burg2001 Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 und stell Dir ein Flugzeug vor, das mit 800km/h hindurch fliegt. Die Windrichtung kann sich binnen Sekunden ganz massiv ändern, alleine weil man sich an einer anderen Stelle des Wirbels befindet. Und was bringt Dir in so einem Fall ein GPS, das die ganze Zeit "inkonsistente Daten" schreit, obwohl die Fluglage komplett unproblematisch ist? wie oft hast Du das denn schon gespürt: wenn sich innerhalb weniger Sekunden die Windkomponente um mehrere 100 km/h verändert, würdest Du das aufgrund Deiner Trägheit und unveränderter Triebwerksleistung sehr deutlich spüren. Es mag Extremfälle geben, aber bei meinen Airshows waren die Veränderungen noch nie so rapide, dass innerhalb weniger Sekunden jede GPS-Info sofort unbrauchbar wäre (auch bei erlebten Unwettern) Es geht ja keinesfalls um einen Ersatz der Airspeed, sondern lediglich um eine wenigstens halbwegs vernünftige und ergänzende Einschätzung der Höhe und Geschwindigkeit(sänderung), wenn andere Angaben fehlen oder offensichtlich unzuverlässig sind. Natürlich wird der letzte errechnete Windvektor immer ungenauer mit zunehmender Zeitdauer, aber eben nicht sofort, und das ist deutlich besser als gar keine verlässliche Info. Der Hinweis, dass es sicher schon gemacht würde, wenn es sinnvoll wäre, führt natürlich zu nichts. Nach diesem Muster wären wir noch auf dem Stand der Gebrüder Wright. Zum Glück gab es auch bisher immer wieder Änderungen und Verbesserungen - sei es in der Pilotenschulung oder in der Logik der Elektronik - die erst nach Unglücken herausgefunden wurden...
B767 Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Update on stall procedure Hallo zusammen, bin interessierter Mitleser und Privatpilot. Verfolge sehr gerne wie sich die Experten, Insider und Piloten hier austauschen. Nun möchte ich auch ein Statement abgeben und zwar zu dem Link oben. Schöne ppt von dem Airbus Test-Piloiten, jedoch ist dass was er da schreibt sehr offensichtlich. Ich hätte nicht gedacht, dass hier ein Berufspilot Nachhilfe braucht. (Stall: erst Pitch down -> dann Gas; oder Hinderniss: erst lenken -> dann bremsen; oder Stolpern: erst abrollen -> dann aufstehen ; oder Forum: erst denken -> dann schreiben) AF Piloten sind ja keine dummen, auch legt AF wert auf die Ausbildung der Piloten. Warum dachte nur der Co, entgegen der Physik, TOGA ist die richtige Maßnahme. Mich würde bei den hier anwesenden Berufs-Piloten interessieren: Ist dies in der Ausbildung anders beigebracht wurden, als in der ppt oben? B767
JeZe Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 wie oft hast Du das denn schon gespürt: wenn sich innerhalb weniger Sekunden die Windkomponente um mehrere 100 km/h verändert, würdest Du das aufgrund Deiner Trägheit und unveränderter Triebwerksleistung sehr deutlich spüren. Beim konkreten Unfall ist der AP ev. durch genau sowas rausgeflogen. Es geht ja keinesfalls um einen Ersatz der Airspeed, sondern lediglich um eine wenigstens halbwegs vernünftige und ergänzende Einschätzung der Höhe und Geschwindigkeit(sänderung), wenn andere Angaben fehlen oder offensichtlich unzuverlässig sind. D.h. wenn Du feststellst, dass drei Angaben unzuverlässig sind, benutzt Du eine andere Angabe, die unzuverlässig ist. Woher weißt Du aber, ob nun die Pitotwerte oder der "GPS-Workaround" genauer ist? Natürlich wird der letzte errechnete Windvektor immer ungenauer mit zunehmender Zeitdauer, aber eben nicht sofort, und das ist deutlich besser als gar keine verlässliche Info. GPS ist auch keine verlässliche Info. Was mir keiner erklären kann: was ist der "letzte errechnete Windvektor"? Das muss der Vektor sein, bevor jemand sagt "jetzt stimmen meien Anzeigen nicht mehr". Diesen Punkt gibt es normalerweise nicht, es ist ein Prozess. Und bis man das bemerkt weiß man auch schon nicht mehr, welchen letzten Windvektor man heranziehen