mawahh Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 Das wird wohl wieder eine Presse-Ente sein. Ob die Spoiler defekt waren oder nicht ausgefahren sind, weil ein TL nicht auf Idle stand, ist ja noch gar nicht abschließend geklärt...
Celestar Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 "Die" Spoiler waren defekt? Die A320 hat deren zehn. Dass alle gleichzeitig defekt sind, klingt doch etwas unglaubwürding. Glaubwürdiger klingt da ein Nicht-Ausfahren der _Ground_ spoiler, weil sie noch der Meinung war, in der Luft zu sein. Celestar
afromme Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 CVR Mitschnitt Schon sehr merkwürdig zu lesen, wenn da nüchtern so etwas wie "[sound of crushing noises]" steht. Was die Ursache betrifft, ist dieser Mitschnitt (bzw. das Transkript) leider nicht sonderlich aussagekräftig, denn der Copilot stellt ja nur fest, dass die Spoiler nicht ausgefahren sind. Aus welchem Grund, ist daraus nicht ersichtlich. Nun zu sagen, dass "die Spoiler" (siehe auch Celestars Beitrag) nicht ausgefahren sind, weil sie defekt waren, ist nach wie vor völlige Spekulation. Mehr kann man erst sagen, wenn der FDR ausgewertet wurde und man weiß, welche Steuerbefehle die Piloten gegeben haben, welche Schalter in welcher Einstellung waren usw. Mit dem Transkript ist zunächst nur klar, dass die Crew sich bewusst war, dass nur eine Schubumkehr funktionierte, und dass der Tower korrekt über die Landebahnbedingungen berichtet hat (18:47:01.7: TWR: it's wet and it is slippery, wird, zusammen mit Windangabe 33 Sekunden später noch einmal wiederholt). Hinweise auf einen versuchten Go-Around sehe zumindest ich dort auch nicht. Vielleicht können die Piloten hier ein oder zwei Details zum glideslope und anderen Dingen, die für den Laien nicht sofort verständlich sind, beitragen...? Auch interessant, aber eventuell auch völlig irrelevant: die Kabinencrew fragt, wo man landet, was evtl. darauf hindeutet, dass man während des Flugs überlegt hat, z.B. nach GRU auszuweichen (wenn dies die Überlegung war, dann vermutlich aus Wettergründen).
WSSS Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 Nasse Bahn und keine Spoiler, da hat man keine Chance. Haben das im Simulator mal Eindrucksvoll demonstriert gekriegt. Auf Trockener Bahn ging es gerade so eben noch aus, aber bei naßer Bahn hat man keine Chance. Wir versuchten das mit RJ85 auf 1600m. Leider gibt das Script nicht soviel her. Man erhält aber den Eindruck als ob man sich, wenn überhaupt, zu Spät für einen Go-around entschied. erst "Decelerate decelerate" 8 sec später "go go go" allerdings wird interessant zu sehen warum die Spoiler nicht ausfuhren. Nasse rutschige Bahn, klingt fast so als ob die "weight on wheel" Sensoren ihren Dienst versagt haben. Warschau lässt grüßen.
peterspeter Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 Nasse Bahn und keine Spoiler, da hat man keine Chance.Haben das im Simulator mal Eindrucksvoll demonstriert gekriegt. Auf Trockener Bahn ging es gerade so eben noch aus, aber bei naßer Bahn hat man keine Chance. Wir versuchten das mit RJ85 auf 1600m. Leider gibt das Script nicht soviel her. Man erhält aber den Eindruck als ob man sich, wenn überhaupt, zu Spät für einen Go-around entschied. erst "Decelerate decelerate" 8 sec später "go go go" allerdings wird interessant zu sehen warum die Spoiler nicht ausfuhren. Nasse rutschige Bahn, klingt fast so als ob die "weight on wheel" Sensoren ihren Dienst versagt haben. Warschau lässt grüßen. Demnach hätte der verbleibende Reverser jedoch aber auch nicht aktiviert werden können, oder?
