Reaktor Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 "Kohle treibt Jet an Von Kevin Bullis Forscher am Energie-Institut der Pennsylvania State University haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich Jet-Treibstoff aus Kohle herstellen lässt. Das Team trieb damit eine Turboshaft-Jet-Engine an, die gewöhnlich zum Betrieb von Hubschrauber-Rotoren verwendet wird, wie Harold Schobert, Direktor des Instituts, in dieser Woche berichtete. Dank der neuen Technik ließe sich in Zukunft Treibstoff für Militär- wie Zivil-Luftfahrt aus Kohle gewinnen. Der neue Energieträger könne auch in Dieselmotoren und Brennstoffzellen verwendet werden, wie Schobert auf einem Treffen der American Chemical Society in Atlanta sagte. Kohlegetriebene Flugzeuge sind indes nichts Neues – Deutschland nutzte im Zweiten Weltkrieg einen solchen Treibstoff, dessen Ausgangsmaterial aus den Gruben kam. Allerdings waren entsprechende Produktionsstätten, um aus Kohle flüssige Brennstoffe herzustellen, bislang enorm teuer, sodass sich die Technik nie durchsetzen konnte. Das Verfahren von Schobert und Kollegen ermöglicht nun einen Jet-Treibstoff, der bis zu 75 Prozent Kohleprodukte enthält – und sich in ganz normalen Ölraffinerien herstellen lässt, ohne dass teure neue Fabriken gebaut werden müssen. Sollte sich das Verfahren bewähren, könnte es so zu einer auch ökonomisch sinnvollen Alternative zum rohölbasierten Flugbenzin werden. "Unsere aktuelle Rezeptur ersetzt gut die Hälfte des Erdöls, was unserem heutigen Erdölimport recht nahe kommt. In kleinerem Maßstab konnten wir sogar 75 Prozent mit Kohleprodukten ersetzen", berichtet Schobert. Kohle ist in den USA der billigste aller fossilen Brennstoffe und bietet die höchste Preisstabilität. Die Vorkommen sind in Nordamerika außerdem noch immer sehr groß. John Grasser vom US-Energieministerium nennt Schätzungen, nach denen der Umfang förderbarer Kohle in dem Land für 250 bis 300 Jahre ausreichen würde: "Man hört heute viel von erneuerbaren Energieträgern, und sie spielen sicherlich ihre Rolle dabei, unsere Abhängigkeit von Öl-Importen zu reduzieren", so Grasser. Die tatsächlichen Auswirkungen seien jedoch bislang noch gering: "Wir brauchen daher schon noch Energieträger wie Kohle, die in großen Mengen vorliegen und sich in Öl-Komponenten umwandeln lassen". Neben der Verringerung der Abhängigkeit vom Öl hat der kohlebasierte Treibstoff noch andere Vorteile – etwa für die fortschrittliche Luftfahrttechnik. Heutige High-Performance-Militärmaschinen generieren laut Schobert sehr viel Hitze, was Hydraulik und Elektronik beschädigen kann. Aus diesem Grund nutzen Ingenieure den Flugzeugtreibstoff zur Hitzeableitung. Nimmt der Treibstoff Hitze auf, kann seine Struktur jedoch aufgelöst werden, was zu Kohlenstoffablagerungen in Leitungen und Düsen führen kann. Flugzeuge der nächsten Generation dürften zudem noch mehr Hitze generieren – mit der heutige Treibstoffe schlicht nicht umgehen können. Schobert und Kollegen testeten rund 50 Zusammensetzungen auf ihre thermische Stabilität – erstaunlicherweise war der haltbarste kohlebasiert. Dieser Treibstoff hielt Temperaturen bis zu 315 Grad Celsius aus – wesentlich mehr als heutige rohölbasierte Treibstoffe. Das neue Verfahren nutzt raffiniertes Kohleöl, ein Nebenprodukt bei der Koksherstellung. Dieses Kohleöl wird dann in einer Ölraffinerie mit einem leicht zirkulierenden Rohöl ("Light Cycle Oil") gemischt. Diese Mixtur lässt sich dann mit Geräten, die in jeder Raffinerie stehen, hydrieren und zu den verschiedensten Produkten destillieren. So entstehen Diesel und Flugbenzin (ungefähr 40 Prozent beider Stoffe) sowie Autotreibstoff und Heizöl. Weitere Vorteile des Kohletreibstoffs: Er kann drei bis vier verschiedene Treibstoffarten ersetzen, die vom Militär für Flugzeuge und Raketen verwendet werden. Mit geringen Modifikationen