DAP Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Mal wieder Laienfragen aus meiner kleinen Erfahrungswelt: Wird der Sinkflug grundsätzlich durch Änderung des Anstellwinkels der Tragflächen durchgeführt, sprich Höhenleitwerkeinstellung > Näschen runter > ab geht’s oder gibt es auch andere Varianten? Googlen hat mir nur Hinweise auf ersteres gegeben, auch das Stöbern hier im Forum hat mich nicht weitergebracht. Bei der M87 - kurzerhand bei IB gebucht und im Mai auf Sitzplatz 23F geflogen :-) - und zuletzt bei der CR1 merkt man ja die Neigung um die Querachse recht deutlich, bei 737/32S hingegen spüre ich den Sinkflug regelmäßig nur durch die Druckänderung auf den Ohren, die Kabine kommt mir unverändert ziemlich waagerecht vor. Ausnahme, deswegen auch dieses Posting: vor zwei Wochen hat der PF auf einer 320 die Nase ziemlich runtergedrückt, habe ich auf einem Bus noch nie erlebt und kam mir auch wesentlich steiler vor als auf den „klassischen Sturzflugmustern“. Lag es hier vielleicht an Lärmschutzvorgaben, war ein Nachtflug? Vielen Dank schon vorab für die Antworten...
Charliebravo Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Hm, so einfach würde ich das nicht sehen (aber auch nicht viel komplizierter): Weniger Leistung:Flugzeug sinkt, mehr Leistung: Flugzeug steigt Dazu wird dann die Geschwindigkeit (und damit auch wiederum die Steigrate) über das Höhenruder korrigiert.
TobiBER Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Also beim 319/320 (ebenso 738) merkt man es doch deutlich, wenn man runter geht - ua. wenn die Turbinenleistung etwas runter geschraubt wird (so mein subjektives Empfinden).
FrankSasse Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Also beim 319/320 (ebenso 738) merkt man es doch deutlich, wenn man runter geht - ua. wenn die Turbinenleistung etwas runter geschraubt wird (so mein subjektives Empfinden). Etwas runtergeschraubt ist gut....;-) Im Idealfall wird mit Power idle gesunken, also quasi Leerlauf! Zumindest in den ersten Sinkphasen und wenn es nicht zu beschränkende restrictions gibt.
TobiBER Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Wollte es ja nicht so drastisch ausdrücken - sonst falle ich ja wie ein Stein vom Himmel, wenn nix mehr "brummt". ;o)
lukifly Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Es hängt eigentlich vom Verhältnis der Klappenstellung und der Geschwindigkeit ab. Je weiter die Klappen ausgefahren sind, desto mehr Auftrieb gibt es. Wenn die Sinkrate oder/und die Geschwindigkeit dennoch gehalten werden soll, muss halt gedrückt werden. Bei den MDs oder den CRJs sind die Flächen weiter hinten, daher drückt es den A**** eben hoch.
lukifly Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Wird der Sinkflug grundsätzlich durch Änderung des Anstellwinkels der Tragflächen durchgeführt, sprich Höhenleitwerkeinstellung > Näschen runter > ab geht’s oder gibt es auch andere Varianten? Hier wiedersprichst du dich übrigens selbst :-) An den Tragflächen befinden sich lediglich die Landeklappen, Störklappen und Querruder. Das Höhenruderr befindet sich am Höhenleitwerk. Das Höhenleitwerk ist, da bin ich mir aber jetzt selbst nicht sicher, nicht verstellbar. Der Sinkflug kann daher mit vermindeter Geschwindigkeit und Landeklappen waagrecht oder durch Höhenruderverstellung nicht waagrecht durchgeführt werden. Da gibt es allerdings auch wieder einen Mittelweg...