soll. Der Hinweis, dass es sicher schon gemacht würde, wenn es sinnvoll wäre, führt natürlich zu nichts. Nach diesem Muster wären wir noch auf dem Stand der Gebrüder Wright. Das war nicht der Hinweis. Der Hinweis war nicht, dass man es nicht macht, weil man auf die Idee nicht gekommen ist, sondern dass man es nicht macht, weil man sich sicher ist, dass es zu nichts führt (außer noch größerer Konfusion). Zum Glück gab es auch bisher immer wieder Änderungen und Verbesserungen - sei es in der Pilotenschulung oder in der Logik der Elektronik - die erst nach Unglücken herausgefunden wurden... Es gibt auch hier eine verbesserte Stall Procedure. Update on stall procedure Hallo zusammen, bin interessierter Mitleser und Privatpilot. Verfolge sehr gerne wie sich die Experten, Insider und Piloten hier austauschen. Nun möchte ich auch ein Statement abgeben und zwar zu dem Link oben. Schöne ppt von dem Airbus Test-Piloiten, jedoch ist dass was er da schreibt sehr offensichtlich. Ich hätte nicht gedacht, dass hier ein Berufspilot Nachhilfe braucht. (Stall: erst Pitch down -> dann Gas; oder Hinderniss: erst lenken -> dann bremsen; oder Stolpern: erst abrollen -> dann aufstehen ; oder Forum: erst denken -> dann schreiben) AF Piloten sind ja keine dummen, auch legt AF wert auf die Ausbildung der Piloten. Warum dachte nur der Co, entgegen der Physik, TOGA ist die richtige Maßnahme. Mich würde bei den hier anwesenden Berufs-Piloten interessieren: Ist dies in der Ausbildung anders beigebracht wurden, als in der ppt oben? B767 Die Procedure wurde ja schon diskutiert. verstehe Deine Frage auch nicht, da es sich hierbei ja um eine veränderte Procedure handelt. Meine Interpretation ist die, dass bisher die Priorität auf einen möglichst geringen Höhenverlust gelegt wurde, nun aber auf ein entsprechendes Ausrichten des Flugzeugs.
burg2001 Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 D.h. wenn Du feststellst, dass drei Angaben unzuverlässig sind, benutzt Du eine andere Angabe, die unzuverlässig ist. Woher weißt Du aber, ob nun die Pitotwerte oder der "GPS-Workaround" genauer ist? GPS ist auch keine verlässliche Info. Was mir keiner erklären kann: was ist der "letzte errechnete Windvektor"? Das muss der Vektor sein, bevor jemand sagt "jetzt stimmen meien Anzeigen nicht mehr". Diesen Punkt gibt es normalerweise nicht, es ist ein Prozess. Und bis man das bemerkt weiß man auch schon nicht mehr, welchen letzten Windvektor man heranziehen soll. als nicht valide könnte man z.B. eine Abweichung ab x km/h zwischen den Staudruckmessen bezeichnen (ist das nicht jetzt schon so oder so ähnlich?, Der Pilot meinte doch ganz konkret, er hätte keine (gültigen) Angaben mehr. Oder wenn die Triebwerksleitung überhaupt nicht mehr zur Geschwindigkeit passt. Die richtige Logik zu finden, ist sicher kein Kinderspiel, muss es aber auch nicht sein. ansonsten hat das gba in #1412 nun wirklich sehr schön erklärt: ...kann man mittels Differenz von Staudruckfahrtmesser und GPS den Wind sehr genau bestimmen ... ...könnte er den letzten validen Windvektor zum aktuellen GPS-Speed-Vektor addieren und schon hätte man Werte, die besser als nichts sind (zum Zeitpunkt des Ausfalls ist der Wert exakt) und gut bleiben, je kürzer der Ausfall anhält. Wenn sich der Wind während des Ausfalls massiv ändert (z.B. weil sich die Flughöhe massiv ändert), sind die Werte verfälscht, aber vielleicht kann man anhand dieses Backup-ASI die Flughöhenveränderung ja schon verhindern.... wie gesagt: alleine aufs GPS verlassen ist natürlich komplett falsch, aber richtig interpretiert (durch Mensch und/oder Maschine) lässt sich manche Problem besser erkennen und damit vermeiden. Zum Vergleich: Ich persönlich bin in einem Tunnel lieber mit Minitaschenlampe unterwegs als ganz ohne Licht. Ich kann evtl. etwas erkennen, was ich sonst nicht gesehen hätte, sehe aber natürlich längst nicht alles.
