei -40°C im flüssigen Zustand bleiben, erst wenn es in Kontakt mit Kondensationskernen kommt gefriert es blitzartig (passiert auch in Gewitterwolken bei Hagelbildung). Russ oder UHC sind und werden immer Bestandteil des Abgases bleiben.

Wie oben schon gesagt sind Kondensstreifen Eiswolken, im flüssigen Zustand würde man es nicht sehen (z.B. in unteren Luftschichten).

Ob das Wasser gefriert ist abhängig von Temperatur und Luftfeuchte. Bei hoher Luftfeuchte tritt die Übersättigung schnell ein und es entstehen schnell Eiswolken. Da die Kondensationskerne eben immer da sind, ist es unabhängig davon, sondern eher wie schnell sich die Abgase mit der Umgebungsluft vermischen. Passiert dies schnell, können sich die Contrails nicht bilden oder lösen sich schnell wieder auf.

Gruss Axel

Geschrieben

Und wie verhält es sich dann bei geringer Luftfeuchte? Sind die Eisteilchen dann deswegen nicht zu sehen, weil sie in alle breiete verteilen im Gegensatz zur hohen Luftfeuchte, wo sie sich nicht verteilen können und im Rudel schneller sichtbar sind?

 

 

Da du dich mit dieser Thematik anscheinend sehr gut auskennst, würde ich mich freuen, wenn du mir vielleicht noch sagen könntest wie Vaiportrails entstehen (also die, die sich am Flügelende bei Start und Landung bilden).

 

Vielen Dank

Geschrieben

Bei geringer Luftfeuchte wird das produzierte Wasser von der Umgebungsluft gewissermassen "aufgesaugt", es verteilt sich schnell und es besteht dann eine zu geringe lokale Luftfeuchte damit sich Eiskristalle bilden können. Sie entstehen zwar, da Kristallisationskerne vorhanden sind, aber die sind zu klein oder es sind zu wenige dass sie sichtbar wären.

Bei hoher Luftfeuchte aber kondensiert das Wasser sofort aus, dann tritt die besagt Übersättigung ein.

 

Bei Vapourtrails kenne ich mich nicht so gut aus, aber ich glaube es funktioniert so:

Vapourtrails sind physisch gesehen auch nur "lokale Wolken".

An den Flügelenden oder den Flap-trailing Edges bestehen stark veränderte Bedingungen, die Luftdichte ist verringert oder erhöht, auch die Temperatur kann sich ändern, je nachdem wo genau. Ändert sich aber die Luftdichte oder Temperatur, dann ändert sich auch der Kondensationspunkt von Wasser. Bei dern Vapourtrails wird dieser Punkt dann erreicht und es kommt zu den Fäden.

Anschaulicher wirds bei Wolken z.B., diese haben, je nach Form, oft eine genau definierte (gerade gezogene) Untergrenze, das ist dann die Höhe mit einer bestimmten Temperatur und Luftdichte, wo das Wasser anfängt auszukondensieren.

Natürlich ist das wieder stark von der lokalen Luftfeuchte und Sättigung abhängig, ebenso bei den Flugzeugen. Deswegen werfen auch die MD-11 so starke Vapourtrails in Zürich, da dort immer relativ feuchte Luft über dem Gelände liegt. In Arizona aber wird es schwer sowas zu beobachten.

Es gibt ja auch oft eine Wolkenbildung beim Start oder der Landung eines Flugzeuges über dem Flügel.

Guckst du hier:

 

http://www.airliners.net/open.file/244798/L/

 

Ist auch in FRA oft zu sehen. Das kommt daher dass die Luft über dem Flügel schneller ist als darunter, somit wird ja auch der Auftrieb produziert. Das Resultat ist dass dann über dem Flügel ein lokaler Unterdruck herrscht und somit wird der Flügel nach oben gedrückt. Herrscht aber ein Unterdruck gegenüber der Umgebung, hat man wieder die besagten veränderten Umgebungsbedingungen, die dann denen von beispielsweise 1500ft [geschätzt] entsprechen. An feuchten Tagen kann dies dann die Wolkenuntergrenze sein, somit die Wolkenbildung übder dem Flügel.

 

http://www.airliners.net/open.file/464227/L/

 

An den Flügelspitzen tritt folgender Fall auf: Dort kommt es zu starker Wirbelbildung da sich dort der Überdruck an der Unterseite und der Unterdruck der Oberseite "treffen". Das hat zur Folge dass die Luft unter dem Flügel versucht über die Flügelspitzen auf die Oberseite zu gelangen, welches mit Winglets versucht wird zu reduzieren. Dies hat einen starken (negativen) Einfluss auf den Induzierten Widerstand, der wiederrum einer der Hauptwiderstandsanteile der Flugzeuges ausmacht. Sieht man hier ganz gut:

 

http://www.airliners.net/open.file/332946/L/

 

http://www.airliners.net/open.file/239080/L/ (speziell im Abgasstrahl von TW #1)

 

hinter dem Flugzeug sieht man den Gesamtwirbel, und der ist riesig! Den zu bändigen ist unmöglich, aber man kann ihn reduzieren.