WSSS Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 Weiß nicht, bin kein Airbusfachmann, auf dem Avro hängen die Spoiler an diesen Sensoren. Vielleicht haben die Reverser ihre eigenen Sensoren, die aber wohl auch nciht richtig funktionierten, den sonst hätten beide Triebwerke ja den Reversemode angenommen.
Charliebravo Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 bin kein Airbusfachmann. Dann schau Dir mal z.B. die Beiträge vom BobbyFan oder Werner Huss an.
peterspeter Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 Weiß nicht, bin kein Airbusfachmann, auf dem Avro hängen die Spoiler an diesen Sensoren.Vielleicht haben die Reverser ihre eigenen Sensoren, die aber wohl auch nciht richtig funktionierten, den sonst hätten beide Triebwerke ja den Reversemode angenommen. Eben nicht weil ein Reverser ja ohnehin inop war. Das wusste man auch schon vor der Landung. Und eben weil ja, zumindest dem CVR Script nach, der nicht inop Reverser funktionierte, hatte diesen die Air-Ground Logic ja freigegeben. Somit, "wusste" das Flugzeug ja dass es am Boden war. Reine Vermutung meinerseits.
Guenni Geschrieben 2. August 2007 Melden Geschrieben 2. August 2007 Der CVR-Bericht bringt nichts neues - ist eher unvollständig, wenn ich mit anderen Veröffentlichungen/Erzählungen auf pprune vergleiche. Eine Spoiler-defekt Diskussion ist zur Zeit unsinnig, da nicht widerrufen wurde, dass nicht der rechte TL doch auf Climb stand. Wenn der Hebel dort war, dann fahren die gearmten Spoiler gemäß gewollter Airbus-Logik von selbst nicht aus. Punkt. Eine wertvolle, vorher unbekannte Info aus dem CVR-Script ist der genaue Landemodus: Autopilot off, Autothrust on/Speed mode. Im Vergleich mit anderen CVR-Veröffentlichungen wird nach dem Aufsetzen nicht der Ausruf "irgendwas locked" genannt. Es ist unklar ob einer der Piloten TL locked (mechanisch blockiert) oder Thrust locked meint (letzeres wäre der Mode, der sich aktiviert, wenn Autothrust disconnected wird und der TL einen anderen Schub als bei Disconnect befehlen würde.
afromme Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Flight berichtet heute vorab, dass in Kürze bekannt gegeben wird, dass sich bei der Unfallauswertung gezeigt hat, dass die Crew der verunglückten Maschine nur den Schubhebel des linken Hebels zurückgenommen hat, während der rechte in einer Position vor Idle, bzw. Reverse blieb. For reasons yet to be explained, the pilot, in the final moments before touchdown, retarded only the thrust lever for the left-hand engine – first into the ‘idle’ position, then into ‘reverse’. This action disconnected the auto-thrust, as per its design. The failure to move the right-hand engine’s thrust lever to the reverse position runs contrary to the standard operating procedure which calls for both levers to be set to ‘idle’ and then 'reverse' – even with a thruster reverser inoperative. [...] With the thrust lever forward the spoilers would not have deployed, and the auto-brake would have similarly been inhibited. Übersetzt: linker Schubhebel war in idle, wurde dann auf reverse gesetzt, der rechte blieb in Position "vorwärts", womit die Spoiler ebenso wie die automatische Bremse - wie vorgesehen - nicht funktionierten. Wenn das alles so stimmt, würde das u.a. erklären, warum die Maschine nach links abgedriftet ist (reverse-Schub links, vorwärts-Schub rechts). Auch würde das Spekulationen darüber, dass die Bahn zu kurz, zu nass und zu rutschig war, widersprechen.