B767 Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Meine Interpretation ist die, dass bisher die Priorität auf einen möglichst geringen Höhenverlust gelegt wurde, nun aber auf ein entsprechendes Ausrichten des Flugzeugs. Ja genau, ich würde gerne erfahren, welche Airline, welcher Pilot in einem Stall denkt, dass Höhe halten oder steigern in Verbindung mit einer Erhöhung der Geschwindigkeit die richtige Maßnahme ist. Gibt es hierzu irgendeine historische Procedure? Interpretationen sind gerne gewünscht, ich freue mich aber auch, wenn jemand aus Erfahrungen sprechen kann. B767 Ja genau, ich würde gerne erfahren, welche Airline, welcher Pilot in einem Stall denkt, dass Höhe halten oder steigern in Verbindung mit einer Erhöhung der Geschwindigkeit die richtige Maßnahme ist. Gibt es hierzu irgendeine historische Procedure? Interpretationen sind gerne gewünscht, ich freue mich aber auch, wenn jemand aus Erfahrungen sprechen kann. B767 Ich warte, gibt es denn hier keine Berufspiloten? B767
jubo14 Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Es ist schon erstaunlich wie hier durch Technikgläubigkeit und Technik-Ahnungslosigkeit die wildesten Theorien aufgestellt werden. Zunächst bleibt doch mal festzuhalten, dass Airbus bereits vor dem Unfall alle Betreiber des A330 und A340 dazu aufgefordert hat, die Pitot-Sonden auszutauschen, weil diese trotz Beheizung möglicherweise vereisen können. Ebenfalls festzustellen bleibt, dass bisher kein Fall bekannt geworden ist, nachdem eine umgerüstete Maschine dieser Typen in Probleme kam, weil die Geschwindigkeitsanzeige unzuverlässig gearbeitet hätte. Und was nun die Idee angeht, die "normalen" Geschwindigkeitsanzeigen, durch GPS- und Computergesteuerte weitere Geschwindigkeitsanzeigen zu unterstützen, so ist das sicher eine prima Idee. Und weil das so ist, gehe ich davon aus, wird irgendein Flugzeughersteller so ein System einsetzen wird, sobald es funktioniert. Wenn es denn dann irgendwann einmal funktioniert! Denn angenommen wir reden von 3 Mess-Sonden. Alle 3 vereisen in einer Zeit von 30 Minuten. Nr. 1 so, dass nicht mehr genügend Luft einströmen kann, was dazu führt, dass hier eine zu geringe Geschwindigkeit angezeigt wird. Sagen wir um 25 %. Nr. 2 hingegen vereist so, dass sich nur eine Verengung des Querschnittes ergibt, wodurch sich der Staudruck erhöht und eine zu hohe Geschwindigkeit angezeigt wird. Hier nehmen wir mal 20 % an. Nr. 3 vereist zwar auch ein wenig, die Heizung funktioniert aber, so dass diese Sonde die Geschwindigkeit konstant mit einer Abweichung von 5 % richtig anzeigt. So und nun möge mir mal jemand erklären, was mir dann eine GPS-gestützte Anzeige bringt, die auf der Basis von Geschwindigkeit über Grund, der Triebwerksleistung, dem Luftdruck und einem hochgerechneten Wind, eine Geschwindigkeitsanzeige liefert, die 20 % Abweichung vom realen Wert hat, mir aber nicht sagen kann ob zu schnell oder zu langsam. Ich will es mal plakativ sagen. Das ist in etwa die Idee, als wenn man bei einem Hütchenspiel, weil man unter den 3 Hütchen nie die Nuss findet, ein 4. Hütchen ins Spiel nimmt, und hofft seine Chancen dadurch zu verbessern.
