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A330 nach Triebswerksausfall und 120 km Segelflug heil gelan


Axel

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Heute im Tagesspiegel:

 

http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/26.10...1441783.asp#art

 

Im Flug fielen alle Triebwerke aus

 

Ein Albtraum für jeden Passagier – aber die Piloten segelten 120 Kilometer weit und landeten sicher

 

Von Rainer W. During

 

Zwölf Kilometer hoch über den Weiten des Atlantiks wurde für die 293 Passagiere des Nachtfluges TSC 236 von Toronto nach Lissabon ein Albtraum Realität. Im kurzen Abstand setzten beide Triebwerke des Airbusses A330 der kanadischen Fluggesellschaft Air Transat aus. Trotzdem gelang es den Piloten, die Maschine wie ein Segelflugzeug 19 Minuten lang in der Luft zu halten und auf dem Militärflughafen Lajes auf der Azoreninsel Terceira notzulanden.

 

Der Vorfall zeigt, dass große Passagiermaschinen entgegen den Befürchtungen vieler Passagiere bei einem Totalausfall aller Motoren nicht wie ein Stein runterfallen. Die Maschinen verfügen über ausgeprägte Segelflugeigenschaften, die die Piloten für eine Notlandung oder gar Notwasserung in bis zu 200 Kilometern Entfernung ausnützen können.

 

Das belegt auch der Untersuchungsbericht, den die portugiesischen Sicherheitsbehörden jetzt zu diesem Flug vorgelegt haben, der sich bereits im August 2001 ereignete.

 

Beim Start in Toronto hatte der Airbus 47,4 Tonnen Kerosin an Bord. Bis zur Landung in Lissabon sollten 42 Tonnen verbraucht sein. Doch rund viereinhalb Stunden nach dem Start bemerkten die Piloten einen erhöhten Treibstoffverbrauch.

 

Schon zwölf Minuten später reichte der Vorrat nicht mehr zum Erreichen des Zielortes. Als sich die Crew zur Ausweichlandung auf den Azoren entschloss, waren bereits zwölf Tonnen Kerosin durch ein nicht erkanntes Leck im rechten Triebwerk geflossen. Wie in dem Untersuchungsbericht festgehalten wird, war Schlamperei beim Austausch eines Triebwerkes die Ursache.

 

Rund 280 Kilometer vor Lajes waren nur noch 600 Kilo Kerosin im Tank. Das rechte Triebwerk setzte aus. Elf Minuten später – man war noch 120 Kilometer von der Landebahn entfernt – blieb auch das linke Triebwerk stehen. Der Druck in der Kabine fiel ab, das Licht ging aus. Nur die Notbeleuchtung erhellte spärlich die Kabine, als die erschrockenen Passagiere die herabfallenden Sauerstoffmasken anlegten. Es funktionierten nur noch die wichtigsten Steuerelemente und Bordsysteme. Aus 10 000 Metern Höhe gelang es den Piloten, den Militärflugplatz in einem 120-Kilometer-Segelflug zu erreichen.

 

Bei der harten Landung und der anschließenden Vollbremsung – auch das Anti-Blockier-System funktionierte nicht mehr – platzten die Reifen, die durch Überhitzung in Brand geratenen Räder konnten schnell gelöscht werden. Die Insassen mussten das Flugzeug innerhalb von 90 Sekunden über die Notrutschen verlassen. Dabei wurden 12 Fluggäste und zwei Besatzungsmitglieder leicht verletzt.

 

Wegen der großen Zuverlässigkeit moderner Düsentriebwerke dürfen sich zweistrahlige Verkehrsflugzeuge auf Transozeanflügen bis zu 180 Flugminuten (rund 2500 Kilometer) vom nächsten Flughafen entfernen. Ein ausreichender Treibstoffvorrat wird dabei vorausgesetzt. Je nach Gewicht und Witterung kann ein A330 aus 10 000 Metern Höhe über eine Distanz von 160 bis 200 Kilometern im Segelflug zu Boden gleiten. Bei höchstzulässiger Distanz zum nächsten Flughafen hätte allerdings auch das nichts genutzt. Dann wäre eine Notwasserung die letzte Rettung gewesen.