läuft damit sogar ein Dieselmotor. Schließlich ließe sich der Kohletreibstoff auch in Hochtemperatur-Brennstoffzellen zur Stromerzeugung nutzen, ohne dass man ihn verändern müsste, wie Schobert erklärt. Doch noch ist nicht alles Gold, was glänzt: Die Forscher müssen weitere Hürden nehmen. So wurden erst 500 Gallonen des Treibstoffs hergestellt – zu wenig, um tatsächlich herauszufinden, wie teuer die Serienproduktion wird. Dennoch ist sich Schobert sicher, dass sein Kohletreibstoff mit anderen fossilen Brennstoffen konkurrieren kann. Problematisch bleibt allerdings, dass die Versorgung mit raffiniertem Kohleöl mit den derzeit verwendeten Verfahren nur eingeschränkt möglich ist. Sollte der Bedarf steigen, würde auch sein Preis deutlich anziehen, meint Schobert: "Wir würden wohl den gesamten Markt der Kohle-Nebenprodukte aufsaugen – und die Leute, die es produzieren, sind ja nicht dumm." Schobert arbeitet daher derzeit an neuen Produktionsmethoden, die Ölraffinerie-Produkte nutzen. Bevor die Kohletechnik überhaupt nutzbar wird, muss zudem erst noch ein großer Produktionsdurchlauf vorgenommen werden. Schobert will 50.000 Barrel seines Treibstoffes produzieren lassen, was mehrere zehn Millionen Dollar kosten könnte. Das Geld dafür soll aus der Wirtschaft kommen – er organisiert hierzu derzeit eine Konferenz, die noch in diesem Frühjahr Motorenhersteller und Ölfirmen an einen Tisch holen soll. Schobert hofft auch, dass er das Interesse der Airlines wecken kann: "Die brauchen zwar die verbesserten thermischen Eigenschaften unseres Treibstoffes nicht, könnten sich aber durchaus für eine verlässliche Treibstoffquelle mit stabilen Preisen interessieren." Sollte Schobert das Geld zusammenbekommen, bleibt zum Schluss noch ein ganz besonderer Test: Jemand muss den neuen Treibstoff in ein Flugzeug füllen und tatsächlich damit fliegen. Bislang gab es nur Probeläufe mit stationären Jet-Motoren. Übersetzung: Ben Schwan." Quelle: heise.de Technology Review
Nosig Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 Gab's sowas nicht im Zweiten Weltkrieg schonmal?
TU154M Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 @Reaktor Entwickle doch mal ein Triebwerk mit Reaktorantrieb. Interessenten gibt es dafür mehr als genug. Das würde auch Nonstop-Flüge nach Australien ermöglichen. Ein nuklearer Flugzeugantrieb ist nicht neauartig, sondern wurde schon in den 50er Jahren erprobt, dann aber - aus vielen Gründen - verworfen. Da ein solcher Antrieb heute sicherlich politisch inakzeptabel ist, könnte die Entwicklung nuklearbetriebener Flugzeuge nur unter strengster Geheimhaltung, wie auf der "Area 51" erfolgen. Da die "Area 51" an das Atomtestgelände der USA grenzt, könnte man gleich neben den Versuchsflughafen der "Area 51" auch alle nuklearen Komponenten hierfür gut von der Öffentlichkeit abgeschirmt erproben. Ein nuklear betriebenes Hochleistungsflugzeug hätte zum Beispiel als Aufklärer zahlreiche Vorteile gegenüber kerosinbetriebenen Flugzeugen und Spionagesatelliten: es kann prinzipiell wochenlang in der Luft bleiben ohne nachtanken zu müssen, was die Geheimhaltung der Mission verbessert und es könnte größere Höhen erreichen als ein mit Kerosin betriebenes Flugzeug, da nicht der Sauerstoffgehalt der Luft die Flughöhe limitiert und es könnte im Unterschied zu einem Satelliten einen bestimmten Punkt der Erde ausgiebiger observieren. Wegen der langen möglichen Einsatzdauer wäre theoretisch nur eine Basis zur Operation dieser Flugzeuge nötig, was der Geheimhaltung enorm zu Gute kommt!
hepo Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 Gab's sowas nicht im Zweiten Weltkrieg schonmal? Lesen bildet... hier direkt im zweiten Absatz: .... Kohlegetriebene Flugzeuge sind indes nichts Neues – Deutschland nutzte im Zweiten Weltkrieg einen solchen Treibstoff, dessen Ausgangsmaterial aus den Gruben kam. ...
