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Aktuelles zu Ryanair


touchdown99

Empfohlene Beiträge

Mir gerade mal den Zeit-Artikel durchgelesen. 

 

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Modell mit selbstständigen Piloten bestand haben kann, wenn die Behörden das jetzt durchziehen. 

Mir fehlt die Phantasie, das ein Pilot in einem festen Arbeitsplan unternehmerisches Risiko eingeht.

 

Haben die Piloten Einfluss auf den Dienstplan? Können Sie Einsatzpläne ablehnen? Wenn nicht, dann dürfte keine Selbstständigkeit vorliegen. Haben sie eine Exklusiv-Vereinbarung mit Ryanair oder dem Dienstleister? Dürfte auch gegen eine Selbstständigkeit sprechen.

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@ jubo14

Das ist nicht verwunderlich. Jede Airline, die sich dieses Modells bedient, bezahlt den Dienstleister, der das bei ihm beschäftigte Personal beschäftigt, und nicht die Piloten direkt. Der Begriff Scheinselbständigkeit greift deshalb auch nicht.

 

Und genau um das heraus zu finden, werden die Durchsuchungen ja durchgeführt.

 

Denn wie das Modell funktioniert ist mir schon klar. Denn genau so arbeite ich selber! Nicht als Pilot sondern Berater, was aber arbeitsrechtlich wohl kein Unterschied ist.

 

Das Entscheidende ist halt, wer die arbeitsrechtlich relevanten Vorgaben macht.

Und genau darum scheint es ja zu gehen.

Kommen die vom zwischengeschalteten Dienstleister, so bekommt dieser ggf. ein Problem.

Kommen die aber direkt von Ryanair, ist es fast schon egal, ob da noch ein Dienstleister dazwischen liegt.

Gibt Ryanair den Piloten direkt Anweisungen, die über die reine Ausübung des Jobs hinaus gehen, wird auch Ryanair am Ende das Problem haben.

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Das ist nicht verwunderlich. Jede Airline, die sich dieses Modells bedient, bezahlt den Dienstleister, der das bei ihm beschäftigte Personal beschäftigt, und nicht die Piloten direkt. Der Begriff Scheinselbständigkeit greift deshalb auch nicht.

Die Frage der ethischen Vertretbarkeit ist zwar zulässig, aber juristisch nicht relevant.

 

 

Wenn ich es richtig verstehe, sind die Piloten nirgendwo beschäftigt, sondern Ein-Mann-AGs, die von einem Personaldienstleister (ausschließlich) an Ryanair vermittelt werden. Und da stellt sich sehr wohl die Frage nach Scheinselbstständigkeit bzw. sie liegt nach den von der Rechtsprechung zum SGB entwickelten Kriterien (Zal der Auftraggeber, Freiheit, aufträge abzulehnen, keine Einbindung in die Betriebsabläufe des Arbeitgebers usw.) eigentlich klar auf der Hand. Scheinselbstständig sind sie - prima facie - halt nur nicht von Ryanair, sondern vom zwischengestalteten "Broker".

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Daß das ganze an Ryanair nicht spurlos vorübergehen wird, ist klar. Wir haben es hier (in diesem konkreten Fall) mit einer deutschen Rechtslage zu tun. Und da wird es kompliziert. Die Airline hat ihren Sitz in Irland. Die beiden Dienstleister sind britische Firmen. Die Piloten haben unterschiedliche Nationalitäten. Und insgesamt gibt es in den verschiedenen Staaten auch unterschiedliche rechtliche Gegebenheiten. Die Koblenzer Ermittlungsbehörde ist ja schon einige Zeit damit beschäftigt, Erkenntnisse zu gewinnen, dies aber nur in Deutschland.

 

@ touchdown99

Mit dem Beschäftigungsbegriff zwischen Pilot und Dienstleister meinte ich nicht einen Arbeitsvertrag im engen Sinne, sondern einen Vertrag, der mit Sicherheit alle Deine Fragen beantwortet. Wir kennen diese Verträge nur nicht. 

Bearbeitet von aaspere
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@ touchdown99

Mit dem Beschäftigungsbegriff zwischen Pilot und Dienstleister meinte ich nicht einen Arbeitsvertrag im engen Sinne, sondern einen Vertrag, der mit Sicherheit alle Deine Fragen beantwortet. Wir kennen diese Verträge nur nicht.

 

 

Die Verträge sind völlig irrelevant. Bei der Beurteilung der Scheinselbstständigkeit zählt das "tatsächlich gelebte Beschäftigungsverhältnis". Selbstverständlich ist (fast) niemand so blöd, den Vertrag so zu gestalten, dass man bereits aus diesem die Scheinselbstständigkeit ablesen kann.

