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30.10.2008 – Mein Abschied von Tempelhof.


Gast Badmax

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Geschrieben

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Die meisten verwechseln Dabeisein mit Erleben. (Max Frisch)

 

 

 

Kälte und Schneetreiben haben Süddeutschland und weite Teile der Schweiz über Nacht heimgesucht und so ist es ein beschwerlicher Weg an diesem Morgen in Richtung Kloten.

Aus 45 Minuten werden 1 ½ Stunden. Ich bin schweißgebadet als ich gegen 07:00 Uhr das Terminal 1 betrete.

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Zuvor hatte ich mir eine Schlacht mit der Witterung geliefert, habe andere Verkehrsteilnehmer bedrängt, genötigt.

 

Ich musste einfach auf diesen Flieger.

 

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Eine halbe Stunde bleiben mir mein Gate zu erreichen. Wieder renne und drängele ich.

Mit Erreichen des Flugsteigs erschallt auch schon mein Name durch das zentrale Lautsprechersystem.

Euphorie macht sich bemerkbar. Geschafft.

 

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Ich werde dabei sein. Beim Begräbnis eines Mythos.

 

Das Schicksal jedoch wehrt sich - keine Freigabe - erst zum enteisen.

Als wir an der Reihe sind ist die Flüssigkeit des Fahrzeuges aufgebraucht. Warten.

Aus 07:30 wird 09:00 Uhr.

 

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Es wird knapp.Endlich geht es los. Kapitän Baumann gibt vollen Schub, seine Stimme ist sichtlich gereizt.

Nicht nur meine Nerven werden heute auf die Geduldsprobe gestellt.

 

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Ich versuche mich abzulenken, probiere ein bisschen von der Fruchtplatte. Es funktioniert nicht.

 

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Ich starre angestrengt auf meine Uhr. Mir bleibt effektiv nur 1 Stunde zum Wechseln des Flugplatzes.

Die Landung in Tegel – unspektakulär.

 

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Ich hasse diesen Flughafen, hässlich, unpraktisch, chronisch überfüllt.

 

Ich haste aus dem Flugzeug, Stau an der Passkontrolle. Meine Zeit schwindet. 50 Minuten bis zum Abflug.

Meine Emotionen schwanken zwischen Wut und Trauer. Ich werde es nichtmehr schaffen, Tränen überkommen mich,

ich wische sie weg.

 

Nur nicht aufgeben, kämpfen bis zuletzt.

 

Ein letzter Versuch bleibt, ich habe 27,50€ an Bargeld bei mir. Endlich hält ein Taxifahrer.

Der Kreditkartenleser von Hans ist kaputt. Dennoch gibt er sein bestes. Nach 20 Minuten sind wir da.

Er möchte 26€ für die Fahrt, ich gebe ihm alles was ich habe.

Wieder überkommen mich meine Gefühle, ich werde es schaffen.

 

Doch das Schicksal will mich ein letztes Mal herausfordern.

 

Betreten nur mit gültigem Ticket. - Ich habe keines.

Es existiert lediglich als Datensatz im System.

Aufgebracht argumentiere ich mit dem Wachmann, er verweigert mir den Zutritt.

Keine 50 Meter mehr bis zum Schalter, ich sehe gerade wie der letzte Passagier eincheckt.

 

Als schon wieder alles verloren scheint, interveniert die Aufsicht. Ich darf passieren.

 

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Ein letztes Mal betrete ich das Rollfeld dieses monumentalen Bauwerks.

Vielleicht das größte Stück an deutscher Zeitgeschichte, das man erleben konnte.

Alle sind sie da. Ju52, DC3, DC6.

 

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Auch die modernen Airlines, welche an diesen Flughafen glaubten, parken ihre Maschinen ein letztes Mal unter dem gewaltigen Vordach von Tempelhof.

 

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Neben mir nimmt eine Frau Platz, fast ihr gesamtes Leben arbeitete sie hier.

 

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Als wir abheben kommen ihr die Tränen, der Flug selber, unspektakulär einmal um Berlin herum.

Ein letztes mal schauen wir im Anflug Anwohnern in die Wohnungen.