728JET Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 ... womit du dann zwei Probleme hast: a) woher den Wasserstoff bekommen? Sehr energieaufwaendig, und wenn man das versucht mit Solarzellen oder aehnlich hinzubekommen, dann kann man die Energieeffizienz locker in die Tonne treten. B) wie den Wasserstoff transportieren bzw. verwenden? Benoetigt deutlich hoeheren technischen Aufwand, sowohl bei den Tanksystemen als auch bei den eigentlichen Verbrennungseinheiten - plus Infrastruktur. Die Kohleverfluessigung wurde uebrigens auch in Suedafrika zu Zeiten der Apartheit betrieben und wird auch heute noch von Sasol eingesetzt.
Charliebravo Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 Ein nuklearer Flugzeugantrieb ist nicht neauartig, sondern wurde schon in den 50er Jahren erprobt, dann aber - aus vielen Gründen - verworfen. Hm, mir ist zwar bekannt, dass man ein paar Versuchsflüge mit einem scharfen Reaktor an Bord unternommen hat, die Sache aber schon frühzeitig wieder verworfen hatte. Allein schon die Abschirmung war zu schwer für eine wirtschaftliche Nutzung, der Antrieb der umgebauten Convair B-36 erfolgte aber konventionell. a) ... B) ... a) dürfte wohl nur eine Zeitfrage sein, den sowohl fossile Brennstoffe als auch Uran sind nur beschränkt vorhanden, so dass deren Preise in naher Zukunft noch erheblich anziehen werden. Hier im Forum könnten z.B. einige noch erleben, wie die bekannten Uranvorkommen erschöpft sind. Regenerative Energieträger wie Wind oder Sonne sind nur unregelmässig verfügbar, also muss man die Energie irgendwie zwischenspeichern und da das mit "Strom" nur begrenzt möglich ist, kann man die ja durchaus in chemische Energie bei der Elektrolyse umwandeln im Gegensatz zur derzeit noch üblichen -da noch preiswerteren- H2-Gewinnung aus Kohlenwasserstoffen. B) ist die eigentliche Herausforderung, insbesondere die Tanks im Flugzeug sind für gasförmige Treibstoffe sicherlich nur sehr begrenzt sinnvoll, auch wenn es dazu schon Experimente gibt. Aber warum den Wasserstoff nicht "chemisch" verflüssigen? Auch dabei ist primär die fehlende Wirtschaftlichkeit (und sicherlich auch unsere Phantasie) das derzeit noch begrenzende Argument.
728JET Geschrieben 6. April 2006 Melden Geschrieben 6. April 2006 a) dürfte wohl nur eine Zeitfrage sein, den sowohl fossile Brennstoffe als auch Uran sind nur beschränkt vorhanden, so dass deren Preise in naher Zukunft noch erheblich anziehen werden. Hier im Forum könnten z.B. einige noch erleben, wie die bekannten Uranvorkommen erschöpft sind. Da sans wir wohl den lieben gruenen Freunden PR aufgesessen... Die bekannten Reserven liegen bei etwa 2 Mio Tonnen, was bei einem Jahresverbrauch von etwa 60.000 Tonnen rund 30 Jahre haelt. Da jedoch aus politischen Gruenden kaum gesucht wurde in den vergangen Jahren ist davon auszugehen, dass es noch mindestens weitere 5 Mio Tonnen gibt (frag mal bei den Aussie nach wieviel die ohne echte Suche im NT gefunden haben...), was dann so in etwa weitere 80 Jahre bedeutet. Heisst: die Reserven von Uran sollten bis Ende des Jahrhunderts durchaus reichen. Fuer die Luftfahrt aber trotzdem nicht relevant. Interessant koennte laengerfristig BTL (biomass-to-liquid) werden, wenn man anstelle von Benzin/Diesel Kerosin herstellen kann. Dann laesst sich die heute bereits bestehende Infrastruktur weiternutzen, was enorm viel Geld sparen wird, und genauso umweltfreundlich sein wird.
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