DAP Geschrieben 11. Juni 2006 Autor Melden Geschrieben 11. Juni 2006 OK, noch mal vom Ottonormalpax ohne Technikverständnis: Triebwerke im Leerlauf > Luftwiderstand bremst den Flieger ab > geringere Umströmungsgeschwindigkeit führt zu weniger Auftrieb > die Maschine sackt kontinuierlich ab. Bis hierhin brauchen wir erstmal weder Klappen noch Höhenruder. Aber: wie verhält sich ein Flieger, wenn der Luftwiderstand nicht mehr durch den Antrieb überwunden wird? Tendiert die Maschine dazu, den Anstellwinkel der Tragflächen zu verringern, also Nase nach unten, was dann durch Höhenruderausschlag wieder korrigiert wird, um den Flieger weiterhin waagerecht zu halten? Anders ausgedrückt, suchen sich Körper im Luftstrom den Weg des geringsten Widerstands? Nach diesem Denkmodell würde der waagerechte Sinkflug (737/32S) durch korrigierende Rudereinstellung erfolgen, bei der „Nase-runter“-Methode (MD8x/CRJ) würde auf diese Flugkorrektur verzichtet. Die Profis haben sicherlich schon gemerkt, daß ich von Aerodynamik keinen blassen Dunst habe… :-) @lukifly: Stimmt, hätte Höhenruder schreiben sollen. Das Höhenleitwerk selbst ist aber auch beweglich, siehe hier.
United B-777 Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Also ein Flugzeug, das nicht durch Höhenruderkorrekturen gesteuert wird, wird bei geringerer Leistung langsamer. Dann sinkt es automatisch ab und geht mit der Nase nach unten. Es wird jetzt wieder schneller und die Nase geht wieder nach oben und das Flugzeug steigt dementsprechen wieder, bis es wieder langsamer wird. So geht das dann weiter. Da aber der Luftwiederstand immer verlangsamt, sowie das Flugzeuggewichtnach unten (schwerkraftbedingt) drückt, wird das Flugzeug immer mehr absinken als es aufsteigt. Das gilt natürlich nur bei geringer bzw. keiner Leistung nach vorne durch die Triebwerke. Wird ein Flugzeug jetzt jedoch vom Piloten geflogen (sollte man ja annehmen ;)) und somit korrigiert, kann er die Nase oben halten, durch das Höhenruder. Hierdurch wird das Flugzeug langsamer und sinkt. Auch, wenn die Nase nach oben zeigt. Da das Flugzeug aber auch immer langsamer wird hierdurch, könnte es gegebenenfalls zum Stall kommen, wenn nicht korrigiert wird. Korrigiert werden kann entweder dadurch, dass die Nase nach unten gedrückt wird, und somit das Flugzeug mehr Geschwindigkeit aufnehmen kann bzw. seine Geschwindigkeit halten kann. Wenn man aber die Nase nach oben gestellt haben will, wie es zum Beispiel kurz vor der Landung der Fall ist, muss man durch Schub die Geschwindigkeit halten. Das Flugzeug fliegt jetzt langsam und mit der Nase nach oben, sinkt und hält durch den Schub die Geschwindigkeit. So kann es also vorkommen, dass man kurz vor der Landung ist, die Nase nach oben zeigt und man mit viel Triebwerksleistung fliegt, aber trotzdem sinkt. Das kostet natürlich Sprit und deshalb versucht man eher, wie vorher schon erwähnt, mit Leerlauf und der Nase LEICHT nach unten zeigend zu sinken. Wie gesagt, kurz vor der Landung muss man die Nase eher nach oben halten und es daher anders machen. Es wird aber trotzdem immer etwas verschieden gemacht, je nach bedingungen. Ich zum Beispiel lebe so ziemlich genau in der Einflugsschneise (HAM) und da kann man deutlich die Unterschiede sehen. Manchmal kommen sie sehr laut, sprich mit hoher Motorenleistung, an und haben die Nase Steil nach oben. Manchmal sind sie jedoch noch relativ leise und fliegen noch ungefähr waagerecht. Da ich aber ziemlich nah am Flughafen lebe, ist das hier seltener der Fall. Mit Nase nach unten sieht man sie hier so gut wie nie, außer eben manchmal z.B. MD-80, die eben etwas anders fliegen müssen, wie vorher schon erwähnt. Ich hoffe ich konnte ein bisschen Klarheit schaffen. GreetZ