 

Dabei landen die Piloten das Flugzeug mit eingezogenem Fahrwerk auf dem Wasser, was nur bei leichterem Wellengang möglich ist. Für diesen Fall werden auf allen Ozeanflügen Schwimmwesten und aufblasbare Rettungsflöße mitgeführt. Wie sicher der Flugverkehr ist, beweist die Tatsache, dass es in den letzten 40 Jahren nur vier derartige Fälle gab.

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Wozu gibt es eigentlich die ETOPS-Regeln, wenn es im Falle eines Ausfalls beider Triebwerke ohnehin nicht mehr möglich ist 180 min in der Luft zu bleiben? Wenn man nur 20 Minuten hat, spielt es doch keine Rolle, ob man sich nun letztlich 60, 120 oder 180 Flugminuten vom nächsten Airport entfernen darf?!

 

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: Marobo am 2004-10-26 09:55 ]

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FAILED TO FOLLOW CHECKLIST

 

The investigating agency said the crew did not correctly evaluate the engine leak situation, and then did not follow the proper checklist.

 

Instead of shutting down the fuel lines leading to the right engine, the crew cross-fed fuel from the left engine tanks to the source of the leak. That allowed all of the jet fuel to drain.

 

"The flight crew did not recognize that a fuel leak situation existed and carried out the fuel imbalance procedure from memory, which resulted in the fuel from the left tanks being fed to the leak in the right engine," the agency said.

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Gibt's denn keine Inflight-Checklist, nach der regelmässig der Spritverbrauch auf Plausibilität geprüft wird ? Könnte doch auch bestens von einem Computer übernommen werden, der Alarm schlägt, wenn eine Engine deutlich mehr zieht als die andere oder halt das Spritvolumen schneller abnimmt als bei der derzeitigen Flugsituation eigentlich verbraucht würde ...

 

Von einem Pilotenfehler zu sprechen halte ich für verfehlt, aber mit etwas mehr Sorgfalt hätte man das doch sicherlich noch früher bemerken können, oder ?

 

EDIT:

 

Hab den Bericht gerade mal überflogen und da steht dann doch deutlich Pilotenfehler, da man zwar den übermässigen Verlust erkannt hat, aber dann falsch reagierte (nämlich das Leck durch Cross-Feed auch noch aus den anderen Tanks "versorgte").

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: HAMoth am 2004-10-26 10:43 ]

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gab es je einen Fall, wo die Notwasserung eines Jets (bei Notlandung aus grosser Höhe) glimpflich ablief?

Das mit den Schwimmwesten an Bord ist doch die größte Verarschung der Passagiere überhaupt... (abgesehen von Fällen, wo ein Flieger über die Landebahn hinausrollt und ins Hafenbecken rutscht , wie in LGA vor längerer Zeit, vielleicht).

Aber Notwasserung auf dem Atlantik? Überlebenschance gleich 0... die sollten für solche Fälle lieber Fallschirme rausgeben, oder?

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spontan fällt mir da die Entführung der Ethiopean 762 ein, die dann vor einer Insel im Indischen Ozean (war das Mauritius oder La Reunion?) notwasserte. Das haben immerhin einige der Insassen überlebt und wenn der nicht mit der linken Tragfläche zuerst das Wasser beürhrt hätte, was dann zu einem Überschlag führte, wären unter Umständen alle davon gekommen, zumal, direkt am Strand mit sofortiger Hilfe, die Bedingungen optimal waren.

 

Heisst also, es besteht eine theoretische Chance, und nun stellt man sich mal vor, eine Notwasserung hätte geklappt, aber es gibt keine Schwimmwesten an Bord......

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Kurze Anmerkung:

 

1. Der Fuel status wird regelmäßig über den Flugplan/log) überprüft. Da erkennt man unregelmäßigkeiten. Brauche also keinen extra computer.

 

2. Der Gebrauch der Checkliste Abnormal procedure "FUEL LEAK" ist nach diesem Zwischenfall bei allen Airbus-Mustern geändert worden, besonders hinsichtlich des Schaltens des "FUEL X FEED".

Habe das mal vor längerer Zeit im Simulator abgehandelt (LOFT SESSION). Kann mich nicht mehr genau an die alte Checkliste erinnern, aber anscheinend war da schon irgendwie was nicht genau erkennbar eingearbeitet.