ilam Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Ja genau, ich würde gerne erfahren, welche Airline, welcher Pilot in einem Stall denkt Erster Schritt ist erst mal, den Stall zu erkennen. Vielleicht wähnten sich die Piloten ja im Overspeed-Bereich, dann wäre Nase hoch genau richtig gewesen...
JeZe Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Denn angenommen wir reden von 3 Mess-Sonden. Alle 3 vereisen in einer Zeit von 30 Minuten. Nr. 1 so, dass nicht mehr genügend Luft einströmen kann, was dazu führt, dass hier eine zu geringe Geschwindigkeit angezeigt wird. Sagen wir um 25 %. Nr. 2 hingegen vereist so, dass sich nur eine Verengung des Querschnittes ergibt, wodurch sich der Staudruck erhöht und eine zu hohe Geschwindigkeit angezeigt wird. Hier nehmen wir mal 20 % an. Nr. 3 vereist zwar auch ein wenig, die Heizung funktioniert aber, so dass diese Sonde die Geschwindigkeit konstant mit einer Abweichung von 5 % richtig anzeigt. So und nun möge mir mal jemand erklären, was mir dann eine GPS-gestützte Anzeige bringt, die auf der Basis von Geschwindigkeit über Grund, der Triebwerksleistung, dem Luftdruck und einem hochgerechneten Wind, eine Geschwindigkeitsanzeige liefert, die 20 % Abweichung vom realen Wert hat, mir aber nicht sagen kann ob zu schnell oder zu langsam. Gutes Beispiel.
bueno vista Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Ein bisschen mehr Phantasie bitte. Mit GPS kann man sau viel machen. Ja, nur bis zum Unfall hat wohl niemand in Betracht gezogen, dass ein dreifach rendundantes System (Pitots) ausfällt und man weitere Redundanz benötigt. 1. dem künstlichen Horizont und 2. dem reinen Gefühl, dass man 2 Min fällt. Hatten wir doch schon, der kH bildet nicht den wichtigen AoA ab, das kann verwirrt haben. Beim Fleigen sollte man sich nicht auf Gefühle sondern Anzeigen veralssen. Der Höhenmesser sollte funktioniert haben. Die Ansage unter FL100 zu fallen kam ja. ...Das Hauptproblem ist doch für die Crew, dass sie auf die Schnelle nicht erkennen kann, welche Anzeige stimmt und welche nicht. ... Eure Vorschläge würden nur funktionieren, wenn die Zustände „richtig“ und „falsch“ ... verifiziert werden könnten ... Sehe ich auch so. Die GPS-Speed wird ja im NAV-Display mit GS-Speed angezeigt, hat aber wohl nicht zur besseren Einschätzung der Lage beigetragen. Schöne ppt von dem Airbus Test-Piloiten, jedoch ist dass was er da schreibt sehr offensichtlich. Ich hätte nicht gedacht, dass hier ein Berufspilot Nachhilfe braucht. Das wundert mich auch und sorgte bei mir für das oben erwähnte Blutgefrieren.