pushback Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Es hatte sich ja in der Diskussion angedeutet, dass dies wahrscheinlich der auslösende Faktor des Unglücks sein könnte. Dass es jetzt so ist, ist schockierend zumal Guenni ja den Untersuchungsbericht eines identischen Incidents gepostet hatte. Kein Airbus Bashing aber die systemeigene Logik ist in Non-standard Situationen manchmal anscheinend nicht so, wie Piloten es erwarten würden und/oder schwer zu durchschauen. In dieser Situation verstehe ich aber weder die Logik des Piloten noch des Systems: Warum zieht er nur einen Schubhebel auf Reverse? Die Lauda 767 hat es in der Luft zerissen als die Schubumkehr auf einer Seite einsetzte. Daher gehe ich davon aus, dass es für Piloten extremst ungewöhnlich sein müsste, einen TL auf Climb und einen auf Reverse zu stellen. Aber auch die Airbus-Logik ist für mich (einen Laien) nicht nachzuvollziehen. Ein Teil des Systems erkennt an, dass es gelandet ist (Reverser aktiviert) Ein anderer Teil tut so als wäre er noch in der Luft und gibt die Spoiler nicht frei. Zusätzlich dazu gibt er noch Schub auf dem einen Triebwerk. Was macht das für einen Sinn? Ich bin mir sicher, dass Airbus hier modifizieren wird.
Capt.Tom Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Die Lauda 767 hat es in der Luft zerissen als die Schubumkehr auf einer Seite einsetzte. Das stimmt so nicht. Das Flugzeug wurde aufgrund des asymmetrischen Schubes und der aerodynamischen Abschattung "bloß" unkontrollierbar. Der Bruch erfolgte im Sturzflug, erst kurz vor dem Aufschlag.
Gismo Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Wie bei pprune zu lesen ist gibt es wohl bereits ein Update seitens Airbus, welches eine ECAM Warnung, ein akustisches Signal und eine Masterwarning erzeugt, sobald 1 Throttle auf Reverser und 1 Throttle >Idle steht. Wurde aber bei dem TAM Airbus nicht nachgerüstet.
afromme Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Warum zieht er nur einen Schubhebel auf Reverse? Die Lauda 767 hat es in der Luft zerissen als die Schubumkehr auf einer Seite einsetzte. Daher gehe ich davon aus, dass es für Piloten extremst ungewöhnlich sein müsste, einen TL auf Climb und einen auf Reverse zu stellen. Die Frage habe ich mir auch gestellt. Aber auch die Airbus-Logik ist für mich (einen Laien) nicht nachzuvollziehen. Ein Teil des Systems erkennt an, dass es gelandet ist (Reverser aktiviert) Ein anderer Teil tut so als wäre er noch in der Luft und gibt die Spoiler nicht frei. Zusätzlich dazu gibt er noch Schub auf dem einen Triebwerk. Was macht das für einen Sinn? Naja, die Maschine bekommt widersprüchliche Eingaben - einerseits Vorwärtsschub, andererseits Idle. Was soll daraus geschlossen werden? Will der Pilot einen Go-Around machen? Dann wäre es schlecht, die Spoiler auszufahren. Aber warum Reverse wenn er einen Go-Around machen will? Will der Pilot doch bremsen? Dann wären Spoiler jetzt gut, aber warum gibt der Pilot denn jetzt noch Gas auf der einen Seite? Auf a.net wurden hier von Mandala449 (Reply 20) noch ein paar weitere Szenarien genannt, in denen es häufig eher schlecht wäre, wenn man nicht die Bedingung "beide Triebwerke auf idle" hätte bevor die Spoiler ausfahren und die Autobrakes einsetzen. Ich bin mir sicher, dass Airbus hier modifizieren wird. Wie Gismo bereits schrieb: Airbus hat bereits nach einem ähnlichen (m.W. nicht tödlichen) Zwischenfall ein ab 2004 verfügbares Paket entwickelt, das wie folgt beschrieben wird: "Airbus has developed a specific warning when one throttle is set to reverse while the other is above idle. This warning generates an ECAM warning "ENG x THR LEVER ABV IDLE", a continuous repetitive chime (CRC), and lights the red master warning light. This new warning is implemented in the FWC standard "H2F3". Alle neu gebauten A32S seit dem haben dieses Paket wohl installiert, die Nachrüstung älterer Maschinen (zu denen die Unglücksmaschine gehörte) ist aber optional. Wenn sich der Unfallhergang nun so bestätigt wie sich derzeit andeutet, könnte ich mir gut vorstellen, dass u.a. durchgesetzt wird, dass H2F3 (oder ein äquivalentes Paket) auf allen A3S nachgerüstet wird.