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Die Aussage das Verträge "völlig irrelevant" sind ist schon richtig. Zwar gibt es die Vertragsfreiheit, was der Aussage ja widerspricht. Die Vertragsfreiheit kann durch Gesetz eingeschränkt werden, wenn der Gesetzgeber das so will. HGB und SGB sind solche Beispiele.

 

Man muss fairerweise sagen, der deutsche Gesetzgeber hat keine feste Defintion von Selbstständigkeit, Arbeitnehmer-Eigenschaft geschaffen. Es gibt mehrere, überlappende Definitionen, u.a. § 84 I HGB, § 7 SGB IV.

 

§ 84 I HGB (Regelt die Rechte des Handelsvertreters, gilt auch für Nicht-Kaufleute, wird aber zur Abgrenzung selbstständig <> nicht-selbständig herangezogen)

Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

 

Danach kann ein Pilot nicht selbstständig sein, da er nicht frei seine Tätigkeit gestalten kann. Der Flug ist reguliert, er kann sich auch nicht den Flug nach wirtschaftliche Gesichtspunkten aussuchen. 

 

§ 7 I SGB IV (Regelt die Sozialversicherungspflicht, wird auch zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft herangezogen)
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

 

Man könnte auch noch nach § 5 Betriebsverfassungsgesetz gucken, das führt aber zu dem selben Ergebnis.

 

Die Frage, die Ryanair stellen könnte wäre, ob es sich um eine bekannte Duldung handelt, ab wann aus der Duldung ein Rechtsanspruch entsteht. Das würde voraussetzen, dass die bisherige Praxis eine Duldung ist und nicht eine "langsame" Untersuchung. Der exzessive Gebrauch von Scheinselbstständigkeit in der Transport-Branche ist ja nicht neu und durch die Freizügigkeit nicht seltener geworden.

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Dann versuche ich es mal anders aufzuzäumen.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und des Sozialversicherungsbetruges aufgrund der deutschen Rechtslage.

Die Piloten haben in Irland sogenannte "Ich-AGs" gegründet, die mit den britischen Dienstleistern ein Vertragsverhältnis haben. Deutsches Recht kommt nur deshalb ins Spiel, weil die Piloten ihren Einsatzort in Deutschland haben. Ryanair sagt, daß die Piloten darüber informiert wären, daß sie sich an das jeweilige Recht (Steuer + Sozialversicherung) halten müssen. Der Ermittlungsgrund kann sich ja nur darauf beziehen, dass fällige Steuern und/oder Sozialversicherungsbeiträge nicht oder zu gering abgeführt worden wären.

Die Frage ist also, wer (Pilot/Ich-AG oder Dienstleister) ist für die Abführung dieser Gelder aufgrund der Verträge verantwortlich.

Und deshalb bleibe ich dabei: Die Verträge sind relevant.

Bearbeitet von aaspere
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Wir wollen hier ja kein juristisches Kolloqium abhalten, aber der guten Ordnung halber

 

(1) die Verträge sind irrelevant (die Beurteilung, ob eine Person abhängig oder selbständig beschäftigt wird, richtet sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten, weil: Papier ist bekanntlich geduldig).

(2) aber nicht weil das SGB die Vertragsfreiheit einschränkt, sondern weil das Sozialrecht der Parteiautonomie (die durch Verträge in Anspruch genommen wird) nicht unterliegt, ich also zwingende Regeln des Sozialrechts nicht wegvereinbaren kann.

(3) die Rechtsform des Arbeit-/Auftraggebers ist naturgemäß irrelevant (weil, wenn es so einfach wäre: dann wäre jeder Arbeitgeber in Deutschland als englische Limited organisiert).

 

Es gab bis vor einigen Jahren einen gesetzlichen Kriterienkatalog, der zwar so nicht mehr im Gesetz steht, aber den Begriff der Selbstständigkeit weiterhin mit ausfüllt. Zur Beurteilung, ob - egal was im Vertrag steht - tatsächlich Selbstständigkeit vorliegt, wird u.a. geprüft, ob

  • der Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten lässt

  • der Auftragnehmer auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist (Faustregel: 6/7 oder mehr der Aufträge nur für einen Auftraggeber

  • ob der "Selbstständige" regelmäßig keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.

  • "unternehmertypisches" Handeln des Auftragnehmers fehlt.