HPT Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Zunächst bleibt doch mal festzuhalten, dass Airbus bereits vor dem Unfall alle Betreiber des A330 und A340 dazu aufgefordert hat, die Pitot-Sonden auszutauschen, weil diese trotz Beheizung möglicherweise vereisen können. Ebenfalls festzustellen bleibt, dass bisher kein Fall bekannt geworden ist, nachdem eine umgerüstete Maschine dieser Typen in Probleme kam, weil die Geschwindigkeitsanzeige unzuverlässig gearbeitet hätte. die "Aufforderung" war aber eben nur eine Empfehlung, die Thales Typ AA auszutauschen. Die AD zum verpflichtenden Austausch kam erst kurz nachdem 228 Menschen ihr Leben verloren haben. Mich würde schon mal interessieren, wie hier die Techs über die damalige "Empfehlung" denken? m.M.n. war dies nicht ausreichend mit den damals vorliegenden Fakten. AF Piloten sind ja keine dummen, auch legt AF wert auf die Ausbildung der Piloten. Warum dachte nur der Co, entgegen der Physik, TOGA ist die richtige Maßnahme. ist es denn 100%-ig klar, dass der FO nach AT OFF manuell TOGA-Power gegeben hat?
slafochmed Geschrieben 6. Juni 2011 Melden Geschrieben 6. Juni 2011 Denn angenommen wir reden von 3 Mess-Sonden. Alle 3 vereisen in einer Zeit von 30 Minuten. Nr. 1 so, dass nicht mehr genügend Luft einströmen kann, was dazu führt, dass hier eine zu geringe Geschwindigkeit angezeigt wird. Sagen wir um 25 %. Nr. 2 hingegen vereist so, dass sich nur eine Verengung des Querschnittes ergibt, wodurch sich der Staudruck erhöht und eine zu hohe Geschwindigkeit angezeigt wird. Hier nehmen wir mal 20 % an. Nr. 3 vereist zwar auch ein wenig, die Heizung funktioniert aber, so dass diese Sonde die Geschwindigkeit konstant mit einer Abweichung von 5 % richtig anzeigt. So und nun möge mir mal jemand erklären, was mir dann eine GPS-gestützte Anzeige bringt, die auf der Basis von Geschwindigkeit über Grund, der Triebwerksleistung, dem Luftdruck und einem hochgerechneten Wind, eine Geschwindigkeitsanzeige liefert, die 20 % Abweichung vom realen Wert hat, mir aber nicht sagen kann ob zu schnell oder zu langsam. Ich will es mal plakativ sagen. Das ist in etwa die Idee, als wenn man bei einem Hütchenspiel, weil man unter den 3 Hütchen nie die Nuss findet, ein 4. Hütchen ins Spiel nimmt, und hofft seine Chancen dadurch zu verbessern. Ich wollte mich noch einmal einschalten und ich möchte die Nuss. :) Die GPS-Argumentation geschieht doch jetzt auf dem Hintergrund einer Notfallsituation und der entstandenen Unsicherheit über die Korrektheit der Systeme. Ich weiß mittlerweile nur durch "Internetgestöber", dass: -- ich mich auf Pitotsonden älteren Typs beim Airbus nicht verlassen kann. -- ich mich auf den Höhenmesser ganz gut verlassen kann -- der künstliche Horizont sollte immer passen. Wenn ich Zweifel habe, hole ich das Ersatzgerät, dass bei so einem Airbus dabei sein soll. -- Ich fliege lieber grob 444 km/h über Grund Durchschnittgeschwindigkeit mit GPS als mit 3 besagten Pitotgeschwindigkeiten. Wenn man das nicht versteht, dann hat man etwas anderes im Hinterkopf. Dieses etwas ist halt die Philosophie: "Ich möchte nicht Regeln für Notfälle aufstellen, ich möchte, dass alles prima funktioniert, so dass ich nicht in Notfälle reingerate." Es ist dann eine Geschmacksfrage: Habe ich lieber ein System, dem ich vertraue, oder traue ich mir zu, mit mehreren zu arbeiten, besonders, wenn mein "Best system" plötzlich mal ausfällt... Und Airbus entscheidet sich für "Best system". Aber wenn ich Pilot wäre, würde mir das nicht gefallen. Denn wenn ich abstürze, könnte ich nicht sagen: "Ich schau mir das Problem mal an. Und dann flieg ich weiter." Airbus kann das wohl.
jubo14 Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Ich lese da aber als eine der Rahmenbedingungen - The Altitude remains constant Und direkt darunter in Fettdruck When static probes are affected, the Altitude, the V/S and FPA, the IAS and MACH are wrong and the BIRD as well Es handelt sich nach meinem Verständnis also um ein System, dass verhindern soll, dass die Situation eintritt, in die der AF-Flug geraten ist. Und damit sind wir dann wieder dort, wo wir schon vor einigen Tagen waren!
