Eckerhart Geschrieben 26. August 2008 Melden Geschrieben 26. August 2008 Hallo zusammen, Ich bin absolut neu hier und absolut nicht vom Fach. Ich bin Dipl. Ing. Medizintechnik an einer Uni-Klinik. Bei uns wird immer gesagt, wenn in der Luftfahrt ein Flugzeug abstürzt und der Fehler wird gefunden, dann werden alle evtl. betroffenen Flugzeuge gewartet bzw. umgebaut. Egal was das kostet! Bei uns in der Medizintechnik soll das genau so laufen. Kommt ein Patient durch ein defektes Gerät zu Schaden oder sollen zusätzliche Sicherheitseinrichtungen eingesezt werden, damit Fehler des klinischen Personals erkannt und vermieden werden, so sollte es beschafft werden. Die Kliniken stecken aber in einer derart finaziellen Schieflage, dass nicht immer Geld für jede Maßnahme bereit steht. Und jetzt kommt meine Frage an die Fachleute der Luftfahrtbranche: Ich habe mal gehört, dass nicht jede technische Maßnahme realisiert wird, wenn sie zu teuer ist! Und da in der Luftfahrtbranche bei abstürzen immer mit Toten zu rechnen ist, muss man zwangsläufig einen Geldwert für ein Meschenleben definieren. Wieviel Geld gibt man für eine technische Umrüstung einer Maschine mit 100 Menschen max. aus? 1 Mio€? 10 Mio€? 100Mio€? Ich habe mal von einer Berechungsgrundlage in der Luftfahrt gehöhrt, was man in so eine technische Umrüstung max. Investieren würde. In den USA vieleicht? Kann mir da jemand Tips geben, wo ich was finden kann. In der Medizintechnik ist das ähnlich. Ein Patient kommt zu Schaden und man kann nicht unendlich viel Geld ausgeben, damit sowas nie wieder vorkommt. Wie seht ihr das? Grüsse an alle! Eckerhart
NoGo Geschrieben 26. August 2008 Melden Geschrieben 26. August 2008 Diese Berechnungen gibt es auch in der Luftfahrt. Als Beispiel wären da die alten Isoliermatten und Kabelisolierungen zu nennen, die eigentlich bei fast allen Flugzeugen ausgetauscht werden müssten. Da das aber nicht realisierbar ist, gibt es da Wahrscheinlichkeits- und Kosten/Nutzenrechnungen. Wie diese allerdings aussehen, weiß ich nicht.
calli82 Geschrieben 26. August 2008 Melden Geschrieben 26. August 2008 Wichtig ist m.E. nur, dass man ständig an der Verbesserung der Luftsicherheit arbeit. Ich finde, da ist keine Branche so vorbildlich wie die Luftfahrt. So umfangreiche Untersuchungen nach jedem Zwischenfall tragen zur enormen Sicherheit bei und verbessern dieses noch. Trotzdem bleibt ein seltsamer Nachgeschmack, wenn man liest, dass die Sicherheit stark von Wirtschaftlichkeitsrechnungen abhängen...
HAJ-09L Geschrieben 26. August 2008 Melden Geschrieben 26. August 2008 Hier ein Auszug aus dem SMS-Studienwerk (Seite 90f) der TU Berlin zur Risikobewertung. Hier die Quelle
FKB Geschrieben 27. August 2008 Melden Geschrieben 27. August 2008 Ein Link um sich in das Thema einzuarbeiten: http://en.wikipedia.org/wiki/Failure_mode_...ffects_analysis
brushpower Geschrieben 27. August 2008 Melden Geschrieben 27. August 2008 Ich weiß, dass beispielsweise bei der Stationierung bzw. weg-Rationalisierung das Konzept des "statistischen Toten" herangezogen wird. Dieses dürfte auch in der Luftfahrt bzw. in der Medizintechnik Anwendung finden.
Nieswurz380 Geschrieben 27. August 2008 Melden Geschrieben 27. August 2008 Es dürfte da sicherlich noch einen kleinen Unterschied geben. Die Luftfahrt ist mit Sicherheit in den USA tätig und daher auch immer von deren Entschädigungsklagen bedroht. Den Global Playern in der Medizintechnik wird es ähnlich gehen, aber diejenigen die eher Regional in Europa agieren, die haben sicherlich eine andere Rechnung als globale oder Luftfahrtgesellschaften.
nabla Geschrieben 31. August 2008 Melden Geschrieben 31. August 2008 Moin, sagen wir es mal so: Machbar ist immer vieles, kaufen müssen es allerdings die Operator (=Airlines) und damit ist es in der Tat oft eine Geld- oder Glaubensfrage. Erstere ist vom Prinzip her klar, letztere nicht so ohne weiteres: Hier spielt eine große Rolle, ob sich z.B. der Operator evtl. einen Imagegewinn verspricht oder aber die Abteilung Flugsicherheit sich gegen das Controlling durchsetzen konnte. Prinzipiell sollte sie das können, denn die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes muß sinken. Wenn der Luftverkehr so weiter wächst wie bisher hätten wir bei gleichbleibenden Unfallraten auf dem heutigen Niveau innerhalb weniger Jahre 1-2 tödliche Zwischenfälle im Monat in Deutschland! Betrachtet man aber die Unfallursachen, so sind technische Fehler eher nur beitragende Faktoren. Die Hauptunfallursachen liegen aber meist woanders - und nicht zuletzt oft beim Piloten. Insofern kann man eigentlich mit der Technik ganz zufrieden sein. Die Regelungen und Anforderungen dahinter müssen ebenfalls Wahrscheinlichkeiten genügen. Eine Ausfallwahrscheinlichkeit bei kritischen Bauteilen von 10^-9 ist wenn ich mich nicht irre eine gängige Größe. Dazu kommt, daß alle wichtigen Systeme redundant (=fail operational, fail safe) auslegt sind. Auf der anderen Seite werden von den Anforderungen aber nur Einzefehler betrachtet mit Ihren Folgen. So ist z.B. ein doppelter Triebwerksausfall bei vierstrahligen Flugzeugen vom Gesetzgeber her nicht definiert, weswegen es dazu auch nur eine sehr sparsame Dokumentation seitens des Herstellers gibt. Wenn jetzt im Rahmen eines Unfalles ein technischer Fehler auftritt, wird untersucht ob a) das System an sich versagt hat, ob B) Abweichungen von veröffentlichten Verfahren (Gebrauch, Wartung) passiert sind oder ob c) ein Fehler eingetreten ist, der sich einfach vorher niemand hat vorstellen können (s.a. Unfalluntersuchung von Apollo 204/1, 27.01.67 http://drushel.cwru.edu/apollo204/). Wenn a) der Fall ist und der Hersteller eine Ursache erkennen kann, wird er baldmöglichst eine Order an alle Betreiber herausgeben, in der Abhilfen benannt werden. Diesen nicht zu folgen wäre grob fahrlässig. Darüberhinaus kann langfristig auch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen, die eine Maßnahme erzwingt. Gruß, Nabla
Gast Jörgi Geschrieben 31. August 2008 Melden Geschrieben 31. August 2008 Bei uns wird immer gesagt, wenn in der Luftfahrt ein Flugzeug abstürzt und der Fehler wird gefunden, dann werden alle evtl. betroffenen Flugzeuge gewartet bzw. umgebaut. Egal was das kostet!Bei uns in der Medizintechnik soll das genau so laufen. ... Insbesondere unterstrichene Behauptungen sind grundsätzlich als unzutreffend, ansonsten eher psychologisch zu bewerten.
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