pushback Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Naja, die Maschine bekommt widersprüchliche Eingaben - einerseits Vorwärtsschub, andererseits Idle. Was soll daraus geschlossen werden? Will der Pilot einen Go-Around machen? Dann wäre es schlecht, die Spoiler auszufahren. Aber warum Reverse wenn er einen Go-Around machen will? Will der Pilot doch bremsen? Dann wären Spoiler jetzt gut, aber warum gibt der Pilot denn jetzt noch Gas auf der einen Seite? Auf a.net wurden hier von Mandala449 (Reply 20) noch ein paar weitere Szenarien genannt, in denen es häufig eher schlecht wäre, wenn man nicht die Bedingung "beide Triebwerke auf idle" hätte bevor die Spoiler ausfahren und die Autobrakes einsetzen. Danke für den Link, der ist wirklich interessant. Ja klar hast du recht mit den widersprüchlichen Eingaben. Aber so reagiert der Flieger, dass gar nichts mehr möglich ist. Kein TOGA und kein Abbremsen. Auch eher suboptimal. Nur auf diesen Fall bezogen und als Laie gesprochen: Wenn es eine vom System anerkannte Indikation dafür gibt, dass der Flieger auf dem Boden ist und beide Piloten mit Maximalkraft auf die Bremspedale drücken, dann sollte auch das System anerkennen, dass die Jungs dringend bremsen wollen und diesen Wunsch unterstützen.
Guenni Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 @pushback: http://www.pprune.org/forums/showpost.php?...p;postcount=424 Lies mal den Text von Post 424 nach dem Quote. Es ist noch öfters passiert... Schade, dass er nicht sagt, was die Unterhaltung mit seinem F/O nachher ergeben hat.
Tommy1808 Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Nur auf diesen Fall bezogen und als Laie gesprochen: Wenn es eine vom System anerkannte Indikation dafür gibt, dass der Flieger auf dem Boden ist und beide Piloten mit Maximalkraft auf die Bremspedale drücken, dann sollte auch das System anerkennen, dass die Jungs dringend bremsen wollen und diesen Wunsch unterstützen. die Entscheidungsbäume eines Regelwerks müssen auch noch überschaubar bleiben, ohne konkret welche nennen zu können gab es imho schon jetzt vorfälle bei denen die Crew das Regelwerk nicht mehr schnell genug parsen konnte um zu verstehen was da grade passiert. Gruß, Thomas
afromme Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Danke für den Link, der ist wirklich interessant. Ja klar hast du recht mit den widersprüchlichen Eingaben. Aber so reagiert der Flieger, dass gar nichts mehr möglich ist. Kein TOGA und kein Abbremsen. Auch eher suboptimal. Beides ist prinzipiell möglich, wenn man - was in der Situation problemlos sein sollte - die Schubhebel in die dafür nötige Stellung bringt. Das Problem ist halt - wenn der Computer auch bei "unentschiedener" Schubhebelstellung, also vor Idle rechts und Idle links, direkt die Spoiler triggern würde, wäre ein TOGA zum Beispiel mehr oder minder völlig unmöglich, speziell auf kurzen Bahnen. Solange der Computer nichts mit den Spoilern macht und auf weitere Piloteneingaben (zweites Triebwerk auch auf Idle z.B.) wartet, bleibt Abbremsen ebenso wie TOGA prinzipiell möglich. Man könnte natürlich auch sagen, dass man ein Timeout einbaut, d.h. wenn der Rechner Bodenkontakt registriert und nach einer bestimmten Zeit (oder bestimmter zurückgelegter Strecke - oder einer Kombination aus beidem) immer noch nicht beide Triebwerke auf Idle sind, dann werden die Spoiler automatisch ausgelöst. Wobei auch das wieder viele Nebenwirkungen nach sich ziehen kann; und auch die Frage "Wie legt man den autom. Brems(zeit)punkt fest?" ist nicht trivial. Wenn du die Frage etwas genauer definiert bekommst (à la "Bestimmung eines automatischen Bremspunktes nach der Landung von Flugzeugen der Typreihen Airbus A318/A319/A320/A321 bei uneindeutigen Schubhebelstellungen" oder so) und ein Ingenieurs- und/oder Informatikstudium hinter dir hast oder anfangen willst - das wäre schon einmal ein gutes Diplomarbeitsthema :-) Nur auf diesen Fall bezogen und als Laie gesprochen: Wenn es eine vom System anerkannte Indikation dafür gibt, dass der Flieger auf dem Boden ist und beide Piloten mit Maximalkraft auf die Bremspedale drücken, dann sollte auch das System anerkennen, dass die Jungs dringend bremsen wollen und diesen Wunsch unterstützen. Auf die Bremspedale zu drücken schaltet laut einem Beitrag von Zeke auf a.net die Autobrake aus und ist demnach nicht das Eingabesignal, mit dem man dem System sagt, dass man ganz dringen bremsen will. Normalerweise teilt man dies dem System in der Airbus-Systemlogik (soweit ich diese bisher verstanden habe) eben darüber mit, dass man beide Triebwerke auf Idle hat. Siehe auch oben, Stichwort Diplomarbeitsthema.