Guenni Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Hört die GPS Diskussion denn nie auf? :-) Meines Erachtens haben die GPS Freunde nachwievor unrecht. GPS ist bei fehlender / unklarer IAS nicht geeignet, um einen aerodynamisch sicheren Flugzustand zu erreichen, zu behalten, oder aus einem Stall heraus dem Piloten zu helfen, zu einem solchen Flugzustand zurückzufinden "Punkt". Die Airbus Dokumente beziehen sich ja auch auf unklare/fehlende Altitude und dann ist es durchaus sinnvoll, die GPS-Höhe abzulesen und zur Fehlereingrenzung mit der Alt von den static probes zu vergleichen. Ich wehre mich auch nicht dagegen, dass der Pilot die Ground-speed abließt und diese Information sinnvoll verwendet solange er sie nicht als primären Parameter für die im ersten Absatz beschreibene Zwecke verwendet. Bei nur Unreliable Airsspeed gilt aber trotzdem: Procedure "Pitch Attitude + Power". _Anschließend_ ist es selbstverständlich sinnvoll, alle weiteren Informationen zu verwerten, die im Cockpit vorhanden sind. Dazu gehört bei den Langstreckenfliegern auch GPS. Interessant finde ich den Hinweis auf den FD-mode FPA/TRK. der "Bird" gibt mir ja indirekt auch den AoA an.
JeZe Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 So ganz falsch liegen die GPS-Freunde hier wohl nicht,wenn Airbus selber zum Gebrauch rät: Die Frage nach "bird" wird wohl kommen : edit:"bird" attached Im Endeffekt weißt man auf die GPS-Groundspeed hin und nennt sie als zusätzlichen Wert für den Piloten vor allem um einzuschätzen welche Art von Fehler vorliegt bzw. welchen Werten vertraut werden kann. Aus dem Dokument sollte deutlich hervorgehen, dass das Hauptproblem nicht ist, dass Werte falsch angezeigt werden, sondern das ERKENNEN, dass und welche Werte falach angezeigt werden. Vielleicht wäre das hier aber auch ein guter Punkt um aus der GPS-Diskussion auszusteigen: es ist sollte deutlich geworden sein, dass Airbus über alle Möglichkiten von GPS informiert ist (verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man das anzweifeln kann) und den Einsatz in einem Umfang empfiehlt, in dem es Sinn macht. Wir sollten uns im klaren sein, dass die GPS-Groundspeed auch den Piloten von AF447 zur Verfügung stand - wie wir leider wissen hat das jedoch nichts genutzt.
ilam Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 -- Ich fliege lieber grob 444 km/h über Grund Durchschnittgeschwindigkeit mit GPS als mit 3 besagten Pitotgeschwindigkeiten. Und genau das ist der Denkfehler. Mit einem Rückenwind von 150 km/h hast Du dann auf einmal weniger als 300km/h im Vergleich mit der Umgebungsluft. Das genügt in 30.000 Fuß, dazu noch ohne Flaps und Slats nicht dazu, um in der Luft zu bleiben und Du fällst wie ein Stein.