Versuchen wir die Namen auf den Gräbern der Eythstraße zu erkennen.

 

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Zur Landung wird geklatscht. Die Frau neben mir kann nicht.

Sie hat Tränen in den Augen, heult. Genauso wie der Mann in der Nachbarreihe.

Ich freue mich. Ich bin dabei, ich erlebe den Mythos Tempelhof hautnah.

 

Nach der Landung noch ein Foto zum Andenken.

 

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Im allgemeinen Chaos nutze ich die Gelegenheit.

Für einen Moment verliere ich mich auf dem riesigen Rollfeld - der einprägsamste Moment des Tages.

Ich stehe unter der Tragfläche einer DC6 und lasse die gesamte Atmosphäre ein letztes Mal auf mich wirken.

 

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Als ich durch den Ausgang gehe ist es endgültig, ich werde Tempelhof so nichtmehr wiedersehen.

 

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Mir ist nicht die Lust nach einkaufen oder bummeln. Ich steige in die U-Bahn und fahre ferngelenkt nach Tegel.

 

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Wie so oft an diesem Tag habe ich Glück, als ich eintreffe ist soeben der Mittagskurs aus Zürich gelandet.

Die Dame am Schalter versteht mich, aber es gäbe keine Mahlzeit für mich.

Entweder jetzt fliegen und kein Essen, oder wie gebucht Heute Abend, dafür mit.

 

Ich lache, ist mir egal. Hauptsache nach Hause.

 

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Als wir den Reiseflug erreichen und ringsum gespeist wird, meldet sich mein Magen.

Plötzlich steht die Maitre de Cabin neben mir, sie habe doch noch ein Tablett für mich.

 

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Was soll ich sagen, es war wunderbar.

 

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Ich bin dankbar diesen Tag mit all seinen Höhen und Tiefen erlebt zu haben.

Geschrieben

Mäx, ganz, ganz großes Tennis. Danke!

 

Mein letzter THF ist schon eine Weile her, der Tag des Abgangs von D5 - einer meiner ersten Reiseberichte hier bei a.de.

 

Dazu gefühlt unzählige Ankünfte Freitag Abend und Abflüge Sonntag Abend mit EW von/nach NUE (damals noch KL-Partner) zu meiner späteren 1. Frau. Meist die gleiche Crew und die gleichen Wochenend-Liebespendler auf der gleichen Maschine (jede Woche die spätere EAE-BOBO), man begegnete sich Sonntags mittags zufällig in den Potsdamer-Platz-Arkaden und sagte (obwohl man sich nur vom sehen erkannte) mit "bis nachher - ich habe 4A und Du?".

 

Wer Berlin kennengelernt hat und keine speziellen Erinnerungen an THF hat, war nicht in Berlin...

 

*schnief*

Geschrieben

Auch von mir vielen Dank für diesen absolut gelungenen Tripreport.

 

Ich verbinde ebenso eine Menge mit dem Flughafen Tempelhof. Wie oft habe ich mir früher auf dem Weg zur Arbeit die Nase an der S-Bahnscheibe platt gedrückt um einen Blick zu erhaschen. Abends auf dem Rückweg war es nicht anders. Zuletzt blieb mir immer nur der Blick von oben aus dem Fenster nach dem Start in Schönefeld. Da wird dann wohl künftig ein schwarzes Loch klaffen...

Geschrieben

Hallo

 

Die Abschiedsgala war Ehrenvoll. Dennoch speziell wenn man im Limousinen Convoy Polizeischutz braucht um ans Terminal vorzufahren. Aber das sind halt wahre Tempelhof Fans!

 

Ich werde sicherlich die nächsten Tage die besten Fotos posten!

 

Danke Max fürs vorbeikommen! Super mega Bericht! Outstanding!

 

Gruss

 

Roger Hohl

Geschrieben
Zuvor hatte ich mir eine Schlacht mit der Witterung geliefert, habe andere Verkehrsteilnehmer bedrängt, genötigt.

 

Hm, grundsätzlich netter Report - aber mit solchen Aussagen machst du den Rest eigentlich vollkommen wertlos...

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