afromme Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 ohne konkret welche nennen zu können gab es imho schon jetzt vorfälle bei denen die Crew das Regelwerk nicht mehr schnell genug parsen konnte um zu verstehen was da grade passiert. Auch Informatiker?
pushback Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Auf die Bremspedale zu drücken schaltet laut einem Beitrag von Zeke auf a.net die Autobrake aus und ist demnach nicht das Eingabesignal, mit dem man dem System sagt, dass man ganz dringen bremsen will. Normalerweise teilt man dies dem System in der Airbus-Systemlogik (soweit ich diese bisher verstanden habe) eben darüber mit, dass man beide Triebwerke auf Idle hat. Die Systemlogik des Flugzeuges scheint aber genau in dem Fall das Problem zu sein. Ich behaupte mal, dass wenn die Situation stressig genug ist, dass auch Piloten nach ihrer ureigenen "Systemlogik" handeln. "Ich will stehen bleiben = Bremspedal drücken." Da ist nichts mehr mit "Ich will stehen bleiben, bloß nicht auf die Bremse weil das deaktiviert Autobreak, stattdessen am rechten TL rumfummeln und ihn 2 Grad zurücknehmen, damit die Spoiler ausfahren" Zumal das System den Piloten so wie ich es verstanden habe durchaus in falscher Sicherheit wiegt und erst nach ein paar Sekunden auf TOGA schaltet, also zunächst so tut als wäre alles normal. Ich denke, dass die Faktoren: Landung, Nacht, schlechtes Wetter, kurze Bahn, Non-Standard Procedure so überfordert haben, dass sie nicht mehr in der Systemlogik denken konnten. Ich bin dabei beileibe kein Airbusfeind. Wenn ich Pilot hätte werden können, dann wäre ich liebend gern auf Airbus geflogen. Trotzdem muss die Systemlogik natürlich sinnvoll sein. Und je besser sie den Erwartungen der Piloten entspricht, umso besser wird es auch funktionieren. Es ist ja schon bezeichnend, dass es in dieser Konstellation schon mehrere dieser Incidents gegeben hat. Offensichtlich widerspricht es den Pilotenerwartungen, den TL des Triebwerks, dessen Reverser inop gesetzt wurde, zurückzuziehen. Aus welchem Grund auch immer.