Wie immer, aus Fehlern lernt man und aus Erfahrung wird man (meist!) klug.

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@Mach2

Um mal meinen BFU-Lecturer zu zitieren:

"Unfalluntersuchung ist dafür da, Fehler zu analysieren und für die Zukunft zu lernen damit dass Fliegen sicherer wird!"

 

Wenn Airbus neue Verfahren eingeführt hat ist dass anscheinend mustergültig gelungen icon_smile.gif

*FREU*

 

Kann mir trotzdem mal jemand erklären warum die von Pilotenfehler sprechen?

Stelle ich mir praktsich als "blöde Situation" vor, über dem Atlantik zu fliegen, keinen Sprit mehr zu haben und dann noch dazu schwache Hilfestellung durch unzureichende Checklisten.

 

BTW: Kann es sein, dass die Piloten über den Fall ein Buch geschrieben haben?

Habe sowas vor kurzem bei pprune.com gelesen icon_wink.gif

 

 

Gruss ATN

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: ATN340 am 2004-10-26 12:23 ]

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Moin,

soweit ich den offiziellen Untersuchungsbericht gelesen habe (link ist irgendwo auf airliners.net) haben auch die Piloten einen Fehler gemacht bzw. wird der Fehler der Piloten als "Key-Factor" betrachtet.

Natürlich ist ursächlich das Leak und damit die mangelnde Wartung.

 

Allerdings haben die Piloten dadurch deutlich zu spät reagiert, in dem sie nicht die Fuel-Leak-Check-List durchgegangen sind, die ein Umpumpen des Treibstoffes verhindert hätte. Sie haben leider nur die Check-List "Fuel Imbalance" abgearbeitet.

 

So wird in dem Bericht als Hauptfaktor für das vollständige "Leeren des Treibstoffes" die Piloten genannt!

(Hier ist dann die safety-recommendation des Untersuchungsberichtes auch "besseres Training der Crews")

 

Hier die entsprechenden Auszüge:

1.-7. beschreibt die Fehler der Wartung der Engine

8. The flight crew did not detect that a fuel problem existed until the Fuel ADV advisory was

displayed and the fuel imbalance was noted on the Fuel ECAM page.

9. The crew did not correctly evaluate the situation before taking action.

10. The flight crew did not recognize that a fuel leak situation existed and carried out the fuel imbalance procedure from memory, which resulted in the fuel from the left tanks being fed to the leak in the right engine.

11. Conducting the FUEL IMBALANCE procedure by memory negated the defence of the Caution note in the FUEL IMBALANCE checklist that may have caused the crew to con-sider timely actioning of the FUEL LEAK procedure.

12. Although there were a number of other indications that a significant fuel loss was occur-ring, the crew did not conclude that a fuel leak situation existed ? not actioning the FUEL LEAK procedure was the key factor that led to the fuel exhaustion.

 

Also wie fast immer ein Zusammenspiel zwischen einem technischen Problem (hier auch durch menschliches Versagen) und einem Pilotenfehler. Natürlich wäre ohne das Leak nie eine solche Situation entstanden, aber es wäre auch nie zu einem vollständigen Fehlens des Treibstoffes gekommen, wenn die Crew richtig reagiert hätte.

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Hi, ATN,

 

soweit ich mich erinnere (und auch im Artikel oben so beschrieben) hat die Crew nicht genügend Emphasize auf FUEL LEAK gelegt, sondern auf FUEL IMBALANCE.

In der Konsequenz, die schwerere Wing (mehr Fuel) auszugleichen, durch umpumpen in die leichtere Wing (less fuel). Tja, und das ging halt schief, weil sie damit das Fuel leak mit immer mehr Sprit "versorgt" hatten und damit den Sprit ins Freie pumpten.

Eigentlich ist Fuel imbalance, zumindest bei A-320, kein Thema, original text aus heutigem QRH "Fuel leak":

::::::::::::::::::::::::::::

Caution Do not apply fuel Imbalance procedure: Even with a fuel imbalance of one wing full/one wing empty, no special procedure is required for approach and landing:::::::::::

Das für die A-320 family. Beim A-330 bin ich nicht genau im Bilde!