  • eine Tätigkeit nach Weisungen des Auftraggebers erfolgt

  • eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggbers besteht (Verpflichtung, bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten;Verpflichtung, regelmäßig und in kurzen Abständen Arbeitsnachweise zukommen zu lassen; die Verpflichtung, an vom Auftraggeber bestimmten Orten zu arbeiten;

Wenn die Antwort mehrfach "Nein" lautet, dann liegt keine Selbstständigkeit vor (d.h. es müssen nicht alle Kriterien erfüllt sein)

 

Aus der Ferne vermute ich mal, dass die Behörden klären wollen, ob hier ein Scheinselbstständigkeit oder eine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit vorliegt. In letzterem Fall wäre nur in der Rentenversicherung beschissen worden, in ersterem Fall auch in den anderen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung.

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@touchdown99: Theoretisch alles richtig, in der Praxis klappt es so gut wie nie, eine Scheinselbständigkeit nachzuweisen obwohl es absolut eindeutig erscheint. Bestes Beispiel: Die "selbstständigen" 1-Mann-Paketausfahr-Subunternehmer der Paketdienste...

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Ich bleibe bei meiner Meinung, auch ohne eine halbe Seite vollzuschreiben.

Und, ich weiß ja aus Erfahrung hier, wie dann möglicherweise mit mir umgegangen wird, wenn ich dem Mainstream nicht folge. Sollte sich also jemand hier aufgerufen fühlen, mir meine eigene Meinung vorzuwerfen, er sollte es lieber gleich lassen.

Bearbeitet von aaspere
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Ich will gar nicht ausschließen, dass es Ryanair gelungen ist, eine Vertragskonstruktion gefunden zu haben, nach der das ganze zulässig ist, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit lassen grüssen. Ich sehe auch klar die Staatsanwaltschaft in der Pflicht, hier illegales Verhalten nachzuweisen. Gelingt ihr das nicht, ist die Diskussion eh überflüssig.

Genauso ist es möglich, dass hier eine übereifrige Staatsanwaltschaft übers Ziel schießt. Ist ja Gottseidank noch nie vorgekommen, bei der neutralsten Behörde der Welt.

Warten wir es ab und freuen uns das die Iren dafür sorgen, dass sich niemand auf seinem "Bestand" ausruhen kann.

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Ich bleibe bei meiner Meinung, auch ohne eine halbe Seite vollzuschreiben.

Und, ich weiß ja aus Erfahrung hier, wie dann möglicherweise mit mir umgegangen wird, wenn ich dem Mainstream nicht folge. Sollte sich also jemand hier aufgerufen fühlen, mir meine eigene Meinung vorzuwerfen, er sollte es lieber gleich lassen.

 

Nur zur Vermeidung von Missverständnissen: Ich habe die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesarbeitsgerichts referiert, nicht meine persönliche Meinung oder einen Mainstream. Insofern sind Diskussionen relativ müßig. Kann man gut finden oder auch nicht, ändert aber nichts.

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Auch um Mißverständnisse zu vermeiden: Das kritisiere ich auch nicht.

Ich spürte nur schon eine Stimmung heraufziehen, die ich zur Genüge, z.B. aus dem Thread über den 4U-Absturz, kenne. Bei dem Thema Ryanair scheiden sich ja immer wieder die Geister. Und dann wird das sehr schnell unsachlich und unerfreulich.

OWH hat in seinem letzten Beitrag ja erfreulicherweise nicht mehr ausgeschlossen, daß meine Interpretation greifen kann.

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Nochmal Google in der Angelegenheit bemüht: 

Die britische Steuerbehörde untersucht die Konstruktion um Brookfield Aviation ebenfalls (seit 2011) und hat das Konstrukt aus steuerrechtlicher Sicht für unzulässig erklärt und einen Steuerbescheid über 47m GBP erlassen (03/2015). Das Verfahren ist aber noch nicht abgeschlossen.

 

Der Durchsuchungsbeschluss bei Brookfield Aviation wurde nach Rechtshilfe-Antrag der Staatsanwaltschaft Koblenz vom britischen Innenministerium beantragt und durch Gericht bestätigt. Die Berufung gegen den Beschluss wurde abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft musste immer wieder Material nachreichen, damit der Antrag genehmigt wird, erste Antrag am 24.06.2011, Genehmigung durch Innenministerium am 14.04.2015.

 

Es geht um 1.600 Piloten und ca. 300 irische Unternehmen mit beschränkter Haftung die von Treuhändern geführt werden.

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  • 2 Wochen später...

Für diejenigen, denen das ein wenig zu schnell ging:

Die Arithmetik ist relativ einfach. Wenn es zukünftig weniger "schein"selbständige Piloten gibt und FR will gleich viel Routen bedienen, dann muss man wohl ein paar mehr Piloten einstellen. Falls die dann bezahlt werden, so steigen wohl die Personalkosten. Nicht mehr und nicht weniger habe ich da oben aus dem Artikel geschlossen.

Auf Dauer gebe ich dem heutigen Modell keine Chance.So speziell ist also die Arithmetik nicht.

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