BobbyFan Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Der Flieger kann doch nicht ahnen was der Pilot will. Erst recht nicht wenn er, wie in dem Report der Transasiana und möglicherweise auch bei der TAM, sich nicht an die SOP hält. Stellt euch den Flieger auch nicht als einen großen Computer (HAL 9000 ;-) ) vor. Vielmehr sind es viele Computer die miteinander reden. Aber nicht jeder will (und muss) alles wissen. Um es mal übertrieben zu sagen, ist es dem Computer der die Reverser steuert ziemlich egal welche Braking-Mode angewählt ist. Die EEC (Engine Electronic Control) steuert u.a. den Reverser beim V2500. Eingangssignale (in Bezug auf Reverser): - aktuelle Position der Reverser (direkt) - Schubhebelposition (direkt) - WOW Signal (Weight on Wheels) aus der LGCIU (Landing Gear Control and Interface Unit) [Das Signal wird noch durch die EIU (Engine Interface Unit) geschleift] Es spielen noch andere Computer mit, aber das würde jetzt hier ausarten. ...Man könnte natürlich auch sagen, dass man ein Timeout einbaut, d.h. wenn der Rechner Bodenkontakt registriert und nach einer bestimmten Zeit (oder bestimmter zurückgelegter Strecke - oder einer Kombination aus beidem) immer noch nicht beide Triebwerke auf Idle sind, dann werden die Spoiler automatisch ausgelöst... ... und wenn die LGCIU Bodenkontakt meldet obwohl der Flieger in FL 370 ist gibt es dann einfach mal so die Spoiler.? Man sollte sich nicht mehr Fallen einbauen, als der Flieger eh schon hat. Das KISS-Prinzip ist da wohl eher was Zur Info bezüglich des FWC H2F3 (SB A320-31-1267): Das SB ist im November 2006 rausgegeben worden. Die ECAM-Warning "ENG x THR LEVER ABV IDLE" ist nicht als Neuerung aufgeführt! Ingo
afromme Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Die Systemlogik des Flugzeuges scheint aber genau in dem Fall das Problem zu sein.Ich behaupte mal, dass wenn die Situation stressig genug ist, dass auch Piloten nach ihrer ureigenen "Systemlogik" handeln. "Ich will stehen bleiben = Bremspedal drücken." Das bezweifle ich. Man kann sich auch ohne größere Probleme antrainieren, z.B. bei einem Automatikfahrzeug eben nicht volles Programm auf das (nicht vorhandene) Kupplungspedal zu latschen. Welche Reflexe ansonsten Luftverkehrspiloten in haben, darüber möchte ich eher nicht so wild spekulieren. Da hast du aber direkt das nächste Diplomarbeitsthema (oder gar Diss.?), dieses Mal im Bereich Psychologie/Ingenieurswesen/Informatik :- Nebenbei wurden die Gründe für die Systemlogik ja bereits erklärt und wie man diese mit mutmaßlichen oder tatsächlichen Reflexen überein bringt... Naja, s.o. Da ist nichts mehr mit "Ich will stehen bleiben, bloß nicht auf die Bremse weil das deaktiviert Autobreak, stattdessen am rechten TL rumfummeln und ihn 2 Grad zurücknehmen, damit die Spoiler ausfahren" Sagst du so. Auch eine Frage des Trainings, würde ich sagen. Instinktiv, ohne mich auszukennen, würde ich vermutlich auch aufs Bremspedal latschen, weil ich das vom Auto so kenne. Aber in einer Ausbildung sollte mir schon beigebracht worden sein, warum das eine dumme Idee ist. Ob ich dann aber auch weiß, dass ich gefälligst beide Schubhebel auf Idle stellen sollte, ist eine andere Frage... Ich denke, dass die Faktoren: Landung, Nacht, schlechtes Wetter, kurze Bahn, Non-Standard Procedure so überfordert haben, dass sie nicht mehr in der Systemlogik denken konnten. Vielleicht waren sie auch nicht ausreichend damit vertraut, oder sie waren damit vertraut, haben es aber schlicht übersehen, vielleicht hatten die Piloten nicht genug geschlafen, Stress zu Hause, was auch immer. Das wird schwer rauszufinden sein. Wenn es nun aber so war, dass sie - aus welchen individuellen Gründen auch immer - ein Triebwerk auf Idle und das andere auf kurz vor Idle hatten, ob um 2 oder um 20°, dann sollten Maßnahmen ergriffen werden, um das in Zukunft zu verhindern. Also nochmalige Hinweise auf die diesbezüglichen Verfahren (hat Airbus ja schon vor ein oder zwei Wochen gemacht) und ggf. auch Installation eines Pakets, dass warnt wenn ein TW Idle und das andere nicht Idle ist. Warum es geschickter ist, da nur zu warnen und dem Piloten dann die Wahl zu lassen, was er tut, wurde ja wie gesagt u.a. in dem oben verlinkten a.net Beitrag schon erläutert. Ich bin dabei beileibe kein Airbusfeind. Wenn ich Pilot hätte werden können, dann wäre ich liebend gern auf Airbus geflogen. Trotzdem muss die Systemlogik natürlich sinnvoll sein. Ich finde sie durchaus sehr sinnvoll. Wenn man den Hintergrund kennt, sollte sie auch durchaus nachvollziehbar sein. Okay, ich bin am Ende statt Pilot auch Informatiker geworden. Wie dem auch sei - so sinnvoll ich die Systemlogik als solche auch finde, so sinnvoll fände ich auch einen entsprechenden akustischen oder optischen Warnhinweis.