BobbyFan Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 @ jubo14 Die Pitot Probes liefern "total pressure" und nicht "static pressure" Die Static Ports wären bei dem angenommenen Vereisungsproblem nicht betroffen.
jubo14 Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 @ jubo14 Die Pitot Probes liefern "total pressure" und nicht "static pressure" Die Static Ports wären bei dem angenommenen Vereisungsproblem nicht betroffen. Und das soll mir jetzt was sagen? Der Aufbau des Prandtl’schen Staurohrs ist mir durchaus bekannt. Auch die Bernoulli-Gleichung und wie man daraus dann die Geschwindigkeit errechnen kann. Und für alle, die es nicht wissen, kann man das hier ganz gut nachlesen: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=...=20090728210253 Und nach meinem Verständnis wird nur dann ein korrekter Wert ermittelt, wenn alle Öffnungen, also sowohl für den statischen, als auch dynamischen Druck, frei von Fremdkörpern und Eis sind. Aber das alles führt uns hier und jetzt wohl nicht wirklich weiter. Fakt ist, die Sonden habe unterschiedliche Werte geliefert, was dazu führte, dass sich der Autopilot verabschiedet hat, und eine Kette von Aktionen und Reaktionen ausgelöst hat, die letztendlich zum Absturz geführt haben.
JeZe Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Und genau das ist der Denkfehler. Mit einem Rückenwind von 150 km/h hast Du dann auf einmal weniger als 300km/h im Vergleich mit der Umgebungsluft. Das genügt in 30.000 Fuß, dazu noch ohne Flaps und Slats nicht dazu, um in der Luft zu bleiben und Du fällst wie ein Stein. Und in dem Moment zeigt das GPS trotz hoher Geschwindigkeit 0 an. ;)
BobbyFan Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Und das soll mir jetzt was sagen? Der Aufbau des Prandtl’schen Staurohrs ist mir durchaus bekannt. ... Es mag ja sein, dass dir der Aufbau des Pitot Tubes bekannt ist, aber vom Aufbau des kompetten Systems hast du anscheinend nicht das Hintergrundwissen. Du ziehst im Beitrag 1432 den Satz "When static probes are affected..." heran, die nichts mit dem Pitot Tube zu tun haben. Die verbauten Pitot Tubes sind, wie in den meisten großen Luftfahrzeugen, nur einfache Pitot Tubes. Der statische Druck zur Berechnung kommt von den Static Ports. Und für alle, die es nicht wissen, kann man das hier ganz gut nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Pitot-Statik-System So sieht das ganze beim A330 aus:
Guenni Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Vielleicht kann noch jemand erklären, was "pilot probes" anzeigen. Tippselfehler machen auch vor Airbus Dokumenten nicht halt:-)
JeZe Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Es mag ja sein, dass dir der Aufbau des Pitot Tubes bekannt ist, aber vom Aufbau des kompetten Systems hast du anscheinend nicht das Hintergrundwissen. Du ziehst im Beitrag 1432 den Satz "When static probes are affected..." heran, die nichts mit dem Pitot Tube zu tun haben. Die verbauten Pitot Tubes sind, wie in den meisten großen Luftfahrzeugen, nur einfache Pitot Tubes. Der statische Druck zur Berechnung kommt von den Static Ports. http://de.wikipedia.org/wiki/Pitot-Statik-System So sieht das ganze beim A330 aus: Aus dem Grund dürfte ja bei AF447 die Höhe noch valide gewesen sein.
fly_bird Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 o.k. Das die Sache mit dem GPS schwierig (wenn vielleicht auch nicht gänzlich unnütze) ist, haben jetzt wohl alle verstanden. Aber was ist mit der Trägheit? Jede Veränderung der Windsituation müßte sich doch (bei gleichbleibender Triebwerksleistung) durch eine Verzögerung oder Beschleunigung bemerkbar machen (Beim Autofahren bemerkt man es doch auch, z.B. Gegen- oder Seitenwind). Gleiches gilt für das aufsteigen oder Absinken. O.k. das mag nicht völlig präzise sein, aber wenn ich gerade noch in einer bestimmten Höhe (FL 35) mit ausreichender Geschwindigkeit (275kts) gefolgen bin und keine besonderen Beschleunigungen (Verzögerungen) feststellen konnte, spricht doch sehr viel dafür, dass ich immer noch mit einer ähnlichen Geschwindigkeit dahin fliege, oder? Ja, ich sehe auch ein, dass es anspruchsvoll ist, die Beschleunigungen in einer turbulenten Sturmfront zu messen, aber möglich es müßte doch sein. Orientierungslosigkeit scheint ja immer mal wieder ein Problem für Piloten zu sein. Da könnte ein weiterer Sensor doch sicher helfen.