Jedenfalls löst sich ein kleiner Wirbel an den Wingletspitzen ab, der sich sehr schnell dreht. Dadurch entsteht bei gleich bleibendem Totaldruck ein hoher kinetischer Anteil, was den stationären Anteil sinken lässt -> veränderte Umgebungsbedingungen -> Wolkenbildung und Kondensation.

Hoffe das stimmt so alles, so würde ich mir es erklären. Sowas haben wir in Aerodynamik leider nicht im Detail behandelt. Bitte korrigiert mich wo ich falsch liege.

 

Hoffe ich konnte dennoch etwas helfen,

Gruss Axel

Geschrieben

Was ich ja beeindruckend finde ist, wie schnell sich die Kondensstreifen hinter den TW's bilden sprich wie schnell aus dem Wasser Eiskristalle werden.

 

 

Ergeben nur die Eiskristalle im K-Streifen das sichtliche Bild oder auch Abgase? Frage deshalb, weil in den letzten beiden bildern die Masse ja extrem groß ist. Alles Eiskristalle (zumindest das Sichtbare)?Bestehen dann Wolken auch nur aus kleinen Eiskristallen?

 

Sorry für die vielen Fragen aber mit dem Thema habe ich absolut nicht am Hut!

 

Trotz alledem vielen Dank für Deine Mühe!

 

Beste Grüße Steffen

Geschrieben

Hallo Steffen,

 

es ist so dass NUR Wasser als Eiskristalle sichtbar ist und in geringeren Mengen der Ruß. CO2 ist unsichtbar, leider, denn sonst würden wir alle mit den Ohren schlackern wenn wir sehen würden wieviel davon rausgeblasen wird pro Flug! Siehe obige Rechnung, pro Kg Kerosin entstehen ca. 3,15 kg CO2, bedenkt man dass eine 744ER schon mal 200000kg davon rausbläst pro Flug, entstehen schon mal 630t CO2, also pro Fluggast um die 15t. Dafür muss ich schon ein paar Jahre Autofahren.

Die Menge erscheint sehr hoch auf diesen beiden Air to Air Fotos, denn aus dieser Perspektive bekommt man das nicht oft zu sehen. Von unten sieht das dann doch relativ normal aus.

Klar dass ein GE90-115B, das momentan stärkste TW der Welt, einiges mehr durchlässt als ein CFM56 eines A320 beispielsweise. Der Massenstrom vom GE90-115B liegt bei 1356kg/s (!!!), was ungefähr 1085m^3 entspricht. Dadurch kommen große Contrails zustande. Die 747 abe auf den Fotos fliegen wahrscheinlich mit CF6 oder ähnlichem, also der mittleren Kategorie.

Gruss Axel

Geschrieben

Loran, stimmen diese horrenden Zahlen (15 t CO2 pro 744-Fluggast) wirklich?

 

Habe auf die Schnelle kein Zahlenmaterial, nur folgende kleine Gegenrechnung auf der Basis der Flottendarstellung auf der LH-Homepage:

 

Verbrauch eines A340-600 pro Fluggast: 3,6 l / 100 km

Interkontinentalflug über 10.000 km -> 360 l pro Fluggast (entspricht rund 6 Tankfüllungen bei meinem VW Golf).

 

Da Kerosin deutlich leichter als Wasser ist, können höchstens um die 300 kg pro Nase verbraucht worden sein. Wenn jedes kg Kraftstoff ca. 3 kg CO2 bildet, komme ich auf ca. 900 kg CO2 für die genannte Strecke. Selbst bei halber Auslastung und doppelter Entfernung wäre man immer noch um Größenordnungen von den 15 t entfernt. Sofern ich nicht irgendeinen fundamentalen Aspekt übersehen habe...

Geschrieben

@Loran:

 

Wie kann denn aus 1 kg Kerosin 3 kg CO2 entstehen? Gilt hier etwa nicht das Gesetz der Erhaltung der Masse? (rh. Frage)

Ich denke mal, dass das Komma wieder verrutscht ist und du 0,315 kg meinst.

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: JetBlue am 2004-12-22 18:47 ]

Geschrieben

Du hast den Sauerstoff aus der Luft vergessen. 1kg Kerosin + (ca.) 3 kg O2 ergeben 3,15kg CO2 + 1kg Wasser.

Bedenke dass die spezifische molare Masse von O2 viel höher ist als von C, nämlich 36 zu 16 kg/kmol. Daher die hohe CO2 Tonnage.

 

Falls du eine Quelle brauchst klicke einfach auf den Link den ich oben gepostet habe...da ists nochmal im Detail erklärt.

Gruss

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