afromme Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Stellt euch den Flieger auch nicht als einen großen Computer (HAL 9000 ;-) ) vor.Vielmehr sind es viele Computer die miteinander reden. Aber nicht jeder will (und muss) alles wissen. Um es mal übertrieben zu sagen, ist es dem Computer der die Reverser steuert ziemlich egal welche Braking-Mode angewählt ist. [...] Erst einmal volle Zustimmung zu deinem Beitrag. ...Man könnte natürlich auch sagen, dass man ein Timeout einbaut, d.h. wenn der Rechner Bodenkontakt registriert und nach einer bestimmten Zeit (oder bestimmter zurückgelegter Strecke - oder einer Kombination aus beidem) immer noch nicht beide Triebwerke auf Idle sind, dann werden die Spoiler automatisch ausgelöst... ... und wenn die LGCIU Bodenkontakt meldet obwohl der Flieger in FL 370 ist gibt es dann einfach mal so die Spoiler.? Man sollte sich nicht mehr Fallen einbauen, als der Flieger eh schon hat. Ist mir klar, ich bin auch nicht für so ein Timeout, um Gottes Willen. Insofern hätte ich bei den ganzen angesprochenen Fragen für eine Dipl-Arbeit in dem Bereich auch noch unterbringen sollen "Letztendlich ist ja auch die Frage: ist so ein Timeout überhaupt sinnvoll?" Ich sitze gerade selbst an einer Dipl-Arbeit, die ein System behandelt, das weder harte Echtzeitunterstützung bieten muss, noch sicherheitskritisch ist. Und selbst da ist bei recht einfachen Fragen wie "sollte sich, wenn länger keine Netzwerkaktivität mehr festgestellt wird, der Rechner automatisch selbst trennen? Oder ein Ping schicken, um zu gucken ob das Netzwerk noch lebt? Wenn selbst trennen: wann denn? Unter welchen Bedingungen?" etc. Man bekommt so eine Aufgabe en passant vom Betreuer und denkt sich erst "einfach" und selbst in meinem - im Verhältnis zu Software zur Flugzeugsteuerung wahnsinnig simplen - System eröffnen sich bei dem Thema immer weitere und weitere Punkte, die man alle berücksichtigen muss und die zum Teil zu komplett anderen Schlussfolgerungen führen als andere Punkte. Und über allem thront das von dir richtigerweise angeführte KISS-Prinzip. Zur Info bezüglich des FWC H2F3 (SB A320-31-1267):Das SB ist im November 2006 rausgegeben worden. Die ECAM-Warning "ENG x THR LEVER ABV IDLE" ist nicht als Neuerung aufgeführt! Hm - interessant. Ich muss zugeben, dass ich da nicht weiter recherchiert hatte. Taucht diese Warnung denn in anderen FWCs o.ä. als neu auf?
Guenni Geschrieben 3. August 2007 Melden Geschrieben 3. August 2007 Wie dem auch sei - so sinnvoll ich die Systemlogik als solche auch finde, so sinnvoll fände ich auch einen entsprechenden akustischen oder optischen Warnhinweis. Die Ansage Retard retard... müsste einfach solange fortgesetzt werden, bis beide TL mindestens Idle oder Rev sind. Das angesprochene MasterWarning finde ich gar nicht so gut, weil erst ein Blick aufs ECAM den Piloten sagt was los ist. Sie hatten vielleicht gerade mal 8 Sekunden um ihren Fehler zu bemerken und zu korrigieren.
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