KA7 Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Das liest sich hier teilweise als wenn der Steig und Sinkflug mit Triebwerksleistung gesteuert wird. Also ich sehe das erstmal so Triebwerke sind zur Vorwärtsbewegung da. Bei einem Segelflugzeug habe ich kein triebwerk da fällt Steigflug ohne Schleppmaschine nicht an , es sei denn ich holle mit einem Sinkflug (Höhenruder drücken ) fahrt auf um diese Energie in einen Steigflug umzusetzen. Man kann auch bei einer Passagiermaschine einen Sinkflug einleiten mit voller Triebwerkleistung - sofern dabei der Fahrtmesser nicht in den roten Bereich steigt, also es Stukturprobleme geben kann und ob dies sinnvoll ist ist was anderes. Mit dem Höhenruder verändert man den Anstellwinkel AOA und damit leitet damit einen Steigflug ein. Wie anders (fand ich lustig im anderen Thread bei A340 startet nur wegen der Erdkrümmung) sollte man starten ? Bei der Landung ist das etwas anders ich beginne mit Knüppel nach vorne gleich Sinkflug - verändere bei erreichen bestimmter Gescwindigkeiten die Klappenstellung an den Tragflächen um "langsamer" fliegen zu können und fange das Flugzeug kurz vor dem Aufsetzen durch "ziehen" Höhenruderausschlag nach oben ab also ich führe einen gewollten Strömugszusammenbruch (naja) herbei. Wie dies Abfangen allerdings bei Verkehrsflugzeugen bei der Landung vor sich geht weiss ich auch nicht so recht. Dazu kommt noch das man das Flugzeug in verschiedenen Positionen und Klappenstellungen an der Tragfläche Trimmen muss. Dazu wird der Einstellwinkel des feststehenden Teils des Höhenruders verändert oder es gibt Hilfsruder am eigentlichen Höhenruder - trifft aber auch auf Seitenruder zu. Natürlich merkt man in den langen Dingern eher den Steig und Sinkflug als bei kurzen, wenn man aber über den Tragflächen sitzt merkt man den Übergang von Reise auf Sink oder Steig auf Reise nicht so stark. Selbst bei A321 ganz hinten ist der Start doch schon interessant erst etwas negative Beschleunigung anschlie�end positive. Ich denke das liegt am Hebelarm bz. dem Radius um die Querachse. Gruß KA7
nabla Geschrieben 11. Juni 2006 Melden Geschrieben 11. Juni 2006 Na das ist ja schon ein ganz schönes durcheinander hier aus allen möglichen direkten oder indirekten Aerodynamik und Flugdynamiktheorien.... ;) Fangen wir mal bei den Basics an: Ein Flügel erzeugt abhängig vom Flügelprofil, dem Anstellwinkel und der Geschwindigkeit und Dichte des umgebenden Mediums dynamischen Auftrieb. Im Geradeausflug ist die Auftriebskraft gleich der Gewichtskraft des Flugzeuges (unbeschleunigter Geradeausflug = Summe aller Kräfte gleich null!). Will ich jetzt steigen oder sinken, brauche ich eine Auftriebskraft, die kleiner oder größer als die Gewichtskraft ist; im Falle des Sinkfluges also kleiner. Da ich die Luftdichte und Flügelgeometrie vereinfacht als fest annehme, bleibt mir nur die Änderung der Geschwindigkeit oder des Anstellwinkels. Im Umkehrschluß bedeutet das, daß wenn ich in einer Höhe fliege und diese behalten will, aber die Geschwindigkeit ändere, auch die Pitch (=Anstelwinkel) ändern muß. Ergo: In einer Flughöhe x gibt es zu jeder Geschwindigkeit y einen Anstellwinkel alpha. Praktischer Versuch für den FS: Man nehme ein Flugzeug nach Wahl, steige auf z.B. 8000 Fuß, Klappen&Fahrwerk eingefahren und aktiviere den Autopiloten. Jezt variiert man