ilam Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Ja, ich sehe auch ein, dass es anspruchsvoll ist, die Beschleunigungen in einer turbulenten Sturmfront zu messen, Genau das ist das Problem, es gibt die schöne Regel "Keep it simple". Je komplizierter ein Messystem ist, desto größer sind die Chancen, dass in der Entwicklung nicht alle Eventualitäten einkalkuliert wurden und je komplizierter die Umgebung ist (sprich turbulente Sturmfront), desto größer ist die Gefahr, dass hier am Ende Mist angzeigt wird. In der turbulenten Sturmfront rüttelt es in alle Richtungen, so ein System dürfte keinesfalls auch nur einen einzigen kleinen Rüttler verpassen, ansonsten kommt kein brauchbares Ergebnis heraus. Nur die Beschleunigung würde auch nicht genügen, es müsste auch das aktuelle Gewicht eingerechnet werden. Wie ist dieses aber, wenn man z.B. ein Triebwerk verloren hat? Wie wird ein entsprechender Schlag, der nur auf eine Seite des Flugzeugs wirkt, eingerechnet? Ja, theoretisch alles möglich aber irrsinnig kompliziert und ob die Zahlen auch in den kritischsten Situationen brauchbar sind, wird Dir niemand garantieren. Und als Alternative ein simples Staudruckrohr, was man problemlos mehrfach auslegen kann, was sich seit vielen Jahrzehnten bewährt und direkt die Geschwindigkeit errechnen lässt. Ja, hier gibt es Modelle mit Macken, diese sind aber problemlos beherrschbar.
burg2001 Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 o.k. Das die Sache mit dem GPS schwierig (wenn vielleicht auch nicht gänzlich unnütze) ist, haben jetzt wohl alle verstanden. Aber was ist mit der Trägheit? ist ja faktisch dasselbe, solange die GPS-Messung hinreichend exakt ist. Ob ich mit zwei (GPS-)Punkten rechne oder mit einem Punkt plus Vektor, macht prinzipiell keinen Unterschied. Ein Beschleunigungssensor dürfte vielleicht etwas kurzfristiger Reagieren, da die GPS-Messung nur in bestimmten Intervallen stattfindet, das dürfte aber nicht entscheidend sein (sekundenbruchteile vs 1 oder 2 Sekunden?). Dass sich die GPS-(oder Trägheits-)messung nur in vereinzelten Ausnahmefällen als Ergänzung eignet (meist aber nicht, da nicht notwendig oder nicht sinnvoll), haben wir nun aber ausreichend diskutiert.
jubo14 Geschrieben 7. Juni 2011 Melden Geschrieben 7. Juni 2011 Es mag ja sein, dass dir der Aufbau des Pitot Tubes bekannt ist, aber vom Aufbau des kompetten Systems hast du anscheinend nicht das Hintergrundwissen. Was Du mit Deinem Post ja geändert hast. Du ziehst im Beitrag 1432 den Satz "When static probes are affected..." heran, die nichts mit dem Pitot Tube zu tun haben. Das mag sein, ändert aber nichts daran, was ich mit meinem Beispiel sagen wollte. Das die Messstellen auseinander liegen, verändert das Prinzip der Messung doch nicht. Bei der Birgen Air vor Jahren war der statische Druck durch Eisbildung falsch, jetzt war es (wahrscheinlich) der dynamische Druck, der falsch gemessen wurde. Das Ergebnis war aber leider in beiden Fälle das gleiche.
Empfohlene Beiträge
Archiviert
Dieses Thema ist jetzt archiviert und für weitere Antworten gesperrt.