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Reisebericht Lufthansa LH600 FRA-MUC-THR am 26.10.75


Easyflyer75

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Das Datum war für mich mal wieder geschichtsträchtig. Erster Langstreckenflug, erstes Mal in einer B707, neue Aufgabe in neuer Stadt im neuen Land. Nach langen Warten auf das notwendige Visum ging es an dem Sonntag nachmittag in Frankfurt los. So saß ich dann in der Sibbe-Null-Sibbe, mit Abstand der gesichtsmässig jüngste, allein reisende Fluggast. Beim Start fehlte mir das übliche Prickeln, wenn es „auf zu neuen Ufern“ ging, eher war ich froh und erleichtert, dass ich endlich auf dem Weg war. Kurzer Flug nach München zur Zwischenlandung zwecks weiterer Passagier-Aufnahme + Paßkontrolle. Nach einer Stunde der finale Reiseabschnitt. Nach kurzem Steigflug war der Flieger in den Wolken und es gab nichts mehr zu sehen. Ich - letzte Reihe, backbordseitiger Fensterplatz - lehnte mich (vorgeblich) entspannt zurück und bereitete mich mental auf die Dinge vor, die bald auf mich zukommen sollten. Kontemplierte darüber, welche Stadt ich mit Teheran vorfinden würde. Höhenlage 1200+ m und hart am Gebirge war mir bewusst, Millionenstadt ebenfalls. Aber sonst ? Allzu viele Fotos kursierten damals in den Medien noch nicht, und auf das Internetz konnte man auch noch nicht zurück greifen. Let yourself be surprised ! Eigentlich wollte ich im Frankfurter Terminal noch ein Hochglanzmagazin erwerben, um mir während des Fluges die Zeit mit der Lektüre der journalistisch hochwertigen Artikel und Geschichten zu vertreiben. Aber mir es gleich bei Ankunft mit den Staatsorganen zu verderben, ob der nicht ganz islamkonformen Fotos, wollte ich auch nicht. Außerdem war meine Sitznachbarin eine ältere, einheimische Dame, die während des gesamten Fluges stocksteif neben mir saß und sich kein einziges mal sichtlich bewegte und auch angebotene Nahrung und Getränke verweigerte. Hätte sie ungern in moralische Konflikte gestürzt. Nach ca. 4 Std. ereignislosen Fluges glatte Landung in Teheran. Der damalige „Ankunftsterminal“ am Flughafen Mehrabad erwies sich größtenteils als Wellblechkonstrukt mit nacktem Betonboden und bar jeglicher Reklametafeln oder Hochglanzpostern, die Vorzüge des Landes anpreisend. Bestenfalls die immer präsenten Portraits des Herrn Schah und Frau Schahbanu, an deren Anblick ich mich gewöhnen sollte. Nach dem üblichen Schlangestehen problemlos bei der Passkontrolle von einem uniformierten Beamten mit versteinerten Gesichtsausdruck den Stempel in den Pass erhalten und dann weiter zur Gepäckausgabe. Dort ebenfalls die übliche Wartezeit, gefühlt weder länger noch kürzer als auf anderen Flughäfen. Dann mit meinen 2 Gepäckstücken zur Zollkontrolle. Zu meiner Überraschung keine wie auch immer geartete Kontrolle. Noch ein paar Schritte durch irgend einen Ausgang - meine Aufregung stieg mit jedem Schritt - und dann war ich tatsächlich - im Iran ! Ich ! Im Iran ! Und dazu auch gleich unter freiem Himmel, keine schnöde Terminaldecke über mir. Vor mir ein mobiles Absperrgitter ähnlich wie Zuhause (Korrektur: daheim, denn mein Zuhause war ab diesem Moment Teheran) bei allen möglichen öffentlichen Events. Und auf der anderen Seite Hunderte, vielleicht sogar Dutzende von Abholern. Am Ausgang, eher Durchlass, stand eine imposante, uniformierte, unzweifelhaft offiziell aussehende männliche Person, wahrscheinlich ein Gendarmeriebrigadier oder Konteradmiral, der Dekorierung seiner Joppe folgernd. Ich erhob das Wort an ihn und bat um Auskunft über das eventuelle Vorhandensein eines Auskunftsschalters. Sichtlich gelangweilt und desinteressiert drehte er seinen Kopf von meiner Warte aus gesehen nach rechts. Aber da hörte ich schon über einen Lautsprecher die zweifache Aufforderung „Mr.Soandso, please come to the information counter“. Und diese Stimme kam unzweifelhaft von links. Also erkämpfte ich mir mit der Gesamtheit meines Gepäck in und unter den Armen (Gepäckwagen gab es nicht) einen Durchgang durch die Menschenmenge und lenkte meinen Gang nach links, sobald mir dies als möglich erschien. Und tatsächlich, in kurzer Entfernung fand ich eine kleine Hütte mir der Aufschrift „Information“. Dort wurde ich von einem meiner neuen Kollegen, Herrn Carapetian, herzlich in Empfang genommen, ins Auto verstaut und los ging es ! Erst mal Verkehrschaos bis zur Flughafen-Ausfahrt wegen der großen Anzahl ankommender Flüge. Kurz nach dem Flughafen Richtung Innenstadt dann das Shahyad Monument. Auf der anderen Seite des Kreisverkehr war ich dann schon in der „Stadt“. Gleich fiel mir die bunte Festtagsbeleuchtung entlang der Straßen auf. Freudig fragte ich Herrn Carapetian „alles für mich ?“, die Antwort lautete: „heute ist des Schahs Geburtstag“. So bleibt mir der 26.Oktober bis heute unauslöschlich im Gedächtnis hängen. Dann wurde ich im New Naderi Hotel abgesetzt, mit dem Hinweis auf Abholung am nächsten Morgen. Mein 3jähriges Abenteuer hatte begonnen.

 

Gekürzter Auszug aus meinen unveröffentlichen Erinnerungen

Bearbeitet von Easyflyer75
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