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Reisebericht 3 Kontinente 6 Länder Sommer 1977 (8)


Easyflyer75

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Vor dem Terminal kaperte ich das erstbeste Taxi und bat den Droschkenfahrer, mich zu einem Hotel mit verfügbaren Zimmer seiner Wahl zu bringen, nach Möglichkeit nicht zu einem Luxusschuppen.

Nach nicht allzu langer Fahrt und überraschend moderaten Fahrtkosten setzte er mich vor einem Hotel ab, das sich als passabel und preislich akzeptabel erwies. Erst mal ein Telex an mein Büro in Frankfurt abgesetzt, mit Angabe meiner Logis- und Kontaktdaten. Dann machte ich mich an das Öffnen meines Gepäcks und musste feststellen dass sich mein Haarshampoo selbständig gemacht hatte. Schöne Bescherung, aber die Unannehmlichkeiten hielten sich in Grenzen. Dann trat ich auf die Straße hinaus um mir die Füße etwas zu vertreten, meine Gedanken zu sammeln und ein ansprechendes Etablissement zu finden, in dem ich die Lösung des Problems der allabendlichen Nahrungsaufnahme suchen konnte. Was auch ziemlich schnell und gut klappte. In bis dahin völliger Unkenntnis griechischer Eß- und Tafelsitten bestellte ich, was mir auf der Karte als meinem Geschmack entsprechend erschien. Dazu ein Glas Rotwein. Zur Überraschung wurde mir erst mal unaufgefordert ein Kurzer serviert. So wie beim Jugoslawen - nur halt anders. Kein Slibowitz, sondern ein Ouzo. Das Nachtmahl war köstlich und die Höhe der Rechnung nicht überzogen. Wieder was dazu gelernt. Zurück im Hotel händigte mir der Portier ein Telex aus Frankfurt ein, des Inhalts dass ich am nächsten Morgen um 09:00 Uhr von zwei den Konvoi begleitenden Mitarbeitern des Auftraggebers, einer großen Baufirma, abgeholt werden würde.

Pünktlich fuhren sie dann am nächsten Morgen in einem gelben VW Passat Kombi vor, vollgepackt bis oben hin und auf der Rückbank notdürftig ein Platz für mich freigemacht. Netterweise sahen die beiden Herren davon ab, mich mit allerlei Informationen, Hintergründe und eigenen Meinungen zur vorliegenden Misere zu füttern. Das wäre nicht ihre Aufgabe, und sie wollten sich nicht einmischen. Fand ich total in Ordnung. Ich wurde auf einen Parkplatz oder Art Rasthof außerhalb Thessalonikis verbracht. Von weitem schon konnte ich den Konvoi in Augenschein nehmen: 2 LKW mit je 6m Ladefläche und 8m-Hänger, ein weiterer LKW mit 6m und Tiefladeanhänger. Alle ohne Plane und beladen mit allerlei Baumaschinen und -gerätschaften, was man eben so zum Bau einer Batteriefabrik in der Wüste benötigte. Dazu ein Kleinbus à la Volkswagen als Schlafgelegenheit, Proviantlager und Kommandozentrale. Das Frappierendste allerdings war der Anblick eines Frontladers mit mannshoher Bereifung und Fahrerkabine in entsprechend luftiger Höhe. Wie sich gleich heraus stellen sollte, war dieses Gefährt einer der Gründe für die Malaise. Kaum ausgestiegen, stürmte ein in Cowboytracht gewandeter vierschrötiger Geselle auf mich zu, gab sich als Chef zu erkennen und wollte gleich das Labern anfangen. Ich aber wollte erst mal mit den Fahrern sprechen und ihre Sorgen und Nöte kennen lernen. So schickte ich den Cowboy (das war tatsächlich sein Spitzname) erst mal zum Kaffeetrinken, und unter lautem Gemaule verzog er sich in die Imbißbude. Der Kriegsrat mit den Fahrern sollte mir erste Eindrücke vermitteln. Ein Knackpunkt war die Überheblichkeit und das allgemeine Gebaren des Cowboys, die Angst, dass man am Ende nicht wie vereinbart, entlohnt werden würde, und die Unlust, in die Kabine des Frontladers zu steigen und in wippender Höhe mit 50 km/h an Höchstgeschwindigkeit die noch verbleibenden ca. 2000 km Landstraße entlang zu zuckeln. Nachdem sie gemerkt hatten, dass ich ihnen wirklich zuhörte und sie ernst genommen wurden, entspannte sich die Lage. Als ich ihnen im Falle der Nicht- oder nur teilweisen Entlohnung seitens des Cowboys die Bezahlung durch meine Firma garantierte, hatte ich den Trupp schon mal in der Tasche. Allerdings müßten sie von der Arbeitsverweigerung Abstand nehmen und den ganzen Krempel ordnungsgemäß an die Baustelle im Iran bringen. Das leuchtete ihnen allen ein. Für die Bedienung des Frontladers gab es nur eine Möglichkeit: Fahrerwechsel in angemessenen Zeit- oder Entfernungsabständen. Diese Kröte wurde widerstands- und problemlos geschluckt. Dann holte ich den Cowboy aus der Imbißbude. „Und, was haben sie Dir erzählt ?“ - „Nichts, was Du nicht schon wüßtest oder Dir denken könntest“ - „Und jetzt ?“ - „Wir fahren weiter !“

Innerhalb kürzester Zeit war der Konvoi abfahrbereit, ich in einem der zwei Passat Kombis des Auftraggebers Platz nehmend. Dann ging es auf der Landstraße immer der Küste des Mittelmeeres entlang Richtung türkische Grenze. Als es Abend wurde, stoppte Cowboy an einem nur ansatzweise als Parkplatz erkenntlichen Seitenstreifen in der Einöde und dekretierte: „hier wird übernachtet !“. Auf die Frage „warum hier ?“ die Antwort: „bis zur Grenze ist es zu weit“. Also richtete sich der Konvoi für die Nacht ein. Weit und breit keine Zivilisation, also keine Verpflegungs- oder Sanitärmöglichkeiten. Für Letzteres war Gebüsch vorhanden. Wie ich die Nacht verbrachte und was sich am nächsten Morgen zeigte, erzähle ich in der nächsten Folge.

 

Stay tuned !

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