LTU hatte auch mal einen Vorfall mit Fuel leak an der engine. (loose connection) Da hielt sich der Spritverlust in Grenzen, aber beim Anflug wurde die engine nicht mit genügend fuel versorgt und verabschiedete sich.

Ist halt augenscheinlich nicht so, dass man ein fuel leak auch immer visuell entdeckt.

Fazit: Das kann kein Mensch brauchen! Wäre im Endeffekt nicht passiert, wenn die Wartung besser gewesen wäre.

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In den 70ern ist eine ALM DC-9 in der Karibik auf dem offenen Meer notgewassert. Es gab zwar leider auch 22 Tote, jedoch überlebten 2/3 der Insassen und wurden nach ein paar Stunden aus dem Meer geholt. Als letzte Möglichkeit sollte man eine Notwasserung nie ausser Acht lassen, die Schwimmwesten haben schon ihren Sinn.

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Nur zur Erinnerung: Die Notwasserung vor den Komoren fand mit stehenden Triebwerken und ohne Flaps statt, also unter ungünstigsten Bedingungen.

 

Ich habe lieber eine Schwimmweste als Passagier, statt der amerikanischen Sitzkissen-Inlandsvariante "Use seat cushion as flotation device".

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@ mach 2+

Quote >>Wäre im Endeffekt nicht passiert, wenn die Wartung besser gewesen wäre.<<End Quote

Wäre aber auch nicht so viel passiert, wenn die Crew richtig gehandelt hätte.

Wäre die QRH Procedure FUEL IMBALANCE auch gelesen worden und nicht nur aus dem Gedächtnis abgearbeitet worden, hätte die Crew mehr als genug Sprit für den verbleibenden Motor gehabt.

Sorry, aber was du als "nicht genügend Emphasize" bezeichnest, nenne ich auch Mist gebaut.

 

Bevor jetzt bei unseren Streifenträgern Wut ensteht:

Meiner Meinung nach hat die Maintenance Sch..... gebaut.

Aber auch die Crew hat ihr Schäfchen dazu beigetragen, das ganze so ausarten zu lassen.

 

Es ist doch fast immer so, das mehrere Faktoren bei sowas zusammen kommen.

 

 

Ingo

 

 

[ Diese Nachricht wurde geändert von: BobbyFan am 2004-10-29 18:54 ]

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  • 2 Wochen später...

@mith:

 

Am 22.10. ist auf den Bahames eine Notwasserung geglückt:

 

DATE: 22.10.2004 LOCAL TIME: 14:00 LOCATION: off New Providence Island COUNTRY: Bahamas

AIRLINE: Southern Air Charter TYPE: Beech 1900C REGISTRATION: N79YV C/N: UB-41 AGE: 19 y

OPERATION: - FLIGHT No.: - FROM: Arthur´s Town TO: Nassau VIA: -

OCCUPANTS: PAX: 8 CREW: 2

FATALITIES: PAX: 0 CREW: 0 OTHER: 0

INJURIES: PAX: 0 CREW: 0 OTHER: 0

DAMAGE TO AIRCRAFT: substantial

Whilst flying en-route or about 20 minutes the pilots experienced an technical problem and were forced to shut down one of the engines. While being on approach to their destination, the remaining engine also quit. Without engine power, the pilots were unable to reach the nearest airport and made a ditching in sea close to the shore of New Providence Island. All ten people on board escaped without serious injury.

SOURCE(S): ASN + Nassau Guardian

 

Schwimmwesten nützen doch was!

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Das mit den "... passengers swim" kannte ich noch gar nicht.

 

Danke!

 

Im übrigen kann man nur sagen, daß es auch nicht zu den einfachsten Dingen bei diversen Flugzeugmustern gehört ein Fuelproblem zu lösen.

Liegt unter anderem auch an den oft etwas verwirrenden Checklisten und mangelnder Dokumentation seitens der Flugzeugherstellern, zumidest der welche der Crew zugänglich ist.

 

Wer da wo genau Ursuppee gebau hat vermag ich nicht zu sagen, wird aber nicht nur einer gewesen sein.

 

(wie damals bei der HapagLloyd)

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