die Fluggesschwindigkeit zwischen der minimalen und der maximalen Geschwindigkeit (also bei einem Jet ca. zwischen 210 und 330 kts), ohne die Konfiguration zu verändern. Die Pitch wird sich vermutlich in einem Bereich zwischen ~0 und ca. ~7° variieren (je nach Flugzeug unterschiedlich). Aber zurück zur Ausgangsfrage: Will ich also in einem Jet einen Sinkflug einleiten, werde ich mit Sicherheit nicht sofort die Geschwindigkeit verändern, sondern die Nase senken und damit den Anstellwinkel verkleinern. Da ich aber noch die Power vom Level fliegen habe, wird das Flugzeug beschleunigen. Da ich dieses nicht möchte, werde ich die Power reduzieren bis ich mit einer gewünschten Geschwindigkeit und Sinkgeschwindigkeit sinke. Und damit sind wir bei einem absoluten Grundsatz der (Jet-)Fliegerei: Pitch is for altitude, Power for Airspeed Sprich: Bin ich zu langsam, muß ich mehr Gas geben (und nicht die Nase senken) - und beginne ich zu sinken muß ich die Nase heben (und nicht mehr Gas geben). "Ja, aber..." schallt es jetzt aus allen Ecken - "wenn ich sinke und die Nase hebe, muß ich doch gasgeben". Schon richtig, aber noch nicht ganz logisch konsequent gedacht: Wenn ich sinke, hebe ich die Nase um die Höhe zu halten. Der Flügel erzeugt mehr Auftrieb - wunderbar. Allerdings ist als Folge des Auftriebes auch der Widerstand gewachsen, weswegen ich langsamer werde. Und hier schließt sich der Kreis: Ich gebe Gas, weil ich langsamer werde, nicht weil ich sinke. Klingt alles ganz simpel, ist es in der Praxis aber leider dann doch nicht, weswegen es diese gute und altbewährte Regel gibt. Soweit die Basics. Wenn wir dann an die konkrete Umsetzung gehen, ist es natürlich das Höhenruder, das die Anstellwinkeländerung verursacht und die Triebwerke, die der Widerstandskraft mit Schub entgegen wirken. Leider ist es damit aber nicht getan. Wenn man einen normalen Tiefdecker wie z.B. eine B737, B747 oder einen A300 sich ansieht, muß man leider trotz aller Vorteile dieser Triebwerksanordnung feststellen, daß die Triebwerke leider UNTER dem Massenschwerpunkt hängen. Damit erzwingt jede Schubänderung auch einen Einfluß auf den Trim - und damit auf die Pitch. Dämmerts schon? Jedesmal, wenn ich die Pitch ändere, ändere ich den benötigten Schub (damit die Geschwindigkeit sich nicht ändert) und damit den Trim, der sich in Kräften im Steuerhorn ausdrückt, und den ich dann per Trimrad zu null trimme. Wenn Ihr also z.B. eine B737 von Hand fliegt, seit ihr im Sinkflug dabei unter Nutzung von Pitch, Power und Trim eine Geschwindigkeit x und eine Sinkrate y (einen Kurs z) konstant zu fliegen und dabei möglichst zu jeder Zeit das Steuerhorn ausgetrimmt zu haben. Sind alles in allem 6 Parameter die mal eben beachtet werden müssen, nur um einen lächerlichen Sinkflug durchzuführen, mal ganz abgesehen von der Navigation, Kommunikation und was da sonst noch so an Arbeit anfällt. Zum Glück ist aber der Mensch lernfähig und so bekommt man das mit etwas Übung tatsächlich ganz gut hin... In diesem Sinne, Gruß, Nabla
DAP Geschrieben 12. Juni 2006 Autor Melden Geschrieben 12. Juni 2006 @ Nabla: Vielen Dank für die Erklärungen!
United B-777 Geschrieben 12. Juni 2006 Melden Geschrieben 12. Juni 2006 Ich möchte mich auch nochmal für diese tollen Erklärungen von Nabla bedanken! Ich finde es wirklich toll, dass sich jemand wie du, der du ja Pilot bist, hier in so einem Forum beteiligt und immer wieder durch sehr informative Posts anderen (wie mir) hier hilfst! DANKE! :-)
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